Leitsatz (amtlich)
Eine vom Kläger abgegebene Erklärung, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, ist unwiderruflich, wenn sich der Beklagte dieser Erklärung angeschlossen hat.
Normenkette
FGO §§ 95, 138 Abs. 1
Tatbestand
Die unter dem 10. April 1968 gegen die Anordnung des dinglichen Arrests erhobene Klage fand nach Ansicht des FA im Juni 1970 dadurch ihre Erledigung in der Hauptsache, daß in diesem Monat für die Umsatz- und Einkommensteuer 1962 bis 1967 unter Zugrundelegung eines ungeklärten Vermögenszuwachses von ... DM Berichtigungsbescheide und endgültige und erstmalige Bescheide ergingen und das Arrestverfahren durch Beschluß vom 27. August 1970 in das Beitreibungsverfahren übergeleitet wurde. Am 8. bzw. 14. Juli 1970 erklärten die Beteiligten schriftsätzlich gegenüber dem FG den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Im Verhandlungstermin vom 8. Juni 1971 vertrat der Steuerpflichtige dagegen die Ansicht, der Rechtsstreit gegen die Arrestverfügung sei noch nicht in der Hauptsache erledigt. Er widerrief seine gegenteilige schriftliche Erklärung vom 14. Juli 1970 und beantragte weiterhin die Aufhebung der angefochtenen Arrestverfügung, da die Arrestanordnung weder dem Grunde noch der Höhe nach gerechtfertigt gewesen sei.
Das FG entschied durch Urteil, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, und legte dem Steuerpflichtigen die Kosten des Verfahrens auf. Es begründete diese Entscheidung damit, daß die Beteiligten übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben hätten und der Widerruf der Erklärung des Steuerpflichtigen unwirksam sei.
Mit der Revision beantragt der Steuerpflichtige, das angefochtene Urteil und die Arrestanordnung ersatzlos aufzuheben.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist; denn die Beteiligten haben übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben (vgl. BFH-Beschluß V B 46/67 vom 15. Februar 1968, BFH 91, 514, BStBl II 1968, 413). Zwar wurde die Erledigungserklärung des Steuerpflichtigen durch diesen in der mündlichen Verhandlung vor dem FG widerrufen. Dieser Widerruf ist indes unbeachtlich, da die Erledigungserklärung unwiderruflich ist, wenn sich der Beklagte dieser Erklärung angeschlossen hat. Dies ergibt sich daraus, daß die Erledigungserklärung eine Prozeßhandlung darstellt, durch die - jedenfalls bei gleichlautenden Erklärungen der anderen Prozeßbeteiligten - eine Prozeßlage abschließend gestaltet wird. Prozeßhandlungen solcher Art können grundsätzlich nicht widerrufen werden (vgl. Beschluß des BVerwG VII ER 412,63 vom 13. März 1964, Deutsches Verwaltungsblatt 1964 S. 874 - DVBl 1964, 874 -). Der V. Senat des BFH hat zwar im Beschluß V B 46/67 ausgesprochen, daß der Kläger durch Widerruf der Erledigungserklärung zum ursprünglichen Klageantrag zurückkehren könne. Dieser Ausspruch trägt jedoch die Entscheidung nicht, denn dort war nur darüber zu befinden, ob das beklagte FA bei übereinstimmender Erledigungserklärung seine Erklärung widerrufen kann, was der V. Senat verneinte. Der BFH-Beschluß VI B 69/67 vom 29. September 1967 (BFH 90, 259, BStBl II 1968, 35) steht der Annahme, die Erledigungserklärung sei unwiderruflich, im vorliegenden Falle ebenfalls nicht entgegen, denn dieser Entscheidung liegt noch die früher vom VI. Senat vertretene Auffassung zugrunde, daß auch bei übereinstimmender Erledigungserklärung das Gericht die Frage der Erledigung prüfen müsse. Nach dieser Auffassung konnte es auf die Widerruflichkeit einer Erledigungserklärung nicht ankommen.
Fundstellen
Haufe-Index 422740 |
BStBl II 1972, 466 |
BFHE 1972, 3 |