Leitsatz (amtlich)
Als Besteuerungsgrundlage maßgebender Gewerbeertrag eines infolge Umstellung des Wirtschaftsjahres weniger als 12 Monate umfassenden Erhebungszeitraums ist der für die Anwendung der Steuermeßzahlen auf einen Jahresbetrag umgerechnete Gewerbeertrag des Wirtschaftsjahres.
Normenkette
GewStG § 10
Tatbestand
Streitig ist die seitens des Revisionsbeklagten (des FA) gemäß § 10 Abs. 3 GewStG vorgenommene Umrechnung des vom Revisionskläger (Steuerpflichtiger) im Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 31. März 1961 erzielten Gewerbeertrags.
Der Steuerpflichtige befaßte sich im Rahmen seines Einzelunternehmens vornehmlich mit Spezialtransporten und Montagen. Mit Wirkung vom 1. April 1961 gründete er mit Familienangehörigen eine Kommanditgesellschaft (KG), in die er den größten Teil des beweglichen Betriebsvermögens seines Einzelunternehmens zu den bisherigen Buchwerten einbrachte und die den Hauptteil der Tätigkeit des Einzelunternehmens übernahm. Das Einzelunternehmen, dem das unbewegliche Betriebsvermögen (Grundstücke und Gebäude), eine Tankanlage, ein LKW und die Bestände an Zahlungsmitteln und Forderungen verblieben, übte - nach den Feststellungen im Steuerfahndungsbericht vom 15. September 1965 - seine bisherige Tätigkeit nunmehr in stark eingeschränktem Umfang aus und beschränkte sich im wesentlichen auf die Verwaltung seines zum größten Teil an die KG verpachteten Grundbesitzes. Im Zusammenhang mit der Gründung der KG, deren Wirtschaftsjahr vom 1. April bis 31. März des darauffolgenden Jahres läuft, stellte der Steuerpflichtige auch das Wirtschaftsjahr seines Einzelunternehmens im Einvernehmen mit dem FA auf den vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum vom 1. April bis 31. März des darauffolgenden Jahres um.
Bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuer-Meßbetrags für den Erhebungszeitraum 1961 ging das FA von dem im Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 31. März 1961 erzielten Gewinn von 215 628 DM aus, dem es gemäß § 8 Nr. 1 GewStG die Dauerschuldzinsen in Höhe von 1 448 DM hinzurechnete. Die Summe von 217 076 DM rechnete es sodann unter Bezug auf § 10 Abs. 3 GewStG auf einen Jahresbetrag von 12/3 = 868 309 DM um. Nach Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 GewStG um 7 029 DM ergab sich ein umgerechneter Gewerbeertrag von 861 275 DM, der zu einem Steuermeßbetrag nach dem Gewerbeertrag von 42 460 DM führte. Zusammen mit dem Steuermeßbetrag nach dem Gewerbekapital (3 458 DM) setzte das FA den einheitlichen Gewerbesteuer-Meßbetrag für den Erhebungszeitraum 1961 im Bescheid vom 18. März 1966 auf 45 918 DM fest.
Einspruch und Klage des Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus:
Der Steuerpflichtige habe den Betrieb seines Einzelunternehmens mit dem Ablauf des 31. März 1961 nicht eingestellt, sich auch nicht auf reine Abwicklungsgeschäfte beschränkt, sondern auch noch nach diesem Zeitpunkt Beförderungsleistungen im Nahverkehr ausgeführt, Montagen durchgeführt und insbesondere den Betrieb seiner Tankanlage voll aufrechterhalten. Er habe damit seine gewerbliche Tätigkeit, wenn auch in eingeschränktem Umfange, fortgesetzt und nicht etwa den alten Gewerbebetrieb eingestellt und mit dem 1. April 1961 einen neuen Gewerbebetrieb begründet. Auch ein Unternehmerwechsel liege nicht vor, da das Unternehmen nicht im ganzen auf die KG übergegangen sei.
