Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Steuerpflichtiger Arbeitslohn oder Gelegenheitsgeschenk?
Normenkette
EStG § 19/1; LStDV § 2
Tatbestand
Streitig ist, ob Sachzuwendungen, die die Bgin. einigen Arbeitnehmern gewährte, zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören oder als übliche Gelegenheitsgeschenke steuerfrei sind.
Seit Jahren war es im Betriebe der Bgin. üblich, daß jeder von ihr ausgebildete Lehrling nach bestandener Gesellen- oder Gehilfenprüfung einen Straßenanzug erhielt. Die Prüflinge durften die Stoffe selbst auswählen. Eine Maßkonfektionsfirma fertigte die Anzüge an, die dann von dem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer persönlich im Rahmen einer kleinen Feier den Prüflingen ausgehändigt wurden. In den Jahren 1956 und 1957 wurden insgesamt neun Lehrlinge so bedacht. Der Preis je Anzug betrug 1956 = 141 DM (in einem Falle 194 DM), im Jahre 1957 = 166 DM.
Das Finanzamt erblickte in der Zuwendung an die Lehrlinge steuerpflichtigen Arbeitslohn und forderte von der Bgin. durch Haftungsbescheid die Lohnsteuer nach.
Nach erfolglosem Einspruch kam das Finanzgericht zu dem Ergebnis, daß es sich bei den Zuwendungen an die ehemaligen Lehrlinge um übliche Gelegenheitsgeschenke handele und stellte die Bgin. deshalb insoweit von der Haftung frei.
Entscheidungsgründe
Dagegen richtet sich die Rb. des Vorstehers des Finanzamts, die jedoch keinen Erfolg haben kann.
Grundsätzlich gehören alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern gewährt, zum steuerpflichtigen Arbeitslohn (ß 19 EStG, § 2 LStDV). So sind auch als Geschenke bezeichnete Zuwendungen gewöhnlich Arbeitslohn; denn sie werden im allgemeinen mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis als zusätzliches Entgelt gewährt. Anders ist es dagegen, wenn ein Gelegenheitsgeschenk gegeben wird. Darunter sind übliche, bei besonderen persönlichen, nicht oft wiederkehrenden Anlässen dem Arbeitnehmer gewährte Gaben zu verstehen, die nach Art und Höhe nicht ungewöhnlich und übermäßig sind und bei denen der Gedanke einer Aufmerksamkeit und einer Ehrung, nicht aber der Gedanke einer Entlohnung für geleistete Dienste im Vordergrund steht.
Mit Recht ist das Finanzgericht dahin gelangt, in der Zuwendung eines Straßenanzugs an die Lehrlinge nach bestandener Prüfung ein Gelegenheitsgeschenk im vorstehenden Sinne zu erblicken. Im Betriebe der Bgin. hatte sich die Gepflogenheit herausgebildet, das im Leben ihrer Lehrlinge einmalige Ereignis der Gesellen- oder Gehilfenprüfung mit der Zuwendung eines Straßenanzugs zu unterstreichen. Die Art und Weise, wie dies im Betriebe der Bgin. geübt wurde, nämlich den Straßenanzug vom Lehrherrn persönlich im Rahmen einer kleinen Feier dem Prüfling zu übergeben, zeigt, daß hier nicht entlohnt, sondern belohnt werden sollte. Der Gedanke einer Ehrung stand im Vordergrund. Der Annahme eines Gelegenheitsgeschenkes steht auch nicht entgegen, daß es sich bei der Zuwendung um Werte von 140 bis etwa 200 DM gehandelt hat. Gemessen an den in den Streitjahren üblichen Lehrlingsentschädigungen fällt die Höhe der Sachzuwendungen nicht aus dem Rahmen.
Zutreffend hat das Finanzgericht deshalb die Bgin. von der Haftung freigestellt, soweit sie ihren Lehrlingen Straßenanzüge zuwendete.
Fundstellen
Haufe-Index 410464 |
BStBl III 1962, 281 |
BFHE 1963, 34 |
BFHE 75, 34 |