Leitsatz (amtlich)
1. Eine Verbindlichkeit, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängt, ist ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit eine Dauerschuld (Anschluß an das BFH-Urteil vom 28. Juli 1976 I R 91/74, BFHE 119, 569, BStBl II 1976, 789).
2. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung (Urteil vom 16. November 1978 IV R 192/75, BFHE 126, 305, BStBl II 1979, 151) fest, daß eine Verbesserung oder Erwelterung des Betriebs im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG Maßnahmen voraussetzt, denen ein mit den in dieser Vorschrift genannten Gründungs- oder Erwerbsvorgängen vergleichbares Gewicht zukommt.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Wohnungsbau-GmbH & Co. KG, erwarb ein Grundstück, das sie mit Geschäftsräumen für eigene Zwecke und mit Mietwohnungen bebaute. Zur Finanzierung nahm sie einen Bausparvertrag in Anspruch; bis zur Zuteilung des Vertrages gewährte die Bausparkasse einen Zwischenkredit. Der Zwischenkredit wurde in der Zeit von August bis Ende Oktober des Streitjahres 1972 ausgezahlt und Ende Februar 1973 durch das Bausparguthaben und das gewährte Bauspardarlehen abgelöst.
Die im Streitjahr für den Zwischenkredit gezahlten Zinsen im Betrag von 4 904 DM rechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) in dem endgültigen Gewerbesteuermeß- und Gewerbesteuerbescheid 1972 im Anschluß an eine Betriebsprüfung dem Gewinn nach § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) hinzu, weil der Zwischenkredit durch einen langfristigen Kredit desselben Gläubigers ersetzt worden sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Mit der Revision, die der Senat auf die Beschwerde des FA zugelassen hat, rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
1. Der der Klägerin gewährte Zwischenkredit hing mit einer Erweiterung und Verbesserung ihres Betriebs i. S. von § 8 Nr. 1 GewStG zusammen. Er stellte daher ohne Rücksicht auf die nur einige Monate dauernde Laufzeit eine sogenannte Dauerschuld dar.
a) In § 8 Nr. 1 GewStG wird zwischen zwei Tatbestandsgruppen unterschieden, nämlich zum einen den Verbindlichkeiten im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Gründung (dem Erwerb) eines Betriebs (Teilbetriebs, Anteils am Betrieb) oder der Erweiterung oder Verbesserung eines Betriebs, und zum anderen den Verbindlichkeiten, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Während für die letztgenannte Gruppe ("Verbindlichkeiten, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen") die Länge der Laufzeit eine erhebliche Rolle spielt, ist für die erstgenannte Gruppe in der Regel das Zeitmoment nicht von entscheidender Bedeutung. Bei Schulden der erstgenannten Tatbestandsgruppe spricht schon der Charakter der Verbindlichkeit für eine Dauerschuld. Das hat der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mehrfach entschieden (Urteile vom 30. Juni 1971 I R 55/68, BFHE 103, 80, BStBl II 1971, 750; vom 28. Juli 1976 I R 91/74, BFHE 119, 569, BStBl II 1976, 789). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an.
b) Die Frage, ob ein Zwischenkredit als Dauerschuld zu beurteilen ist, ist nach den gleichen Grundsätzen zu entscheiden (vgl. Urteil des Senats vom 19. Juni 1980 IV R 93/77, BFHE 131, 73, BStBl II 1980, 660). Auch ein Zwischenkredit kann als Verbindlichkeit im Sinne der ersten Tatbestandsgruppe des § 8 Nr. 1 GewStG anzusehen sein. Denn die Bezeichnung eines Kredits als Zwischenkredit kann einen etwa gegebenen Zusammenhang mit einem Gründungs- oder Erwerbsvorgang bzw. einer Erweiterungs- oder Verbesserungsmaßnahme im Sinne von § 8 Nr. 1 GewStG nicht beseitigen (vgl. auch gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder betreffend gewerbesteuerliche Behandlung der Zwischenkredite als Dauerschulden vom 2. April 1981, BStBl I 1981, 289).
