Leitsatz (amtlich)
Ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch liegt vor, wenn eine Personengesellschaft ihren Gesellschaftern den gesellschaftseigenen PKW unter Belastung der Privatkonten zur privaten Benutzung überläßt.
Normenkette
UStG 1951 § 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine KG, stellte im Veranlagungszeitraum 1963 mehreren Gesellschaftern ihre firmeneigenen Personenkraftwagen zur privaten Benutzung zur Verfügung und belastete dafür die Privatkonten der Gesellschafter insgesamt mit 4 000 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) unterwarf diesen Betrag dem Steuersatz von 4 v. H. Das FA erblickte in der Überlassung der Personenkraftwagen an die Gesellschafter eine sonstige Leistung der Steuerpflichtigen und in der Belastung der Privatkonten der Gesellschafter das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung.
Die Steuerpflichtige war dagegen der Auffassung, ein steuerpflichtiger Umsatz habe nur insoweit stattgefunden, als bei der privaten Verwendung der Personenkraftwagen Kraftstoff verbraucht worden sei, und schätzte den Kraftstoffverbrauch auf 800 DM. Sie ist im übrigen der Auffassung, die Überlassung der Kraftfahrzeugnutzung gehöre zu den üblichen Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 12 UStG 1951 und sei daher steuerfrei.
Einspruch und Berufung (Klage) blieben erfolglos. Die Vorinstanz kam zu der Auffassung, daß die Belastung der Privatkonten der Gesellschafter tatsächlich und wirtschaftlich ein geldwerter Vorteil der Gesellschaft für die Überlassung der Personenkraftwagen sei. Bei vermögenswirksamer Buchung von Entnahmen komme es für die Ermittlung der Höhe des Umsatzes nicht darauf an, ob der Gesellschaft Kosten für die Haftung der Personenkraftwagen ohnehin erwachsen seien.
Die Vorinstanz hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Mit der als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde (§§ 184 Abs. 2 Nr. 1, 115 ff. FGO) begehrt die Steuerpflichtige Aufhebung der Vorentscheidung. Sie ist unter Berufung auf das Urteil des Senats V 66/58 U vom 9. Februar 1961 (BFH 72, 475, BStBl III 1961, 173) der Auffassung, daß ein Umsatz nur in Höhe der tatsächlichen Gewinnminderung bei der Gesellschaft durch den privat verbrauchten Kraftstoff stattgefunden habe. Die Steuerpflichtige ist weiter der Auffassung, eine unterschiedliche Behandlung der Überlassung eines Personenkraftwagens an einen Gesellschafter bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften sei nicht gerechtfertigt. In beiden Fällen liege zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern kein Leistungsaustausch vor.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß die Steuerpflichtige als Unternehmerin wesensverschieden von ihren Gesellschaftern ist, und daß sie mit der Überlassung eines fahrbereiten Personenkraftwagens an einen Gesellschafter jeweils diesem gegenüber eine Leistung erbringt (§ 1 Nr. 1 UStG). Die Leistung der Gesellschaft besteht in der Gebrauchsüberlassung des Personenkraftwagens und der Verschaffung der Verfügungsmacht an dem zum Betrieb des Personenkraftwagens erforderlichen Treibstoff; beide Leistungselemente sind Teile eines einheitlichen wirtschaftlichen, nicht aufspaltbaren Vorgangs, der als sonstige Leistung zu beurteilen ist (siehe Urteil des BFH V 66/58 U vom 9. Februar 1961, a. a. O., unter Aufgabe der Auffassung im BFH-Urteil V 42/58 U vom 23. Juli 1959, BFH 69, 316, BStBl III 1959, 379).
Voraussetzung eines steuerbaren Umsatzes ist u. a. die Gewährung von Entgelt. Dies gilt auch für die Fälle des Leistungsaustausches zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern. Bei gesellschaftlichen Verhältnissen kann ein steuerbarer Leistungsaustausch auch dann vorliegen, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung auf die Gewinnansprüche der Gesellschafter angerechnet wird. Der Entgeltsbegriff (§ 5 Abs. 1 Satz 1 UStG 1951, § 10 UStDB 1951) hat dabei - wie auch sonst - einen wirtschaftlichen Inhalt. Entgelt ist nach § 10 Satz 1 UStDB 1951 alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Entgelt ist aber nur der tatsächliche Aufwand des Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft, nicht ein fiktiver.
