Leitsatz (amtlich)
Im Klageverfahren gegen eine oberste Landesbehörde, durch das deren Verpflichtung erstrebt wird, die Klägerin gemäß § 49 StBerG als Steuerberatungsgesellschaft anzuerkennen, ist die Beiladung der Steuerberaterkammer eine notwendige i. S. des § 60 Abs. 3 FGO.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3 S. 1; StBerG §§ 49, 74 Abs. 1; DVStBerG § 33 Abs. 3 S. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erstrebt mit ihrer Klage die Verpflichtung des Beklagten und Beschwerdegegners (Beklagten) - einer obersten Landesbehörde -, sie gemäß § 49 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) als Steuerberatungsgesellschaft anzuerkennen. Das Finanzgericht (FG) beschloß am 21. August 1979, zu dem Klageverfahren die Steuerberaterkammer beizuladen, und führte zur Begründung aus: Durch die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft würde sie gemäß § 74 StBerG Mitglied der Beigeladenen. Diese sei demnach durch die Entscheidung über die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft unmittelbar betroffen. Sie sei deshalb nach § 60 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu dem Verfahren beizuladen.
Gegen diesen am 22. August 1979 zugestellten Beschluß hat die Klägerin am 3. September 1979 mit folgender Begründung Beschwerde erhoben:
Die Tatsache allein, daß sie nach ihrer Anerkennung Mitglied der Steuerberaterkammer werden würde, begründe noch nicht das nach § 60 Abs. 1 FGO erforderliche rechtliche Interesse an einer Beiladung der Steuerberaterkammer. Dieser möge zwar Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, eine förmliche Beiladung und Einbeziehung als Prozeßpartei sei aber nach § 60 FGO weder vorgeschrieben noch zweckmäßig. Die Steuerberaterkammer habe noch nicht mitgeteilt, ob und wie weit sie sich i. S. des § 40 Abs. 2 FGO in ihren Rechten verletzt fühle. Solange das nicht geschehen sei, hätte kein Beiladungsbeschluß ergehen dürfen.
Die Klägerin beantragt, den Beschluß des FG vom 21. August 1979 aufzuheben. Die Beigeladene beantragt, den Beschluß des FG zu bestätigen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Beschluß des FG ist durch § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO gerechtfertigt. Es braucht daher nicht entschieden zu werden, ob - wie das FG meint - eine Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO zulässig gewesen wäre.
Nach § 60 Abs. 3 FGO ist zu einem Klageverfahren ein Dritter beizuladen, wenn er an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, daß die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere also in Fällen, in denen das, was einen der Prozeßbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muß (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Februar 1969 IV R 263/66, BFHE 95, 148, BStBl II 1969, 343). Eine solche Interdependenz ist aber hier gegeben; denn die von der Klägerin begehrte Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft würde ohne weiteres nach § 74 Abs. 1 StBerG dazu führen, daß die Klägerin Mitglied der Steuerberaterkammer würde. Es kann daher über das zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehende Rechtsverhältnis auch gegenüber der Steuerberaterkammer nur einheitlich entschieden werden.
Allerdings wird, wenn das FG der Klage stattgibt, dem Beklagten lediglich die Verpflichtung auferlegt, die Klägerin gemäß § 49 StBerG als Steuerberatungsgesellschaft anzuerkennen. Der Rechtsstreit ist aber dennoch dahin entschieden, daß die Anerkennung ausgesprochen werden muß, womit dann auch die Wirkung eintritt, daß die Klägerin Mitglied der Steuerberaterkammer wird. Die Zwischenschaltung eines Verpflichtungsurteils beruht notwendigerweise darauf, daß das Gericht angesichts der grundgesetzlich festgelegten Gewaltenteilung nicht befugt ist, selbst einen Verwaltungsakt zu erlassen.
Fundstellen
Haufe-Index 73297 |
BStBl II 1980, 303 |
BFHE 1980, 536 |