Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug; Rügeverzicht
Leitsatz (NV)
- Wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben und erste Investitionsausgaben für diesen Zweck tätigt, ist grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dabei kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Leistungsbezugs an.
- Weist das FG in der mündlichen Verhandlung die Beteiligten darauf hin, dass es wenig Anzeichen für das Vorliegen einer bestimmten Absicht des Klägers sehe, und stellt der Kläger daraufhin keinen entsprechenden Beweisantrag, liegt darin ein konkludenter Verzicht auf eine Rüge mangelnder Sachaufklärung.
Normenkette
UStG 1993 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; FGO § 76 Abs. 1, § 126a; ZPO § 295
Gründe
Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
1. Der Senat ist der Auffassung, dass die Würdigung des Finanzgerichts (FG), im Streitfall fehle es im Zeitraum der Errichtung der Wohnung an objektiven Anhaltspunkten für eine unternehmerische Nutzung der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).
a) Wie die Klägerin zu Recht ausführt, hat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ein Steuerpflichtiger, der Gegenstände für Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet, zum Zeitpunkt des Erwerbs dieser Gegenstände das Recht, die geschuldete Vorsteuer abzuziehen, auch wenn der Anteil der Verwendung für unternehmerische Zwecke gering ist (vgl. EuGH-Urteil vom 11. Juli 1991 Rs. C-97/90 ―Lennartz―, Slg. 1991, I-3795, Umsatzsteuer-Rundschau ―UR― 1991, 291).
Dies setzt aber voraus, dass eine Person die Gegenstände "als Steuerpflichtiger" erworben hat und zum Abzug der für diese Gegenstände geschuldeten Vorsteuer berechtigt ist (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 1991, I-3795, UR 1991, 291 Rdnr. 22, 26). Dabei kommt es auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs an (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 8. März 2001 V R 24/98, BFHE 194, 522, BFH/NV 2001, 876; vom 17. Mai 2001 V R 38/00, BFH/NV 2001, 1513).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG im Einzelnen dargelegt, es fehle im Zeitpunkt der Errichtung der Wohnung an objektiven Anhaltspunkten für eine (auch nur teilweise) unternehmerische Nutzung durch die Klägerin.
Es hat in diesem Rahmen insbesondere berücksichtigt, dass der Bauantrag ausdrücklich für die Errichtung einer "Wohnung" gestellt worden ist und auch eine Hausratversicherung für eine "Wohnung" abgeschlossen worden ist. Es hat ferner die im Bauantrag zum Ausdruck gekommene Gestaltung und Einrichtung der Räume mit Schlafzimmer und einer "ausgesprochen großen Kochecke" gewürdigt und dargelegt, dass die Klägerin keine Vorsorge getroffen habe, die gewerberechtlichen Anforderungen im Sanitärbereich in einem Seminarzentrum zu erfüllen.
Das FG hat bei seiner Würdigung auf den Zeitraum der Leistungsbezüge (1993 und 1994) abgestellt und deshalb zutreffend insbesondere das ―danach unerhebliche― Vorbringen der Klägerin, in den Räumen seien später (in den Jahren 1995 bis 1997) tatsächlich Seminare, Schulungen und Besprechungen abgehalten worden, unberücksichtigt gelassen.
2. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung hat ebenfalls keinen Erfolg.
Das FG hatte gegen Ende der mündlichen Verhandlung die Beteiligten nach einer Zwischenberatung darauf hingewiesen, dass der Senat wenig Anzeichen für eine objektiv erkennbare Absicht zur unternehmerischen Nutzung von Baubeginn an sehe. Wenn die Klägerin die von ihr jetzt als unterlassen gerügten Beweiserhebungen hätte sicherstellen wollen, hätte sie nach diesem Hinweis entsprechende Beweisanträge stellen müssen. Dies ist nicht geschehen.
Sie hat insoweit ihr Rügerecht gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung verloren (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372).
Fundstellen