Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Steuerfreiheit für Jubiläumsgeschenke bei Geschäftsjubiläen kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Jubiläen im Abstande von mindestens 25 Jahren begangen werden.
Bei Geschäftsjubiläen in kürzeren Abständen kann die Lohnsteuerfreiheit jedoch gegeben sein, wenn, sofern eine verschiedene Berechnung der Jubiläumszeit möglich ist, bei einem vorangegangenen Geschäftsjubiläum von der Steuerfreiheit des § 5 LStDV kein Gebrauch gemacht worden ist.
Normenkette
LStDV § 5; EStG § 3 Ziff. 14, § 3/52
Tatbestand
Streitig ist die Steuerfreiheit von Jubiläumsgeschenken an Arbeitnehmer aus Anlaß eines Geschäftsjubiläums.
Die Bfin. stellt Papier und Zellstoff her. Im Jahre 1956 beging sie ihr 250jähriges Bestehen. Nach ihrer Auffassung ist der 8. Juli 1706 der Gründungstag des Unternehmens, weil an diesem Tage der Rat der Stadt den Bau und den Betrieb einer Papiermühle genehmigte, aus der das Unternehmen der Bfin. gewachsen ist, und zwar an derselben Stelle, an der sich heute die Fabrikanlagen der Bfin. befinden. Das Unternehmen ging im Lauf der Jahrhunderte durch verschiedene Hände. Im Jahre 1872 wurde die Firma X. in eine AG umgewandelt, deren einer Direktor ein Angehöriger der Familie X. war. Im Jahre 1956 schüttete die Bfin. anläßlich der Feierlichkeiten des 250jährigen Bestehens des Unternehmens an ihre Arbeitnehmer unterschiedliche Zuwendungen, höchstens aber in Höhe eines Monatsgehaltes aus und ließ diese Beträge lohnsteuerfrei.
Das Finanzamt erkannte die Lohnsteuerfreiheit der Jubiläumsgeschenke nicht an, weil bereits im Jahre 1947 ein Firmenjubiläum (75-jähriges Bestehen der 1872 gegründeten AG) begangen worden sei. Es forderte deshalb dafür Lohnsteuer von der Bfin. als Arbeitgeberin nach. Der Einspruch und die Berufung blieben erfolglos.
Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß die Bfin. - von der Gründung ihres Unternehmens im Jahre 1706 ausgehend - im Jahre 1956, dem 250. Jahrestage, steuerfreie Jubiläumsgeschenke habe geben können. Da sie jedoch bereits im Jahre 1947 das 75jährige Bestehen der AG gefeiert habe, habe sie damit den im § 5 Ziff. 2 LStDV vorgesehenen 25jährigen Jubiläumsturnus für steuerfreie Zuwendungen festgelegt und könne deshalb nicht im Jahre 1956, also bereits nach 9 Jahren, wieder steuerfreie Zuwendungen geben. Dabei sei es ohne Belang, ob sie im Jahre 1947 aus Anlaß des 75jährigen Bestehens der AG auch tatsächlich ihren Arbeitnehmern Geschenke gegeben habe.
