Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende der Zulassung eines Rechtsanwaltes bei bereits eingeleitetem Beschwerdeverfahren
Leitsatz (NV)
Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist die Beendigung der Zulassung eines prozessbevollmächtigten Rechtsanwaltes ohne Bedeutung, wenn bereits alle für die Nichtzulassungsbeschwerde erforderlichen Prozesshandlungen getroffen waren.
Normenkette
FGO §§ 62a, 115-116
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 20.09.2005; Aktenzeichen 15 K 4547/03 U, F) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb eine Änderungsschneiderei sowie ab 1997 zusätzlich eine Reinigungsannahme und einen Autohandel. Weil die Buchführung unzureichend und Zahlungseingänge zum Teil nicht erläutert und zum Teil u.a. nicht den erklärten PKW-Auslandsumsätzen zugeordnet werden konnten, erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) am 25. November 2002 auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1995 bis 1997 (Streitjahre), einen Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 1995; des weiteren änderte es den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts zum 31. Dezember 1995.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Im Wesentlichen führte das Finanzgericht (FG) aus, das FA sei zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt gewesen. Die Höhe der Zuschätzung --in dem in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom FA zugesagten, reduzierten Umfang-- sei nicht zu beanstanden. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist die Beendigung der Zulassung eines prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts ohne Bedeutung, wenn --wie hier-- vor Ende der Zulassung bereits alle für die Nichtzulassungsbeschwerde erforderlichen Prozesshandlungen getroffen waren (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Februar 2003 VII B 234/02, BFH/NV 2003, 1063). Ausweislich der Mitteilung der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk … vom 17. März 2006 ist die Prozessbevollmächtigte zwar seit dem 4. Januar 2006 im Kammerbezirk nicht mehr zur Rechtsanwaltschaft zugelassen; die Beschwerde ist jedoch bereits vorher, noch im Jahr 2005, eingelegt und begründet worden.
Die Klägerin hat keinen der Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder
3. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Gemäß § 116 Abs. 3 FGO müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Dargelegt i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nur, soweit der Beschwerdeführer substantiiert und in sich schlüssig eine oder mehrere konkrete Rechtsfragen aufwirft, die das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Hat der BFH über eine Rechtsfrage bereits entschieden, ist darzulegen, welche neuen und gewichtigen, vom BFH noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung und/oder der Literatur gegen die Rechtsauffassung des BFH vorgebracht werden (z.B. Gräber/Ruban, FGO, Kommentar, 5. Aufl., § 115 Rz. 28 ff., m.w.N.).
Zur Begründung erläutert die Klägerin im Wesentlichen lediglich die Art der Kassenführung in der Änderungsschneiderei und den Ablauf der Autogeschäfte; grundsätzliche Bedeutung hat ihrer Meinung nach die Frage, ob das FA unter den geschilderten Umständen die Buchführung habe verwerfen dürfen und welche Anforderungen das FA an die Klägerin im Nachhinein stellen dürfe, ob es nicht vielmehr in Kenntnis der Autogeschäfte die Klägerin darauf hätte hinweisen müssen, "dass eine sehr genaue Zuordnung der Auslandsbeträge erfolgen muss".
Damit hat die Klägerin keine vom Einzelfall losgelöste Rechtsfrage aufgeworfen. Im Übrigen bestehen keine Unklarheiten hinsichtlich der Auslegung des § 162 der Abgabenordnung (AO 1977); die Klägerin hat sich in der Beschwerdebegründung auch nicht --wie erforderlich-- mit der umfangreichen BFH-Rechtsprechung hierzu (z.B. Rechtsprechungsnachweise bei Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, Kommentar, § 162 AO 1977, und bei Tipke/ Kruse, AO/FGO, Kommentar, § 162 AO 1977) auseinander gesetzt.
Die gegen die Entscheidung des FG erhobenen Einwände der Klägerin richten sich --auch soweit sie eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung begehrt-- in Wahrheit gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Als solche können sie im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg führen (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612, m.w.N. der Rechtsprechung).
Fundstellen