Entscheidungsstichwort (Thema)
Berlin-Darlehen an Ehegatten
Leitsatz (NV)
Die in § 16 BerlinFG vorgesehene Tarifvergünstigung kommt nicht in Betracht in Fällen, in denen ein Stpfl. dem mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten ein Darlehen gewährt (Anschluß an BFH-Urteil vom 26. 7. 1983 VIII R 160/80, BFHE 139, 69, BStBl II 1983, 674).
Normenkette
BerlinFG § 16; EStG § 26b
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1975 als Zahnarzt selbständig in Berlin tätig. Seine Ehefrau wirkte als Zahnarzthilfe in der Praxis mit. Aufgrund eines Vertrages vom 30. September 1975 gewährte die Ehefrau dem Kläger ein Darlehen in Höhe von 60 000 DM. Der Kläger verwendete den Darlehensbetrag vertragsgemäß für den Um- und Ausbau der Zahnarztpraxis sowie für die Anschaffung neuer Geräte. Die Berliner Industriebank AG bestätigte, daß das Darlehen im Rahmen des § 16 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) gewährt worden sei und daß sie die bestimmungsgemäße Verwendung des Darlehens und die Durchführung des Vertrages überwachen werde.Der Kläger begehrte bei seiner Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 1975 gemäß § 16 Abs. 1 und 4 BerlinFG eine Kürzung seiner Einkommensteuer um (12 v. H. von 60 000 DM =) 7 200 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die begehrte Kürzung ab.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage, soweit sie sich gegen die Versagung der Einkommensteuervergünstigung nach § 16 BerlinFG richtete, statt. Der Umstand, daß der Darlehensnehmer mit der Darlehensgeberin verheiratet sei, stehe der Gewährung der Steuervergünstigung nicht entgegen. Auch die Tatsache, daß der Kläger und seine Ehefrau gemäß § 26 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, rechtfertige die Ablehnung der Steuervergünstigung nicht. Das FG schließe sich mit dieser Entscheidung dem Urteil des FG Berlin vom 24. April 1980 IV 226/79 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1981, 67) an.
Mit der Revision, die das FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat, rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur anderweitigen Festsetzung der Steuer.
Nach § 16 BerlinFG ist eine Darlehensgewährung an die Berliner Industriebank AG oder an die Deutsche Industriebank Berlin (Abs. 1) unter bestimmten Voraussetzungen (Abs. 2) dadurch begünstigt, daß sich die Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum der Hingabe um 12 v. H. der hingegebenen Darlehen mindert (Abs. 1), höchstens jedoch um 50 v. H. der Einkommensteuer (Abs. 5). Die Darlehen der Steuerpflichtigen sind von den genannten Kreditinstituten an Unternehmen weiterzugeben, die die Darlehen unverzüglich und unmittelbar zur Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens einer in Berlin (West) belegenen Betriebsstätte verwenden müssen (Abs. 3). Außer dieser mittelbaren Darlehensgewährung ist auch die unmittelbare Darlehensgewährung begünstigt, bei der der gemäß Abs. 3 investierende Unternehmer in unmittelbare Vertragsbeziehungen zum Darlehensgeber tritt und die genannten Kreditinstitute lediglich die zweckentsprechende Darlehensverwendung und die Durchführung des Vertrags überwachen (Abs. 4).
Der Kläger hat von seiner Ehefrau ein Darlehen erhalten, das zivilrechtlich auf unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen ihnen beruht. Für diese unmittelbare Darlehensgewährung unter Eheleuten hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 26. Juli 1983 VIII R 160/80 (BFHE 139, 69, BStBl II 1983, 674) entschieden, daß sie jedenfalls dann nicht nach § 16 BerlinFG begünstigt sein könne, wenn die Ehegatten zusammenveranlagt werden. Die Einkünfte zusammenzuveranlagender Eheleute seien zwar getrennt zu ermitteln. Das habe zur Folge, daß sich die Ehegatten in diesem Bereich wie Fremde gegenüberstehen und die zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen, sofern sie ernstlich gewollt sind und tatsächlich durchgeführt werden, auch steuerrechtlich zu beachten seien. Außerhalb der Einkünfteermittlung seien zusammenzuveranlagende Ehegatten jedoch grundsätzlich als ein Steuerpflichtiger zu behandeln. Die in § 16 BerlinFG gewährte Tarifvergünstigung in der Form der Steuerschuldermäßigung werde im Falle der Zusammenveranlagung von der bereits nach der Splitting-Tabelle errechneten Steuerschuld abgesetzt. In diesem Bereich gelte die durch die Zusammenveranlagung hergestellte Einheit der Eheleute ohne Einschränkung. Rechtsbeziehungen zu dem anderen Ehegatten seien insoweit steuerrechtlich nicht zu beachten. Hieraus folge für § 16 BerlinFG, daß die unmittelbare Darlehensgewährung unter Ehegatten so anzusehen sei, als ob derselbe Steuerpflichtige das Darlehen gewähre und in Anspruch nehme. Die Tarifvergünstigung müsse deshalb entfallen.
Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Das von der Ehefrau des Klägers gewährte Darlehen kann deshalb nicht zu der Steuerschuldermäßigung des § 16 BerlinFG führen.
Fundstellen
Haufe-Index 413846 |
BFH/NV 1986, 465 |