Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungslast bei Widersprüchen zwischen dem Inhalt der Lohnsteueranmeldungen und den Behauptungen des haftenden Geschäftsführers einer GmbH
Leitsatz (NV)
1. Zur Erfüllung des Tatbestands der Geschäftsführerhaftung und zur Frage der Bestimmtheit des Haftungsbescheids.
2. Legt das FA dem Haftungsanspruch gegen einen Geschäftsführer die von diesem für die GmbH abgegebenen Lohnsteueranmeldungen zugrunde und behauptet der Haftungsschuldner später, die Anmeldungen seien falsch, da die Löhne nicht bzw. nicht vollständig ausgezahlt worden seien, so liegt die Aufklärung dieses Widerspruchs in der Verantwortungssphäre des Haftungsschuldners. Er trägt insoweit die Feststellungslast.
3. Zur Einbeziehung des Konjunkturzuschlages, der Ergänzungsabgabe und der Kirchensteuer in die Haftung.
Normenkette
AO §§ 103, 105 Abs. 1, § 109
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit Anfang 1970 bis zu seiner Abberufung am 29. Januar 1971 alleiniger Geschäftsführer der GmbH, die ihrerseits alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der GmbH & Co. KG (KG) war. Kommanditisten der KG waren der Kläger mit einer Einlage von 80 000 DM und die Firma B mit einer Einlage von 320 000 DM. Die KG beantragte im Mai 1971 die Eröffnung des Vergleichsverfahrens. Das Amtsgericht lehnte diesen Antrag ab und eröffnete im Juli 1971 das Anschlußkonkursverfahren, das im April 1981 aufgehoben wurde.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) nahm den Kläger durch Haftungsbescheid vom Juli 1972 für Lohnsteuerabzugsbeträge und Nebenleistungen der KG für den Zeitraum September 1970 bis August 1971 von insgesamt 775 000 DM in Anspruch. Der Betrag beruhte auf den von der KG abgegebenen Lohnsteueranmeldungen. Im Einspruchsverfahren wurde der Haftungsbetrag durch Verkürzung des Haftungszeitraums auf 570 000 DM ermäßigt. Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) dem Grunde nach ab, reduzierte aber den Haftungsbetrag durch erneute Verkürzung des Haftungszeitraums auf 410 000 DM.
Das FG ließ zudem auch die vom FA in den Haftungsbetrag einbezogenen, auf das Gehalt des Klägers entfallenden Lohnsteuerbeträge und Nebenleistungen außer Betracht. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das FG aus:
Die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner sei formell rechtmäßig und dem Grunde nach zu Recht erfolgt. Zwar habe das FA weder im Haftungsbescheid noch im Einspruchsbescheid Ausführungen zur Ermessensausübung nach § 118 der Reichsabgabenordnung (AO) gemacht. Dies sei jedoch im Streitfall entbehrlich gewesen. Der Kläger habe nach den Feststellungen des FA seine Pflichten als Geschäftsführer in grob fahrlässiger Weise verletzt, wodurch eine erhebliche Einengung des Ermessensspielraums des FA eingetreten sei. Die Ermessensentscheidung sei durch das Maß der Pflichtverletzung derart vorgeprägt gewesen, daß davon auszugehen sei, das FA habe stillschweigend von seinem Ermessen sachgerechten Gebrauch gemacht. Das FA habe keine Möglichkeit gehabt, von der KG die rückständigen Beträge beizutreiben, da diese alsbald nach Entstehung der Steuerrückstände das Vergleichsverfahren beantragt habe. Nach Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens sei das FA mit den zur Konkurstabelle angemeldeten Steuerforderungen in voller Höhe ausgefallen.Eine Inanspruchnahme der Arbeitnehmer der KG nach § 38 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Haftungszeitraum geltenden Fassung sei nicht möglich gewesen. Somit hätte eine Nichtinanspruchnahme des Klägers nur als ermessenswidrig erscheinen können.
Der Haftungsbescheid sei auch nicht deshalb formell rechtswidrig, weil das FA die Haftungsbeträge nur nach ihrer Art und nicht nach den einzelnen Voranmeldungszeiträumen aufgegliedert habe. Durch die Aufgliederung in Steuerbeträge und Nebenleistungen sei für den Kläger als Geschäftsführer erkennbar gewesen, welche Steuerbeträge für die einzelnen Voranmeldungszeiträume von ihm als Haftungsschuldner verlangt worden seien. Im übrigen seien in einer Anlage zum Bescheid über die Aussetzung der Vollziehung die rückständigen Beträge (Haftungsbeträge) nach den Voranmeldungszeiträumen aufgegliedert gewesen.
