Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Nutzung eines den Eheleuten und dem Vater der Ehefrau zu Bruchteilen gehörenden Einfamilienhauses in der Weise geregelt, daß die Eheleute das Haus bewohnen und der Vater zum Ausgleich eine Nutzungsvergütung erhält, sind die Einkünfte der Eheleute nach der Einfamilienhaus-Verordnung und die Einkünfte des Vaters nach der Einnahmenüberschußrechnung zu ermitteln.
2. Bei Anwendung unterschiedlicher Berechnungsmethoden kann nicht auf eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte verzichtet werden.
Normenkette
EStG § 21; EinfHaus-VO vom 26. Juni 1937 §§ 1-2; AO § 215 Abs. 2 Nr. 4; AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2a
Tatbestand
Die drei Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger zu 1-3) erwarben im Streitjahr 1972 ein Einfamilienhaus zu Anteilen von 5/10 (Kläger zu 1), 4/10 (Klägerin zu 2) und 1/10 (Kläger zu 3). Die Kläger zu 1 und 2 sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger zu 3 ist der Vater der Klägerin zu 2. Das Haus wird nur von den Klägern zu 1 und 2 bewohnt. Der Kläger zu 3 erhält aufgrund einer gemeinsamen Vereinbarung eine Nutzungsvergütung.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) stellte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zunächst einheitlich und gesondert fest und berechnete sie für die Kläger zu 1 und 2 nach der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom 26. Januar 1937 (RGBl I 1937, 99, RStBl 1937, 161) - Einfamilienhaus-Verordnung - (EinfHaus-VO), für den Kläger zu 3 durch Überschußrechnung der Mieteinnahmen über die Werbungskosten. Auf den Einspruch der Kläger, mit dem diese im Hinblick auf den "mit der Grundstücksgemeinschaft abgeschlossenen Mietvertrag" die einheitliche Ermittlung der Einkünfte durch Überschußrechnung erstrebten, wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück, hob jedoch in der gleichen Verfügung den Feststellungsbescheid ersatzlos auf, da es der Auffassung war, die Einkünfte seien wegen des steuerrechtlich nicht anzuerkennenden Miteigentumsanteils des Klägers zu 3 ausschließlich den Klägern zu 1 und 2 zuzurechnen.
Die hiergegen zum Finanzgericht (FG) erhobene Klage führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des ursprünglichen Feststellungsbescheides. Außerdem verpflichtete das FG das FA, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einheitlich und gesondert auf -8 063 DM festzustellen und mit -4 538 DM auf den Kläger zu 1, -3 630 DM auf die Klägerin zu 2 und +105 DM auf den Kläger zu 3 zu verteilen. Die einheitliche und gesonderte Feststellung sei nach § 215 Abs. 2 Nr. 4 der Reichsabgabenordnung (AO) geboten, da an den Einkünften mehrere beteiligt seien. Auch der Kläger zu 3 rechne zu diesen Beteiligten. Selbst wenn in der Überlassung seines Miteigentumsanteils eine unentgeltliche Zuwendung an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person zu sehen sein sollte, habe er nach § 12 Nr. 2 - entgegen § 21 Abs. 2 - des Einkommensteuergesetzes (EStG) den Nutzungswert zu versteuern (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH vom 14. November 1969 VI R 72/68, BFHE 97, 537, BStBl II 1970, 207). Das Gericht könne sich jedoch der Auffassung des FA, die Einräumung des Miteigentumsanteils an den Kläger zu 3 sei als Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts nach § 6 Abs. 1, Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) unbeachtlich, nicht anschließen. Die Kläger zu 1 und 2 hätten dem Kläger zu 3 einen Miteigentumsanteil eingeräumt, weil dieser sich an der Finanzierung des Hauses beteiligt habe. Die gewählte Gestaltung sei nicht unangemessen. Selbst wenn dadurch die Anwendbarkeit der Einfamilienhaus-Verordnung für die Kläger zu 1 und 2 entfalle, liege kein Umgehungstatbestand vor. Der Gesetzgeber habe die Einfamilienhaus-Verordnung nicht als Begünstigungsregelung, sondern als Vereinfachungsregelung geschaffen. Die Höhe der Einkünfte ergebe sich für alle Kläger aus dem Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten. Die Einfamilienhaus-Verordnung sei nicht