Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer NZB gegen Urteile in Zolltarifsachen
Leitsatz (NV)
1. Eine NZB, die gegen ein mit einer zulassungsfreien Revision nach § 116 Abs. 2 FGO anfechtbares Urteil in Zolltarifsachen eingelegt wird, ist wegen des fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig.
2. Die Fehlerhaftigkeit einer Rechtsmittelbelehrung, die keinen Hinweis auf die zu lassungsfreie Revision in Zolltarifsachen enthält, vermag dann nicht zu einer Kostenfreistellung nach § 8 Abs. 1 GKG zu führen, wenn der Kläger eine unzulässige NZB einlegt, obwohl er die Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung erkannt hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 2; GKG § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt einen Handel mit Briefmarken und Telefonkarten. Aufgrund der anläßlich einer Außenprüfung getroffenen Feststellungen, nach denen der Kläger die Nettoumsätze mit Telefonkarten zum ermäßigten Steuersatz von 7 v. H. versteuerte, erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) einen Änderungsbescheid und unterwarf die Umsätze aus dem Verkauf der Telefonkarten dem vollen Umsatzsteuersatz von 14 v. H. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der der Kläger die Besteuerung der Telefonkarten als Sammlungsstücke mit dem ermäßigten Satz von 7 v. H. nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V. m. Nr. 54 (bzw. Nr. 47 der Fassung vor 1991) der Anlage und der Position 97.05 (bzw. 99.05) des Zolltarifs (ZT) begehrte, wies das Finanzgericht (FG) ab. Es urteilte, abgesehen von wenigen Ausnahmen käme den Telefonkarten kein für die Einstufung als Sammlungsstücke erforderlicher historischer Wert zu, denn sie dokumentierten weder einen charakteristischen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften noch veranschaulichten sie einen Abschnitt dieser Entwicklung.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Zur Begründung führt er an, das FG habe über eine zolltarifliche Frage entschieden. Urteile in ZT-Sachen seien stets von grundsätzlicher Bedeutung und bedürften deshalb keiner Revisionszulassung.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats fehlt für eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision das Rechtsschutzbedürfnis, wenn es sich bei der Vorentscheidung um ein Urteil in ZT-Sachen handelt und demnach gemäß § 116 Abs. 2 FGO die zulassungsfreie Revision gegeben ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. Januar 1995 VII B 146/94, BFH/NV 1995, 708, und vom 23. März 1994 VII B 38/94, BFH/NV 1994, 820). Ein Urteil in ZT-Sachen liegt dann vor, wenn der Bestand des Urteils von der Beantwortung einer zolltariflichen Frage abhängt und damit das Urteil auf der zolltariflichen Entscheidung beruht (Senatsbeschluß vom 26. Februar 1991 VII R 41/89, BFHE 164, 5, BStBl II 1991, 526, m. w. N.).
Zur Beantwortung der im Streitfall entscheidungserheblichen Frage, ob die vom Kläger vertriebenen Telefonkarten als Sammlungsstücke von geschichtlichem Wert angesehen werden können, ist gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 54 Buchst. b der Anlage die Position 97.05 ZT heranzuziehen. Die Entscheidung über die vom Kläger begehrte Steuervergünstigung hängt von der Zuordnung der Telefonkarten zu dieser Tarifposition ab. Es kann somit kein Zweifel bestehen, daß es sich bei der Vorentscheidung -- die im Ergebnis eine entsprechende Einordnung verneint hat -- um ein Urteil in ZT-Sachen handelt (vgl. Senatsbeschluß vom 20. Februar 1990 VII R 125/89, BFHE 159, 573, 575, BStBl II 1990, 546). Da jedoch in diesem Fall gemäß § 116 Abs. 2 FGO die zulassungsfreie Revision eröffnet ist, war die Nichtzulassungsbeschwerde mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 115 FGO Tz. 78) als unzulässig zu verwerfen.
Obwohl die Rechtsmittelbelehrung des FG keinen Hinweis auf die zulassungsfreie Revision in ZT-Sachen (§ 116 Abs. 2 FGO) enthält und daher unvollständig ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 12. Februar 1987 V R 116/86, BFHE 149, 120, BStBl II 1987, 438), vermag diese unrichtige Sachbehandlung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. August 1995 VII E 2/95, BFH/NV 1996, 242, und vom 28. April 1994 VIII B 53/94, BFH/NV 1995, 59) nicht zu einer Freistellung von den Gerichtskosten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG zu führen. Ausweislich der Beschwerdeschrift hat der Kläger -- vertreten durch einen fachkundigen Steuerberater -- die Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung erkannt und ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Urteile in ZT-Sachen gemäß § 116 Abs. 2 FGO keiner Revisionszulassung bedürfen. Die Unvollständigkeit der Rechtsmittelbelehrung -- die einen Hinweis auf § 116 Abs. 2 FGO nicht enthielt -- war somit nicht ursächlich für die Einlegung der unzulässigen Beschwerde. Da sich der Kläger aufgrund der gewonnenen Erkenntnis nicht in einem durch das FG hervorgerufenen Rechtsirrtum befand, bleibt auch kein Raum für eine Anwendung von § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 421750 |
BFH/NV 1997, 255 |