Der Kläger habe den Haftungstatbestand der §§ 109, 103 AO erfüllt. Er habe als Geschäftsführer der Komplementär- GmbH nach den §§ 105 Abs. 1, 103 Abs. 1 AO i. V. m. § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) die Pflicht gehabt, die Lohnsteuerbeträge der Arbeitnehmer der KG einzubehalten und an das FA abzuführen. Dies sei nicht geschehen, wodurch es zu einer Steuerverkürzung gekommen sei. Der Kläger habe seine Pflichten als Geschäftsführer in grob fahrlässiger Weise verletzt. Er könne sich nicht damit entschuldigen, daß die Mittel der KG nicht ausgereicht hätten, die Lohnsteuerbeträge an das FA abzuführen. Er hätte vielmehr diese Löhne nur gekürzt auszahlen dürfen, um die einbehaltenen Beträge dann an das FA abführen zu können.
Unabhängig davon habe die KG auch ausreichend Mittel zur Verfügung gehabt, da ihr im November 1970 von der Firma B 3,4 Mio DM zur Verfügung gestellt worden seien. Eine vorrangige Verwendung dieser Mittel habe der Kläger bis auf einen Betrag von 500 000 DM nicht dargetan.
Der Kläger könne sich auch nicht dadurch entlasten, daß zwischen der KG und ihren Gesellschaftern über die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben - Leitung der Buchhaltung durch eine vom Verwaltungsrat der Firma B bestimmte Person - besondere Vereinbarungen getroffen worden seien. Die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuerbeträge seien eine öffentlich-rechtliche Pflicht der KG gewesen, die durch privatrechtliche Vereinbarungen nicht hätten geändert werden können.
Auch die nach der Geschäftsordnung der KG für die Wahrnehmung der steuerlichen Belange gegebene Zuständigkeit des in S ansässigen ,,Abteilungsleiter Finanzen" habe den Kläger nicht von seiner Verpflichtung entbinden können. Als Geschäftsführer habe dieser vielmehr den Abteilungsleiter zur ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten anhalten und die Erfüllung dieser Pflichten überwachen müssen. Der Umstand, daß der Kläger nur zusammen mit dem Abteilungsleiter über die Bankkonten habe verfügen können, bedeute keine Einschränkung der Verfügungsmacht des Klägers in der Hinsicht, daß er seinen eigenen Verpflichtungen nicht mehr ordnungsgemäß habe nachkommen können.
Dem Einwand des Klägers, in den Lohnsteueranmeldungen der KG seien Löhne und Gehälter erfaßt worden, die tatsächlich nicht ausgezahlt worden seien, könne nicht gefolgt werden. Nach der Aussage der früheren Buchhalterin, die lediglich mit der Erstellung der Lohnsteueranmeldungen, aber nicht mit der Auszahlung der Löhne befaßt gewesen sei, scheine es zwar möglich, daß die Löhne nicht in der angemeldeten Höhe ausgezahlt worden seien, doch reiche diese Möglichkeit nicht aus, um die Steuerbeträge von der Haftung auszunehmen. Unklarheiten und Unsicherheiten gingen zu Lasten des Klägers. Zwar treffe die Feststellungslast für die Auszahlung der Löhne grundsätzlich das FA, doch trage im Streitfall der Kläger die Feststellungslast, wenn er behaupte, die Löhne seien nicht entsprechend den Lohnsteueranmeldungen ausgezahlt worden, denn das FA habe sich bei der Höhe der Steuerforderungen und der Haftungsschuld auf die abgegebenen Lohnsteueranmeldungen der KG gestützt.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Das FG habe es unterlassen, ausreichende Feststellungen zu der inneren Firmenstruktur, der beherrschenden Stellung der Firma B und der dadurch bedingten Einschränkungen des Klägers in seiner Handlungsfreiheit als Geschäftsführer der GmbH zu treffen.
