Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerb von Todes wegen aufgrund Vertrags zugunsten Dritter
Leitsatz (NV)
Ebenso wie eine Schenkung durch Vertrag zugunsten Dritter im Verhältnis zwischen Versprechensempfänger (Gläubiger) und Drittem (sog. Valutaverhältnis) nur vorliegt, wenn der zugewendete Gegenstand aus dem Vermögen des Versprechensempfängers stammt, wenn also die Bereicherung des Dritten auf einer Entreicherung des Versprechensempfängers beruht, setzt §3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 eine Bereicherung des Begünstigten voraus, die aus dem Vermögen des Erblassers herrührt.
Normenkette
ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 4; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Eheleute A, die Eltern der Kläger und Revisionskläger (Kläger), hatten durch notariell beurkundeten Ehevertrag vom ... 1981 den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufgehoben und den Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Herr A anerkannte, daß seiner Frau infolge der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft ein Ausgleichsanspruch erwachsen sei. Der Zugewinnausgleichsanspruch von Frau A wurde durch einen weiteren Vertrag vom 5. Oktober 1981 auf ... DM festgelegt. Frau A stundete die Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung für sich und ihre Rechtsnachfolger bis zum Tag des Ablebens von Herrn A. Die Forderung war für die Dauer der Stundung nicht zu verzinsen.
Am ... 1989 schlossen die Eheleute A zu notarieller Urkunde
"folgenden Vertrag als echten Vertrag zugunsten Dritter:
1. Frau A verspricht hiermit Herrn A, ihre gegen ihn gerichtete Zugewinnausgleichsforderung mit allen Nebenrechten und Nebenansprüchen alsbald nach seinem Ableben schenkweise an
a) ihre Tochter T zu 3/5 Anteil und
b) ihren Sohn S zu 2/5 Anteil
zu übertragen. Dieses Schenkungsversprechen wird also erst mit dem Ableben des Herrn A fällig.
...
6. Nunmehr erklärt Herr A, daß er die vorstehenden Schenkungsversprechen, die Frau A gemäß Nr. 1 bis 5 zugunsten der in den Nrn. 1 bis 3 genannten Personen abgegeben hat, mit vertraglicher Wirkung annimmt.
7. Herr und Frau A sind sich darüber einig, daß die durch die vorstehenden Schenkungsversprechen Begünstigten unmittelbar das Recht erwerben sollen, von Frau A die Vollziehung der versprochenen Schenkungen nach Eintritt der Fälligkeit der Schenkungsversprechen zu verlangen (echter Vertrag zugunsten Dritter -- §328 Abs. 1 BGB). ... "
Herr A (Erblasser) verstarb am ... 1991. Seine alleinigen Erben wurden die Kläger. Im März 1992 wurde von Frau A und den Klägern u.a. folgendes vereinbart:
"I. Schenkung unter Auflage
1. Die Vertragschließenden sind sich darüber einig, daß die Zugewinnausgleichsforderung der Vertragschließenden zu 1 (gemeint: Frau A) seit dem ... 1991 fällig ist.
2. Die Vertragschließende zu 1 erläßt den Vertragschließenden zu 2 und 3 (gemeint: die Kläger) hiermit schenkweise ihre Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von ... DM mit allen Nebenrechten und Nebenansprüchen mit sofortiger Wirkung ... "
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) ging zunächst davon aus, daß die Kläger die Zugewinnausgleichsforderung schenkweise von ihrer Mutter erworben hätten, und setzte mit Bescheiden vom Mai 1992 gegen die Kläger die entsprechende Schenkungsteuer fest. Die Schenkungsteuerbescheide wurden danach aufgehoben und die Zugewinnausgleichsforderung als Vermögenserwerb der Kläger vom Erblasser behandelt, der aufgrund des vom Erblasser mit seiner Ehefrau am ... 1989 geschlossenen Vertrages bei dessen Tod von den Klägern unmittelbar erworben worden sei (§3 Abs. 1 Nr. 4 des Erbschaftsteuergesetzes -- ErbStG 1974 --). Unter Änderung der gegen die Kläger -- zuletzt -- ergangenen Erbschaftsteuerbescheide vom 20. Oktober 1993 erhöhte das FA deshalb mit Bescheiden vom 22. Oktober 1993 die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin von ... DM auf ... DM und gegen den Kläger von ... DM auf ... DM.
