Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe bei Pfändung einer Berufsunfähigkeitsrente

 

Leitsatz (NV)

Einer Klage gegen die Pfändung einer Berufsunfähigkeitsrente kann hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht mit der Begründung abgesprochen werden, Kapitalansprüche aus Versicherungsverträgen fielen nicht unter § 850b ZPO und seien deshalb pfändbar.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 850b Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 319

 

Gründe

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Entgegen der Auffassung des FG kann der Klage, für die der Beschwerdeführer PKH begehrt, eine hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. des § 114 ZPO (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) nicht abgesprochen werden. Wie sich aus den Ausführungen des FG ergibt, ist eine Erfolgsaussicht der Klage u. a. von der Frage abhängig, ob die Berufsunfähigkeitsrente in sinngemäßer Anwendung des § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO (§ 319 AO 1977) unpfändbar ist. Gegen die Auffassung des FG, daß diese Vorschrift eine Unpfändbarkeit nicht zu begründen vermöge, weil die Rente vom Kläger durch eigene Versicherungsleistungen begründet worden sei, bestehen nach Auffassung des Senats erhebliche Bedenken.

Das FG ist bei seiner Entscheidung, wie sich aus seinen Ausführungen zur Begründung des Vorbescheids ergibt, von der im Schrifttum vertretenen Auffassung ausgegangen, Kapitalansprüche aus Versicherungsverträgen fielen nicht unter § 850b ZPO. Dieser Auffassung steht aber die Entscheidung des Bundesgerichtshofs - BGH - (Urteil vom 25. Januar 1978 VIII ZR 137/76, BGHZ 70, 206) entgegen, nach der auch Invaliditätsrenten, die auf vertraglicher Grundlage beruhen, nach § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO unpfändbar sind. In der Begründung hat der BGH ausgeführt, der Pfändungsschutz von Geldrenten, die wegen Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten seien, diene der Sicherung der Existenz des Schuldners. Es solle verhindert werden, daß dieser seine Existenzgrundlage verliere. Es sei nicht einzusehen, weshalb dieser Schutz nicht auch dem Schuldner zustehen solle, der durch einen Versicherungsvertrag Vorsorge für eine von einem Dritten nicht verschuldete Invalidität getroffen habe.

Diese Rechtsprechung wird im Streitfall berücksichtigt werden müssen. Sie spricht dafür, daß auch die streitbefangene Berufsunfähigkeitsrente unter den Pfändungsschutz nach § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO fällt.

Obwohl danach der Klage, für die die PKH begehrt wird, die hinreichende Erfolgsaussicht i. S. des § 114 ZPO nicht versagt werden kann, vermag der Senat über den Antrag auf PKH doch deshalb nicht abschließend zu entscheiden, weil er sich aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen keine Gewißheit über die gegenwärtigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers verschaffen kann. Die bei den Akten befindliche Erklärung darüber datiert vom . . . und ist deshalb zu Feststellungen über den aktuellen Stand der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers nicht geeignet. Das FG wird sich Unterlagen jüngeren Datums zu beschaffen haben, die geeignet sind, diese Feststellungen zu treffen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422785

BFH/NV 1991, 261

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