Leitsatz (amtlich)
1. Die Ermächtigung in § 122 Abs. 3, 123 BewG 1965 an die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung Zuund Abschläge bei der Ermittlung der Grundstückswerte in Berlin (West) vorzuschreiben, ist verfassungsgemäß.
2. Die daraufhin ergangene Durchführungsverordnung vom 2. September 1966 (BGBl I 1966, 555, BStBl I 1966, 887) über eine Ermäßigung um 20 v. H. der Grundstückswerte auf den 1. Januar 1964 für in Berlin (West) belegene bebaute Grundstücke ist rechtmäßig.
2. Bei der durch das Bewertungsgesetz 1965 und die Rechtsverordnung getroffenen besonderen Berlin-Regelung ist für eine Anwendung des § 82 Abs. 1 BewG 1965 wegen der Belegenheit des Grundstücks in Berlin (West) kein Raum.
Normenkette
BewG 1965: § 82 Abs. 1, § 122 Abs. 3, § 123
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im Oktober 1965 ein Berliner Mietwohngrundstück; am 1. Januar 1964 war der verstorbene Ehegatte der Beigeladenen Eigntümer des Grundstücks. Durch berichtigten Einheitswertbescheid (Hauptfeststellung) stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) gegenüber der Beigeladenen und dem Kläger den Einheitswert zum 1. Januar 1964 im Ertragswertverfahren fest. Es wurden von dem aus der Multiplikation der Jahresrohmiete mit dem vervielfältiger (§§ 79, 80 BewG 1965) ergebenden Wert (§ 82 Abs. 1 BewG 1965) 2 % des Gebäudewertanteils wegen behebbarer Baumängel abgezogen und der sich so ergebende Grundstückswert um die sogenannte Berlinermäßigung von 20 v. H. herabgesetzt. Der Kläger begehrte Herabsetzung des Einheitswerts, da der Vervielfältiger und eine nur 20 %ige Berlinermäßigung den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht würden. Nach erfolglosem Einspruch begehrte der Kläger mit der Klage einen Abschlag für Baumängel von 10 v. H. statt 2 v. H. und eine Berlinermäßigung von 50 % statt der gewährten 20 %. Die in § 122 Abs. 3 Nr. 2 BewG 1965 enthaltene Ermächtigung sei wegen nicht hinreichender Bestimmbarkeit verfassungswidrig. Außerdem sei die darauf beruhende Durchführungsverordnung vom 2. September 1966 (BGBl I 1966, 555, BStBl I 1966, 887) rechtswidrig, weil sie den Auftrag des Gesetzgebers, den Berliner Gegebenheiten durch entsprechende Ermäßigung Rechnung zu tragen, unzureichend erfülle. Bedingt durch die Lage der Stadt und durch die jahrzehntelange in Berlin besonders rigoros gehandhabte Mietpreisbindung könne der Berliner Hausbesitz höchstens mit der Hälfte des Verkehrswertes des Grundbesitzes im Bundesgebiet bewertet werden. Hierüber sei ein Sachverständigengutachten einzuholen.
Das FA hat aufgrund einer Besichtigung des Grundstücks nach Klageerhebung eine Wertminderung wegen Schäden von 9,72 %, aufgerundet 10 %, anerkannt, lehnte aber eine Erhöhung der Berlinermäßigung ab. Es beantragte demgemäß, den Einheitswert dementsprechend festzustellen, im übrigen die Klage abzuweisen.
Das FG gab der Klage teilweise statt; es stellte den Einheitswert des Grundstücks zum 1. Januar 1964 entsprechend dem Antrag des FA fest.