Die KG habe sich sowohl aus steuerrechtlichen als auch aus wirtschaftlichen (haftungsrechtlichen) Gründen die Form einer GmbH & Co. KG gegeben. Die GmbH habe jedoch ihre Funktion als Komplementärin tatsächlich nicht erfüllen können. Ihr sei keine ausreichende Haftungsgrundlage zur Verfügung gestellt worden. Die GmbH sei von den Gesellschaftern nur als unselbständiges Werkzeug benutzt worden. Der Kläger sei als Geschäftsführer der GmbH nur aus formell-juristischen Gründen bestellt worden. Er sei aber nicht mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet gewesen. Nach der Geschäftsordnung der KG sei für die Finanzen und die Wahrnehmung der steuerlichen Belange der in S ansässige Abteilungsleiter zuständig gewesen. Darüber hinaus sei nach dem Gesellschaftsvertrag mit der Satzung der Firma B jede der in dieser Firma zusammengeschlossenen Firmen alleinverantwortlich für die Gestaltung und Durchführung der Geschäfte und den gesamten Zahlungsverkehr gewesen. Die KG habe lediglich als Regieleistung die allgemeine Verwaltung zu erbringen gehabt und dafür einen Betrag von 3 v. H. vom Umsatz erhalten. Aufgrund dieser Struktur habe der Kläger als Geschäftsführer der KG keinen unmittelbaren Einfluß auf die Geschäftsabwicklung einschließlich Zahlungsverkehr ausüben können. Das sei von der Firma B auch genau in dieser Form beabsichtigt gewesen. Sie sei die eigentliche und ausführende aktive Firma gewesen.
Zwar habe ursprünglich der Kläger gemeinsam mit dem Abteilungsleiter Verfügungen bezüglich der Finanzabwicklung vornehmen können. Entgegen dieser Regelung sei aber dem Geschäftsführer der Muttergesellschaft, der Firma B, laut Gesellschafterbeschluß Bankvollmacht erteilt worden. Dieser Geschäftsführer habe dann mit dem Abteilungsleiter selbständig Verfügungen vorgenommen, auf die der Kläger überhaupt keinen Einfluß gehabt habe.
Der Kläger sei auf diese Art und Weise mehr und mehr in seiner Handlungsfreiheit eingeengt worden. Er habe nicht verhindern können, daß den einzelnen Trägergesellschaften der Firma B eigene Konten eingerichtet wurden. Einzelheiten zu diesen innerbetrieblichen Verhältnissen habe das FG jedoch nicht aufgeklärt.
Dem Kläger habe die zuständigen Herren der Einzelgesellschaften immer wieder aufgefordert, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Dies sei ohne Erfolg geblieben. Der Kläger sei infolgedessen immer mehr zu einer Strohpuppe der Firma B geworden. Bei diesem von der Firma B bewußt herbeigeführten Abhängigkeitsverhältnis habe sich nach und nach ein absoluter Mißbrauch der Gesellschaftsform der GmbH & Co. KG ergeben, gegen den sich der Kläger nicht habe wehren können. Die Firmenkonstruktion sei im Ergebnis darauf hinausgelaufen, daß die Firma B nach außen hin den Kläger für die Nichtbezahlung der öffentlich- rechtlichen Lasten verantwortlich habe machen können, während sie sich selbst ihrer Leistungspflicht mit Erfolg entzogen habe. Der Kläger habe eine Reihe von Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergebe, daß er in seiner Handlungsfreiheit wesentlich eingeschränkt worden sei. Aufgrund dieser Verhältnisse könne dem Kläger keine grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung zur Last gelegt werden.
Die Ausführungen des FG seien in sich widersprüchlich. Zum einen habe es nicht nachvollziehen können, ob die in den Lohnsteueranmeldungen erfaßten Löhne und Gehälter tatsächlich nicht ausbezahlt worden seien, andererseits stelle das FG fest, daß Löhne und Gehälter zum Teil von den Trägergesellschaften der KG unmittelbar an die Arbeitnehmer ausgezahlt worden seien. Zugunsten des Klägers sei von der Vermutung auszugehen, daß generell in der Zeit, als die KG notleidend gewesen sei, Löhne und Gehälter nicht mehr ausgezahlt worden seien.
Das FG sei weiterhin zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Ermessensentscheidung des FA durch das Maß der Pflichtverletzung des Klägers vorgeprägt gewesen sei und es daher keinerlei Ermessensausführungen im Haftungs- oder Einspruchsbescheid bedurft habe. Der Kläger habe seine Pflichten nicht in grob fahrlässiger Weise verletzt. Das FA habe daher seine Ermessenserwägungen darlegen müssen.
