Leitsatz (amtlich)
§ 14 Abs. 1 Satz 1 des 3. VermBG gewährt keinen Erstattungsanspruch, wenn die vom Arbeitgeber geschuldete Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer niedriger ist als der abzugsfähige Teil der erbrachten vermögenswirksamen Leistungen.
Normenkette
3. VermBG § 14 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Streitig ist bei ihrer Einkommensteuerveranlagung 1971, ob der dem Ehemann als Arbeitgeber nach § 14 des Dritten Vermögensbildungsgesetzes (3. VermBG) zustehende Anspruch auf Ermäßigung der Einkommensteuer zu einer Erstattung führt, wenn die Einkommensteuerschuld 0 DM beträgt. Die Kläger hatten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr eine Ermäßigung ihrer Einkommensteuer nach § 14 Abs. 1 des 3. VermBG in Höhe von 1 797 DM beantragt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) berücksichtigte diesen Antrag bei der Einkommensteuerveranlagung nicht, weil die Steuerschuld der Kläger 0 DM betrug. Die Kläger sind der Ansicht, daß ihnen in diesem Fall ein Erstattungsanspruch zustehe.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Revision beantragen die Kläger, die Vorentscheidung aufzuheben und - sinngemäß - eine negative Einkommensteuerschuld 1971 in Höhe von 1 797 DM festzusetzen. Sie rügen Verletzung materiellen Rechts (§ 14 Abs. 1 des 3. VermBG).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des für das Streitjahr anzuwendenden Dritten Vermögensbildungsgesetzes ermäßigt sich für Steuerpflichtige, die ihren Arbeitnehmern vermögenswirksame Leistungen nach diesem Gesetz erbringen, die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum, in dem die Leistungen erbracht worden sind, um 30 v. H. der Summe der vermögenswirksamen Leistungen, höchstens aber um 6 000 DM. Aus diesem klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt sich, daß der Gesetzgeber neben der Steuerermäßigung keinen Anspruch auf Erstattung gewähren wollte, wenn die an die Arbeitnehmer gezahlten Beträge ganz oder teilweise die für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geschuldete Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer übersteigen. Die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer kann in dem für den Steuerpflichtigen günstigsten Falle nur mit 0 DM festgesetzt werden. Eine darüber hinausgehende "Ermäßigung" mit der Folge einer "negativen Steuerschuld" kommt nicht in Betracht.
2. Dieses Ergebnis steht zu dem erkennbaren Zweck des Gesetzes nicht in Widerspruch.
Zweck des Vermögensbildungsgesetzes ist es, die Vermögensbildung bei den Arbeitnehmern zu fördern. Die in § 14 des 3. VermBG den Arbeitgebern gewährte Steuerermäßigung soll diesem Ziel dienen (vgl. Bundestags-Drucksache IV/3224 S. 5 zu § 14). Wie stark dieser Anreiz auszugestalten ist, damit er noch geeignet ist, den mit ihm verfolgten Zweck zu erreichen, ist eine in das politische Ermessen des Gesetzgebers gestellte Entscheidung. Die Wahl einer Begünstigung durch Abzug von der Steuerschuld hält sich im Rahmen dieser Gestaltungsfreiheit (zu deren Grenzen vgl. Beschluß des BVerfG vom 9. März 1971 2 BvR 326 u. a. /69, BVerfGE 30, 250 [263] mit weiteren Nachweisen). Insoweit gilt nichts anderes als für Steuerbegünstigungen, die bereits im Rahmen der Einkommensermittlung zu berücksichtigen sind. Auch diese Begünstigungen können nur dann und insoweit in Anspruch genommen werden, als der Steuerpflichtige Einkünfte bezieht. Ihre Wirksamkeit wird dadurch - bei der gebotenen typisierenden Betrachtung (vgl. dazu z. B. BVerfG-Urteil vom 24. Juli 1963 1 BvL 30/57, 11/61, BVerfGE 17, 1 [23]) - nicht in Frage gestellt.
Der Ausschluß der Erstattungsmöglichkeit bei Begünstigungen, die sich im Rahmen der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerveranlagung nicht auswirken, widerspricht auch nicht dem mit der Ermäßigung der Steuer schuld verfolgten Zweck, allen Arbeitgebern unabhängig von der für sie geltenden Steuerprogression eine gleiche Begünstigung zuteil werden zu lassen (vgl. Bundestags-Drucksache IV/3224). Die Begrenzung dieses Zwecks liegt in der Wahl dieses Mittels. Es ist die Besonderheit der Begünstigungen in Form einer Steuerminderung gegenüber den steuerunabhängigen Prämien, die außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens durch "besonderen Bescheid" gewährt werden (wie z. B. die Investitionszulage nach § 19 BerlinFG oder nach § 1 InvZulG), daß sie für das jeweilige Verlustjahr verloren gehen, wenn die Einkommensteuerschuld niedriger ist als der Anspruch auf die Begünstigung. Darauf hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 13. Februar 1974 I R 114/72 (BFHE 111, 420, BStBl II 1974, 317; ebenso Urteil vom 22. Mai 1975 IV R 156/74, BFHE 116, 306, BStBl II 1975, 734) zur Investitionsprämie nach dem Kohlegesetz hingewiesen. Für die Steuerermäßigung nach § 14 des 3. VermBG gilt nichts anderes. Zwar unterscheiden sich beide Begünstigungsvorschriften darin, daß eine nicht oder nicht voll ausgenützte Investitionsprämie nach dem Kohlegesetz für die folgenden vier Jahre vorgetragen werden kann (§ 32 Abs. 4 Satz 5 des Kohlegesetzes), während § 14 des 3. VermBG einen solchen Vortrag nicht zuläßt. Eine entsprechende Differenzierung findet sich aber auch bei anderen Begünstigungen, ohne daß dadurch ihr Charakter verändert wird. So dürfen z. B. auch die durch die §§ 16, 17 des Berlinhilfegesetzes und BerlinFG gewährten Begünstigungen - denen § 14 des 3. VermBG nachgebildet ist (vgl. dazu Urteil des BFH vom 27. September 1973 IV R 86/70, BFHE 110, 409, BStBl II 1974, 30) - oder erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen nicht zur Entstehung eines Verlustes führen (§ 7 a Abs. 6 EStG 1975). Diese Regelungen lassen erkennen, daß der Gesetzgeber zwar bereit war, die verschiedenen Zwecke durch Verzicht auf die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer zu fördern, aber nicht auch Erstattungen in Kauf nehmen wollte, wenn keine Steuerzahlungspflicht besteht.
Fundstellen
Haufe-Index 71877 |
BStBl II 1976, 494 |
BFHE 1977, 154 |