anwendbar. Für den Kläger zu 3 ergebe sich das schon daraus, daß er die Wohnung nicht selbst bewohnt habe (BFH-Urteile VI R 72/68 und vom 1. August 1972 VIII R 99/69, BFHE 107, 18, BStBl II 1972, 882). Auch die Kläger zu 1 und 2 hätten keine Wohnung im "eigenen" Einfamilienhaus genutzt, wie es § 1 EinfHaus-VO voraussetzte. Sämtliche Räume ständen im Eigentum der von allen Klägern gebildeten Gemeinschaft. Die Kläger zu 1 und 2 hätten nur ideelle Miteigentumsanteile besessen und zudem den Anteil des Klägers zu 3 aufgrund des Mietvertrages bewohnt. Der ideelle Miteigentumsanteil sei nicht bewohnbar (Hinweis auf BFH-Urteil vom 15. Januar 1960 VI 309/58 U, BFHE 70, 251, BStBl III 1960, 93). Die Anwendung der Einfamilienhaus-Verordnung entspreche auch nicht deren Vereinfachungszweck; sie führe vielmehr im Streitfall zu einer Erschwernis. Das BFH-Urteil VIII R 99/69 sei nicht einschlägig, da seinerzeit der alleinige Eigentümer des ganzen Hauses nur einen Teil davon bewohnt habe. Der Berechnung der Einnahmen werde in Übereinstimmung mit allen Beteiligten ein Betrag von 3 DM pro qm als ortsübliche Marktmiete zugrunde gelegt. Der dem Kläger zu 3 zuzurechnende Anteil belaufe sich auf 1/10 dieser Marktmiete, da dieser Anteil über der vereinbarten Miete von 2,87 DM pro qm liege und ihm die Differenz nach § 12 Nr. 2 EStG zuzurechnen sei.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der Verletzung des § 21 EStG und der Vorschriften der Einfamilienhaus-Verordnung gerügt wird. Das FA macht geltend: Eine "eigene" Wohnung liege auch dann vor, wenn der bewohnende Miteigentümer nur einen ideellen Eigentumsanteil besitze. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn den einzelnen Miteigentümern tatsächliche Einkünfte zuflössen und deshalb verfahrensrechtlich eine einheitliche und gesonderte Feststellung erforderlich sei. Im Streitfall seien die Kläger zwar zu mehreren an der Einkunftsquelle, nicht jedoch an den Einkünften selbst beteiligt gewesen. Der Mietvertrag könne steuerrechtlich nicht anerkannt werden. Zweifel ergäben sich aus § 5 Abs. 1 StAnpG. Wirtschaftlich betrachtet habe die Beteiligung nur ein Sicherungsmittel für das Finanzierungsdarlehen dargestellt. Dafür spreche auch, daß der Kläger zu 3 nur einen Miteigentumsanteil von 1/10 erhalten habe. Im übrigen hätte das FG prüfen müssen, ob der Eigentumsanteil des Klägers zu 3 nicht den Klägern zu 1 und 2 wirtschaftlich zuzurechnen gewesen sei. Diese hätten die tatsächliche Herrschaftsgewalt ausgeübt. Der Herausgabeanspruch des Klägers zu 3 sei praktisch bedeutungslos gewesen. Er habe die Auflösung der Gemeinschaft verlangen können; damit sei noch nicht die Einräumung des Mitbesitzes zu erreichen gewesen, sondern nur die Zwangsversteigerung. Er sei daher nicht bessergestellt gewesen als ein dinglich abgesicherter Gläubiger. Zu Unrecht habe das FG auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1, Abs. 2 StAnpG verneint. Die Kläger hätten sich nicht durch die gewählte Gestaltung der vorgesehenen Besteuerung nach der Einfamilienhaus-Verordnung entziehen können. Selbst wenn mit der Vorinstanz die bürgerlich-rechtlichen Eigentumsverhältnisse zu berücksichtigen wären, müßten die Einkünfte der Kläger zu 1 und 2 unter Zugrundelegung von 9/10 des Einheitswertes nach der Einfamilienhaus-Verordnung berechnet werden (Hilfsantrag). Diese entspreche der von der Verwaltung zu § 21 a EStG vertretenen Meinung.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen - hilfsweise nur die Klage der Kläger zu 1 und 2, soweit diese die Ermittlung ihrer Einkünfte nach der Überschußrechnung begehrten -.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Finanzen (BdF) ist gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Verfahren beigetreten. Er hat sich im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung dafür ausgesprochen, daß dem Kläger zu 3 der anteilige Nutzungswert zugerechnet wird, soweit er seinen Miteigentumsanteil teilweise unentgeltlich den Klägern zu 1 und 2 überlassen haben sollte.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zum Teil begründet.