Überläßt eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern den betrieblichen Personenkraftwagen zum privaten Gebrauch und belastet sie dafür in der allgemeinen kaufmännischen Buchführung die Privatkonten der Gesellschafter, so geschieht die Gebrauchsüberlassung entgeltlich. Es wird hierdurch der Gewinn der Gesellschaft in Höhe der Lastschrift erhöht und zugleich in derselben Höhe der Anspruch des belasteten Gesellschafters auf Auszahlung des Gewinns gemindert. Erwirtschaftet z. B. eine aus vier Gesellschaftern bestehende Gesellschaft (ohne Berücksichtigung von Einlagen und Entnahmen) einen Gewinn von 10 000 DM, so hat bei gleicher Gewinnbeteiligung jeder Gesellschafter einen Gewinnanspruch in Höhe von 2 500 DM. Werden zwei Gesellschafter für eine Kraftfahrzeugbenutzung mit je 1 000 DM Entnahme belastet, so steht jedem Gesellschafter bei einem nominellen Gewinn von nunmehr 12 000 DM ein Gewinnanspruch gegenüber der Gesellschaft von 3 000 DM zu. Wird der effektive Gewinn (10 000 DM) in voller Höhe ausgeschüttet, so erhalten die beiden mit den Entnahmen belasteten Gesellschafter jeweils (3 000 DM ./. 1 000 DM =) 2 000 DM, die beiden anderen Gesellschafter je 3 000 DM ausgezahlt. Das Vermögen der Gesellschaft bleibt zwar gleichhoch, unabhängig davon, ob die Kosten für die Kraftfahrzeugbenutzung gebucht werden oder nicht. Bei den einzelnen Gesellschaftern tritt aber ein unterschiedliches Ergebnis zutage, das darauf zurückzuführen ist, daß die Gesellschaft die Kraftfahrzeugbenutzung ihren Gesellschaftern entgeltlich eingeräumt hat. Die Annahme der Steuerpflichtigen, daß sich die Gewinnverlagerung unmittelbar zwischen den Gesellschaftern vollzieht, würde voraussetzen, daß die Steuerpflichtige mit ihren Gesellschaftern umsatzsteuerrechtlich eine Einheit bildet, während - wie oben dargelegt - Gesellschaft und Gesellschafter getrennt zu beurteilende Steuersubjekte bilden.
Zu Unrecht beruft sich die Steuerpflichtige auf die Rechtsprechung des Senats. Das Urteil V 66/58 U vom 9. Februar 1961, a. a. O., betraf den Fall des Eigenverbrauchs eines Einzelunternehmers, der seinen überwiegend gewerblich oder beruflich genutzten Kraftwagen auch privat genutzt hatte. Der Tatbestand des Eigenverbrauchs eines Einzelunternehmers ist mit dem des Leistungsaustausches zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht vergleichbar. Der Sachverhalt des Urteils V 42/58 U vom 23. Juli 1959, a. a. O., wich von dem hier zu entscheidenden Fall insoweit ab, als damals die Gesellschaft ihren Gesellschaftern für die Kraftfahrzeugüberlassung nichts berechnet und infolgedessen ihre Privatkonten auch nicht belastet hatte. Aufzeichnungen, die außerhalb der Handelsbilanz lediglich zur Berechnung des einkommensteuerpflichtigen Gewinns, also auf Grund der Vorschriften des EStG, vorgenommen werden, sind für die umsatzsteuerliche Beurteilung ohne Bedeutung. Denn in diesen Fällen wird durch die Erfassung des Vorgangs als Privatentnahme ausschließlich für ertragsteuerliche Zwekke der Gewinnanspruch des Gesellschafters nicht geschmälert. So aber liegt der Sachverhalt im Streitfalle nicht. Die Steuerpflichtige hat im Berufungsverfahren ausgeführt, daß der Gewinnanteil der nutzenden Gesellschafter durch die Nutzung gekürzt worden sei. Selbst wenn man mit der Steuerpflichtigen annehmen wollte, daß sich der Gewinnausgleich zwischen den Gesellschaftern intern vollzieht, würde dies am Ergebnis nichts ändern. Denn zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt (§ 10 Satz 2 UStDB 1951).
Das Privatkonto eines Gesellschafters gibt grundsätzlich seine Forderungen (bzw. Schulden) gegenüber der Gesellschaft wieder. Es ist mit dem Kapitalanteil des Gesellschafters nicht wesensgleich. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Steuerpflichtigen braucht daher nicht eingegangen zu werden.
Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 UStG 1951 kann die Steuerpflichtige nicht in Anspruch nehmen, weil danach übliche Naturalleistungen nur dann steuerfrei sind, wenn der Unternehmer sie Angestellten oder Arbeitern seines Unternehmens gewährt. Die Gesellschafter einer Personengesellschaft gehören weder zu den Angestellten noch zu den Arbeitern der Gesellschaft, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat.
Die Rechtsbeschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl II 1969, 252 |
BFHE 1969, 469 |