Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Erbschaft/Schenkung und Steuern
Leitsatz (amtlich)
Durch die Hingabe eines 7c-Darlehens entsteht weder für den Darlehnsgeber noch für seine künftigen Erben eine aufschiebend bedingte Einkommensteuerschuld hinsichtlich des späteren Darlehnsrückflusses. Daher ist eine Berichtigung im Sinne des § 4 Abs. 2 StAnpG der ohne Berücksichtigung der einkommensteuerlichen Rückflußbelastung vorgenommenen Erbschaftsteuerfestsetzung ausgeschlossen. Aus der einkommensteuerlichen Rechtslage folgt erbschaftsteuerlich, daß eine nach § 23 ErbStG abzugsfähige Einkommensteuerschuld nicht vorhanden ist.
Normenkette
StAnpG § 4 Abs. 2; ErbStG § 23
Tatbestand
Der Bf. ist Testamentsvollstrecker nach dem am 12. April 1953 verstorbenen Erblasser, der Inhaber von Betriebsvermögen gewesen ist. Alleinerbin ist die Witwe des Erblassers. Zum hinterlassenen Betriebsvermögen gehören unter anderem 7 c)- Darlehen (sogenannte Baudarlehen) von insgesamt 261.050 DM; sie sind mit diesem Betrage in der auf den Todestag des Erblassers erstellten Bilanz ausgewiesen. Das Finanzamt hat die Baudarlehen mit einem abgezinsten Wert von 209.790 DM der Erbschaftsteuer unterworfen. Gegen diese Veranlagung hat der Bf. mit der Begründung Sprungberufung eingelegt, daß die beim Rückfluß der Baudarlehen zu zahlenden Einkommensteuern nicht als Schuld berücksichtigt worden seien. Die Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Der seinerzeit für die Erbschaftsteuer zuständige III. Senat des Bundesfinanzhofs hat die hiergegen erhobene Rb. mit dem Urteil III 33/56 S vom 6. Juli 1956 (BStBl 1956 III S. 253, Slg. Bd. 63 S. 145) als unbegründet zurückgewiesen. Der Bf. hat dann mit Schreiben vom 31. August 1956 an das Finanzamt beantragt, die Erbschaftsteuerveranlagung gemäß § 5 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) zunächst in der Weise zu berichtigen, daß von dem steuerpflichtigen Erwerb die auf die Rückflüsse von Baudarlehen in den Jahren 1954 und 1955 entfallende Einkommensteuer abgezogen werde; entsprechende Anträge für die künftigen Jahre sind in dem genannten Schreiben angekündigt. Das Finanzamt hat den Berichtigungsantrag abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Sprungberufung ist erfolglos geblieben. Gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts richtet sich die Rb., mit der, wie in der Vorinstanz, Berichtigung der Erbschaftsteuerveranlagung durch Zulassung des Abzugs der auf die Darlehnsrückflüsse entfallenden Einkommensteuer begehrt wird.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Der III. Senat hat in seinem erwähnten Urteil vom 6. Juli 1956 ausgesprochen, daß bei den im Erbwege übergegangenen Forderungen aus Baudarlehen die - nach dem Erbschaftsteuerstichtag eintretende - Rückflußbelastung nicht mehr den Erblasser, sondern den Erben trifft, die Abzugsfähigkeit einer künftigen Einkommensteuerbelastung des Erben bei der Durchführung der Erbschaftsteuerveranlagung also zu verneinen ist. Daraus ergibt sich, daß der III. Senat vorliegendenfalls den Abzug der auf die übergegangenen Baudarlehen entfallenden Einkommensteuer der Alleinerbin überhaupt abgelehnt hat. Wenn der Testamentsvollstrecker nunmehr den Abzug der nach dem Erbschaftsteuerstichtag für einzelne Jahre inzwischen entstandenen Einkommensteuerschuld der Alleinerbin begehrt, so wird damit nur in anderer Einkleidung erneut der bereits rechtskräftig versagte Abzug von Einkommensteuerschulden der Alleinerbin geltend gemacht. Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob das Finanzgericht aus diesem Grund die Sprungberufung nicht schon mit Rücksicht auf die mangelnde Verfahrensvoraussetzung der nicht rechtskräftig entschiedenen Sache hätte als unzulässig verwerfen, statt als unbegründet zurückweisen müssen (vgl. § 252 Abs. 1 AO).
Die Rb. ist jedenfalls auch sachlich unbegründet. Zunächst trifft die Auffassung des Bf. nicht zu, daß das Urteil vom 6. Juli 1956 die dem Erben beim Rückfluß der Darlehen anfallende Einkommensteuerschuld als aufschiebend bedingte Last angesehen hat. Der damals erkennende III. Senat ist der entsprechenden Ansicht der Vorinstanz nur "im Ergebnis" beigetreten, hat also den Hinweis des Finanzgerichts auf § 6 Abs. 1 BewG seinerseits nicht übernommen, sondern nur erwähnt. Davon abgesehen ergibt sich die gegenteilige Rechtsauffassung des III. Senats auch deutlich aus seinen vorstehend wiedergegebenen Ausführungen darüber, daß bei den im Erbweg übergegangenen Darlehnsforderungen die Rückflußbelastung nicht mehr den Erblasser, sondern den Erben trifft.
