Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Auch Nichtgesellschafter können Empfänger von verdeckten Gewinnausschüttungen sein, die erlangten Vorteile aber nur über den ihnen nahestehenden Gesellschafter erhalten, dem die verdeckte Gewinnausschüttung steuerrechtlich zuzurechnen ist.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt nicht vor, wenn für die Vorteilsgewährung an die Gesellschafter betriebliche Gründe maßgebend waren und ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer die gleichen Vorteile auch Nichtgesellschaftern gewährt hätte.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Stammanteile der Revisionsklägerin (Stpfl.), einer GmbH, die einen Milchhof betreibt, gehören zu 24 v. H. der Stadt K. und zu 76 v. H. dem eingetragenen Verein der Milchlieferanten im Bezirk K. (Verein). Ende 1954 hat die Stpfl. beschlossen, für die Milchlieferanten eine Altersversorgung einzurichten. Danach sollten sich die Milchlieferanten der Stpfl. gegenüber vom 50. Lebensjahr an verpflichten, einen Einmalbetrag von 1.000 DM oder von 500 DM und monatliche Beiträge von 20 DM oder von 10 DM auf ein Sonderkonto zu überweisen. Die Stpfl. stellte dafür außer den Zinsen von 4 v. H. in Aussicht, dem Milchlieferanten, wenn er bei Erreichen des 65. Lebensjahres auf die Rückzahlung der angesammelten Beträge verzichtet, eine monatliche Rente von 100 DM oder von 50 DM - bzw. von 80 DM oder 40 DM, je nach dem, ob auch die Ehefrau des Milchlieferanten berechtigt werden sollte - zu entrichten. Da das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen die gewählte Form der Altersversorgung für genehmigungs- und aufsichtspflichtig erklärte, beschränkte sich die Stpfl. auf die Durchführung der schon zum Abschluß gebrachten Verträge, gegen deren Weiterbestehen Einwendungen nicht erhoben wurden. Nach diesen Verträgen sind ab 1955 an fünf Milchlieferanten, Mitglieder des Vereins, Renten entrichtet worden. Bei der im Jahre 1961 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß der Barwert der entrichteten Renten zu 55 bis 58 v. H. den Wert des angesammelten Sparbetrags überschreitet. Der Revisionsbeklagte (FA) hat den Teil der Renten, welcher nicht dem Sparbetrag entstammte, aber den Gewinn der Stpfl. gemindert hat, als verdeckte Gewinnausschüttung für die Empfänger der Renten angesehen und unter Abrechnung von den vorgetragenen Verlusten der Jahre 1955 bis 1958 und unter Minderung der Aufwendungen des Jahres 1959 (Streitjahr) zur Körperschaftsteuer herangezogen.
Die Stpfl. bestritt, daß verdeckt Gewinne ausgeschüttet worden seien. Bei den Verträgen habe ein echter Leistungsaustausch auf Grund eines schuldrechtlichen Vertrages stattfinden sollen und die Finanzierung der Altersversorgung habe - insgesamt gesehen - per Saldo kein Opfer der Stpfl. darstellen können. Auch Nichtvereinsmitglieder seien bei gleichen Bedingungen (Ansparpflicht, Erbringung bestimmter Milchlieferungsleistungen) in die Altersversorgung einbezogen gewesen.
Die Stpfl. habe in Anbetracht der Marktsituation zwecks Ausnutzung der Kapazität ihres modernen, kostspieligen und technischen Betriebes inmitten des Stadtgebietes um die Zulieferung von hinreichenden Milchmengen sehr besorgt sein und deshalb Mittel und Wege finden müssen, um die Landwirte zu einem besonders treuen und zuverlässigen Verhalten hinsichtlich ihrer Milchlieferungen zu bringen. Die Aufwendungen zur Erreichung dieses Zieles seien betriebsnotwendig und daher Betriebsausgaben.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die als Revision zu behandelnde Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß verdeckte Gewinnausschüttungen vorliegen, wenn die Körperschaft Gesellschaftern oder den Gesellschaftern nahestehende Personen Vorteile gewährt, welche ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer dritten Personen nicht gewähren würde. Es ist auch unbestreitbar, daß im vorliegenden Falle die Empfänger der in Rede stehenden Renten der Stpfl. nahestehen, da sie Mitglieder des Vereins sind, der 76 v. H. der Anteile an der Stpfl. besitzt. Der Vorentscheidung kann aber nicht darin beigetreten werden, daß auch Milchlieferanten, die nicht Mitglieder des Vereins sind, den Gesellschaftern der GmbH nahestehende Personen wären. Im Urteil I 325/61 S vom 25. Oktober 1963 (BFH 78, 46, BStBl III 1964, 17) hat der erkennende Senat entschieden, daß zwar Nichtgesellschafter Empfänger von verdeckten Gewinnausschüttungen sein können, diese die erlangten Vorteile aber nur über den ihnen nahestehenden Gesellschafter erhalten können, dem die verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen ist; denn einkommensteuerrechtlich können Kapitaleinkünfte nur jemanden zugerechnet werden, der an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die Nichtmitglieder des Vereins stehen aber weder der Stadt noch dem Verein so nahe, daß eine Ausschüttung an einen dieser beiden Gesellschafter fingiert und angenommen werden könnte, daß einer der Gesellschafter den Vorteil an die Nichtmitglieder des Vereins weitergegeben hätte. Milchlieferanten, die nicht Mitglieder des Vereins sind, sind darum für die Gesellschafter fremde Dritte.
Die Vorinstanz hat zutreffend die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen an die Voraussetzung geknüpft, daß Vorteile der streitigen Art dritten Personen nicht gewährt würden. Die Stpfl. trägt vor, daß alle Milchlieferanten bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen die Möglichkeit hatten, in den Genuß der Rente zu kommen; dieser Vortrag stimmt mit dem zu den Akten gereichten "Vertragsangebot" überein, wonach Angesprochene und Vertragspartner die Milchlieferanten ohne Unterschied der Vereinszugehörigkeit sind. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, daß das Rentenversprechen einer Bindung der Milchlieferanten an die Stpfl. und die Einzahlung der Berechtigten der Ansammlung von Finanzierungsmitteln dienen sollte. Die Zahlungen an die Rentenempfänger verfolgen darum keine außerbetrieblichen, sondern betriebliche Zwecke, die der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung widersprechen. In der Zahlung der Renten kann darum eine Ausschüttung von Gewinnen nicht gesehen werden.
Die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und der Körperschaftsteuerbescheid 1959 sind aufzuheben.
Fundstellen
Haufe-Index 412756 |
BStBl III 1967, 791 |
BFHE 1968, 134 |
BFHE 90, 134 |
BB 1967, 1469 |
DB 1967, 2143 |
DStR 1967, 782 |
StRK, KStG:6/1/2 R 134 |
NWB, F. 4 S.1025 Nr. 48 |
BFH-N, Nr. 15 zu |