Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedeutung einer entgeltlich eingeräumten Verkaufszusage für die Einkunftserzielungsabsicht - Unterschrift der Berufsrichter ausreichend
Leitsatz (amtlich)
Zahlt der Erwerber einer Immobilie ein Entgelt dafür, daß sich der Verkäufer verpflichtet, innerhalb eines Zeitraums, in dem planmäßig nur ein Werbungskostenüberschuß erzielt wird, auf Verlangen des Erwerbers den Verkauf der Immobilie zu einem Betrag zu vermitteln, der dem vom Erwerber aufgewandten Kaufpreis entspricht, so ist regelmäßig davon auszugehen, daß der Erwerber im Zeitpunkt der Anschaffung noch nicht entschlossen ist, die Immobilie langfristig zur Erzielung von Einkünften zu nutzen.
Orientierungssatz
Ist die Entscheidung des FG ordnungsgemäß von den an der Entscheidung beteiligten Berufsrichtern unterschrieben, leidet sie nicht an einem Verfahrensmangel i.S.d. § 119 Nr.6 FGO (vgl. BFH-Beschluß vom 19.8.1986 IV R 55/86).
Normenkette
EStG 1986 § 2 Abs. 1 Nr. 6, § 9 Abs. 1 S. 1, § 21; FGO §§ 76, 119 Nr. 6
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, hatten im Jahre 1986 (Streitjahr) eine Eigentumswohnung erworben. Ausweislich des notariell beurkundeten Kaufvertrages hatte die Verkäuferin, eine Wirtschaftsberatungsgesellschaft, neben der Vermittlung der Zwischen- und Endfinanzierung sowie einer Vermietungsgarantie auch die Verpflichtung übernommen, die Eigentumswohnung innerhalb von fünf Jahren auf Verlangen der Kläger zu dem von diesen entrichteten Kaufpreis zu vermitteln; von dem in vollem Umfang fremdfinanzierten Kaufpreis entfiel ein Anteil von 2 v.H. auf diese Verkaufszusage.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger für die --ab 1987 vermietete-- Wohnung vorab entstandene Werbungskosten von 33 106 DM geltend, die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht unberücksichtigt ließ.
Die daraufhin erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Aufgrund der entgeltlich erworbenen Verkaufszusage spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß die Kläger sich beim Erwerb der Eigentumswohnung zumindest noch nicht endgültig entschlossen hätten, durch eine langfristige Vermietung der Wohnung positive Einkünfte zu erzielen; diesen Anscheinsbeweis hätten die Kläger nicht entkräftet.
Mit der Revision beanstanden die Kläger zunächst, das angefochtene Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr.6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), da es nicht von den an der Entscheidung beteiligten Richtern unterschrieben worden sei. Darüber hinaus rügen die Kläger einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 76 FGO) und eine Verletzung des § 9 Abs.1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 1989 den Einkommensteuerbescheid 1986 dahingehend zu ändern, daß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten von 33 106 DM berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 FGO).
1. Die Vorentscheidung leidet nicht an einem Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr.6 FGO. Das angefochtene Urteil ist ordnungsgemäß von den an der Entscheidung beteiligten Berufsrichtern (vgl. hierzu Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. August 1986 IV R 55/86, BFH/NV 1987, 722) unterschrieben worden.
2. Auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 FGO) ist unbegründet. Insoweit sieht der Senat gemäß Art.1 Nr.8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs von einer Begründung ab.
3. Die Vorinstanz hat schließlich zutreffend entschieden, daß die geltend gemachten Werbungskosten mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht zu berücksichtigen sind.
a) Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Aufwendungen erst dann als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sich anhand objektiver Umstände feststellen läßt, daß der Steuerpflichtige den Entschluß, Einkünfte aus einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefaßt hat (Senatsurteil vom 9. Februar 1993 IX R 42/90, BFHE 171, 45, BStBl II 1993, 658 m.w.N.). Die Feststellungslast für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige (Senatsurteil vom 15. September 1992 IX R 15/91, BFH/NV 1994, 301 m.w.N.).
Nach den Senatsentscheidungen vom 14. September 1994 IX R 71/93 (BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116) und IX B 97/93 (BFHE 175, 541) stellen ein im Rahmen eines Bauherren- oder Ersterwerbermodells einem Anleger erteiltes Rückkaufangebot oder eine Verkaufsgarantie dann ein Indiz gegen das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht dar, wenn sie für einen Zeitraum gelten, in dem planmäßig nur ein Werbungskostenüberschuß erzielt wird und das Rückkaufangebot oder die Verkaufsgarantie entweder auf Wunsch des Anlegers abgegeben worden sind oder aber nach den gesamten Umständen davon auszugehen ist, daß das Angebot oder die Garantie für die Investitionsentscheidung des Anlegers bedeutsam waren.
