Leitsatz (amtlich)
Abschlußgebühren eines Bausparvertrags sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn der Abschluß des Sparvertrags in einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Hausbau steht, der die Grundlage der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bilden soll. An der im Urteil vom 20. März 1973 VIII R 58/68 (BFHE 109, 187, BStBl II 1973, 560) vertretenen Ansicht, daß Abschlußgebühren niemals Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein könnten, hält der Senat nicht fest.
Normenkette
EStG §§ 9, 10 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Umstritten ist, ob Abschlußgebühren für Bausparverträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt werden können.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im Jahre 1964 ein bereits bebautes Grundstück und ließ im Jahre 1965 das vorhandene Gebäude abbrechen und ein neues Gebäude errichten, das Ende 1965 bezugsfertig war. Auf die Bausumme von insgesamt 959 000 DM erhielt er von der Deutschen Hypothekenbank eine 1. Hypothek von 600 000 DM. Um eine 2. Hypothek von 150 000 DM zu erlangen, schloß er mehrere Bausparverträge ab. Nachdem ihm am 17. September 1964 die Gewährung der Hypothek zugesagt war, sicherte ihm die X-Volksbank ein weiteres Darlehen von 150 000 DM zu. Der Rest der Bausumme von 59 000 DM wurde durch Mieterdarlehen aufgebracht.
Nachdem die Kläger die Abschlußgebühren für die Bausparverträge von 4 800 DM zuzüglich Kontenführungsgebühren von 10 DM als Sonderausgaben erklärt hatten, machten sie im Einspruchsverfahren diese Kosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) mit dem Hinweis ab, daß die Abschlußgebühren nicht in dem für Werbungskosten erforderlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stünden, sondern der Kapitalansammlung dienten, so daß sie nur als Sonderausgaben in Betracht kämen. Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG gab folgende Begründung: Zwischen den Abschlußgebühren und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestehe kein für die Anerkennung als Werbungskosten erforderlicher Zusammenhang. Dieser entstehe erst mit der Gewährung des Darlehens und seiner Verwendung zur Baufinanzierung. Die Abschlußgebühren der beiden bereits am 10. Februar 1964 abgeschlossenen Bausparverträge von 1 600 DM ständen schon deshalb mit den späteren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht im ausreichenden Zusammenhang, weil der Kläger das Grundstück erst durch Vertrag vom 16. Juni 1964 erworben habe. Aber auch die Abschlußgebühren der beiden erst am 5. November 1964 abgeschlossenen Bausparverträge hingen mit den späteren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht ausreichend zusammen, da zu dieser Zeit das alte Gebäude noch nicht abgerissen gewesen und die Baugenehmigung für das neue Gebäude erst im März 1965 erteilt worden sei. Maßgebend sei, daß die Bausparverträge der Kapitalansammlung dienten, wobei es ohne Bedeutung sei, ob das angesammelte Kapital durch Kredit beschafft worden sei.
Hiergegen richtet sich die Revision mit folgender Begründung: Bei Abschluß der Bausparverträge habe die Durchführung des Bauvorhabens aufgrund der gegebenen Behördenzusagen bereits festgestanden. Eine Kapitalansammlung mit Hilfe von Krediten sei unverständlich, weil die zu zahlenden Zinsen höher seien als die gewährten. Entscheidend sei nicht die Auszahlung des Baudarlehens, sondern die Zusage der Bausparkasse als Grundlage der Zwischenfinanzierung gewesen. Die Bausparkassen seien nicht mehr nur in ihrer ureigensten Form, sondern immer mehr als Kreditinstitute anderer Art tätig. Die klassische Form des Bauspargedankens werde zwar äußerlich beibehalten, jedoch mit einem ganz anderen Inhalt. Nur für die äußere Gestaltung würden die ursprünglichen Vorschriften eingehalten.
Die Kläger beantragen, bei ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer 1964 die in diesem Jahr gezahlten Abschlußgebühren für Bausparverträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu behandeln.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision der Kläger wird die Entscheidung des FG aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Zur Frage, ob Abschlußgebühren für Bausparverträge Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein können, hat der Senat in den Entscheidungen vom 12. Oktober 1971 VIII 19/65 (BFHE 104, 55, BStBl II 1972, 211) und vom 20. März 1973 VIII R 58/68 (BFHE 109, 187, BStBl II 1973, 560) Stellung genommen. Während der Senat im Urteil VIII 19/65 die Anerkennung der Abschlußgebühren als Werbungskosten in den Fällen für denkbar hielt, in denen der Sparzweck völlig wegfällt und die Kreditbeschaffung allein übrigbleibt, ist er in der Entscheidung VIII R 58/68 zu der Erkenntnis gelangt, daß die Abschlußgebühren der Bausparverträge in keinem Fall Werbungskosten sein können. Nach nochmaliger Prüfung der Streitfrage hält der Senat die bisherige Rechtsprechung nicht aufrecht.
