Leitsatz (amtlich)
1. Versorgungsbetriebe i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV sind - übereinstimmend mit § 2 KStDV - diejenigen Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elketrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen.
2. Ist ein Betrieb - gemessen an seiner Aufgabenstellung - als reiner Versorgungsbetrieb anzusehen, so ist er gewerbesteuerpflichtig, wenn die Merkmale des stehenden Gewerbebetriebs (vgl. § 1 Abs. 1 GewStDV) vorliegen. Die Annahme eines Hoheitsbetriebs nach § 2 Abs. 2 GewStDV scheidet in diesem Falle aus.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1, § 5; GewStDV § 2; KStDV §§ 2, 4
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Stadtgemeinde. Sie betreibt ein als Eigenbetrieb im Sinne des § 87 Abs. 1 der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein vom 24. Januar 1950 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein S. 25) in Verbindung mit den Bestimmungen der Eigenbetriebsverordnung vom 21. November 1938 (RGBl I, 1650) organisiertes Wasserwerk. Streitig ist, ob die Klägerin insoweit der Gewerbesteuer unterliegt.
Das Wasserwerk der Klägerin hat nach der von der Stadtverordnetenversammlung der Stadt R. beschlossenen, am 28. Dezember 1960 in Kraft getretenen Satzung über die Wasserversorgung in der Stadt R. den Zweck, den Einwohnern Trink- und Brauchwasser, der Gesamtheit Wasser für öffentliche Zwecke zu liefern. Hinsichtlich des Benutzungsverhältnisses bestimmt die Satzung grundsätzlich - d. h. von den in der Satzung besonders geregelten Ausnahmefällen abgesehen - Anschluß- und Benutzungszwang einerseits und entsprechende Berechtigungen der Benutzer andererseits. Anschluß- und Verbrauchsleitungen läßt die Klägerin auf Kosten des jeweiligen Eigentümers anfertigen. Die Kosten werden nach einer von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Kostentabelle berechnet. Die Klägerin erhebt Gebühren aufgrund einer Gebührenordnung vom 16. Dezember 1960. Außer der Stadt R. versorgt das Wasserwerk der Klägerin noch andere "im Wasserbeschaffungsverband R." zusammengeschlossene (im Streitjahr 8) Gemeinden.
Die Jahresergebnisse des Wasserwerks werden aufgrund doppelter kaufmännischer Buchführung durch Vermögensvergleich unter ausdrücklicher Berufung in den jeweiligen Jahresberichten auf § 5 EStG, § 18 der Eigenbetriebsverordnung sowie auf die §§ 149 bis 161 des AktG 1965 ermittelt. Die Bilanzen bzw. Gewinn- und Verlustrechnungen weisen für die Jahre 1961 bis 1965 Verluste, in späteren Jahren Gewinne auf. Diese wirtschaftliche Entwicklung beruht darauf, daß im Jahre 1964 der im Jahr 1961 begonnene Ausbau des Wasserwerks, der Anlagen des Wasserbeschaffungsverbandes wie auch des Versorgungsnetzes im wesentlichen abgeschlossen wurde und in den Folgejahren vorwiegend Hausanschlüsse fertigzustellen waren, deren Kosten mit Hilfe der nach der Satzung von den Eigentümern zu entrichtenden Vorschüsse bestritten wurden. Auf Dauer erstrebt die Klägerin nach den Jahresberichten des Wasserwerks zumindest eine 4 %ige Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. Ein Verzicht auf Gewinnerzielung war - wie im Geschäftsbericht 1966 ausdrücklich vermerkt - nicht beabsichtigt.
