Leitsatz (amtlich)
Anerkennung einer Gewinnbeteiligung eines unter Verwandten gegebenen partiarischen Darlehens als Betriebsausgabe des Darlehnsempfängers nur bis zur Höhe von 25 v. H. der Darlehnssumme.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist die Angemessenheit und damit die volle Abzugsfähigkeit der Beträge, die der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) in den Streitjahren (1962 bis 1964) seinem Vater als Gegenleistung für die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 5 000 DM gezahlt hat. Das Darlehen diente nach dem Vortrag des Steuerpflichtigen zur Sicherung von Lieferantenkrediten, die er aus Anlaß der am 1. September 1960 erfolgten Eröffnung einer Filiale - seines zweiten Lebensmittel-Selbstbedienungsladens - eingeräumt erhalten hatte. Es war ihm von seinem Vater auf die Dauer von fünf Jahren unkündbar gegen eine Beteiligung von 20 v. H. an den Gewinnen aus der Filiale gewährt worden. Die Bilanzsumme der Eröffnungsbilanz für die Filiale betrug nach der gesonderten Buchführung rd. 50 000 DM, das Eigenkapital des Steuerpflichtigen 0 DM. Vor der Aufnahme dieses Darlehens waren dem Steuerpflichtigen von dritter Seite 10 000 DM bis 15 000 DM bei 50 v. H. Gewinnbeteiligung angeboten worden.
Die vereinbarte Gewinnbeteiligung führte bei dem Steuerpflichtigen in den Jahren 1962 bis 1964 zu Aufwendungen in Höhe von 8 219 DM, 11 027 DM und 11 423 DM, die der Revisionsbeklagte (das FA) nicht als abzugsfähig anerkannte und an deren Stelle er - unter Bezug auf das Urteil des BFH IV 335/61 U vom 7. November 1963 (BFH 78, 155, BStBl III 1964, 61) - jeweils 25 v. H. aus 5 000 DM (= 1 250 DM) zum Abzug zuließ. Einspruch und Klage des Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Revision trägt der Steuerpflichtige vor:
Das FG habe mit seiner Entscheidung den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Das BFH-Urteil IV 335/61 U (a. a. O.) sei nicht geeignet, die Entscheidung zu begründen, da ihm ein vom Streitfall völlig verschiedener Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Dort habe es an einer geschäftlichen Notwendigkeit für die Vereinbarung der stillen Beteiligung gefehlt; kein Kaufmann werden einem Fremden von seinem Kapitalkonto (von 56 000 DM) 15 000 DM schenken und diese noch verzinsen. Er selbst sei jedoch, da ohne Eigenkapital, nach Lage der Sache auf Fremdkapital angewiesen gewesen. Das ihm von dritter Seite gemachte Beteiligungsangebot sei ihm angesichts des darin enthaltenen Verlustausschlusses zu ungünstig erschienen; er hätte es jedoch annehmen müssen, wenn ihm sein Vater nicht die 5 000 DM zur Verfügung gestellt hätte und der Vermieter seiner Filialgeschäftsräume nicht zu bewegen gewesen wäre, für die ihm zu leistende Mietvorauszahlung bei der Bank selbst zu bürgen. Nicht richtig sei auch, daß das Verlangen des Lieferers auf Kreditsicherung am 16. Oktober 1960 - dem Tag des Darlehnsvertrages - praktisch gegenstandslos gewesen sei. Denn außer der Bezahlung der kreditierten Waren habe er seine Verpflichtungen aus dem laufenden Frischdienst anderen Lieferanten gegenüber erfüllen müssen. Im Zeitpunkt der Darlehnsaufnahme - sechs Wochen nach der Eröffnung der Filiale - habe man nur Vermutungen aufstellen, nicht aber die Entwicklung voraussehen können.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Dem Steuerpflichtigen ist darin zuzustimmen, daß das BFH-Urteil IV 335/61 U (a. a. O.) auf den vorliegenden Streitfall weder unmittelbar noch mittelbar anwendbar ist, da es den völlig anders gelagerten Fall einer stillen Beteiligung betrifft, in dem - anders als im vorliegenden Streitfall - dem Betrieb keine zusätzlichen Mittel zugeführt worden sind. Dennoch kann die Revision keinen Erfolg haben.
Entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen verletzt die Vorschrift des § 12 EStG nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da sie für alle Steuerpflichtigen in gleicher Weise den betrieblichen Bereich gegenüber der privaten Lebenssphäre abgrenzt. Soweit das FG seine Entscheidung indes auf diese Vorschrift gestützt hat, hält sie einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Denn der streitige Aufwand ist weder für den Haushalt des Steuerpflichtigen noch für den Unterhalt seiner Familienangehörigen gemacht worden, noch als freiwillige Zuwendung oder als Zuwendung an eine ihm gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigte Person im Sinne dieser Vorschrift anzusprechen. Die für die Entscheidung des Streitfalles maßgebende Vorschrift ist die des § 4 Abs. 4 EStG, derzufolge Betriebsausgaben nur diejenigen Aufwendungen sind, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Das Vorliegen dieser Voraussetzung konnte das FG angesichts der vom Steuerpflichtigen für die Darlehnsgewährung aufgewendeten Beträge dagegen insoweit zu Recht verneinen, als diese Aufwendungen jährlich 25 v. H. des Darlehnsbetrages überstiegen haben, da für ihre Verausgabung in Höhe des Mehrbetrages nach den Feststellungen des FG nicht betriebliche Gründe, sondern die Verwandtschaftlichen Beziehungen der Vertragschließenden zueinander bestimmend waren.
Wenn der Steuerpflichtige dieser Auffassung des FG entgegenhält, daß er durch die Umstände zur Aufnahme des Darlehens zu den im Vertrag vom 16. Oktober 1960 vereinbarten Bedingungen gezwungen worden sei, so übersieht er, daß er im Schriftsatz vom 26. Oktober 1966 selbst eingeräumt hat, daß er sich die erforderlichen Mittel, zumindest aber die streitigen 5 000 DM, mit Hilfe einer Bürgschaft seines Vaters auch auf dem Kapitalmarkt (Bank, Sparkasse) hätte beschaffen können. Die Kosten einer solchen Bürgschaft hätten - neben den banküblichen Zinsen - zusätzlich banküblich etwa 2 bis 3 1/4 v. H. der verbürgten Summe betragen (siehe Stichworte "Ausfallbürgschaft", "Avalprovision" bei Müller-Löffelholz, Banklexikon; Stichwort "Konditionen im Bankgewerbe" in Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen, 3. Aufl.). Damit wären die gesamten Aufwendungen erheblich unter 25 v. H., in jedem Falle aber weit unter den streitigen tatsächlich aufgewendeten Beträgen geblieben. Der Steuerpflichtige kann deshalb mit diesem Einwand die angefochtene Entscheidung nicht als unrichtig widerlegen, wenn sie für die Annahme des Darlehens zu den vereinbarten Bedingungen die verwandtschaftlichen Beziehungen der Vertragschließenden zueinander als bestimmend ansieht.
Die vom Steuerpflichtigen angestrebte Gleichbehandlung des Vertrages vom 16. Oktober 1960 mit einem Vertrag, der mit einem Dritten abgeschlossen worden wäre, scheitert am Vorliegen eines derartigen Vertrages. Das ihm von dritter Seite gemachte Beteiligungsangebot hat der Steuerpflichtige nicht angenommen. Seine Bedingungen brauchen daher im einzelnen nicht untersucht und auf ihr Verhältnis zu den Bedingungen des Vertrages vom 16. Oktober 1960 geprüft zu werden.
Fundstellen
Haufe-Index 68648 |
BStBl II 1969, 649 |
BFHE 1969, 351 |