Der Senat braucht nicht darüber zu entscheiden, ob die vom VI. Senat des BFH im Urteil vom 10. September 1965 VI 191/64 U (BFHE 83, 422, BStBl III 1965, 651) entwickelte und vom erkennenden Senat übernommene Ansicht zutrifft, daß der Zweck des Bausparvertrages - zumindest bis zur Zuteilung - das Sparen ist oder ob das Sparen nicht nur das Mittel ist, um die mit dem Abschluß des Bausparvertrages verbundenen steuerlichen Vorteile zu erlangen oder auch nur das niedrig verzinsliche Darlehen der Bausparkasse zu bekommen. Denn auch bei Annahme eines Sparzwecks beim Abschluß eines Bausparvertrags ist, wie der Senat bereits in dem Urteil VIII 19/65 ausgeführt hat, die Anerkennung der Abschlußgebühr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung möglich.
Der Senat braucht auch nicht darüber zu entscheiden, ob die Abschlußgebühren ihrer Art nach zu den Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG gehören. Denn diese Vorschrift hat nur subsidiäre Bedeutung, wie sich aus § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG ergibt. Es ist nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber den Sparzweck als allein maßgebend in den Vordergrund gestellt hat, so daß andere mit dem Sparzweck etwa verbundene Zwecke in den Hintergrund treten, wie im Urteil VIII R 58/68 ausgeführt wird.
Damit kehrt der Senat zu seiner im Urteil VIII 19/65 vertretenen Ansicht zurück, daß in den Fällen, in denen die Kreditbeschaffung alleiniger Zweck des Abschlusses des Sparvertrags ist, die Abschlußgebühr unter bestimmten Voraussetzungen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein können. Erzielen die Steuerpflichtigen noch keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, so können die Abschlußgebühren nur als vorweggenommene Werbungskosten in Betracht kommen. Die Anerkennung derartiger Kosten ist nach der Rechtsprechung des BFH von bestimmten Voraussetzungen abhängig. Danach werden Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten nur anerkannt, wenn sie in einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit den zu erzielenden Einkünften (vgl. BFH-Entscheidung vom 10. November 1961 VI 283/60 U, BFHE 74, 143, BStBl III 1962, 54), bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der geplanten Errichtung des Hauses stehen (vgl. Urteil des BFH vom 31. Januar 1964 VI 252/62 U, BFHE 78, 487, BStBl III 1964, 187). Die Planung des Hausbaus und dessen Vorbereitung muß bereits in ein derart konkretes Stadium eingetreten sein, daß dem Steuerpflichtigen keine Möglichkeit verbleibt, den abgeschlossenen Sparvertrag noch zu anderen Zwecken als zur Erlangung der Baufinanzierung zu verwenden (vgl. Urteil des BFH vom 3. November 1961 VI 196/60 U, BFHE 74, 319, BStBl III 1962, 123). Der Wille des Steuerpflichtigen, durch den zu errichtenden Bau Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, muß aus äußeren Tatsachen erkennbar und darf nicht lediglich eine noch unbestimmte Vorstellung sein (vgl. Urteil des BFH vom 13. November 1973 VIII R 157/70, BFHE 110, 556, BStBl II 1974, 161). Hatte der Steuerpflichtige aber bei Abschluß des Bausparvertrags bereits ein Grundstück zur Bebauung erworben, Baupläne anfertigen lassen und eingereicht und auch die Finanzierung geklärt, dann kann in der Regel an seiner Absicht, mit Hilfe des Bausparvertrags Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, nicht gezweifelt werden. Nicht notwendig ist, daß zwischen dem Bausparer und der Bausparkasse besondere Vereinbarungen über die Verwendung des Darlehens der Sparkasse ausschließlich zu Bauzwecken getroffen werden, wie der Vertreter des FA in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat. Der Bausparer kann vielmehr die Tatsache, daß die Bauabsicht bei Abschluß des Bausparvertrages bereits in ein konkretes Stadium getreten war, auf jede erdenkliche Weise dartun.
Das FG hat aus seiner Sicht zutreffend von einer Klärung dieser Fragen abgesehen. Jedenfalls läßt der von ihm dargelegte Sachverhalt nicht eindeutig erkennen, ob ein enger zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang des Abschlusses des Bausparvertrags mit dem Hausbau bestanden hat. Das FG wird daher diese Feststellungen nachzuholen haben. Kommt es zu dem Schluß, daß die Kläger den eindeutigen, festen Willen hatten, die mit Hilfe des Bausparvertrags mittelbar oder unmittelbar erlangten Mittel zum Bau eines Hauses als Grundlage von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu verwenden, so sind die Abschlußgebühren als Werbungskosten bei dieser Einkunftsart zu berücksichtigen.
Fundstellen
Haufe-Index 71479 |
BStBl II 1975, 699 |
BFHE 1976, 38 |