Es führte zur Begründung aus: Der Schadensabschlag sei in Übereinstimmung mit dem FA nach § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG 1965 mit 10 v. H. anzusetzen und führe zu einer Ermäßigung des Gebäudewertanteils. Der weitere Klageantrag auf eine Berlinermäßigung von 50 v. H. sei unberechtigt, da das FA zu Recht gemäß der Verordnung vom 2. September 1966 nur eine solche von 20 v. H. gewährt habe. Die Verordnung sei weder verfassungsnoch gesetzeswidrig und werde von der gesetzlichen Ermächtigung in § 122 Abs. 3 BewG 1965 gedeckt. Sie verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es lägen sachliche Gründe für die Differenzierung beim Berliner Grundbesitz vor. Die Ermächtigung der Bundesregierung sei in Art. 80 GG vorgesehen. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnung seien in § 122 Abs. 3 BewG 1965 ausreichend bestimmt, wie sich aus zahlreichen, im einzelnen bezeichneten Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)-Entscheidungen nachweisen lasse. Die Verordnung halte sich im Rahmen der Ermächtigung. Wie sich aus der vom FG eingeholten Auskunft des Senators für Finanzen Berlin vom 12. Februar 1972 ergebe, sei die Verordnung aufgrund sachlicher Erwägungen erlassen und die Höhe des Abschlages in § 1 der Verordnung nach sachlichen Untersuchungen bestimmt worden. Im übrigen könnte das Klagebegehren auch bei Rechtswidrigkeit der Verordnung keinen Erfolg haben. Nach der Rechtsprechung des BVerfG dürfe das Gericht dann zwar die Verordnung nicht anwenden, aber nicht anstelle des Gesetz- oder Verordnungsgebers einen Abschlag vom Grundstückswert bestimmen. Infolgedessen entfalle das vom Kläger begehrte Sachverständigengutachten über die Höhe des Berlin-Abschlages. Die volle Belastung des Klägers mit den Kosten beruhe auf § 135 Abs. 1, § 137 FGO, da der Kläger die den Schadensabschlag begründenden Tatsachen erst in der Klageschrift geltend gemacht habe.
Der Kläger legte Revision ein mit dem Antrag, die Sache unter Aufhebung der Vorentscheidung an das FG zurückzuverweisen, um ein Sachverständigengutachten über die Höhe des Berlin-Abschlages von 50 v. H. des Einheitswertes einzuholen. Zur Begründung führte er aus, die Durchführungsverordnung vom 2. September 1966 sei unwirksam. Der Verkehrswert des Berliner Grundbesitzes sei am Bewertungsstichtag nicht um 20 v. H. sondern um 50 v. H. niedriger gewesen als der Wert vergleichbarer Grundstücke in vergleichbaren Großtädten Westdeutschlands. Das FG habe durch die Ablehnung, hierüber ein Sachverständigengutachten einzuholen, gegen die Verfahrensgrundsätze der FGO verstoßen. In den §§ 122 Abs. 3, 123 BewG 1965 seien Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nicht ausreichend bestimmt. So hätte die Zweckrichtung ausdrücklich genannt werden müssen. Die nachgiebige Rechtsprechung des BVerfG über die Auslegung des Gesetzes stimme mit Art. 80 GG nicht überein. Des weiteren sei nicht deutlich, in welchen Fällen und in welchem Ausmaß Rechtsfolgen eintreten sollten. Die Zweckbestimmung begrenze keinesfalls das Ausmaß, das zumindest die obere und die untere Grenze festlegen müsse. Schließlich hätte aus sachlichen Gründen nicht die Bundesregierung für die Rechtsverordnung ermächtigt werden dürfen, sondern die für Berlin zuständige Landesregierung Berlin.
Bei Unterstellung der Verfassungsmäßigkeit des Ermächtigungsgesetzes sei die Rechtsverordnung rechtswidrig. Der zu geringe Abschlag stelle einen Ermessensmißbrauch dar und erfülle nicht den Auftrag des Gesetzgebers. Die eingeholte Auskunft des Berliner Senators für Finanzen vom 12. Februar 1972 habe er bereits früher laut einer abschriftlich beigefügten Kopie beanstandet. Zur Höhe des sachlich berechtigten Abschlages verlange er erneut das Gutachten eines Grundstückssachverständigen. Der spätere Abs. 4 des § 122 BewG 1965 bringe für die Richtigkeit des 20 %igen Abschlages bei Grundstükken keinen Beweis, sondern beweise eher das Gegenteil.
