Leitsatz (amtlich)
Ergibt sich nachträglich bei der Betriebsprüfung einer Personengesellschaft, daß bestimmte Gesellschafter zu ihren Gunsten Einnahmen und Gewinne verkürzten, so sind die Mehrgewinne, wenn ihre Verteilung unter den Gesellschaftern streitig ist, in der einheitlichen Gewinnfeststellung den Gesellschaftern zuzurechnen, die sie tatsächlich erhielten. Ein späterer Ausgleich unter den Gesellschaftern kann erst in dem Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden, in welchem er tatsächlich durchgeführt wird.
Normenkette
AO § 215; EStG § 15 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen für die Veranlagungszeiträume II/1948 bis 1951 die Verteilung nachträglich festgestellter unversteuerter Gewinne auf die Mitunternehmer einer KG (§ 215 AO, § 15 Nr. 2 EStG).
Die Revisionskläger waren Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft. Einziger persönlich haftender Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer war der Gesellschafter X (50 v. H.). In einem Auseinandersetzungsvertrag wurde vereinbart, daß mit Wirkung vom 31. Dezember 1951 die Kommanditisten aus der KG ausschieden, so daß diese schließlich den Eheleuten X allein gehörte.
Aufgrund einer Selbstanzeige wurde Ende 1959/Anfang 1960 eine Steuerfahndungsprüfung durchgeführt. Das FA verwarf die Buchführung und erließ berichtigte Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre und führte aus, die Betriebseinnahmen seien in den Streitjahren 1949 und 1950 in Höhe von insgesamt 222 000 DM nicht erfaßt worden.
Die festgestellten Mehrgewinne rechnete das FA allen Gesellschaftern entsprechend ihren Beteiligungsquoten zu.
Die früheren Kommanditisten legten gegen die berichtigten Bescheide erfolglos Einspruch ein.
Das FG ging davon aus, daß die festgestellten Mehreinnahmen der KG allein dem Gesellschafter X zugeflossen sind. Es entschied, daß gleichwohl die Mehrgewinne nach dem für die Streitjahre maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen seien, weil die Gesellschafter den vertraglichen (handelsrechtlichen) Gewinnverteilungsschlüssel nicht geändert hätten.
Die früheren Kommanditisten beantragen mit der Revision, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und alle Mehrgewinne dem Gesellschafter X zuzurechnen.
Die beteiligten Eheleute X beantragen, es bei der vom FG vorgenommenen Gewinnverteilung zu belassen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist begründet.
Die Vorentscheidung ging zwar zutreffend davon aus, daß grundsätzlich auch der durch eine steueraufsichtliche Prüfung nachträglich festgestellte Mehrgewinn nach dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel allen Gesellschaftern zuzurechnen ist (vgl. Urteil des BFH I 260/56 U vom 27. November 1956, BFH 64, 89, BStBl III 1957, 35). Dieser Grundsatz kann jedoch nicht gelten, wenn es sich um verkürzte Einnahmen und Gewinne handelt, von denen feststeht, daß sie nicht allen, sondern nur einem oder einigen Gesellschaftern zugeflossen sind, und bei denen die Verteilung unter den Gesellschaftern streitig ist. Es mag zutreffen, daß in solchen Fällen zivilrechtliche Ausgleichsansprüche der Gesellschafter untereinander bestehen. Stehen sie fest, so sind sie auch steuerrechtlich zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil VI 16/60 vom 24. Juni 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 4, Rechtsspruch 383). Sind die zivilrechtlichen Ansprüche indessen ungeklärt, so hat sich die Besteuerung danach zu richten, was einstweilen tatsächlich geschehen ist. Die Mehrgewinne sind dann bei der einheitlichen Gewinnfeststellung den Gesellschaftern zuzurechnen, denen sie tatsächlich zugeflossen sind. Das entspricht dem in der Entscheidung I 260/56 U (a. a. O.) wiedergegebenen und schon vom Reichsfinanzhof im Urteil VI 231/38 vom 6. September 1939 (RStBl 1939, 1008) betonten Grundsatz, daß kein Steuerpflichtiger ein Einkommen zu versteuern hat, das tatsächlich einem anderen zugeflossen ist. Kommt es später zu einem Ausgleich unter den Gesellschaftern, so kann dieser erst mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden, in dem er durchgeführt ist. Eine solche zu beachtende Änderung der Sachlage kann im Rahmen einer Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich schon darin bestehen, daß streitige Ausgleichsansprüche und -verbindlichkeiten unter den Beteiligten bindend festgestellt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 557363 |
BStBl II 1968, 740 |
BFHE 1968, 239 |