Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für eine Hausgehilfin sind auch dann keine Betriebsausgaben, wenn sie der Mutter eines Kindes die Ausübung ihres Berufes, z. B. als Rechtsanwältin, erst ermöglichen.
Normenkette
EStG 1967 §§ 33, 33a Abs. 3
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und haben einen gemeinsamen Sohn, der im April 1964 geboren wurde. Beide Eheleute sind berufstätig. Der Ehemann arbeitet als Redakteur bei einem Zeitschriftenverlag, die Ehefrau ist praktizierende Rechtsanwältin. Ihre Kanzlei liegt ca. 8 km von der ehelichen Wohnung entfernt. Die Ehefrau beschäftigt eine Hausangestellte. Im Jahre 1966 (Streitjahr) wandte sie für die Hausangestellte insgesamt 6 915,08 DM auf. In der Einkommensteuererklärung 1966, in der die Kläger Zusammenveranlagung beantragten, wurden 2/3 dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit der Ehefrau angesetzt, da für die Erzielung dieser Einkünfte die Beschäftigung einer Hausgehilfin unabdingbare Voraussetzung gewesen sei. Hilfsweise beantragten die Kläger, den Freibetrag gemäß § 33a Abs. 3 Nr. 2a EStG auch bei nur einem Kind zu gewähren, da die Anwendung dieser Vorschrift nur bei mindestens zwei Kindern gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verstoße. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) versagte den Betriebsausgabenabzug und auch die Gewährung eines Freibetrags gemäß § 33a Abs. 3 EStG. Einspruch und Klage der Kläger blieben ohne Erfolg.
Das FG führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus, die Kosten für die Hausangestellte seien keine Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG. Vielmehr handle es sich um Kosten der allgemeinen Lebensführung im Sinne von § 12 Nr. 1 EStG. Die Ehefrau sei nach §§ 1360, 1631 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Familie angemessen zu unterhalten und ihr Kind zu erziehen und zu beaufsichtigen. Die Aufwendungen für die Hausangestellte seien damit - soweit sie nicht unmittelbar die eigene Lebensführung der Ehefrau beträfen - rechtlich Unterhaltsleistungen der Ehefrau gegenüber ihrer Familie und damit Lebenshaltungskosten im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG. Zwar möge die Berufstätigkeit der Ehefrau erst durch die Einstellung der Hausgehilfin ermöglicht worden sein. Entscheidend sei jedoch, daß sie bei Aufrechterhaltung ihrer Berufstätigkeit aus familienrechtlichen Gründen zur Einstellung einer Ersatzperson verpflichtet gewesen sei. Ein Freibetrag gemäß § 33a Abs. 3 Nr. 2a EStG komme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorlägen. Die dort getroffene Regelung verstoße auch nicht etwa deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie den Freibetrag für erwerbstätige Frauen erst vom zweiten Kind an gewähre. Der Gesetzgeber habe hier aus sachlichen Gründen an verschiedene Voraussetzungen unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft. Es lasse sich generell feststellen, daß ein Haushalt mit zwei Kindern stärker belastet sei und deshalb eher einer Hausgehilfin bedürfe als ein Haushalt mir nur einem Kind. Die insoweit vom Gesetz getroffene Differenzierung bedeute keine sachlich ungerechtfertigte und willkürliche Behandlung der Steuerpflichtigen.