1. Zutreffend hat die Vorinstanz entschieden, daß die Einkünfte für die Kläger einheitlich und gesondert festzustellen sind (§ 215 Abs. 2 Nr. 4 AO, jetzt § 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung - AO 1977 -). Entgegen der Auffassung des FA war der Kläger zu 3 an diesen Einkünften durch Vermietung beteiligt (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 743 Abs. 1 BGB).
Bürgerlich-rechtlich bestehen gegen die Vermietung von Räumen an einen Miteigentümer keine Bedenken (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 17. Dezember 1973 II ZR 59/72, Neue Juristische Wochenschrift 1974 S. 364 - NJW 1974, 364 - mit weiteren Nachweisen). Bei der Besteuerung von Vorgängen, die im Bereich des Privatsrechts gestaltet werden, ist grundsätzlich an die von den Vertragspartnern getroffenen Vereinbarungen anzuknüpfen, sofern diese eindeutig, ernstlich gewollt und tatsächlich durchgeführt sind (z. B. BFH-Urteil vom 10. Juli 1974 I R 187/72, BFHE 113, 263, BStBl II 1974, 779). Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß die Kläger wirtschaftlich etwas anderes wollten als das, was sie erklärt haben. Auch das FA hat nicht vorgetragen, welche Umstände die Anwendung der Vorschrift des § 5 Abs. 1 StAnpG rechtfertigen sollten. Daß die Miete auf ein Kasseler Konto einbezahlt wurde, genügt nicht für die Annahme eines Scheingeschäfts. Der Umfang der Beteiligung zu 1/10 steht für sich allein der Anerkennung des Beteiligungsverhältnisses nicht entgegen; er entspricht dem Beitrag des Klägers zu 3 zu den Anschaffungskosten, wobei die absolute Höhe dieses Beitrags nicht unbeachtet bleiben darf.
Der erkennende Senat stimmt der Vorentscheidung auch insoweit zu, als diese die Gestaltung nicht als rechtsmißbräuchlich i. S. des § 6 Abs. 1 StAnpG angesehen hat (vgl. dazu z. B. Urteil vom 29. Juli 1976 VIII R 41/74, BFHE 120, 448, BStBl II 1977, 261). Denn zum einen war die gewählte Form - gemessen an dem erstrebten Ziel - nicht unangemessen. Durch die Vereinbarung war eine wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Gegebenheiten eingetreten. Die Kläger zu 1 und 2 wurden in die Lage versetzt, das gesamte Grundstück zu nutzen; dafür hatten sie Miete zu entrichten. Der Kläger zu 3 erwarb einen Miteigentumsanteil, der auch wirtschaftlich gesehen nicht mit der dinglichen Sicherung eines Darlehens vergleichbar ist. Zum anderen würde der erstrebte steuerliche Erfolg - die Nichtanwendung der Einfamilienhaus-Verordnung -, selbst wenn er erreicht werden könnte, bei sinnvoller, Zweck und Ziel der Rechtsordnung berücksichtigender Auslegung vom Gesetz nicht mißbilligt: Zutreffend hat das FG ausgeführt, daß die Einfamilienhaus-Verordnung auf die Dauer gesehen nicht auf eine Begünstigung des Steuerpflichtigen hinzielt, sondern lediglich auf eine Vereinfachung des Verfahrens.