Erstmals im Gewerbesteuermeßbescheid für das Jahr 1966 bejahte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin. Diese war demgegenüber der Auffassung, sie verfolge mit dem Betrieb des Wasserwerks keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern handle in der Regel in Ausübung öffentlicher Gewalt. Das Wasserwerk sei deshalb als Hoheitsbetrieb, nicht als "Betrieb gewerblicher Art" anzusehen.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte in seinem Urteil vom 24. Oktober 1972 III 94/70 (EFG 1973, 120) im wesentlichen aus: Das Wasserwerk sei ein stehender Gewerbebetrieb, der im Inland betrieben werde und daher nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG gewerbesteuerpflichtig sei. Die näheren Merkmale der Gewerbesteuerpflicht ergäben sich aus § 1 Abs. 1 und § 2 GewStDV 1961. Die Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung sei in den hier einschlägigen Teilen durch die Ermächtigungsvorschrift des § 35 c Nr. 1 a GewStG gedeckt, die ihrerseits den Anforderungen des Art. 80 GG entspreche (wird im einzelnen ausgeführt). Das Wasserwerk sei kein Hoheitsbetrieb (§ 2 Abs. 2 GewStDV), weil es nicht überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt diene. Nur die Beschaffung von Wasser, nicht aber die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, um die es hier gehe, gehöre zu den hoheitlichen Aufgaben (Urteil des BFH vom 15. März 1972 I R 232/71, BFHE 105, 27, BStBl II 1972, 500). Was die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 GewStDV anbelange, so würden sich die Merkmale der selbständigen nachhaltigen Betätigungen wie auch die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr im Streitfall bereits aus der Struktur des Betriebs sowie der Art und Weise, in der die Wasserversorgung des Wasserbeschaffungsverbandes und der Bevölkerung der Stadt R. durchgeführt werde, ergeben. Das FG verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung. Die Gewinnerzielungsabsicht sei gegeben, weil durch unternehmerische Tätigkeit ein wirtschaftlicher Vorteil erlangt werden solle und nicht nur die Einnahmen die Selbstkosten des Betriebes decken sollten. Eine Gewinnerzielungsabsicht liege stets dann vor, wenn auch nur die Verzinsung des investierten Eigenkapitals angestrebt werde. Das sei hier der Fall (wird im einzelnen ausgeführt).
Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und sie von der Gewerbesteuer freizustellen. Sie rügt die Verletzung von Bundesrecht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG i. V. mit §§ 1 und 2 GewStDV). Das FG habe das Wasserwerk zu Unrecht nicht den Hoheitsbetrieben (§ 2 Abs. 2 GewStDV) zugeordnet. Im Gegensatz zum BFH-Urteil I R 232/71 handle eine Gemeinde auch bei Durchführung der Wasserversorgung in Ausübung öffentlicher Gewalt. Die Wasserversorgung sei der Gemeinde als Trägerin der öffentlichen Gewalt eigentümlich und vorbehalten. Die Klägerin begründet dies zum Teil mit der allgemeinen Aufgabenstellung der Wasserversorgung, der Untrennbarkeit von Wasserbeschaffung, Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung, der Beziehung der Wasserversorgung zur Volksgesundheit sowie mit den besonderen Rechtsvorschriften des Landes Schleswig-Holstein. Die Gewinnerzielungsabsicht spreche nicht gegen die Annahme eines Hoheitsbetriebs. Sie sei im modernen Staat eines der Mittel zur Ordnung der Staatsfinanzierung.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
I. Das FA hat den Gewerbesteuermeßbescheid für das Streitjahr an das Städtische Wasserwerk R. gerichtet. Unter dieser Bezeichnung wurde auch Klage erhoben. Das Urteil des FG gibt als klagende Partei ebenfalls das Städtische Wasserwerk R. an. Schließlich wurde auch unter diesem Namen Revision eingelegt.
