Leitsatz (amtlich)
Gegenleistung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG und Kaufpreis im Sinne des § 433 Abs. 2 BGB sind die Leistungen, zu denen sich der Käufer dem Verkäufer gegenüber als Gegenleistung verpflichtet; die Bewertung dieser Gegenleistung hängt nicht davon ab, was die Vertragschließenden unabhängig davon als Gegenleistung bezeichnen.
Normenkette
GrEStG § 11 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 433 Abs. 2; BewG a.F. § 16 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin hat ein Grundstück gekauft. Im Vertrag war der Kaufpreis mit 126 500 DM angegeben. Unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernahm die Klägerin Verbindlichkeiten in Höhe von 77 497,76 DM. Der Rest sollte „in Form einer lebenslänglichen Rente, welche nach versicherungs-mathematischen Grundsätzen berechnet wurde und welche monatlich 365,26 DM beträgt”, beglichen werden. Die Rente sollte sich später in dem Verhältnis ändern, in dem sich das Beamtengehalt einer bestimmten Besoldungsgruppe ändert. Für den Fall, daß der damals 55jährige Verkäufer vor Ablauf von drei Jahren sterben sollte, hätte die Klägerin zwei Drittel des Betrags zu zahlen gehabt, der sich ergibt, wenn man die Summe der bis zum Tode des Verkäufers bezahlten Renten vom Restkaufpreis von 49 002,24 DM abzieht. Entsprechendes galt für den Fall, daß der Käufer später vor Ablauf von sechs Jahren sterben sollte, hinsichtlich eines Drittels des Restes.
Das Finanzamt (FA) hatte die Grunderwerbsteuer zunächst aus 126 500 DM zuzüglich des Werts eines dem Verkäufer vorbehaltenen Wohnrechts angesetzt. Nach Beanstandung des Landesrechnungshofs hat es den Steuerbescheid berichtigt. An Stelle des Betrags von 126 500 DM hat es nunmehr die übernommenen Verbindlichkeiten von 77 497,76 DM und (außer dem Wert des Wohnrechts von 5 040 DM) den gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 7 BewG a. F. errechneten Kapitalwert der Rente mit 52 597,44 DM angesetzt. Zugleich hat es den Bescheid im Hinblick auf die Wertsicherungsklausel für vorläufig erklärt.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Rente sei nur eine Form für die Zahlung eines Teils des festen Kaufpreises von 126 500 DM; dieser sei daher der Besteuerung zugrunde zu legen. Das FA hat ihren Einspruch, das Finanzgericht (FG) die Berufung zurückgewiesen. Das FG hat die Rb. zugelassen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Nr. 3 AO waren erfüllt. Die Berichtigung besteht sachlich zu Recht. Der berichtigte Bescheid hätte jedoch nicht zu Lasten der Klägerin für vorläufig erklärt werden dürfen.
Besteuerungsgrundlage ist die Gegenleistung (§ 10 Abs. 1 GrEStG), beim Kauf (§ 433 BGB, § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) – unbeschadet der Hinzurechnungsvorschriften des § 11 Abs. 2 und 3 GrEStG – der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Insoweit ist der – zutreffend berechnete – Ansatz des Wohnungsrechts außer Streit. Streitig ist allein, ob der Berechnung der im Vertrag benannte Kaufpreis oder die auf Grund des Vertrags tatsächlich zu erbringenden Leistungen – die Rente in der in § 16 Abs. 2 BewG vorgesehenen Bewertung – zugrunde zu legen sind.
Das Zweitgenannte trifft zu. Maßgebend ist nicht, was die Vertragschließenden als Gegenleistung bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sich der Käufer dem Verkäufer gegenüber als Gegenleistung verpflichtet. Das gilt nicht nur in grunderwerbsteuerrechtlicher Beziehung; das Grunderwerbsteuerrecht folgt insoweit vielmehr dem bürgerlichen Recht. Auch für dieses ist der benannte Preis von 126 500 DM nur Berechnungsgrundlage; Kaufpreis im Sinne des § 433 Abs. 2 BGB sind dagegen die Leistungen, zu denen sich der Käufer dem Verkäufer gegenüber verpflichtet.
Anzusetzen waren somit außer dem Wert des Wohnungsrechtes der unbeanstandet richtig angesetzte Wert der übernommenen Verbindlichkeiten und der Wert der übernommenen Rente. Die Letztgenannte war auf Grund des § 16 Abs. 2 BewG a. F. zu kapitalisieren. Die Anwendung dieser Bewertungsvorschrift ist vom Willen der Vertragschließenden unabhängig. Sie ist nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil die Vertragschließenden einen anderen Kapitalisierungsfaktor zugrunde gelegt haben oder in der Rente nur den Ausdruck einer Ratenzahlung des gedachten Kaufpreises sehen wollten.
Dieses Ergebnis wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Berechnung der Zuzahlungen, die bei früherem Ableben des Verkäufers zu erbringen sind, wiederum aus einem „Kaufpreis” von 126 500 DM abgeleitet ist. Dieser ist auch dort nur Berechnungsfaktor. Zur Verrechnung dieser Beträge im Falle des § 16 Abs. 3 BewG ist hier nicht Stellung zu nehmen.
Die Revision der Klägerin, welche sich gegen die Höhe der festgesetzten Steuer wendet, war somit als unbegründet zurückzuweisen. Jedoch war die zu ihren Lasten verfügte Vorläufigkeit (§ 100 Abs. 1 AO) der berichtigten Veranlagung (§ 222 Abs. 1 Nr. 3 AO) aufzuheben. Wie in den Urteilen II 166/63 vom 14. November 1967 (BFH 90, 241) und II R 27/67 vom 14. November 1967 (BFH 90, 245) des näheren dargelegt ist, hat die beamtengehaltsbezogene Wertsicherungsklausel einer im Kaufvertrag vereinbarten lebenslänglichen Rente keinen Einfluß auf deren Bewertung an dem für die Grunderwerbsteuer maßgebenden Stichtag und berechtigt auch nicht zur nachträglichen Erhöhung der Grunderwerbsteuer.
Fundstellen
Haufe-Index 600713 |
BFHE 1968, 130 |