Das FA habe weiterhin im Haftungsbescheid die Haftungsbeträge für die einzelnen Steuerarten aufgliedern müssen, damit der Kläger seine Inanspruchnahme nach Grund und Höhe hätte nachvollziehen können. Da dies nicht geschehen sei und die Vorinstanz dies auch nicht beanstandet habe, sei die Vorentscheidung unrichtig und aufzuheben.
Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung, soweit die Klage keinen Erfolg hatte, den Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Das FG hat die Klage, soweit sie sich gegen die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner für Lohnsteuerbeträge und Nebenleistungen der Arbeitnehmer der KG für den Zeitraum Mai 1970 bis Dezember 1970 richtet, aus zutreffenden Gründen abgewiesen.
1. Das FG ist im Streitfall zu Recht davon ausgegangen, daß der Kläger als alleiniger Geschäftsführer der GmbH und somit auch der KG mit der Nichtabführung der Steuerabzugsbeträge und Nebenleistungen den Haftungstatbestand der §§ 103, 105 Abs. 1, 109 Abs. 1 AO erfüllt hat. Seine Ausführungen entsprechen insoweit der ständigen Rechtsprechung des Senats. Der Senat nimmt deshalb auf die Urteilsbegründung des FG Bezug, um Wiederholungen zu vermeiden. Ergänzend weist der Senat zu den von der Revision angesprochenen Rechtsfragen
- a) inhaltliche Bestimmtheit des Haftungsbescheids und Aufgliederung der Haftungssumme auf einzelne Haftungszeiträume auf das Urteil vom 12. März 1985 VII R 22/84 (BFH/NV 1987, 227, 228, m.w.N.), zuletzt bestätigt im Urteil vom 8. März 1988 VII R 6/87 (BFHE 152, 418, BStBl II 1988, 480).
- b) Vorprägung der Ermessensentscheidung durch die Entscheidung über das Maß des Verschuldens (grobe Fahrlässigkeit des Haftungsschuldners) auf das Urteil vom 21. Oktober 1986 VII R 144/83 (BFH / NV 1987, 286, 287, m. w. N.),
- c) Verpflichtung zur anteiligen Befriedigung des FA und der Arbeitnehmer im Wege der Kürzung der auszuzahlenden Löhne bei nicht ausreichenden Mitteln der Gesellschaft auf den Beschluß vom 17. Juli 1984 VII S 9/84 (BFH / NV 1986, 583, m. w. N.), und
- d) Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers bei Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten durch beauftragte Angestellte auf das Urteil vom 5. März 1985 VII R 134/80 (BFH / NV 1986, 61, 62) hin.
2. Dem Revisionsvortrag des Klägers, zu seinen Gunsten sei davon auszugehen, daß generell in der Zeit, in der die KG notleidend gewesen sei, Löhne und Gehälter nicht mehr ausgezahlt worden seien, kann nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz hat versucht, insbesondere durch Vernehmung der früheren Buchhalterin der KG, die Behauptung des Klägers, die in den Lohnsteueranmeldungen ausgewiesenen Löhne und Gehälter seien nicht vollständig ausgezahlt worden, aufzuklären. Die Vorgänge um die Auszahlung der Löhne und Gehälter konnten jedoch nicht aufgeklärt werden, weshalb es zu einer Feststellungslast-Entscheidung gekommen ist.
Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, daß grundsätzlich das FA die Feststellungslast für die Auszahlung der Löhne und Gehälter trage, denn der Lohnsteueranspruch und daran anknüpfend der Haftungsanspruch entsteht erst, wenn der Lohn oder das Gehalt tatsächlich gezahlt werden (§ 38 Abs. 2 EStG 1986). Dem liegt die gesetzlich nicht festgelegte Regelung zugrunde, daß das FA die Feststellungslast für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um einen Steueranspruch oder Haftungsanspruch geltend zu machen. Der in Anspruch genommene Steuerschuldner (Haftungsschuldner) dagegen trägt die Feststellungslast für Tatsachen, die eine Steuerbefreiung oder -ermäßigung (Haftungsbefreiung oder -ermäßigung) begründen. Diese Regel gilt jedoch nicht ausnahmslos (vgl. Senatsurteil vom 7. Juli 1983 VII R 43/80, BFHE 138, 527, BStBl II 1983, 760, 761). Im Streitfall hat der Kläger als Geschäftsführer der GmbH und damit auch der KG Lohnsteueranmeldungen abgeben lassen, in denen die vom FA später der Steuer- und Haftungsschuld zugrunde gelegten Löhne und Gehälter ausgewiesen waren. Mit diesen Anmeldungen hat der Kläger zugleich erklärt, daß die entsprechenden Löhne und Gehälter ausgezahlt wurden, mithin der Steueranspruch entstanden ist. Eine Berichtigung der Lohnsteueranmeldungen hat nicht stattgefunden. Somit konnte das FA von der Auszahlung der Löhne und Gehälter ausgehen. Behauptet der Kläger später, die Angaben in den Lohnsteueranmeldungen hätten nicht der Wahrheit entsprochen, die Löhne seien nicht oder nicht vollständig ausgezahlt worden, so liegt die Aufklärung dieses Widerspruchs in seiner Verantwortungssphäre. Dem Kläger ist die Aufklärung des Sachverhalts über die Höhe der ausgezahlten Löhne und Gehälter grundsätzlich möglich und auch zumutbar, denn schließlich behauptet er mit der nicht vollständigen Auszahlung der angemeldeten Löhne und Gehälter eine für ihn haftungsmindernde Tatsache. Die Last einer etwaigen Unerweislichkeit seiner Behauptung, die Löhne seien nicht oder nicht vollständig ausgezahlt worden, hat daher - wie das FG zu Recht ausgeführt hat - der Kläger zu tragen.
3. Soweit die Revision rügt, das FA habe keine ausreichenden Feststellungen über die eigentlichen Machtstrukturen innerhalb der KG und die Einengung der Handlungsfreiheit des Klägers als Geschäftsführer getroffen und dadurch gegen § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen, ist die Rüge nicht zulässig. Dafür wäre es nach § 120 Abs. 2 FGO notwendig gewesen, daß der Kläger die Tatsachen bezeichnet, die den Mangel der Aufklärung ergeben. Dazu gehören Angaben über Beweisantritte, die das FG übergangen haben soll, mit der Bezeichnung des konkreten Beweisthemas, der Beweismittel, derer sich das FG hätte bedienen sollen, und der Angabe der dazugehörenden Schriftsätze oder der Beweismittel (Tatsachen), deren Aufklärung sich dem FG hätte aufdrängen müssen (Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 120 Rdnr. 40). Das ist vorliegend jedoch nicht ausreichend geschehen. Vielmehr trägt die Revision selbst vor, der Vorinstanz hätten Unterlagen des Klägers vorgelegen, aus denen sich die Einengung seiner Handlungsfreiheit habe ergeben können. Soweit die Revision in diesem Sachzusammenhang vorträgt, das FG habe die entsprechenden Unterlagen falsch gewürdigt, ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO an diese sich aus der Beweiswürdigung ergebenden Feststellungen der Vorinstanz gebunden. Ein Verstoß gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungsgrundsätze ist nicht erkennbar.
Im übrigen ist die Rüge auch unbegründet. Hätte die Firma B den Kläger tatsächlich massiv in seiner Handlungsfreiheit als Geschäftsführer eingeschränkt, so hätte er früher von seinem Amt als Geschäftsführer zurücktreten müssen. Der Senat verweist dazu auf seinen Beschluß vom 19. November 1985 VII S 13/85 (BFH / NV 1986, 266, 269).
4. Das FG hat auch zutreffend die nicht abgeführten Beträge zum Konjunkturzuschlag, zur Ergänzungsabgabe und zur Kirchensteuer in die Haftung des Klägers nach §§ 103, 109 Abs. 1 AO einbezogen. Der Konjunkturzuschlag war nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung eines rückzahlbaren Konjunkturzuschlags zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer (KonjZG) vom 23. Juli 1970 (BGBl I 1970, 1125) durch Abzug vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber einzubehalten und an das zuständige FA abzuführen.
Nach § 4 Abs. 1 KonjZG waren auf den Konjunkturzuschlag die Vorschriften der AO anwendbar. Gleiches gilt nach § 6 Abs. 1 des Ergänzungsabgabegesetzes vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1967, 1254) für die Ergänzungsabgabe und nach Art. 1 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über die Anwendung von bundesrechtlichen Vorschriften des allgemeinen Abgabenrechts auf landesrechtlich geregelte Abgaben (BStBl II 1956, 102) für die Kirchensteuer (vgl. auch Art. 13 Abs. 2 des Bayerischen Kirchensteuergesetzes vom 15. März 1967, Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1967, 317).
Fundstellen
Haufe-Index 415883 |
BFH/NV 1989, 7 |