Das Feststellungsverfahren nach § 215 Abs. 2 Nr. 4 AO (jetzt § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO 1977) setzt nur voraus, daß mehrere an den Einkünften beteiligt sind. Die Einkünfte sind grundsätzlich auch dann einheitlich und gesondert festzustellen, wenn sie - im Rahmen ein und derselben Einkunftsart - nach unterschiedlichen Methoden ermittelt werden. Schließlich betrifft die einheitliche Feststellung nicht nur die Ermittlung der Einnahmen bzw. des Nutzungswertes, sondern auch die Ermittlung der Werbungskosten und deren Aufteilung. Der erkennende Senat hat die Notwendigkeit einer einheitlichen und gesonderten Feststellung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nur dann nach § 215 Abs. 4 AO verneint, wenn die Ermittlung gemeinsamer Mieteinkünfte auf einem leicht überschaubaren und kurzfristigen Vorgang mit problemloser Aufteilung nach einem einfachen Verteilungsschlüssel beruht oder wenn die Verhältnisse anderweitig in leicht überschaubarer Weise so gelagert sind, daß die betragsmäßige Ermittlung und die Zurechnung der Einkünfte verhältnismäßig einfach und die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nahezu ausgeschlossen ist (Urteil vom 3. Februar 1976 VIII R 29/71, BFHE 118, 135, BStBl II 1976, 396). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Aufgrund der Beteiligung des Klägers zu 3 können auch etwaige Ausnahmen bei zusammenveranlagten Ehegatten nicht auf den Streitfall übertragen werden (vgl. dazu z. B. Urteil vom 20. Januar 1976 VIII R 253/71, BFHE 117, 437, BStBl II 1976, 305).
2. Die Vorentscheidung ist auch insoweit rechtlich nicht zu beanstanden, als die Einkünfte des Klägers zu 3 nach dem Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu berechnen sind. Die Einfamilienhaus-Verordnung ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht anwendbar, weil der Kläger zu 3 das Grundstück in Ansehung seines Miteigentumsanteils durch Vermietung nutzte. Die Nutzung i. S. von § 21 Abs. 1 EStG wird von der Ermächtigungsgrundlage des § 29 Abs. 3 EStG und damit von der Einfamilienhaus-Verordnung nicht erfaßt (BFH-Urteile vom 27. November 1952 IV 131/52 U, BFHE 57, 38, BStBl III 1953, 14, und VIII R 99/69).
Entgegen der Auffassung des FG hat der Kläger zu 3 die Wohnung nicht teilweise unentgeltlich überlassen. Denn die vom FG festgestellte Differenz zwischen der ortsüblichen und der vereinbarten monatlichen Miete von 0,13 DM pro qm (3 DM ./. 2,87 DM) ist so gering, daß aus ihr nicht auf eine Zuwendung des Klägers zu 3 geschlossen werden kann (zum Begriff der teilweise unentgeltlichen Überlassung vgl. auch Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 21 EStG Anm. 26; Seithel, Deutsches Steuerrecht 1977 S. 504, 507). Der Senat ist jedoch gehindert, das FA zu verpflichten, die Einkünfte insoweit niedriger festzustellen, weil der Kläger zu 3 keine (Anschluß-) Revision eingelegt hat (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).
3. Gleichwohl muß die Vorentscheidung teilweise aufgehoben werden, weil das FG zu Unrecht die Anwendbarkeit der Einfamilienhaus-Verordnung abgelehnt hat.
a) Den Klägern zu 1 und 2 ist der Nutzungswert der Wohnung gemäß § 21 Abs. 2 EStG entsprechend ihren Miteigentumsanteilen zuzurechnen. Es kann ihnen nicht darin gefolgt werden, daß sie das Grundstück durch Vermietung an die Gemeinschaft genutzt haben, und ihre Einkünfte sich demgemäß aus der Differenz der vereinbarten Miete und den Werbungskosten errechneten. Aus bürgerlich-rechtlicher Sicht ist der von den Beteiligten geschlossene Mietvertrag eine Vereinbarung aller Miteigentümer über die Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes i. S. von § 745 Abs. 1 BGB. Aus diesem Rechtsgrund bewohnen die Kläger das Haus teils aufgrund des ihnen als Miteigentümern gebührenden Gebrauchsrechts (§ 743 Abs. 1 BGB), teils aufgrund der ihnen vom Kläger zu 3 überlassenen Nutzung. Soweit sie das Grundstück aus eigenem Recht bewohnen, liegt eine Eigennutzung vor. Ein Mietverhältnis mit der Gemeinschaft ist insoweit ausgeschlossen, da diese weder zivilrechtlich noch einkommensteuerrechtlich eine eigene Rechtszuständigkeit besitzt (vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Januar 1977 I R 242/74, BFHE 121, 197, BStBl II 1977, 282, mit weiteren Nachweisen). Soweit sie dagegen das Haus aus fremdem Recht bewohnen, haben sie eine mieterähnliche Stellung. Insoweit ist ein Nutzungswert nicht anzusetzen.
b) Der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus ist nach den Vorschriften der Einfamilienhaus-Verordnung zu ermitteln (vgl. § 29 Abs. 3 EStG i. V. m. §§ 1, 2 EinfHaus-VO). Diese Voraussetzung ist gegeben, soweit der Alleineigentümer nur einen Teil des Grundstücks bewohnt (§ 3 Abs. 2 EinfHaus-VO; BFH-Urteile IV 131/52 U und VIII R 99/69).