c) Wie der Senat in dem Urteil vom 16. November 1978 IV R 192/75 (BHFE 126, 305, BStBl II 1979, 151) ausgeführt hat, bedeutet allerdings nicht jede Beschaffung von Betriebsanlagen bereits eine Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG. Die Gleichstellung der mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebs (Teilbetriebs, Anteils am Betrieb) zusammenhängenden Verbindlichkeiten mit denjenigen aus einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs setzt voraus, daß die Begriffe Gründung/Erwerb einerseits und Erweiterung/Verbesserung andererseits in wirtschaftlichem Sinne vergleichbar sind. Es können danach nur solche Verbesserungs- oder Erweiterungsmaßnahmen den Gründungs- und Erwerbsvorgängen gleichgestellt werden, denen ein diesen Vorgängen vergleichbares Gewicht zukommt.
d) Der der Klägerin eingeräumte Zwischenkredit stand mit einer Betriebserweiterung und -verbesserung in dem dargelegten Sinne im Zusammenhang.
Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß die Klägerin den Kredit zur Errichtung des Gebäudes in Anspruch genommen hat und daß sich in diesem Gebäude die Geschäftsräume der Klägerin und vermietete Wohnungen befinden. Wenn die Klägerin den Zwischenkredit zur Finanzierung der Baukosten verwandt hat, stellt er, obwohl er nur einige Monate in Anspruch genommen wurde, ohne Rücksicht auf die Laufzeit eine Dauerschuld dar.
Mit der Erstellung der Mietwohnungen hat die Klägerin den Umfang ihres Geschäfts wesentlich erweitert und durch die Schaffung eigener Räume zur Unterbringung ihrer Verwaltung die Betriebsgrundlage entscheidend verbessert. Aus den Bilanzunterlagen, die die Klägerin selbst in das Verfahren eingeführt hat, ergibt sich die Bedeutung der Investition für ihren Betrieb. Die Sachanlagen der Klägerin bestanden im Streitjahr im wesentlichen aus Zugängen auf dem Grundstückskonto. Dieses erhöhte sich im Streitjahr von rd. 277 000 DM auf rd. 926 000 DM. Von den Zugängen entfallen rd. 521 000 DM auf das streitgegenständliche Grundstück (Grund und Boden 127 513,92 DM, Gebäude mit Heizungsanlage usw. 407 036,81 DM abzüglich Absetzung für Abnutzung -AfA- 13 357,81 DM). Nach dem Geschäftsumfang und dem Vermögen der Klägerin einerseits, der Höhe des auf das Gebäude entfallenden Investitionsbetrags andererseits, handelt es sich bei der Errichtung des Gebäudes um eine für die Entwicklung des Betriebs bedeutsame Maßnahme. Sie stellte eine wesentliche Betriebserweiterung und -verbesserung dar, die in ihrem Gewicht einem Gründungs- oder Erwerbsvorgang gleichgestellt werden kann. Das FG hat nicht festgestellt, ob die Klägerin das fragliche Grundstück im Streitjahr erworben hat und der Kredit - teilweise - auch der Finanzierung der Beschaffung des Baugeländes gedient hat. Die Frage kann offenbleiben, weil der Grundstückserwerb Teil der Gesamtinvestition war. Seine Mitfinanzierung durch den Zwischenkredit würde an der rechtlichen Beurteilung dieser Verbindlichkeit nichts ändern.
2. Da der Zwischenkredit somit als Dauerschuld zu behandeln ist, hat das FA die angefallenen Zinsen zutreffend gemäß § 8 Nr. 1 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb der Klägerin wieder hinzugerechnet.
Fundstellen
Haufe-Index 74133 |
BStBl II 1982, 73 |
BFHE 1981, 352 |