Leitsatz (amtlich)
Der Verlust, der dem Inhaber mehrerer Gewerbebetriebe in einem dieser Betriebe entstanden ist, kann nicht nach § 10d EStG in den Folgejahren wie Sonderausgaben abgesetzt werden, wenn das Ergebnis eines anderen Betriebs nicht ordnungsmäßig ermittelt wurde, selbst dann nicht, wenn die Geschäfte dieses Betriebes geringen Umfangs und im Rahmen des Gesamtergebnisses geringfügig waren.
Normenkette
EStG §§ 10a, 10d
Tatbestand
Streitig ist der Verlustabzug gemäß § 10d EStG.
Aus Beteiligungen an drei Personengesellschaften entstanden dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) im Jahre 1961 Verluste in vom Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) ermittelter Höhe von 63 481 DM. Außerdem erlitt der Kläger im gleichen Jahr in einem eigenen Betrieb einen weiteren Verlust in einer durch Betriebsprüfung ermittelten Höhe von 4 651 DM. Diese Verluste machte der Kläger im Jahre 1963 als Sonderausgabe gemäß § 10d EStG geltend. Das FA verweigerte jedoch den Verlustabzug, weil der Verlust im eigenen Betrieb nicht aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wurde. Einspruch und Klage (Berufung) hatten keinen Erfolg. Das FG begründete seine Entscheidung wie folgt: Aus dem Wortlaut des § 10d EStG folge, daß der Verlustabzug die Ermittlung der Ergebnisse aller Betriebe, die der Steuerpflichtige unterhält oder an denen er beteiligt ist, auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung voraussetze. Hiervon könne nach dem eindeutigen Wortlaut des § 10d EStG auch dann nicht abgesehen werden, wenn das nicht ordnungsmäßig ermittelte Ergebnis eines Betriebes unbedeutend ist, weil eine solche Ausnahme nicht vorgesehen sei. Selbst aber wenn die Ausnahme zulässig wäre, so liege sie doch im Falle des Klägers nicht vor. Der Verlust im eigenen Geschäft sei nämlich im Verhältnis zum Gesamtverlust zu hoch, als daß er als unbedeutend angesehen werden könnte, denn er betrage 7 v. H. des Gesamtverlustes.
Hiergegen richtet sich die Revision, die der Kläger wie folgt begründet: Der Verlust im eigenen Betrieb sei durch die Veräußerung der nach der Stillegung des Betriebes noch vorhandenen Warenvorräte entstanden. Diese Vorgänge seien von untergeordneter Bedeutung gewesen. Sei der Zweck der vom Gesetzgeber geforderten Voraussetzungen des Verlustabzugs die Verhinderung des Abzugs geschätzter Verluste, wie der BFH entschieden habe, so könne dieser Zweck in seinem Fall unschwer dadurch erreicht werden, daß der Verlust des eigenen Betriebs beim Verlustabzug unberücksichtigt bleibt.
Der Kläger beantragt, die Einkommensteuer für das Jahr 1963 auf 0 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger kann die im Jahr 1961 entstandenen Verluste im Streitjahr 1963 nicht gemäß § 10d EStG als Sonderausgaben absetzen.
Nach § 10d EStG können Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, die Verluste der fünf vorangegangenen Veranlagungszeiträume aus den in § 10d EStG genannten Einkunftsarten wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen, soweit ihnen ein Ausgleich oder Abzug der Verluste in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht möglich war. Diese Voraussetzungen lagen unstreitig für den Abzug des Anteils des Klägers an den Verlusten der Personengesellschaften vor. Der in dem weiteren Betrieb des Klägers entstandene Verlust ist dagegen nicht auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt worden, wie der Kläger selbst einräumt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist jedoch für den Verlustabzug nach § 10d EStG Voraussetzung, daß das Ergebnis aller Gewerbebetriebe, die der Steuerpflichtige unterhält oder an denen er als persönlicher Gesellschafter beteiligt ist, auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung durch Vermögensvergleich ermittelt sein muß (vgl. Entscheidung vom 19. Juli 1963 VI 245/62, StRK, Einkommensteuergesetz, § 10 d, Rechtsspruch 25).
Für die Anwendung des § 10a EStG und § 32a EStG 1949, für die ähnliche Voraussetzungen gelten bzw. galten, hat der BFH den Grundsatz entwickelt, daß das Betriebsergebnis eines anderen Betriebs nicht in der vom Gesetzgeber geforderten Weise ermittelt sein muß, wenn es sich um im Rahmen des Gesamtergebnisses unwesentliche Geschäfte geringen Umfangs gehandelt hat (vgl. Entscheidungen vom 25. März 1954 IV 99/53 U, BFHE 59, 84, BStBl III 1954, 241; vom 15. Juli 1954 IV 399/53 U, BFHE 59, 110, BStBl III 1954, 251). In den entschiedenen Fällen handelte es sich um geringfügige landwirtschaftliche Gewinne, die nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft ermittelt waren. Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 28. November 1972 VIII R 40/68 (BStBl II 1973, 385) nicht endgültig entschieden, ob die für § 10a und § 32a EStG 1949 entwickelten Grundsätze insoweit auf § 10d EStG übertragen werden können. Er hat aber bereits darauf hingewiesen, daß die Rechtsprechung des BFH zu § 10a EStG in § 45 Abs. 2 EStDV ihren Niederschlag gefunden habe, während eine gleichartige Bestimmung für § 10d EStG fehle. Ergänzend bemerkt der Senat noch, daß sich § 45 Abs. 2 letzter Satz EStDV demgemäß auch nur auf land- und forstwirtschaftliche Gewinne erstreckt, die neben einem Gewinn aus Gewerbebetrieb erzielt werden. Hinzu kommt, daß beide Bestimmungen sich in einem wesentlichen Punkte unterscheiden. Während in § 10a EStG die Gewinne aus zwei verschiedenen Einkunftsarten, nämlich aus Gewerbebetrieb und aus Land- und Forstwirtschaft für die Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns zu einer Einheit zusammengefaßt werden, beschränkt sich die Regelung des § 10d EStG auf den Verlust aus jeweils einer Einkunftsart.
Die Gefahr, daß Gewinne oder Verluste aus der Einkunftsart Land- und Forstwirtschaft, die nicht auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung zu ermitteln sind, dem Abzug der Verluste aus Gewerbebetrieb, die durch Vermögensvergleich ermittelt wurden, entgegensteht, ist daher bei Anwendung des § 10d EStG nicht gegeben. Dem insoweit anders lautenden Urteil des BFH vom 12. Juni 1968 IV 181/62 (BFHE 92, 558, BStBl II 1968, 651) konnte der Senat nicht folgen. Einer Anrufung des Großen Senats des BFH wegen Divergenz (§ 11 Abs. 3 FGO) bedarf es nicht, weil die Frage der Berücksichtigung von Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft im Streitfall nicht unmittelbar Gegenstand des Rechtsstreits ist. Der erkennende Senat sieht sich nach alledem außerstande, die zu § 10a und § 32a EStG vom IV. Senat entwickelten Grundsätze auf § 10d EStG zu übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 70370 |
BStBl II 1973, 386 |
BFHE 1973, 312 |