Die Umstellung des Wirtschaftsjahres habe zu einem Rumpfwirtschaftsjahr geführt, dessen Gewerbeertrag - als "der Gewerbeertrag" - für den Erhebungszeitraum 1961 bestimmend und auf einen Jahresbetrag umzurechnen sei (§ 10 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GewStG). Die Umrechnung sei - wie auch der BFH im Urteil VI 172/64 S vom 24. November 1965 (BFH 85, 289, BStBl III 1966, 315) ausgeführt habe - allein so vorzunehmen, wie das FA es getan habe. Die vom Steuerpflichtigen erstrebte Berechnungsart sei dagegen begrifflich keine Umrechnung dieses Gewerbeertrages, sondern eine Umrechnung der Gewerbeerträge zweier verschiedener Wirtschaftsjahre. Für ihre Anwendung biete jedoch das Gesetz keine Handhabe.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Steuerpflichtige mit der form- und fristgerecht eingelegten Revision, zu deren Begründung er ausführen läßt:
Die angefochtene Entscheidung verletze die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 1 GewStG, wenn sie die vom FA gewählte Umrechnungsmethode als die allein dem Gesetz entsprechende bezeichne. Wie Frey (Der BB 1967, 203) dargelegt habe, schließe der Wortlaut des Gesetzes andere Methoden der Umrechnung nicht aus. Sie hätten insbesondere dann Platz zu greifen, wenn die schematische, zeitanteilige Umrechnung - wie im Streitfalle - zu einem sinnwidrigen Ergebnis führe. Dies folge auch daraus, daß die schematische Umrechnung eines negativen Gewerbeertrags unterbleibe und ein Gewerbeverlust nur in seiner tatsächlichen Höhe berücksichtigt werde. Im übrigen werde der Vortrag vor dem FG wiederholt.
Der Steuerpflichtige beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den einheitlichen Gewerbesteuer-Meßbetrag auf der Grundlage eines umgerechneten Gewerbeertrags von insgesamt 316 400 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. a) Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, kann die vom Steuerpflichtigen in ihrer Auslegung durch das FG angegriffene Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 1 GewStG nicht für sich allein gelesen werden; sie steht vielmehr in engem Zusammenhang mit den Vorschriften des § 10 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GewStG. Danach ist als Besteuerungsgrundlage "Gewerbeertrag" maßgebend "der Gewerbeertrag des Erhebungszeitraums, für den der einheitliche Steuermeßbetrag (§ 14) festgesetzt wird". Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr gilt dieser Gewerbeertrag als in demjenigen Erhebungszeitraum bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Umfaßt der für die Ermittlung des Gewerbeertrags maßgebende Zeitraum wie hier infolge Umstellung des Wirtschaftsjahres weniger als 12 Monate, "so ist für die Anwendung der Steuermeßzahlen (§ 11) der Gewerbeertrag auf einen Jahresbetrag umzurechnen" (wobei bestimmte Hinzurechnungen und Kürzungen von der Umrechnung ausgenommen sind). Wenn eine Umrechnung des negativen Gewerbeertrags (Gewerbeverlust) nicht stattfindet, so deshalb, weil sie "für die Anwendung der Steuermeßzahlen", d. h. für Zwecke der Steuererhebung entbehrlich ist, nach § 10a GewStG aber ertragsmindernd nur der tatsächlich erlittene Gewerbeverlust berücksichtigt werden kann.
Die Umrechnung führt auch nicht hinsichtlich des Zeitraums vom 1. April bis 31. Dezember 1961 zu einer doppelten Erfassung des gleichen Gewerbeertrages, einer Erfassung des kraft Umrechnung auf die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1961 entfallenden und des in der Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1961 tatsächlich angefallenen Gewerbeertrages des Steuerpflichtigen, weil der in der Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1961 tatsächlich angefallene Gewerbeertrag des Steuerpflichtigen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 GewStG Teil des im Erhebungszeitraum 1962 endenden Wirtschaftsjahres vom 1. April 1961 bis 31. März 1962 ist.
b) Die Ausführungen der Kommentare zum GewStG - Blümich-Boyens-Steinbring-Klein-Hübl, 8. Aufl., Anm. 8 zu § 10; Lenski-Steinberg, Anm. 11 zu § 10; Müthling, 2. Aufl., Anm. 3 zu § 10 - teilen die hier vertretene Auffassung.