Nach § 5 Abs. 1 GewStG ist Steuerschuldner der Gewerbesteuer der Unternehmer. Unternehmer im Streitfall ist die Stadt R. als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Es gelten insoweit die gleichen Grundsätze, die der Senat im Urteil vom 13. März 1974 I R 7/71 (BFHE 112, 61, BStBl II 1974, 391) für die Körperschaftsteuerpflicht von Körperschaften des öffentlichen Rechts mit ihren Betrieben gewerblicher Art ausgesprochen hat. Der Senat hält indes die falsche Bezeichnung des Zustellungsadressaten im angefochtenen Bescheid, der klagenden und der die Revision einlegenden Partei für unschädlich. Die falsche Bezeichnung im Rubrum des finanzgerichtlichen Urteils kann im Revisionsverfahren richtiggestellt werden.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist nicht begründet.
1. Der Gewerbesteuerpflicht unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 GewStG). Unternehmen von Körperschaften des öffentlichen Rechts sind dann gewerbesteuerpflichtig, wenn sie als stehende Gewerbebetriebe anzusehen sind. Das gilt für Versorgungsbetriebe von Körperschaften des öffentlichen Rechts auch dann, wenn sie mit Zwangsoder Monopolrechten für ein Gebiet im Geltungsbereich des Gewerbesteuergesetzes ausgestattet sind (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV). Demgegenüber gehören Unternehmen von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), nicht zu den Gewerbebetrieben (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStDV).
2. Nach diesen Grundsätzen hat die Vorinstanz die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin im Ergebnis zu Recht bejaht.
a) Die Ausführungen der Klägerin richten sich ausschließlich gegen die Annahme der Vorinstanz, sie sei kein Hoheitsbetrieb im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStDV, da sie nicht überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt diene. Auf diese Frage kommt es indessen hier nicht an, weil sich nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV ergibt, daß das Wasserwerk als Versorgungsbetrieb anzusehen ist und die Voraussetzungen eines stehenden Gewerbebetriebs nach § 1 Abs. 1 GewStDV erfüllt.
b) Der Begriff Versorgungsbetrieb, wie er in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV gebraucht wird, und der Begriff Hoheitsbetrieb im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStDV schließen sich gegenseitig aus. Das Verhältnis beider Begriffe zueinander ergibt sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der in § 2 GewStDV getroffenen Regelung.
In früheren Gewerbesteuer-Durchführungsverordnungen - z. B. noch in § 1 Abs. 3 der Dritten GewStDV vom 31. Januar 1940 (RGBl I 284) - war bestimmt, daß Versorgungsbetriebe von Körperschaften des öffentlichen Rechts stets der Gewerbesteuerpflicht unterlägen. Diese Regelung stand im Gegensatz zu den in § 1 Abs. 2 GewStDV aus dem Bereich des Gewerbebetriebs ausgenommenen Hoheitsbetrieben. Zu der insoweit gleichlautenden Bestimmung für Versorgungsbetriebe nach § 2 Abs. 3 Erste GewStDV hat der RFH im Urteil vom 10.Mai 1938 I 109/38 (RStBl 1938, 813) die Auffassung vertreten, daß damit für Versorgungsbetriebe nicht mehr geprüft zu werden brauche, ob sie die Voraussetzungen erfüllen, die für die Annahme eines stehenden Gewerbebetriebs erforderlich sind. Bei ihnen sei daher im Sinne einer unwiderlegbaren Vermutung stets zu unterstellen, daß sie stehende Gewerbebetriebe seien.
In seinem Urteil vom 21. Januar 1950 I 17/49 S (Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des RFH und des Obersten Finanzgerichtshofs - OFH - Bd. 54 S. 425, BStBl I 1952, 237) hat der OFH die Bestimmung des § 1 Abs. 3 der Dritten GewStDV als mit dem Gesetz nicht vereinbar angesehen und ihr nur die Bedeutung beigemessen, daß bei Versorgungsbetrieben von Körperschaften des öffentlichen Rechts eine widerlegbare Vermutung dahin gegeben sei, daß bei diesen Betrieben die Voraussetzungen eines stehenden Gewerbebetriebs erfüllt seien, insbesondere die Gewinnerzielungsabsicht besteht. Bei der Neufassung der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung 1950 vom 30. April 1952 (BGBl I, 279) hat der Verordnungsgeber dieser Auffassung des OFH Rechnung getragen. Auf dieser Neufassung beruht auch § 2 GewStDV in der für das Streitjahr geltenden Fassung.