Mit der Revision beantragen die Kläger, die Vorentscheidungen aufzuheben, und die Einkommensteuer 1966 unter Berücksichtigung von 4 610,04 DM Aufwendungen für eine Hausgehilfin als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit festzusetzen, hilfsweise einen Freibetrag nach § 33a Abs. 3 Nr. 2a EStG zu gewähren. Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts - § 4 Abs. 4 EStG in Verbindung mit § 12 Nr. 1 EStG -. Zwar stütze sich das FG, so führen die Kläger aus, zur Begründung seiner Entscheidung auf die bisherige Rechtsprechung des BFH, doch sei diese Rechtsprechung selbst grundsätzlich zu überprüfen. Sie zeuge von einer rein männlichen Sicht, die alles, was Haus und Kinder betreffe, dem Aufgabenbereich der Frau und damit dem "privaten" Lebensbereich zuweise, und den Besonderheiten der Frau, die verheiratet sei, Kinder habe und gleichwohl einen Beruf ausübe, nicht gerecht werde. Betriebsausgaben seien Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt seien und bei denen es sich nicht um Kosten der allgemeinen Lebensführung handle. Diese Begriffsbestimmung lasse sich auch dahin lesen: Kosten einer durch den Beruf bedingten besonderen Lebensführung seien Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Wesentliches Merkmal sei, daß diese Kosten aufgewandt würden, um überhaupt die Möglichkeit zu schaffen, zu versteuerndes Einkommen zu erzielen. Diesem Gedanken sei z. B. dadurch entsprochen, daß die Kosten eines durch den Beruf bedingten doppelten Wohnsitzes als Betriebsausgaben oder Werbungskosten angesehen würden, obwohl die zweite Wohnung privater Lebensbereich des Steuerpflichtigen sei. In gleicher Weise würden Ausgaben für Heimfahrten zur Familie als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten anerkannt, obwohl es Pflicht eines jeden Ehemannes und Vaters sei, sich um seine Familie zu kümmern und die ehelichen und väterlichen Obliegenheiten zu erfüllen. Auch Bewirtungsspesen aus geschäftlichen Anlässen würden steuerlich anerkannt, obwohl jedermann essen und trinken müsse. Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG geböten die Anerkennung der Aufwendungen für eine Hausangestellte zwecks Ermöglichung der Berufstätigkeit der Frau als Betriebsausgaben. Es bedeute eine Diskriminierung der Frau, die sich für einen Beruf in der Ehe entscheide, wenn die dafür notwendigen Aufwendungen besteuert würden, während die wertschöpfende Tätigkeit und die Unterhaltsleistung der Frau im Haus unbesteuert bleibe. Würde der Aufwand der Frau für den Beruf, auch wenn er durch Gestellung einer Hausangestellten erbracht werde, nicht als Betriebsausgabe anerkannt, so käme dies einer Bestrafung der Frau dafür gleich, daß sie sich für den Beruf entschieden habe, und bedeute eine Beschneidung der freien Entfaltung der Persönlichkeit der Frau in der Ehe.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es hebt hervor, daß die von den Klägern vorgenommene Unterscheidung zwischen Kosten der "allgemeinen" und der durch den Beruf bedingten "besonderen" Lebensführung im Gesetz keinen Rückhalt finde.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Den Klägern ist zuzugeben, daß die Einstellung einer Hausgehilfin die Erzielung von Einkünften förderte. Dies allein rechtfertigt indes den Abzug der durch die Beschäftigung einer Hausgehilfin entstandenen Kosten als Betriebsausgaben nicht, denn auch Aufwendungen, die durch eine auf Erzielung von Einkünften gerichtete Tätigkeit mitveranlaßt werden, sind keine Betriebsausgaben, wenn sie in gleicher Weise als Kosten der Lebensführung anzusehen sind (§ 12 Nr. 1 EStG). Diese Voraussetzung liegt vor. Die durch die Beschäftigung einer Hausgehilfin entstehenden Aufwendungen gehören ihrer Natur nach zu den Kosten der allgemeinen Lebenshaltung und sind damit als Ausgaben zur Verwendung des erzielten Einkommens grundsätzlich - abgesehen von der Sondervorschrift des § 33a Abs. 3 EStG - für das Einkommensteuerrecht irrelevant. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 10. Dezember 1957 I 105/57 U, BFHE 66, 178, BStBl III 1958, 70; vom 10. April 1959 VI 37/58 U, BFHE 68, 649, BStBl III 1959, 247; vom 4. August 1967 VI R 208/66, BFHE 89, 527, BStBl III 1967, 726; vom 23. Februar 1968 VI R 292/66, BFHE 91, 574, BStBl II 1968, 434; vom 3. August 1966 IV 51/63, BFHE 87, 434, BStBl III 1967, 198), von der abzuweichen der Senat auch unter Würdigung des Revisionsvorbringens der Kläger keine Veranlassung sieht.