Von einer solchen Bedeutsamkeit eines Rückkaufangebotes oder einer Verkaufsgarantie für die Investitionsentscheidung ist jedenfalls dann auszugehen, wenn hierfür ein Entgelt zu entrichten ist; denn ein Anleger wird nur dann zur Zahlung eines Entgeltes bereit sein, wenn nach seiner Vorstellung die Möglichkeit einer Inanspruchnahme des betreffenden Angebotes oder der Garantie in Betracht kommt.
Eine solche Indizwirkung ist indes nicht nur auf Rückkaufangebote oder ausdrücklich übernommene Verkaufsgarantien und auch nicht nur auf die Fälle der Beteiligung an Bauherren- oder Erwerbermodellen beschränkt. Vielmehr kann sich bei jeglichem Erwerb einer Immobilie ein Anzeichen für eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht daraus ergeben, daß der Erwerber ersichtlich die Kaufentscheidung davon abhängig macht, daß ihm durch den Verkäufer oder auch einen Dritten die Möglichkeit eingeräumt wird, sich ohne Schwierigkeiten und ohne größere Verluste innerhalb eines Zeitraums wieder von der Immobilie zu trennen, in dem planmäßig nur Werbungskostenüberschüsse erzielt werden. Es ist dann Sache des Immobilienerwerbers, darzulegen und ggf. zu beweisen, daß er entgegen diesem, gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechenden Anzeichen das Objekt langfristig vermieten und positive Einkünfte erzielen wollte.
Die Feststellung, ob der Steuerpflichtige die Einkünfteerzielungsabsicht hatte oder nicht, ist Sache der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Das Revisionsgericht kann die Feststellungen der Tatsacheninstanz nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Die Schlußfolgerungen des FG haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (§ 118 Abs.2 FGO).
b) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall erweist sich die Vorentscheidung als zutreffend. Das FG hat zu Recht angenommen, der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, daß die Kläger sich beim Erwerb der Eigentumswohnung zumindest noch nicht endgültig entschlossen hatten, langfristig positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen; denn es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß nur derjenige bereit ist, für eine derartige Zusage ein Entgelt zu zahlen, der auch die Möglichkeit in Betracht zieht, von dieser Zusage Gebrauch zu machen. Dies gilt um so mehr, wenn --wie im Streitfall-- der betreffende Erwerber als einziger unter mehreren eine solche Zusage erhält. Entgegen der Darstellung der Kläger ist auch davon auszugehen, daß die Verkaufszusage für die Kläger einen wirtschaftlichen Wert darstellte. Abgesehen davon, daß die Kläger andernfalls nicht bereit gewesen wären, für die Zusage einen Geldbetrag zu zahlen, gewährleistete die Zusage der Verkäuferin den Klägern insofern eine risikolose Investitionsentscheidung, als die Verkäuferin sich verpflichtete, einen Verkauf der Wohnung zu einem mindestens dem gesamten von den Klägern aufgewendeten Kaufpreis (einschließlich der Nebenkosten) entsprechenden Betrag zu vermitteln.
Ferner ist auch die Beurteilung des FG, der Anscheinsbeweis einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht sei von den Klägern nicht widerlegt worden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Weder die Art der Finanzierung noch die Möglichkeit des mit einer Veräußerung der Eigentumswohnung verbundenen Verlustes auf der Vermögensebene sprechen denknotwendig für eine beabsichtigte langfristige Vermietung; den von den Klägern geltend gemachten wirtschaftlichen Nachteilen bei einer Veräußerung innerhalb der zugesagten Verkaufsfrist müssen die beabsichtigten steuerlichen Vorteile aus der Berücksichtigung erheblicher Werbungskostenüberschüsse gegenübergestellt werden.
Schließlich widerspricht es weder den Denkgesetzen noch allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das FG der Tatsache, daß die Kläger letztlich von der Verkaufszusage keinen Gebrauch gemacht haben, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat; denn es ist mangels entsprechender Nachweise der Kläger nicht auszuschließen, daß sich der Entschluß, die Verkaufszusage nicht in Anspruch zu nehmen, erst zu einem späteren, nach dem Streitjahr liegenden Zeitpunkt gebildet hat.
Fundstellen
Haufe-Index 65525 |
BFH/NV 1995, 44 |
BStBl II 1995, 462 |
BFHE 177, 95 |
BFHE 1996, 95 |
BB 1995, 911 |
BB 1995, 911-912 (LT) |
DB 1995, 906-907 (LT1) |
DStR 1995, 640-641 (KT) |
DStZ 1995, 406 (KT) |
HFR 1995, 382 (LT) |
StE 1995, 282-283 (K) |