Leitsatz (amtlich)
Der ermäßigte Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG kommt nur einmal zur Anwendung, wenn in den ausländischen Einkünften aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr ein Veräußerungsgewinn enthalten ist.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 1, § 34c Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Für das Streitjahr erhielt der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) von dem Betriebs-FA R je eine Mitteilung für den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) und seine Ehefrau, nach denen für diese Anteile an den Einkünften der "W" festgestellt wurden: Die positiven Einkünfte gemäß § 34c Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der maßgebenden Fassung wurden dabei in der Weise errechnet, daß von einem Veräußerungsgewinn von 24 730 DM der laufende Verlust abgezogen wurde. Die sich ergebende Differenz von 22 450 DM wurde in Höhe von 80 v. H. (= 17 960 DM) - § 34c Abs. 4 Satz 4 EStG - als positive Einkünfte gemäß § 34c Abs. 4 EStG ausgewiesen.
Das FA berücksichtigte diese mitgeteilten Angaben bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr, indem es für die Einkünfte in Höhe von 17 960 DM den ermäßigten Steuersatz gemäß § 34c Abs. 4 i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG (= 15,505 v. H. im Streitfall) gewährte. Den verbleibenden Teil des nach § 34 Abs. 1 EStG begünstigten Veräußerungsgewinns in Höhe von 6 770 DM (24 730 DM % 17 960 DM) besteuerte es mit dem Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG (15,505 v. H.).
Der Kläger legte Einspruch ein und begehrte, für den Veräußerungsgewinn sowohl die Vergünstigung des § 34 Abs. 1 EStG als auch gemäß § 34c Abs. 4 EStG zu gewähren; der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1980, 504 veröffentlichten Urteil statt.
Das FA beantragt mit der Revision, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage-abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das FG hätte die Klage abweisen müssen. Sie ist nicht begründet. Der Kläger kann für einen Teil des von ihm zu versteuernden Veräußerungsgewinns keinen. Steuersatz von 7,752 v. H. beanspruchen, der gesamte Veräußerungsgewinn unterliegt einem Steuersatz von 15,505 v. H. Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, daß ausländische Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr in Höhe von 17 960 DM vorliegen und damit der Veräußerungsgewinn zu diesen Einkünften gehört. Der Kläger kann gemäß § 34c Abs. 4 Satz 1 EStG beantragen, daß der auf die bezeichneten Einkünfte entfallende Einkommensteuersatz nach dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG bemessen wird. Der ermäßigte Steuersatz beträgt gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergeben würde, wenn die Einkommensteuertabelle auf den gesamten zu versteuernden Einkommensbetrag anzuwenden wäre. Dieser ermäßigte Steuersatz beläuft sich im Streitfall auf 15,505 v. H. Der Kläger kann insoweit nicht die Anwendung eines anderen niedrigeren Steuersatzes begehren. Der sich aus der Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes ergebende Steuersatz ist eine Größe, die sich nicht dadurch verändern kann, daß der Kläger aus anderen Gründen für bestimmte Teile seines Einkommens ebenfalls einen ermäßigten Steuersatz beansprucht. Bezogen auf die Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr bedeutet dies, daß der insoweit vorgesehene ermäßigte Steuersatz ohne Auswirkung ist, soweit er bereits aus anderen Gründen zur Anwendung kommt.
Dem steht das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. November 1982 VI R 125/78 (BFHE 137, 423, BStBl II 1983, 300 ) nicht entgegen. Das Urteil wendet § 2 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die steuerliche Behandlung der Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfV), wonach die Lohnsteuer auf Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen nur zur Hälfte erhoben wird, auf den Lohnsteuerbetrag an, der sich bereits gemäß § 39b Abs. 3 Sätze 9 und 10 EStG ermäßigt hat. Danach ist die Lohnsteuer für einen sonstigen Bezug, der mehr als zwei Kalenderjahre betrifft, in der Weise zu ermitteln, daß die auf ein Drittel des Bezuges entfallende Lohnsteuer verdreifacht wird, womit eine Milderung der Tarifprogression erreicht wird. Anders als § 34c Abs. 4 Satz 1 EStG sieht § 2 Abs. 1 Satz 2 ArbnErfV nicht die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes vor, der sich aus einem durchschnittlichen Steuersatz ergibt, sondern eine Halbierung der Steuer, die auf bestimmte Einkünfte entfällt. Die auf diese Einkünfte entfallende Steuer kann bereits aufgrund anderer Vorschriften ermäßigt sein. Es trifft zu, daß die Vorschriften, die eine Begünstigung eines Veräußerungsgewinns betreffen (§ 34 Abs. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 16 EStG), anderen Zwecken dienen, als die Vorschrift des § 34c Abs. 4 EStG, die sich auf die Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr bezieht. Dem Gesetzgeber steht es jedoch frei, in welcher Weise er Steuervergünstigungen einräumt. Er kann eine Ermäßigung der Steuer vorsehen, die bereits aufgrund anderer Begünstigungsvorschriften reduziert ist. Er kann die Vergünstigung aber auch in der Weise einräumen, daß sie nur eingreift, soweit nicht bereits aus anderen Gründen eine Steuerermäßigung zum Zuge kommt. Der Gesetzgeber hat im Falle des § 34c Abs. 4 Satz 1 EStG hinsichtlich des anzuwendenden Steuersatzes den letzteren Weg gewählt.
Fundstellen
Haufe-Index 426097 |
BStBl II 1985, 210 |
BFHE 1985, 481 |