Leitsatz (amtlich)
Vermietet der Gesellschafter einer Personengesellschaft einem Dritten ein Gebäude, damit dieser es der Gesellschaft zur betrieblichen Nutzung überläßt, so ist das Gebäude Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters.
Normenkette
EStG1967 § 15 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die klagende OHG (Klägerin) unterhält als Handelsvertreterin ein technisches Außenbüro für die X-GmbH. Sie hat zwei Gesellschafter, die Beigeladenen. Zwischen der GmbH und der Klägerin besteht ein Agenturvertrag. Danach werden die Geschäftsräume von der GmbH angemietet und der Klägerin zur Verfügung gestellt; im Innenverhältnis übernimmt die Klägerin die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag. Auch die Einrichtung des Büros und der zugehörigen Werkstatt sowie der Materialbestand sind Eigentum der GmbH.
Im Jahre 1964 zeichnete sich ab, daß das von der GmbH unterhaltene Mietverhältnis über die bisher von der Klägerin genutzten Räume auslaufen werde. In diesem Jahr erwarben die Beigeladenen gemeinsam das Erbbaurecht an einem Grundstück. In einer als Gesellschaftsvertrag bezeichneten Vereinbarung verpflichteten sie sich gegenseitig, auf dem Erbbaugrundstück in Einvernehmen mit der GmbH ein Geschäftsgebäude zu errichten und hierin den Betrieb der Klägerin unterzubringen; ein kleinerer Teil des Gebäudes sollte anderweit vermietet werden. Dementsprechend wurden 75 v. H. der Nutzfläche an die GmbH, der Rest an ein anderes Unternehmen vermietet. Der Mietvertrag ist 1964 zwischen der GmbH (Mieter) und der Klägerin (Vermieter) abgeschlossen worden, in ihm verpflichtete sich die GmbH, der Klägerin ein Aufbaudarlehen von 60 000 DMzu gewähren. Im Jahre 1969 wurde der Vertrag dahin berichtigt, daß Vermieterin die aus den Beigeladenen bestehende Grundstücksgemeinschaft sei. In den an die GmbH vermieteten Räumen unterhält die Klägerin seit 1965 ihren Gewerbebetrieb. Die GmbH hat die Klägerin mit den von ihr erbrachten Mietzahlungen belastet. Die Klägerin hat die Belastung als Betriebsausgabe behandelt. Das Vermietungsergebnis (Mietzahlungen der GmbH abzüglich anteiliger Gebäudeaufwendungen) haben die Beigeladenen jeweils mit Hilfe einer Sonderbilanz und einer Sondergewinn- und Verlustrechnung zum Abschluß der Klägerin ermittelt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hat das Ergebnis in die einheitlichen Gewinnfeststellungen für die Klägerin und ihre Gesellschafter einbezogen.
Anläßlich einer Betriebsprüfung im Jahre 1969 verlangte die Klägerin, das Gebäude in vollem Umfang als Privatvermögen der Beigeladenen zu behandeln und das Vermietungsergebnis in den einheitlichen Gewinnfeststellungen 1965 bis 1968 außer Betracht zu lassen. Das FA folgte diesem Verlangen nicht. Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß der von der Klägerin benutzte Gebäudeteil notwendiges Sonderbetriebsvermögen ihrer Gesellschafter gewesen sei.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das angefochtene Urteil habe die rechtlichen Voraussetzungen für die Bildung von Sonderbetriebsvermögen verkannt. Hierunter falle nur Vermögen, das ein Gesellschafter seiner Gesellschaft unmittelbar zur Nutzung überlassen habe. Die Beigeladenen hätten das Grundstück aber an die GmbH vermietet; erst diese habe der Klägerin die Nutzung ermöglicht. Damit diene das Grundstück nur mittelbar dem Betrieb der Klägerin. die Mietzahlungen könnten auch nicht als Sondervergütungen der Gesellschafter (§ 15 Nr. 2, 2. Halbsatz des Einkommensteuergesetzes - EStG -) angesehen werden; die Beigeladenen hätten die Zahlungen nicht von der Klägerin, sondern von der GmbH erhalten. Die GmbH habe ein eigenes Interesse am Mietvertrag. Sie trete auch sonst als Mieterin auf, um sich die Verfügungsgewalt über die Räume des Außendienstes zu sichern; damit solle erreicht werden, daß bei einem Wechsel der Vertreter die Außendiensttätigkeit ungehindert unter der bisherigen Anschrift fortgesetzt werden könne. Die Beigeladenen hätten mit der Vermietung des Gebäudes ihre wirtschaftliche Existenz absichern wollen; Mietvertrag und Agenturverhältnis seien nicht miteinander verknüpft gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet; mit dem FG ist davon auszugehen, daß das Ergebnis aus der Vermietung der von der Klägerin genutzten Räume zu den gewerblichen Einkünften der Beigeladenen gehört und im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung für die Klägerin zu erfassen ist.