Angesichts der zahlreichen Lebenssachverhalte, die sowohl den Erwerbs- als auch den Lebenshaltungsbereich berühren, mußte der Gesetzgeber eine Abgrenzungslinie zwischen den als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähigen Aufwendungen einerseits und den die Lebensführung betreffenden Kosten andererseits ziehen. Die in § 12 Nr. 1 EStG vorgenommene Grenzziehung mag zwar in vereinzelten Fällen zu gewissen Härten führen; diese sind indes bei der Vielfalt der denkbaren Gestaltungen unvermeidbar und keineswegs so gravierend, daß die Vorschrift im ganzen gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verstoßen würde. Insbesondere meinen die Kläger zu Unrecht, durch diese Norm und ihre in der Rechtsprechung gefundene Auslegung werde die berufstätige Frau benachteiligt. Der BFH stellt insbesondere im Urteil VI R 208/66 auf die Fürsorge-, Unterhalts- und Erziehungspflichten beider Eltern ab und hebt hervor, daß die von diesen getroffenen Entscheidungen über die Unterbringung im Kindergarten, die Einstellung einer Hausgehilfin oder Kindergärtnerin, die Verbringung der Kinder zu nahen Angehörigen oder in ein Heim usw. dem Bereich der persönlichen Lebensführung zuzuordnende Maßnahmen seien. Das Einkommensteuergesetz unterscheidet nicht, ob eine solche Entscheidung in der "Mit"-Erwerbstätigkeit des Vaters oder der Mutter ihre Ursache hat. Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau spielen in diese steuerrechtliche Beurteilung nicht hinein. Daß meist, wie auch im vorliegenden Falle, die Berufstätigkeit der Mutter als Grund für den besonderen mit der Kinderbetreuung verbundenen Aufwand hervorgehoben wird, ist letztlich nur die Folge von Naturgegebenheiten und historischer Entwicklung, die in der Regel den Mann veranlassen, außer Hause für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen, und der Frau die Aufgabe der Betreuung des Hauswesens und der Kinder zu überlassen. Die rechtliche Beurteilung wäre im umgekehrten Falle dieselbe. Auch beim Ehemann käme ein Ansatz der fraglichen Kosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht in Betracht, so daß von einer Benachteiligung der Ehefrau keine Rede sein kann.
Der Hinweis der Kläger auf die Berücksichtigung der Kosten für doppelte Haushaltsführung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten kann das Revisionsbegehren nicht rechtfertigen. Zwar sind Kosten der doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach auch Ausgaben für die Lebenshaltung. Der Gesetzgeber hat aber im Anschluß an die von der Rechtsprechung entwickelten und in die Richtlinien eingegangenen Grundsätze in § 9 Abs. 1 Nr. 5 und § 4 Abs. 5 Satz 3 EStG 1967 diese Ausgaben in genau festgelegten Grenzen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zugelassen. Demgegenüber hat er in § 33a Abs. 3 EStG unter bestimmten Voraussetzungen Aufwendungen für eine Hausgehilfin als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Da nach § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, als außergewöhnliche Belastungen außer Betracht bleiben, geht die Entscheidung des Gesetzgebers eindeutig dahin, daß Aufwendungen für eine Hausgehilfin nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten eingestuft werden können.
Diese unterschiedliche Behandlung durch den Gesetzgeber, nämlich die durch die Führung eines zweiten Haushalts erwachsenden Kosten unter bestimmten Voraussetzungen als abzugsfähig zuzulassen, dagegen die Ausgaben für eine Hausgehilfin auch dann nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten einzustufen, wenn sie der Mutter eines Kindes die Ausübung ihres Berufes erst ermöglichen, mag durch die Entwicklung der Verhältnisse beeinflußt und auch nicht für alle Zeiten unabänderbar sein. Der Senat hält die vom Gesetzgeber gewählte Regelung aber schon deshalb nicht für unangemessen, weil die Schwierigkeit, die Voraussetzungen für einen berufs- oder betriebsbedingten Anfall der Aufwendungen abzugrenzen, bei einer Hausgehilfin ungleich größer ist als bei der doppelten Haushaltsführung und weil dort in bedenklichem Ausmaß unter Eingriff in die Intimsphäre auf die Verhältnisse des Einzelfalles (Alter und Entwicklungsstand des Kindes, Einschaltung von Verwandten, Möglichkeiten anderweitiger Betreuung) abgestellt werden müßte.
Mit Recht hat das FG auch gewürdigt, daß das Gesetz in § 33a Abs. 3 Nr. 2a EStG die Berücksichtigung einer Hausgehilfin als außergewöhnliche Belastung nur in den Fällen anerkannt, in denen beide Ehegatten erwerbstätig und mindestens zwei Kinder vorhanden sind. Die Vorschrift verstößt nicht gegen Art. 3, 6 GG. Die steuerliche Begünstigung der Familien mit mehr als einem Kind ist eine durch die unterscheidlichen Verhältnisse gerechtfertigte Differenzierung, die sich im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens bewegt. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Darlegungen der Vorinstanz.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 70492 |
BStBl II 1973, 631 |
BFHE 1973, 346 |