Bei Unwirksamkeit der Verordnung müsse das FG die Grundstückswerte aufgrund des § 82 Abs. 1 BewG 1965 ermäßigen. Es handele sich bei den Berliner Grundstükken um wertmindernde Umstände, die weder in der Höhe der Jahresrohmiete noch in der Höhe des Vervielfältigers berücksichtigt seien. Bei Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsvorschrift könne diese auch als unmittelbare oder analoge Rechtsgrundlage für einen Abschlag angesehen werden.
Die Beigeladene stellte keinen Antrag.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision, in deren Begründung der Kläger nicht die seiner Ansicht nach verletzte Rechtsnorm angegeben habe. Die Rüge eines Verstoßes gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen Art. 80 GG, sei unberechtigt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Der materielle Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die begehrte Berlinermäßigung in Höhe von 50 v. H. des nach dem Bewertungsgesetz ermittelten Grundstückswertes. Der mit der Klage ebenfalls geltend gemachte erhöhte Schadensabschlag wegen behebbarer Baumängel nach § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG 1965 ist vom FG in Übereinstimmung mit dem FA gewährt worden und nicht mehr Gegenstand des Verfahrens, da das FA Revision nicht eingelegt hat.
1. Die formale Rüge des FA, der Kläger habe entgegen § 120 Abs. 1 und 2 FGO in der Revisionsschrift die verletzte Rechtsnorm nicht angegeben, greift nicht durch. Die Revisionsbegründung läßt erkennen, daß der Kläger Verletzung des geltenden Rechts durch Anwendung der Verordnung vom 2. September 1966 in zweifacher Form geltend macht, nämlich Unwirksamkeit der Verordnung wegen mangelnder Ermächtigung in §§ 122 Abs. 3, 123 BewG 1965 und bei unterstellter Ermächtigung wegen der Rechtswidrigkeit der Verordnung selbst infolge ungenügender Höhe des Abschlages; außerdem wird die Nichtanwendung des § 82 Abs. 1 BewG 1965 auf Grundstücke in Berlin (West) beanstandet. Wenn auch die Revision die begehrte Herabsetzung des Einheitswerts nicht betragsmäßig beziffert, so ergibt doch die Revisionsbegründung das Begehren auf eine Berlinermäßigung um 50 v. H. statt der vom FA und vom FG gewährten Ermäßigung von nur 20 v. H. und damit auch eine entsprechende Herabsetzung des Grundstückseinheitswertes. Der Kläger hat materiell bei den §§ 122 Abs. 3, 123 BewG 1965 als Ermächtigungsgrundlage die Voraussetzungen des Art. 80 GG zum Erlaß der Verordnung vom 2. September 1966 bestritten, außerdem die Verordnung selbst ihrem Inhalt nach als rechtswidrig bezeichnet und die Nichtanwendung des § 82 Abs. 1 BewG 1965 beanstandet.
2. Die gerügten Rechtsverstöße liegen nicht vor. Die Verordnung vom 2. September 1966 ist rechtsgültig. § 1 der Verordnung geht dahin, bei Ermittlung der Einheitswerte auf der Grundlage der Wertverhältnisse vom 1. Januar 1964 bei den in Berlin (West) belegenen bebauten Grundstücken die nach §§ 78-94 BewG 1965 ermittelten Grundstückswerte um 20 v. H. zu ermäßigen. In Übereinstimmung mit dem FG, dessen Entscheidung veröffentlicht ist (EFG 1973, 10), hält der erkennende Senat sowohl die Ermächtigung in § 122 Abs. 3 in Verbindung mit § 123 BewG 1965 als auch die vom Verordnungsgeber getroffene Regelung für verfassungsgemäß.
