Leitsatz (amtlich)
Werden sicherungshalber übereignete Gegenstände vom Sicherungsnehmer mit dem Ziel verwertet, den Erlös zur Tilgung der gesicherten Forderung zu verwenden, so wird die Sicherungsübereignung zur Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Stpfl.) ist eine KG in Liquidation und besteht aus dem Komplementär A. und seinen beiden Töchtern B. und C., den Kommanditistinnen der früheren KG. Die Gesellschaft betrieb eine X-Fabrik.
Gegen die Stpfl. wurde ein Vergleichsverfahren durchgeführt. Um den Vergleich erfüllen zu können, nahm die Stpfl. von einer Sparkasse und von den Kommanditistinnen Darlehen auf und übereignete den Darlehnsgläubigern zur Sicherung der Darlehen Maschinen und Warenbestände, Später wurden die sicherungsübereigneten Gegenstände an Dritte verkauft. Das FA zog die Entgelte, die für die veräußerten Gegenstände erzielt worden waren, zur Umsatzsteuer heran.
Hiergegen wandte sich die Stpfl. mit Rechtsmitteln, weil sie der Ansicht ist, das Sicherungsgut sei von den Sicherungseigentümern verkauft worden, sie habe die Verkäufe nur vermittelt und die Umsätze seien daher nicht steuerbar.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.
Das FG sah die Stpfl. als Verkäuferin an und führte dazu aus: In den Verkaufsannoncen sei außer dem Ver kaufsort zwar der Name B angegeben gewesen, hierdurch sei aber der Verfügungsberechtigte über die angebotenen Gegenstände nicht kenntlich gemacht worden. Die Käufer hätten trotz der Annoncen glauben können, daß sie die Waren von der Stpfl. kauften.
Mit der Revision rügt die Stpfl. Verletzung des Verfahrensrechts und Verstoß gegen materielles Recht.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Rb., die nach Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist (§§ 184 Abs. 2, 115 ff. FGO), ist unbegründet.
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Zu Unrecht nimmt die Stpfl. an, sie habe die umstrittenen Lieferungen nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Unter Lieferung im Sinne von § 3 Abs. 1 UStG ist die Verschaffung der Verfügungsmacht am Lieferungsgegenstand zu verstehen. Zutreffend sieht die Stpfl. in der Sicherungsübereignung der Maschinen und Waren noch keine Verschaffung der Verfügungsmacht an die Gläubiger, da diese an der Verwertung der Gegenstände durch den Rückgabeanspruch des Schuldners zunächst gehindert sind. Kommt es aber zur Veräußerung des Sicherungsguts, dann entfällt im gleichen Zeitpunkt der Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückübereignung. Dieser Vorgang enthält eine entgeltliche Verschaffung der Verfügungsmacht an dem zum Verkauf freigegebenen Sicherungsgut. Die Sicherungsübereignung wird daher zur Lieferung, wenn der Gläubiger das Recht zur Veräußerung des Sicherheitsguts erlangt hat und auf Grund dieses Rechts den Gegenstand im eigenen Namen verkauft und liefert. In diesem Zeitpunkt verschafft der Schuldner dem Gläubiger und dieser seinem Abnehmer die Verfügungsmacht (siehe auch Urteil des RFH V 129/38 vom 26. Mai 1939, RStBl 1939, 885). Werden also Gegenstände sicherungshalber übereignet und später vom Sicherungsnehmer verwertet, dann fallen zwei Lieferungen gleichzeitig an: Der Schuldner liefert an die Gläubiger und dieser an den Dritten.
Es ist der Stpfl. einzuräumen, daß die Schlußfolgerung der Vorinstanz, die Stpfl. habe die Sicherungsgegenstände an Dritte verkauft, von den in der Vorentscheidung angeführten Tatsachen nicht getragen wird. Hierauf kommt es aber für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Denn die angefochtene Entscheidung ist auch dann richtig, wenn unterstellt wird, daß die Gegenstände nicht im Namen der Stpfl. verkauft wurden. Nach den vorstehenden rechtlichen Ausführungen hat sich nämlich mit dem Verkauf die bloße Sicherungsübereignung in eine entgeltliche Lieferung der Stpfl. an die Gläubiger verwandelt. Allein dieser Vorgang ist für die Besteuerung von Bedeutung.
Mit der Zahlung des Kaufpreises ist im vorliegenden Fall nicht nur der Kaufpreisanspruch der Sicherungsnehmer, sondern in gleicher Höhe auch deren Rückzahlungsanspruch aus den Darlehen gegenüber der Stpfl. erloschen. Die Tilgung des Rückzahlungsanspruchs ist das Entgelt für die Verschaffung der Verfügungsmacht an den sicherungsübereigneten Gegenständen (§§ 5 Abs. 1 UStG, 10 UStDB).
Entgegen der Auffassung der Stpfl. handelt es sich infolgedessen bei den Entgelten auch nicht um durchlaufende Posten im Sinne von § 5 Abs. 3 UStG.
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Fundstellen
BStBl II 1968, 68 |
BFHE 1968, 247 |