Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Erwirbt ein Grundpfandgläubiger, dessen Grundpfandrecht nur auf einem Miteigentumsanteil lastet, in der Zwangsversteigerung das ganze Grundstück, so kommt nur eine anteilmäßige Steuervergünstigung in Frage.
Normenkette
GrEStG § 9
Tatbestand
Auf einem im Miteigentum stehenden Grundstück waren zwei Hypotheken eingetragen, die das gesamte Grundstück belasteten. Hinter diesen standen, und zwar nur auf dem einen der beiden Grundstücksbruchteile von je 50 % noch zwei Hypotheken des Beschwerdegegners - Bg. - (3.000 und 2.500 DM). Auf Antrag eines vor ihm stehenden Hypothekengläubigers erfolgte die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Der Bg. erwarb das Grundstück für das Meistgebot.
Streitig ist, ob die Steuervergünstigung des § 9 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG), die an sich für gegeben erachtet wurde, für die gesamte Gegenleistung zuzubilligen ist.
Die Vorinstanz bejaht es im Gegensatz zum Finanzamt. Sie ist der Auffassung, eine Hypothek, die nur auf einem Grundstücksbruchteil bestellt sei, laste auf dem gesamten Grundstück, wenn auch durch das Miteigentum der anderen beschränkt. Der Bg. habe deshalb das ganze Grundstück als das mit seinem Pfandrecht belastete Grundstück erworben.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer - Bf. - (Vorsteher des Finanzamts) wendet sich in der Rechtsbeschwerde hiergegen. Der Bf. verneint die Ausdehnung der Anwendbarkeit der Steuervergünstigung auf die gesamte Gegenleistung, weil der Bg. kein dingliches Recht an dem anderen Grundstücksanteil besessen habe und daher nur eine anteilmäßige Steuervergünstigung (50 % der Gegenleistung) möglich sei. Jeder Miteigentumsanteil sei selbständig. Bestellten z. B. die Miteigentümer (nach Bruchteilen) gemeinschaftlich eine Hypothek an dem ganzen Grundstück, so entstände an den einzelnen Grundstücksbruchteilen eine Gesamthypothek. Jeder Anteil hafte für die ganze Hypothek (vgl. Entscheidung des Reichsgerichts in Zivilsachen V 307/34 vom 25. Januar 1935, Slg. Z Bd. 146 S. 363). Auch an diesem Beispiel zeige sich die Verselbständigung des Grundstücksbruchteils. Eine Hypothek auf dem Grundstücksbruchteil belaste nur diesen und nicht das ganze Grundstück. Dadurch, daß der Grundstücksanteil des anderen Miteigentümers, weil die Versteigerung wegen einer Gesamthypothek auf dem ganzen Grundstück erfolgt sei, in die Versteigerung einbezogen sei, habe sich an der Selbständigkeit des Grundstücksbruchteils nichts geändert.
Der Bf. (Finanzamt) hat Erfolg. Der Bg. nimmt zu Unrecht die Steuervergünstigung für die gesamte Gegenleistung in Anspruch. Der Auffassung der Vorinstanz, daß eine Hypothek, die für einen Grundstücksbruchteil bestellt sei, auf dem ganzen Grundstück laste, die Belastung einer Grundstückshälfte demnach im Endergebnis dieses Grundstück ganz treffe, kann nicht gefolgt werden. Hiernach unterlag das Urteil der Aufhebung.
Der Streitfall ist spruchreif. Mit dem Bf. ist davon auszugehen, daß die Hypothekenbelastung eines Miteigentumsanteils nur eine Belastung dieses Miteigentumsanteils, nicht aber des gesamten Grundstücks ist. Da die Hypotheken des Bg. nur auf dem einen der beiden Miteigentumsanteile, nicht aber auf dem ganzen Grundstück ruhen, würden an sich bei einer wortgetreuen Auslegung die Voraussetzungen des § 9 a. a. O. hinsichtlich des ersteigerten Grundstücks, nicht vorliegen, weil der Gläubiger (Bg.) mehr als das mit seinem Pfandrecht belastete Grundstück erwirbt. In sinngemäßer Anwendung des Grundgedankens der Vergünstigungsvorschrift ist es jedoch begründet, eine anteilmäßige Verteilung zuzuerkennen. Eine anteilsmäßige Verteilung wurde übrigens in Fällen, in denen sich das ersteigerte und das belastete Grundstück nicht decken, der Gläubiger also z. B. nicht sämtliche Grundstücke, auf denen seine Hypothek ruht, sondern nur einzelne von ihnen ersteigerte, bereits für das frühere Recht anerkannt (vgl. Amtliche Mitteilungen über die Zuwachssteuer 1913 S. 270, vgl. auch 1912 S. 187). Der Einwand des Bg., er mußte das gesamte Grundstück erwerben, greift nicht durch. Es war ihm unbenommen, ein Einzelausgebot zu beantragen (vgl. §§ 9, 18, 63, 59 des Zwangsversteigerungsgesetzes). Das gleiche gilt für den Einwand, wirtschaftliche Erwägungen würden zu einer Steuervergünstigung für die gesamte Gegenleistung führen müssen. Für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gibt § 9 GrEStG insoweit keinen Raum.
Hiernach rechtfertigt sich die Aufhebung der Vorentscheidung und die Zurückweisung der Berufung gegen den Einspruchsbescheid des Finanzamts.
Fundstellen
Haufe-Index 407739 |
BStBl III 1953, 271 |
BFHE 1954, 711 |
BFHE 57, 711 |