Die Neufassung hat indessen lediglich zur Folge, daß Versorgungsbetriebe nur bei Vorliegen der übrigen Voraussetzung des § 1 Abs. 1 GewStDV gewerbesteuerpflichtig sind. Die vom Ursprung der Bestimmung her beabsichtigte Verwendung der Begriffe Versorgungsbetrieb und Hoheitsbetrieb als zweier Gegensätze besteht fort. Wenn nun einerseits die Ausstattung der Versorgungsbetriebe mit Zwangs- und Monopolrechten der Annahme eines Gewerbebetriebs nicht entgegensteht (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV), andererseits aber Hoheitsbetriebe nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStDV "insbesondere" gerade dadurch gekennzeichnet werden, daß es sich bei den von ihnen erbrachten Leistungen um solche handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist, so kann es nicht der gemeinsame öffentlich-rechtliche Einschlag von Versorgungs- und Hoheitsbetrieb sein, der beide Begriffe voneinander unterscheidet. Das sie trennende Merkmal kann nur die unterschiedliche Aufgabenstellung sein, wie sie insbesondere durch den Begriff Versorgungsbetrieb umschrieben wird. Danach kann zwar ein Versorgungsbetrieb etwa deshalb, weil ihm die Gewinnerzielungsabsicht oder ein anderes Merkmal des stehenden Gewerbetriebs fehlt, aus der Gewerbesteuerpflicht herausfallen, nicht aber deshalb, weil er als Hoheitsbetrieb im Sinne von § 2 Abs. 2 GewStDV anzusehen wäre. Anders ist es nur dann, wenn ein Betrieb der öffentlichen Hand zum Teil Versorgungsaufgaben und zum Teil Aufgaben der öffentlichen Gewalt erfüllt. Nur in diesem Falle ist die überwiegende Zweckbestimmung des ganzen Betriebs das entscheidende Merkmal dafür, ob der Betrieb in seinem ganzen Umfang steuerfrei oder steuerpflichtig ist (BFH-Urteil vom 23. Juni 1953 I 40/53 U, BFHE 57, 589, BStBl III 1953, 226).
c) Der Senat gelangt damit bei der Bestimmung des Verhältnisses der Versorgungsbetriebe zu den Hoheitsbetrieben zu dem gleichen Ergebnis, wie er es für die §§ 2 und 4 KStDV im Urteil I R 232/71 dargelegt hat. Auch bei der Körperschaftsteuer geht die in § 2 KStDV getroffene Regelung für die Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen, und die zu den Betrieben gewerblicher Art gehören, der für Hoheitsbetriebe geltenden Bestimmung des § 4 KStDV (Ausklammerung aus dem Bereich der Betriebe gewerblicher Art) vor. Das bedeutet, daß das Vorliegen eines Versorgungsbetriebes die Qualifizierbarkeit eines Betriebs als Hoheitsbetrieb verdrängt. In beiden Rechtsgebieten werden danach die Versorgungsbetriebe allein wegen ihrer Aufgabenstellung vergleichbaren Grundsätzen unterworfen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie bei abstrakter verwaltungsrechtlicher Beurteilung der schlichten Hoheitsverwaltung zugeordnet werden (so BFH-Beschluß vom 17. April 1969 V B 53/68, BFHE 95, 357, BStBl II 1969, 415) oder - nach der Ansicht des neueren verwaltungsrechtlichen Schrifttums - dem sogenannten Verwaltungsprivatrecht (so H.J. Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl., § 23 II b; Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, Berlin, 1967 S. 402). Auch ist es unerheblich, ob sie im konkreten Fall nach den Gemeindeordnungen der Länder als wirtschaftliche Unternehmen errichtet und geführt werden dürfen oder zwar nicht als solche gelten, aber nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten verwaltet werden (vgl. die Gegenüberstellung z. B. in § 82 der Gemeindeordnung Schleswig-Holstein). Schließlich ist es auch ohne Bedeutung, ob diese Betriebe in der Form einer Kapitalgesellschaft oder eines Eigenbetriebs i. S. der Eigenbetriebsverordnung geführt werden (vgl. zur verwaltungsrechtlichen Beurteilung der Versorgungsbetriebe: Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts. Bd. I, Allgemeiner Teil, 10. Aufl., S. 410 f; speziell zur Beurteilung der Wasserversorgungsbetriebe: Kolb, Die Wasserversorgung und der Gewässerschutz im neuen Bundes- und Landesrecht, Berlin 1968, insbesondere S. 149 ff.).