Einspruch und Klage gegen die Erhöhung der Erbschaftsteuer blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, die Vereinbarung zwischen dem Erblasser und seiner Ehefrau sei ein Vertrag zugunsten Dritter, der im Valutaverhältnis eine unentgeltliche Zuwendung des Erblassers an seine Kinder enthalte, die mit seinem Tode habe anfallen sollen.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen, die mit den Erbschaftsteuer- Änderungsbescheiden vom 22. Oktober 1993 festgesetzte Erbschaftsteuer unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidungen auf ... DM bzw. auf ... DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie der Erbschaftsteuer-Änderungsbescheide vom 22. Oktober 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen.
1. Das Urteil des FG ist wegen Verletzung von §3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 i.V.m. §§133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufzuheben. Das FG hat zu Unrecht angenommen, den Klägern sei mit dem Tode des Erblassers neben dem Nachlaß auch ein Vermögensvorteil i.S. von §3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 zugefallen, dessen Gegenstand die ihrer Mutter zustehende Zugewinnausgleichsforderung gewesen sei.
Die Auslegung des Vertrages vom ... 1989 durch das FG, es handle sich um einen Vertrag zugunsten Dritter, der im Valutaverhältnis eine unentgeltliche Zuwendung des Erblassers an seine Kinder enthalte, widerspricht dem eindeutigen Wortlaut dieser Vereinbarung. Nach diesem begründete der Vertrag vom ... 1989 -- worauf die Revision zutreffend hinweist -- keine Verpflichtung des Versprechenden (hier: der Mutter der Kläger), einen dem Versprechensempfänger (hier: dem Erblasser) gehörenden Vermögensgegenstand einem Dritten (hier: den Klägern) zuzuwenden. Vielmehr verpflichtete sich die Mutter als Gläubigerin des Zugewinnausgleichsanspruchs gegenüber dem Erblasser als dem Schuldner dieses Anspruchs, in einer bestimmten Weise über ihren Anspruch zu verfügen, nämlich ihn den Klägern nach dem Tod des Erblassers unentgeltlich zu übertragen. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, daß die Vertragsparteien etwas anderes gewollt hätten. Die Zugewinnausgleichsforderung wurde den Klägern folglich nicht von ihrem Vater (Erblasser), sondern von ihrer Mutter -- unter Lebenden -- schenkweise zugewandt (§7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
Damit ist auch dem vom FG gezogenen Schluß, der Vorgang unterliege nach §3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 als Erwerb von Todes wegen nach dem Erblasser der Erbschaftsteuer, der Boden entzogen. Denn ebenso wie eine Schenkung durch Vertrag zugunsten Dritter im Verhältnis zwischen Versprechensempfänger (Gläubiger) und Drittem (sog. Valutaverhältnis) nur vorliegt, wenn der zugewendete Gegenstand aus dem Vermögen des Versprechensempfängers stammt (vgl. Kollhosser in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl., §518 Rdnr. 6), wenn also die Bereicherung des Dritten auf einer Entreicherung des Versprechensempfängers beruht, setzt §3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 eine Bereicherung des Begünstigten voraus, die aus dem Vermögen des Erblassers herrührt (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. September 1987 II R 122/85, BFHE 151, 82, BStBl II 1987, 861 i.V.m. dem Gutachten des Reichsfinanzhofs vom 21. Mai 1931 I D 1/30, RFHE 29, 137, 153); hieran fehlt es.
2. Die Sache ist spruchreif. Die gegen die Kläger ergangenen Einspruchsentscheidungen sowie die Änderungsbescheide vom 22. Oktober 1993 werden aufgehoben. Sie sind aus den zu 1. dargestellten Gründen fehlerhaft mit der Folge, daß die Erbschaftsteuerbescheide vom 20. Oktober 1993 wieder aufleben.
Fundstellen
Haufe-Index 302922 |
BFH/NV 1998, 1485 |
DStRE 1998, 967 |
HFR 1999, 185 |