c) Auch die Ausführungen von Frey (a. a. O.) vermögen den Senat nicht von der Unrichtigkeit dieser Auslegung des Gesetzes zu überzeugen. Es trifft nicht zu, daß die Umrechnung "zur Versteuerung fiktiver, tatsächlich gar nicht erzielter Gewerbeerträge" führt. Richtig ist, daß die Steuermeßzahlen auf Grund eines vom Steuerpflichtigen im Erhebungszeitraum tatsächlich nicht erzielten Gewerbeertrages festgesetzt werden. Versteuert wird jedoch der tatsächlich erzielte, auf einen Jahresbetrag umgerechnete Ertrag des Wirtschaftsjahres. Gerade das ist aber der Wille des Gesetzgebers; der Zweck der Vorschrift, die Umstellung des Wirtschaftsjahres nicht zu einer "Steuerpause" führen zu lassen, erlaubte ihm keine andere Wahl, sollte es nicht bei der nach dem Umsatzverhältnis orientierten Aufteilungsmethode verbleiben, wie sie für die Erhebungszeiträume 1950 bis 1956 galt. Es ist indes nicht Aufgabe der Rechtsprechung, die das Gesetz bestimmenden Entscheidungen des Gesetzgebers zu rechtfertigen.
2. Diese Auslegung des Gesetzes nach Wortlaut und Sinngehalt widerspricht auch nicht verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Die unterschiedliche Höhe der tatsächlichen Steuerlast, die sich allein aus der Wahl des Zeitpunkts der Umstellung und aus der Höhe des während des so entstehenden Rumpfwirtschaftsjahres angefallenen Gewerbeertrags ergibt, kann nicht dafür ins Feld geführt werden, daß der Gesetzgeber die Steuerpflichtigen ungleich belaste. Dem Steuerpflichtigen, der sich aus für ihn zwingenden wirtschaftlichen Gründen zu einer Umstellung seines Wirtschaftsjahres entschließt, steht es frei, Jahr und Monat der Umstellung so zu wählen, daß angesichts der zu erwartenden Umrechnung die durch die Umstellung ausgelöste steuerliche Mehrbelastung in Grenzen bleibt und ihm den Vorteilen der Umstellung angemessen erscheint.
3. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die auch der Steuerpflichtige nicht angreift und die deshalb für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), erlauben weder die Annahme der Einstellung des alten Gewerbebetriebs zum 31. März 1961 und der Begründung eines neuen Gewerbebetriebs zum 1. April 1961, weil - wie das FG zutreffend dargelegt hat - der Steuerpflichtige seinen Gewerbebetrieb, wenn auch in eingeschränktem Umfange, fortgeführt hat, noch erlauben sie - aus den gleichen Gründen - die Annahme eines Unternehmerwechsels, weil die KG nur einen - wenn auch den größten - Teil der schon bisher geübten Tätigkeit des Einzelunternehmens des Steuerpflichtigen übernommen hat. Läge aber tatsächlich eine Einstellung des alten und eine Eröffnung eines neuen Gewerbebetriebes durch den Steuerpflichtigen vor, so würde das Ergebnis des ersten Wirtschaftsjahres (vom 1. April 1961 bis 31. März 1962) sowohl für den Erhebungszeitraum 1961 als auch für den Erhebungszeitraum 1962 in gleicher Weise als Gewerbeertrag maßgebend sein (§ 10 Abs. 2 Satz 2 GewStG). Auch im Fall eines Unternehmerwechsels würde der Gewerbeertrag des Erhebungszeitraums 1961 durch Umrechnung zu ermitteln gewesen sein (§§ 2 Abs. 5, 10 Abs. 3 Satz 1 GewStG).
4. Nachdem das Unternehmen des Steuerpflichtigen sich nach den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht in der Verwaltung eigenen Grundbesitzes erschöpft, kann auch - entgegen der Auffassung des Steuerpflichtigen - die Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG keine Anwendung finden.
Fundstellen
Haufe-Index 69328 |
BStBl II 1971, 145 |
BFHE 1971, 534 |