Mit der Rb. wird irrige Auslegung des § 5 Abs. 2 LStDV gerügt. Die Jubiläumsfeier im Jahre 1947 bedeute keine Festlegung des 25 jährigen Jubiläumsturnus. Die damalige Feier habe vor allen Dingen zur Kontaktpflege mit der Besatzungsmacht gedient. Stets habe sie auf ihr Gründungsdatum von 1706 verwiesen und dieses Datum als Gründungszeit des Unternehmens betont. Unrichtig sei die Ansicht des Finanzgerichts, es sei unerheblich, ob bei dem Jubiläum 1947 Jubiläumsgeschenke gewährt worden seien oder nicht. Zwischen den Jubiläen von 1947 und 1956 liege im übrigen die Währungsumstellung. Damit habe ein neuer steuerlicher Abschnitt für die Wirtschaft begonnen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
§ 3 Ziff. 14 EStG 1955 (ß 5 LStDV) eröffnet die Möglichkeit, steuerfreie Zuwendungen an Arbeitnehmer aus Anlaß von Geschäftsjubiläen zu machen. Die Bfin. beging im Jahre 1956 den Tag der 250. Wiederkehr der Eröffnung der Papiermühle, aus der das Unternehmen der Bfin. hervorgegangen ist. Wennschon das Unternehmen der Papiermühle im Laufe der 2 1/2 Jahrhunderte des öfteren in andere Hände übergegangen war, so bildete die im Jahre 1706 gegründete Papiermühle doch die Urzelle des heutigen Unternehmens. Mit dem Finanzgericht muß man davon ausgehen, daß wirtschaftlich tatsächlich von einer Fortführung der Papiermühle vom Jahre 1706 bis auf den heutigen Tag gesprochen werden kann, zumal sich die Fabrikanlagen der Bfin. heute noch an der gleichen Stelle befinden, an der die Papiermühle 1706 ins Leben gerufen wurde.
Insoweit wären demnach die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 LStDV gegeben, weil das Geschäft ein Vielfaches von 25 Jahren bestand. Weitere Voraussetzung ist aber, daß die Bfin. bei der Berechnung der maßgebenden Zeiträume bei allen Geschäftsjubiläen nach einheitlichen Grundsätzen verfahren ist. Geschäftsjubiläen im Sinne des § 5 Abs. 2 LStDV können nur in Abständen von 25 Jahren zu lohnsteuerfreien Jubiläumsgeschenken an die Arbeitnehmer führen. Die Bfin. hat jedoch 9 Jahre zuvor im Jahre 1947 ein Geschäftsjubiläum - nämlich den 75jährigen Bestand der AG - begangen. Sie ist der Auffassung, daß diese Jubiläumsfeier nicht zu beachten sei, weil inzwischen die Währungsumstellung eingetreten sei, die nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 280/51 S vom 7. Februar 1952 (BStBl 1952 III S. 85 ff., Slg. Bd. 56 S. 212) "eine völlige Umgestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse des öffentlichen und privaten Lebens" gebracht habe. Dem kann in diesem Zusammenhang nicht gefolgt werden. Die Bfin. geht selbst davon aus, daß in der Entwicklung ihres Geschäftes kein Bruch sei 1706 eingetreten sei und daß sie ungebrochen die Tradition der alten Papiermühle fortgesetzt habe. Damit verneint sie selbst den jetzt behaupteten Bruch und Neuanfang.
Die Bfin. muß sich deshalb grundsätzlich schon das im Jahre 1947 begangene Jubiläum entgegenhalten lassen. Jedoch hindert die Jubiläumsfeier von 1947 die Bfin. an der lohnsteuerfreien Ausschüttung von Jubiläumsgaben im Jahre 1956 nur, wenn sie bei dem Jubiläum im Jahre 1947 von § 5 Abs. 2 LStDV tatsächlich auch Gebrauch gemacht hat, also in nennenswertem Umfange Jubiläumsgeschenke gegeben hat, die in etwa den Wertverhältnissen der heutigen Zeit entsprechen, und dafür Lohnsteuerfreiheit in Anspruch genommen hat. Darüber fehlt es bisher in den Akten an Angaben.
Dieser fehlenden Sachaufklärung halber muß die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen werden. Stellt es sich heraus, daß die Bfin. anläßlich ihres Jubiläums im Jahre 1947 nicht beachtenswerte Jubiläumsgeschenke lohnsteuerfrei an ihre Arbeitnehmer ausgeschüttet hat, so steht der Anerkennung der Lohnsteuerfreiheit der im Jahre 1956 an die Arbeitnehmer gegebenen Leistungen nichts im Wege.
Fundstellen
Haufe-Index 410819 |
BStBl III 1963, 330 |
BFHE 1964, 37 |
BFHE 77, 37 |