1. Wer als Gesellschafter und Mitunternehmer an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt ist, hat gewerbliche Einkünfte in Höhe seines Anteils am Gesellschaftsgewinn (§ 15 Nr. 2, 1. Halbsatz EStG).
Außerdem gehören zu seinen gewerblichen Einkünften als Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebseinnahmen alle Aufwendungen und Erträge, die ihm selbst aus seiner Gesellschaftsbeteiligung erwachsen. Schließlich sind nach § 15 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG bestimmte Sondervergütungen der Gesellschaft gleichfalls als gewerbliche Einkünfte zu behandeln. Vermögen, das der Gesellschafter im Zusammenhang mit diesen Sondereinkünften einsetzt, wird bei ihm Sonderbetriebsvermögen und tritt neben seinen Anteil am Betriebsvermögen der Gesellschaft.
Im Streitfall hat das FG offengelassen. ob die Klägerin die von ihr genutzten Räume zunächst selbst an die GmbH vemietet hat oder ob die Beigeladenen als Miteigentümer des Gebäudes Vermieter waren. Diese Frage brauchte nicht entschieden zu werden, weil die Vermietung in dem einen wie dem anderen Fall zu gewerblichen Einkünften der Beigeladenen führen würde.
2. Hatte die Klägerin - wovon nach dem Wortlaut des Mitvertrages auszugehen ist - die Geschäftsräume an die GmbH vermietet und sie anschließend im Rahmen des Agenturverhältnisses zur Nutzung zurückerhalten, so hätten die Mieteinnahmen ihren Gewinn erhöht. Die Beigeladenen hätten in diesem Falle einen Teil ihres Gebäudes der Klägerin zur Weitervermietung an die GmbH überlassen und durch diese auf ihre Beteiligung an der Klägerin zurückgehende Maßnahme den Gebäudeteil zu Sonderbetriebsvermögen gemacht. Die Absetzungen für Abnutzung (AfA) und die übrigen Aufwendungen auf den Gebäudeteil wären Sonderbetriebsausgaben der Beigeladenen und im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung zu berücksichtigen.
3. An diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn - wie die Revision vorträgt - von vornherein die Beigeladenen Vermieter und Vertragspartner der GmbH waren. In diesem Fall wären die Mieterträge Sonderbetriebseinnahmen und die mit der Vermietung verbundenen Aufwendungen Sonderbetriebsausgaben der Beigeladenen.
Das ergibt sich allerdings, worauf die Revision zu Recht hinweist, nicht bereits aus § 15 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG. Danach gehören u. a. Vergütungen, die ein Gesellschafter für die Überlassung eines Wirtschaftsgutes von der Gesellschaft erhält, zu seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb. Im Streitfall sind die Mietzahlungen jedoch nicht von der Gesellschaft, d. h. der Klägerin, sondern von der GmbH, also einem Dritten, erbracht worden. Daß die GmbH nur vorgeschoben worden sei, um die Anwendung des § 15 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG zu verhindern und ein Fall der Steuerumgehung (§ 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -) vorliege, hat das FG nicht festgestellt. Vielmehr konnte die GmbH, wie die Klägerin vorträgt, ein eigenes Interesse am Mietvertrag haben, damit ihr Außendienst auch bei einer Beendigung des Agenturverhältnisses mit der Klägerin die bisherigen Geschäftsräume weiterbenutzen könne.
Der Revision ist auch einzuräumen, daß bei diesem Sachverhalt die Beigeladenen das Gebäude der Klägerin nicht selbst zur Nutzung überlassen haben. Damit sind aber die Ursachen nicht erschöpft, die die Vermietung zur gewerblichen Betätigung der Beigeladenen machen können. Vielmehr ist auch der Erfolg anderer Tätigkeiten des Gesellschafters, die er im Hinblick auf seine Gesellschaftsbeteiligung ausübt, als Sonderbetriebsergebnis neben seinem Gewinnanteil zu erfassen. Die Rechtsprechung hat Wirtschaftsgüter des Gesellschafters auch dann als Sonderbetriebsvermögen behandelt, wenn sie nicht im Betrieb der Gesellschaft verwendet werden, der Mitgliedschaft des Gesellschafters aber in anderer Weise dienen (Urteile des Bundesfinanzhofs BFH - vom 23. Juli 1975 I R 210/73 BFHE 117, 144, BStBl II 1976, 180; vom 13. Mai 1976 IVR4/75, BFHE 119, 256, BStBl II 1976, 617). Bei einer solchen Verknüpfung müssen auch Einnahmen, die dem Gesellschafter von dritter Seite zufließen, als Sonderbetriebseinnahmen behandelt werden (vgl. BFH-Urteile vom 15. Oktober 1975 I R 16/73, BFHE 117, 164, BStBl II 1976, 188; vom 9. Februar 1978 IV R 85/77, BFHE 126, 142, BStBl II 1979, 111). Auch Einnahmen und Ausgaben aus einem Mietverhältnis, das der Gesellschafter in ursächlichem Zusammenhang mit seiner Beteiligung mit einem Dritten begründet hat und das dieser Beteiligung dient, müssen daher als Sonderbetriebsergebnis bei seinen Einkünften aus der Beteiligung erfaßt werden.