3. Was unter Versorgungsbetrieben zu verstehen ist, sagt § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV - anders als § 2 KStDV - nicht. Im Verwaltungsrecht sind Versorgungsbetriebe Unternehmen zur Versorgung mit Wasser, Gas und elektrischer Energie und die Verkehrsbetriebe. Forsthoff (a. a. O., S. 411) leitet den Ursprung dieses Begriffs aus § 2 Nr. 3 b in Verbindung mit § 7 KStG vom 10. August 1925 (RGBl I 208) her und führt seine allgemeine Durchsetzung darauf zurück, daß es sich hier "um eine wirtschaftliche Funktion besonderer Eigenart handelt, die sich erkennbar von den sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten abhebt". Entsprechend der Begriffsbestimmung des § 2 KStDV sind auch Versorgungsbetriebe im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV diejenigen Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen. Die Übernahme dieser inhaltlichen Bestimmung in das Gewerbesteuerrecht begegnet um so weniger Bedenken, als der Begriff des Versorgungsbetriebs in beiden Rechtsgebieten eine vergleichbare Abgrenzungsfunktion erfüllt.
Nach den gem. § 118 Abs. 2 FGO für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des FG besteht der Zweck des Wasserwerks der Klägerin darin, den Einwohnern Trink- und Brauchwasser, der Gesamtheit Wasser für öffentliche Zwecke zu liefern. Das Wasserwerk ist - gemessen an seiner allein maßgeblichen Aufgabenstellung - ein reiner Versorgungsbetrieb. Auf ihn ist daher die Regelung für Hoheitsbetriebe nach § 2 Abs. 2 GewStDV nicht anwendbar.
4. Das Wasserwerk der Klägerin erfüllt auch die Voraussetzungen des stehenden Gewerbebetriebs nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG, § 1 Abs. 1 GewStDV (selbständige nachhaltige Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr in Gewinnabsicht). Was diese Merkmale im einzelnen bedeuten, hat der Senat im Urteil vom 17. Januar 1973 I R 191/72 (BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260) dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Entscheidung verwiesen. Daß die Merkmale des stehenden Gewerbebetriebs im Streitfall vorliegen, hat das FG in rechtlicher Hinsicht zutreffend und in tatsächlicher Hinsicht gem. § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt. Die Klägerin erhebt insoweit im Revisionsverfahren auch keine Einwendungen. Insbesondere geht sie in ihrer Revisionsbegründung selbst vom Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht aus. Ihre Ansicht, daß die Gewinnerzielungsabsicht auch Hoheitsbetrieben unter Umständen eigen sein könne, ist zwar zutreffend, führt jedoch aus den dargelegten Gründen im Streitfall nicht zu der Annahme, daß das Wasserwerk der Klägerin kein stehender Gewerbebetrieb sei.
Fundstellen
Haufe-Index 71404 |
BStBl II 1975, 549 |
BFHE 1975, 391 |