Daraus können jedoch keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Besteuerung im Streitfall gezogen werden. Das Eigentum steht den Klägern zu Bruchteilen zu (§ 1008 BGB). Das bedeutet, daß nicht das Grundstück, sondern das sich auf das ganze Grundstück erstreckende Eigentumsrecht entsprechend den Anteilen der Miteigentümer ideell geteilt ist (vgl. BFH-Urteil I R 242/74). Bürgerlich-rechtlich gesehen stehen somit alle von den Klägern zu 1 und 2 genutzten Räume nicht in ihrem Alleineigentum.
Dennoch hält der erkennende Senat die Einfamilienhaus-Verordnung für anwendbar. Aus dem Wortlaut ergibt sich nicht eindeutig, was der Verordnungsgeber unter dem Begriff des "eigenen" Hauses versteht. Inhalt und Bedeutung dieser Bestimmung sind daher unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhanges in den sie hineingestellt ist, ihres Regelungszieles und ihrer Entstehungsgeschichte durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ergibt sich ein sinnvolles Ergebnis nur dann, wenn auch ideelle Miteigentumsanteile als "eigene" Anteile besteuert werden. Das zeigt vor allem folgende Überlegung: Die Einfamilienhaus-Verordnung übernimmt den Begriff des eigenen Hauses aus der Ermächtigungsgrundlage in § 29 Abs. 3 EStG. Diese Vorschrift ist wiederum auf § 21 Abs. 2 EStG und damit auf denselben Begriff zurückzuführen. Würde man nun ein eigenes Haus nur bei unbeschränktem Alleineigentum des Bewohners annehmen, würde der Besteuerungstatbestand des § 21 Abs. 2 EStG in all den Fällen nicht zur Anwendung gelangen, in denen das Grundstück nicht im Alleineigentum des Nutzenden steht, sondern mehreren Miteigentümern gehört. Selbst wenn alle Miteigentümer das Gebäude zu den Miteigentumsanteilen bewohnten, würde die Besteuerungsgrundlage entfallen. Es liegt auf der Hand, daß der Gesetzgeber - und damit der Verordnungsgeber - ein derartiges Ergebnis nicht gewollt haben kann. In Übereinstimmung damit hat der erkennende Senat bereits im Urteil VIII R 99/69 klargestellt, daß er an den Entscheidungen des VI. Senats VI 309/58 U und vom 13. November 1964 VI 271/63 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einfamilienhaus-Verordnung, § 1, Rechtsspruch 9) insoweit nicht festhalte, als dieser verlangt habe, der Eigentümer müsse das Haus entsprechend seinen Eigentumsverhältnissen nutzen. Die Einfamilienhaus-Verordnung ist immer dann anwendbar, wenn der Besteuerungstatbestand des § 21 Abs. 2 erste Alternative EStG gegeben ist und dem bewohnenden Miteigentümer fiktive Einkünfte zugerechnet werden.
4. Der Senat kann jedoch in der Sache selbst noch nicht entscheiden. Denn die Vorentscheidung enthält keine Feststellungen zu der Frage, ob und in welchem Umfang die von den Klägern zu 1 und 2 als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen vor dem Einzug in das Einfamilienhaus verausgabt worden sind. Insoweit wird die Abzugsfähigkeit nicht durch die Einfamilienhaus-Verordnung berührt, da diese erst ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Eigennutzung Anwendung findet (vgl. BFH-Urteil vom 26. August 1975 VIII R 120/72, BFHE 117, 54, BStBl II 1976, 9). Die Sache wird deshalb gemäß § 126 Abs. 3 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 73138 |
BStBl II 1979, 476 |
BFHE 1979, 319 |