a) Die Ermächtigung in § 122 Abs. 3 BewG 1965 wird den Erfordernissen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung müssen im Gesetz bestimmt werden. Aus der Ermächtigung muß für den Staatsbürger ersichtlich sein, in welchen Fällen und in welcher Richtung von der Ermächtigung Gebrauch gemacht und welchen Inhalt die Durchführungsverordnung haben wird. Wie der erkennende Senat in dauernder Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die u. a. auch vom FG zutreffend angeführten Entscheidungen des BVerfG ausgeführt hat, muß der Gesetzgeber zwar die Grenzen der für die Verordnung zu treffenden Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel sie dienen soll, braucht aber dabei Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nicht ausdrücklich im Gesetzestext zu bestimmen. Vielmehr gelten auch für die Interpretation von Ermächtigungsnormen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze. Es genügt, wenn sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung aus dem ganzen Gesetz ermitteln lassen (Beschluß des BVerfG vom 27. November 1962 2 BvL 13/61, BVerfGE 15, 153, 160, 161, unter Bezugnahme auf weitere BVerfG-Entscheidungen). Die erteilte Ermächtigung in § 122 Abs. 3, § 123 BewG 1965 genügt diesen Ansprüchen.
aa) Der Inhalt der Ermächtigung ergibt sich aus dem Wortlaut des § 122 Abs. 3 Nr. 2 BewG 1965 dahin, durch Rechtsverordnung im Hinbick auf die besonderen Verhältnisse am Grundstücksmarkt für den Grundbesitz in Berlin (West) Zu- und Abschläge bei der Ermittlung der Grundstückswerte in Berlin oder in örtlich begrenzten Teilen in Berlin (West) erforderlichenfalls nur für einzelne Grundstücksarten oder anderweitig bestimmte Gruppen von Grundstücken und Betriebsgrundstücken vorzuschreiben. Mit dieser Wortfassung ist der Inhalt für jeden Staatsbürger ausreichend umrissen, nämlich die besonderen Wertverhältnisse des Berliner Grundstücksmarkts bei Ermittlung der Grundstückswerte zu berücksichtigen. Damit ist neben dem Inhalt auch der Zweck der Ermächtigung ausreichend bestimmt. Nach dem Wortlaut des § 122 Abs. 3 BewG 1965, der Überschrift des Paragraphen "Besondere Vorschriften für Berlin (West)" und dem Gesamtinhalt des Bewertungsgesetzes 1965 ergibt sich eindeutig als Zweck und Inhalt der Ermächtigung die Berücksichtigung der besonderen Grundstücksverhältnisse in Berlin gegenüber den allgemein gültigen Grundsätzen für die Bewertung des Grundvermögens nach §§ 68 ff. BewG 1965 im übrigen Bundesgebiet.
bb) Das Ausmaß der Ermächtigung ist im Gesetzestext nicht bestimmt. Trotzdem ergibt sich, wie auch das FG zutreffend ausführt, sinngemäß die verfassungsmäßig erforderliche Begrenzung der vorgesehenen Rechtsverordnung aus den tatsächlich zu ermittelnden Wertunterschieden zwischen den Berliner Grundstücken und denen in der sonstigen Bundesrepublik. Nach der Rechtsprechung des BVerfG hat der Verordnungsgeber einen Gestaltungsraum innerhalb der ihm jeweils aufgrund des Art. 80 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen. In diesem Raum muß er nach dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG im wohlverstandenen Sinne der ihm erteilten Ermächtigung handeln und darf keine Differenzierung vornehmen, wenn sie über die Grenzen einer formell oder materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würde (Beschluß des BVerfG vom 23. Juli 1963 1 BvR 265/62, BVerfGE 16, 332, 338, 339).