Daß die Begründung von Mietverhältnissen mit Dritten betrieblich veranlaßt sein und dazu führen kann, daß die vermieteten Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen werden, ist insbesondere für die Vermietung an Arbeitnehmer des Betriebes angenommen worden (BFH-Entscheidungen vom 1. Dezember 1976 I R 73/74, BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315; vom 11. Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40). Aus ähnlichen Erwägungen hat die Rechtsprechung Geschäftsanteile an einer GmbH zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters einer Personengesellschaft gerechnet, wenn die GmbH der Personengesellschaft die wesentlichen Betriebsgrundlagen im Pachtwege überlassen hatte (BFH-Urteil vom 14. August 1975 IV R 30/71, BFHE 117, 44, BStBl II 1976, 88; vgl. auch BFHE 117, 164, BStBl II 1976, 188). Ähnlich liegt es im Streitfall.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG haben die Beigeladenen ihr Geschäftshaus von vornherein mit dem Ziel errichtet, darin den Betrieb der Klägerin unterzubringen. Diese Absicht haben sie bereits in der Vereinbarung erklärt, die sie vor Beginn des Bauvorhabens getroffen haben. Da die GmbH, wie die Revision hervorhebt, selbst als Mieterin der vom Außendienst genutzten Räume auftreten wollte, ließ sich dieses Ziel nur durch eine Vermietung der neugeschaffenen Räume an die GmbH verwirklichen. Das FG konnte deshalb annehmen, daß der Abschluß des Mietvertrages in Zusammenhang mit der von vornherein geplanten Verwendung des Gebäudes stand und daß die Beigeladenen nicht die Absicht hatten, das Haus an beliebige andere Interessenten zu vermieten. An diese mögliche und in sich widerspruchsfreie Tatsachenwürdigung ist das Revisionsgericht gebunden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Ob der Mietvertrag, wie das FG angenommen hat, in besonderem Maße nach den Bedürfnissen der Klägerin gestaltet worden ist oder, wie die Revision vorträgt, der GmbH die Rechtsstellung eines Zwischenvermieters mit eigener Verfügungsgewalt über die Mieträume und mit eigenem Vermietungsrisiko verschafft hat, kann auf sich beruhen. Auch wenn die von der Revision vertretene Auslegung und Würdigung des Mietvertrages zuträfe, hatten die Beigeladenen das Mietverhältnis mit der GmbH doch im Interesse ihrer Gesellschafterstellung und zur Stärkung ihrer Beteiligung an der Klägerin abgeschlossen. Durch die Eingehung dieses Mietverhältnisses verhalfen sie der Klägerin zu den für ihren Geschäftsbetrieb benötigten Räumlichkeiten, da die GmbH die Mieträume der Klägerin zur Nutzung überlassen sollte. Hierüber bestand zwischen der GmbH und den Beigeladenen Einigkeit. Daß der Agenturvertrag eine solche Verpflichtung nicht enthält, hat entgegen der Auffassung der Revision keine Bedeutung. Dieser Vertrag ist vor Errichtung des Neubaus abgeschlossen worden. Aus der Vereinbarung zwischen den Beigeladenen als Miteigentümern des Bauwerks und aus dem tatsächlichen Ablauf der Dinge ergibt sich, daß die GmbH die Mieträume nicht nach eigenem Ermessen vermieten, sondern der Klägerin zur Verfügung stellen sollte.
Die Klägerin benutzt die Räume nunmehr seit mehr als fünfzehn Jahren. Das Mietverhältnis zwischen ihren Gesellschaftern und der GmbH gewährleistet, daß diese Nutzungsmöglichkeit auch in Zukunft besteht. Es dient dadurch der gewerblichen Betätigung der Beigeladenen. Es macht im Ergebnis keinen Unterschied, ob der Gesellschafter seiner Gesellschaft Wirtschaftsgüter unmittelbar zur Nutzung überläßt oder sie an einen Dritten vermietet, der sie seinerseits der Gesellschaft überlassen soll; in beiden Fällen werden die Wirtschaftsgüter Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters. Die abweichende Meinung des FG Düsseldorf (Urteil vom 30. Juni 1975 IX 386/73 F, Entscheidungen der Finanzgerichte 1975 S. 576) und die Ausführungen von Felix/Streck (Deutsches Steuerrecht 1976 S. 243, 247f.) verkennen, daß für die Bildung von Sonderbetriebsvermögen die Verhältnisse beim Gesellschafter ausschlaggebend sind und dieser eine Förderung seiner Beteiligung mit der einen wie der anderen Gestaltung erreichen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 413543 |
BStBl II 1981, 314 |
BFHE 1981, 289 |