Entscheidungsstichwort (Thema)
Der Beschluß über einen Protokollierungsantrag ist unanfechtbar
Leitsatz (NV)
Gegen die Vorschrift, nach der der Beschluß über einen Antrag, bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufzunehmen, unanfechtbar ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Ein Antrag auf Protokollierung, der erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung gestellt wird, ist unzulässig. Ein solcher Antrag kann durch Entscheidung des Vorsitzenden abgelehnt werden.
Normenkette
FGO § 94; ZPO § 160 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Das FG hat die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) - einer KG - wegen Gewinnfeststellung 1974 bis 1976 als unbegründet abgewiesen. Das Urteil wurde der Klägerin am 27. April 1985 zugestellt.
Am 10. Mai 1985 beantragte die Klägerin, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. März 1985 zu berichtigen, da es unvollständig sei. Das FG habe es zu Unrecht unterlassen, einen in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Klägerin auf Vertagung zu protokollieren.
Der Vorsitzende des erkennenden Senats des FG lehnte diesen Antrag ab. Der Antrag sei unzulässig, weil er verspätet gestellt worden sei. Ein Antrag auf Ergänzung des Protokolls könne nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung gestellt werden (Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 18. Januar 1963 II C 16/60, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1963, 730).
Die Klägerin hat gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt. Die vom FG angeführte Entscheidung des BVerwG sei durch das Gesetz vom 20. Dezember 1974 (BGBl I, 3651), durch das die Vorschriften über das Protokoll geändert worden seien, überholt. Es könne auch nicht übersehen werden, welche Bedeutung die unterbliebene Protokollierung des von der Klägerin gestellten Vertagungsantrags für die Entscheidung über die gegen das Urteil eingelegte Revision erlangen könne.
In diesem Zusammenhang sei auch der durch Art. 103 Grundgesetz (GG) garantierte Anspruch auf rechtliches Gehör zu berücksichtigen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen müsse - trotz des entgegenstehenden Wortlauts des § 160 Abs. 4 Satz 3 ZPO - die Beschwerde gegen die den Antrag auf Protokollergänzung ablehnende Entscheidung des FG als zulässig angesehen werden.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Nach § 160 Abs. 4 Satz 3 ZPO i. V. m. § 94 FGO ist ein Beschluß, durch den die beantragte Aufnahme bestimmter Vorgänge in das Protokoll abgelehnt wurde, unanfechtbar.
Von einer Mindermeinung im Schrifttum wird allerdings die Ansicht vertreten, eine Beschwerde sei ausnahmsweise dann denkbar, wenn das Gericht die Voraussetzungen seines Ermessens verkannt oder die Aufnahme in das Protokoll ohne jede gesetzliche Grundlage abgelehnt habe (Baumbach / Lauterbach / Albers/ Hartmann, Zivilprozeßordnung, 44. Aufl., § 160 Anm. 5 B).
Der Senat kann offenlassen, ob er sich dieser Auffassung anschließen könnte. Im Streitfall wurde über die von der Klägerin beantragte Protokollergänzung unter Beachtung des Verfahrensrechts entschieden. Ein Verfahrensverstoß ist insbesondere nicht darin zu sehen, daß dieser Antrag nicht durch Gerichtsbeschluß, sondern durch Entscheidung des Vorsitzenden abgelehnt wurde. Zwar ist - wie sich aus dem Wortlaut des § 160 Abs. 4 Satz 3 ZPO ergibt - grundsätzlich das Gericht für die Ablehnung von Anträgen i. S. des § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO zuständig (vgl. auch Baumbach / Lauterbach /Albers / Hartmann, a.a.O.; Thomas/ Putzo, ZPO, Zivilprozeßordnung mit Nebengesetzen, 14. Aufl., § 160 Anm. 4; Zöller / Stephan, Zivilprozeßordnung, 14. Aufl., § 160 Rdnr. 14). Der Vorsitzende braucht jedoch dann nicht einen Gerichtsbeschluß herbeizuführen, wenn der Antrag offensichtlich unzulässig ist (Eyermann / Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 8. Aufl., § 105 Rdnr. 5).
Im Streitfall hat die Klägerin den Antrag nach § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung gestellt.
Ein solcher Antrag ist nach allgemeiner Auffassung unzulässig (BVerwG-Beschluß vom 18. Januar 1963 II C. 16.60, NJW 1963, 730; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 21. Oktober 1983 III B 26/83 und vom 21. Dezember 1984 III B 26/84, beide unveröffentlicht; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 7. Aufl., § 105 Rdnr. 7; Zöller / Stephan, a.a.O.). Es ist deshalb nicht zu beanstanden, daß nur der Vorsitzende über diesen Antrag entschieden hat.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, die Beschwerde gegen die den Antrag auf Protokollergänzung ablehnende Entscheidung als zulässig zu behandeln. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Gründe seines Beschlusses VIII B 60/85 vom heutigen Tage (BFH/NV 1988, 780).
Fundstellen
Haufe-Index 414767 |
BFH/NV 1989, 24 |