Das bei den Akten befindliche Schreiben des Senators für Finanzen Berlin vom 12. Februar 1972 III D 2 - S 3010 - 1/66 zur Problematik des § 122 Abs. 3 BewG 1965 gibt genügend sachkundige Aufklärung darüber, daß eine zahlenmäßige Begrenzung des Ermächtigungsspielraumes des Verordnungsgebers durch den Gesetzgeber einerseits durch die Beschränkung einer Sonderregelung auf Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse am Grundstücksmarkt für den Grundbesitz in Berlin (West) nicht erforderlich, zum anderen auch technisch nicht möglich gewesen sei. Den Umstand, daß die Kaufpreisbildung in Berlin offenbar von der besonderen Gestaltung der politischen Lage in Berlin stark beeinflußt wird, habe der Schätzungsausschuß in seinem bis zum Jahre 1954/55 erarbeiteten Gutachten zur Vorbereitung der Einheitsbewertung des Grundvermögens hervorgehoben. Unter den besonderen Verhältnissen am Grundstücksmarkt für den Grundbesitz Berlin (West) sei nach der Entstehung und der Begründung des Bewertungsgesetzes 1965 die besondere Gestaltung der politischen Lage in Berlin zu verstehen. Ein Abschlag von 20 v. H. sei erforderlich und ausreichend, wie sich auch aus dem späteren Abs. 4 des § 122 BewG 1965 mit einer ebenfalls 20 %igen Ermäßigung für die Wirtschaftswerte der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft in Berlin (West) folgern lasse.
Der erkennende Senat hält diese sachkundigen Ausführungen für zutreffend, zumal auch die maßgeblichen Kommentare zum Bewertungsgesetz (z. B. Gürsching-Stenger, Bwertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar; Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz; Steinhardt, Bewertungsgesetz) die Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigung in den § 122 Abs. 3, 123 BewG 1965 überhaupt nicht in Zweifel ziehen.
b) Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG benennt in erster Linie die Bundesregierung als die Stelle, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigt werden kann. Wenn demgemäß die hier in Frage stehende Verordnung vom 2. September 1966 von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassen und im BGBl veröffentlicht wurde, ist die Beanstandung des Klägers, nicht die Bundesregierung, sondern die Berliner Landesregierung hätte ermächtigt werden und die Rechtsverordnung erlassen müssen, rechtlich unbegründet. Von der formalen Seite abgesehen, ist die Ermächtigung der Bundesregierung schon deshalb sachgerecht, da es sich um einen Ausgleich zwischen Berlin (West) und dem übrigen Bundesgebiet handelt.
3. Die Verordnung selbst ist rechtsgültig. Sie ist ordnungsgemäß erlassen und verkündet worden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung angegeben. Es ist bereits ausgeführt, daß die Verordnung sich im Rahmen der Ermächtigung hält. Der dem Verordnungsgeber verfassungsmäßig eingeräumte Ermessensspielraum ist mit dem Abschlag von 20 v. H. nicht verletzt, da sachliche Erwägungen und Ermittlungen tatsächlicher Art den Verordnungsgeber zu dieser Begrenzung veranlaßten. Der Kläger hat keine Rechtsgrundlage, aus anderer subjektiver Einstellung in Abweichung einer rechtsgültigen Regelung eine Ermäßigung von 50 v. H. zu verlangen.
Bei der durch das Bewertungsgesetz und die Rechtsverordnung getroffenen besonderen Berlinregelung ist für eine Anwendung des § 82 Abs. 1 BewG 1965 kein Raum, auch wenn außer den in Nr. 1 bis 3 genannten Beispielen die Lage eines Grundstücks zum Beispiel im Zonenrandgebiet ein wertmindernder Umstand sein könnte (so Gürsching-Stenger, a. a. O., § 82 BewG Anm. 9). Hier hat die spezielle Regelung den Vorrang vor allgemeinen Umständen, abgesehen davon, daß sich die vom Kläger behauptete besonders rigoros gehandhabte Mietpreisbindung bereits im Ertragswertverfahren ausgewirkt hat. Das vom Kläger verlangte Gutachten eines Grundstückssachverständigen darüber, ob die zum 1. Januar 1964 gezahlten Grundstückspreise für Berliner Grundstücke um 50 v. H. unter denen vergleichbarer westdeutscher Grundstücke lagen, ist für die Entscheidung somit bedeutungslos und daher nicht einzuholen.
Die Revision, die eine Erhöhung der Berlinermäßigung von 20 v. H. auf 50 v. H. erstrebt, ist daher unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 70870 |
BStBl II 1974, 398 |
BFHE 1974, 192 |