Die §§ 4 bis 7 BewG knüpfen mit dem Ausdruck "Bedingung" an das bürgerliche Recht an (ß 158 BGB). Bedingung in diesem Sinne ist aber nur die rechtsgeschäftliche Bedingung, wovon bei einer Einkommensteuerschuld nicht die Rede sein kann. Eine Anwendung der §§ 4 bis 7 BewG auf Fälle der vorliegenden Art scheidet demnach entgegen der Auffassung des Bf. aus. Man kann auch nicht etwa in der Zulassung der Baudarlehen zum gewinnmindernden Abzug im Jahr der Darlehnshingabe das Entstehen einer aufschiebend bedingten Einkommensteuerschuld des Darlehnsgebers im Sinne des § 4 Abs. , 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) erblicken. Das EStG hat insoweit bei Schaffung des § 7 c EStG keine Sondervorschrift für das Entstehen der Steuerschuld getroffen, es bleibt also bei der allgemeinen Regelung in § 3 Abs. 1, 5 StAnpG (- § 3 Abs. 5 in der Fassung der Verordnung über die Behandlung von steuerrechtlichen Verbindlichkeiten nach dem Umstellungsgesetz vom 9. Juli 1948, Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1948 S. 74 -). Nach dem System des EStG ist demnach für die Fälle der 7c-Darlehen das Entstehen einer bedingten Einkommensteuerschuld ausgeschlossen, vielmehr entsteht die Einkommensteuerschuld für den Darlehnsrückfluß erst und unbedingt in dem sich aus § 3 Abs. 1, 5 StAnpG ergebenden Zeitpunkt. Noch viel weniger ist aber das Entstehen einer bedingten Einkommensteuerschuld für den Erben des Darlehnsgebers - durch die Zulassung der Baudarlehen zum gewinnmindernden Abzug beim Darlehnsgeber - möglich. Abgesehen davon, daß nach dem vorstehend Dargelegten eine aufschiebend bedingte Einkommensteuerschuld für den Darlehnsgeber (Erblasser) nicht entstehen kann, würde es steuerlich ausgeschlossen sein, wahlweise bzw. gar nebeneinander eine Steuerschuld des Darlehnsgebers selbst oder bzw. und seines späteren Erben anzunehmen. Dies würde um so mehr gelten, als die Person des Erben im Zeitpunkt der Darlehnshingabe noch nicht einmal festzustehen braucht. Einkommensteuerschulden des Erblassers und des Erben sind streng voneinander zu unterscheiden. Im übrigen kommen auch noch die zahlreichen anderen Unsicherheitsfaktoren hinzu, die der III. Senat in seinem Urteil vom 6. Juli 1956 im einzelnen aufgeführt hat. Aus dieser einkommensteuerlichen Rechtslage folgt erbschaftsteuerlich, daß eine abzugsfähige Einkommensteuerschuld nicht vorhanden ist.
Zu Unrecht beruft sich der Bf. auch auf den Bereicherungsgrundsatz des Erbschaftsteuergesetz (ErbStG). Er übersieht dabei, daß sich der Bereicherungsgrundsatz auf die Verhältnisse am Erbschaftsteuerstichtag bezieht (ß 21 ErbStG). Da aber am Erbschaftsteuerstichtag nach dem oben Ausgeführten keine bedingte Einkommensteuerschuld des Erben besteht, kann sie auch unter dem Gesichtspunkt des Bereicherungsgrundsatzes nicht berücksichtigt werden. Die vom Bf. gebildeten Beispiele, mit denen er dartun zu können glaubt, daß die Versagung der Abzugsfähigkeit der vom Erben bei Rückfluß der Darlehen zu entrichtenden Einkommensteuer unhaltbar sei, weil der Erbteil unter Umständen völlig aufgezehrt werde, gehen fehl. Die auf die zurückfließenden Baudarlehen entfallende Einkommensteuer ist nicht aus Mitteln der Erbschaft zu entrichten, mindert deshalb auch die Bereicherung des Erben nicht.
Schließlich kann dem Bf. nicht zugegeben werden, daß im Fehlen einer Vorschrift für die erbschaftsteuerliche Behandlung der Baudarlehen eine Gesetzeslücke zu erblicken sei. Ebenso wie im Falle der 7 c- und 7 d - Zuschüsse sich die erbschaftsteuerliche (schenkungsteuerliche) Behandlung aus der für das Gebiet der Einkommensteuer getroffenen Regelung ergibt (vgl. die Urteile des Bundesfinanzhofs III 75/54 S vom 28. August 1954, BStBl 1954 III S. 306, Slg. Bd. 59 S. 248, und III 100/55 S vom 24. Februar 1956, BStBl 1956 III S. 138, Slg. Bd. 62 S. 375), ist das auch bei den 7 c)- Darlehen der Fall. Einer besonderen Vorschrift bedurfte es daher insoweit nicht. Es ist auch nicht zu erkennen, warum zu der einkommensteuerlichen Vergünstigung des § 7 c EStG hinsichtlich der Baudarlehen noch zusätzlich eine solche auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer hinzutreten sollte.
Hiernach muß der Rb. der Erfolg versagt bleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 409931 |
BStBl III 1961, 162 |
BFHE 1961, 440 |
BFHE 72, 440 |