Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Sprachkurs in Südafrika als Werbungskosten
Leitsatz (NV)
Die im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu treffende Entscheidung, ob Aufwendungen für einen Lehrgang und für die damit verbundene Reise als Werbungskosten abziehbar sind, obliegt zwar in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht. In die erforderliche Gesamtwürdigung sind aber alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls einzubeziehen und zu beurteilen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1; AO § 90 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Streitig ist, ob Aufwendungen eines Bundeswehroffiziers für einen Englischkurs in Südafrika einkommensteuerlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im streitigen Veranlagungszeitraum 2000 bei der Bundeswehr als Zugführeroffizier tätig und studierte zugleich an der Hochschule der Bundeswehr in München Wirtschafts- und Organisationswissenschaften. Er hat den Studiengang als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Nach Ablauf seiner Dienstzeit im Juni 2003 ist er aus dem Dienst der Bundeswehr ausgeschieden und seitdem als Sicherheitsberater selbständig tätig.
In der Zeit vom 14. August bis 8. September 2000 nahm der Kläger an einem Englischsprachkurs in Kapstadt (Südafrika) teil. Hierfür machte er mit seiner Einkommensteuererklärung die hier streitigen Aufwendungen als Werbungskosten wie folgt geltend:
Flugschein |
1 129,34 DM |
Kursgebühren |
2 760,00 DM |
Übernachtungskosten 26 x 100 DM |
2 600,00 DM |
Verpflegungsmehraufwand 26 x 48 DM |
1 248,00 DM |
Trainingsgebühren |
__106,64 DM |
|
7 843,98 DM |
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ließ die Aufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug zu, weil u.a. die berufliche Veranlassung nicht durch Vorlage von weiteren Unterlagen nachgewiesen worden sei.
Die dagegen erhobene Klage war teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte Aufwendungen in Höhe von insgesamt 5 012,54 DM, nämlich für die Kursgebühren, für den Flugschein und für den Verpflegungsmehraufwand einkünftemindernd und wies im Übrigen die Klage ab. Es setzte für die beiden Reisetage mangels Benennung genauer Reisedaten keinen Verpflegungsmehraufwand an, kürzte für die übrigen Reisetage den Tagessatz für Verpflegungsmehraufwand um jeweils 20 v.H., da in den Kursgebühren das Frühstück enthalten war und berücksichtigte auch keine pauschalen Übernachtungskosten, weil auch diese in den Kursgebühren enthalten waren. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 29 abgedruckt.
Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die bisherigen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Schlussfolgerung und Gesamtwürdigung, dass die Aufwendungen des Klägers für den Englischkurs in Südafrika ganz überwiegend beruflich veranlasst gewesen seien.
1. § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) definiert Werbungskosten als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach der Rechtsprechung des BFH gehören hierzu auch Bildungsaufwendungen, sofern sie beruflich veranlasst sind (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; vom 22. Juli 2003 VI R 7/01, BFH/NV 2004, 174, und vom 4. November 2003 VI R 1/03, BFH/NV 2004, 483). Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368; in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 19. Februar 2004 VI R 135/01, BFHE 205, 220, BStBl II 2004, 958, und vom 5. August 2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225, BStBl II 2004, 1074, jeweils m.w.N.).
a) Aufwendungen für einen Lehrgang sind demnach dann als Werbungskosten abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Ob dies zutrifft, ist durch die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 10. April 2002 VI R 46/01, BFHE 198, 563, BStBl II 2002, 579 in Bezug auf die berufliche Veranlassung der Aufwendungen für einen Sprachkurs, m.w.N.).
b) Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist auch zu entscheiden, ob bei einem Fortbildungslehrgang, der nicht am Wohnort des Steuerpflichtigen stattfindet, neben den reinen Kursgebühren auch die Aufwendungen für die mit dem Lehrgang verbundene Reise als Werbungskosten abziehbar sind (vgl. BFH-Urteile vom 19. Dezember 2005 VI R 88/02, BFH/NV 2006, 730; vom 22. Juni 2006 VI R 61/02, BFHE 213, 566, BStBl II 2006, 782; vom 11. Januar 2007 VI R 8/05, Der Betrieb --DB-- 2007, 502).
Der vollständige Abzug dieser Reisekosten setzt voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist. Das ist dann der Fall, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 19. Dezember 2005 VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728, m.w.N.). Gleiches gilt, wenn die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 730, und vom 19. Dezember 2005 VI R 89/02, BFH/NV 2006, 934, jeweils m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen hält die Gesamtwürdigung des FG, die Aufwendungen für den Englischkurs und für die Reise als beruflich veranlasst anzuerkennen, revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Frage, ob Aufwendungen beruflich veranlasst sind, obliegt zwar in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. In die erforderliche Gesamtwürdigung sind jedoch alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls einzubeziehen und zu beurteilen. Diesen Anforderungen genügt die Würdigung des FG im Streitfall nicht.
a) Das FG legt seiner Würdigung im Wesentlichen den klägerischen Vortrag zugrunde, ohne dabei die schon im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren durch das FA vorgebrachten, im Klageverfahren weiter substantiierten und durch den Akteninhalt auch jeweils bestätigten Einwendungen aufzugreifen und in seine Würdigung einfließen zu lassen. Die Einwendungen des FA, dass der Kläger weder das Kursprogramm noch den Stundenplan der Sprachschule vorgelegt habe, dass erst nach zweieinhalb Jahren im finanzgerichtlichen Verfahren eine Teilnahmebestätigung der Schule und ein Stundenplan vorgelegt worden seien, dass dieser Stundenplan vom Kläger selbst gefertigt worden sei und dass Abrechnungen fehlten, werden in die Würdigung des FG nicht einbezogen. Das FA hat weiter auf den Umstand hingewiesen, dass die vom Kläger zum Nachweis der Zahlung vorgelegte Kopie des Kontoauszugs nicht mit dem Original übereingestimmt habe und daher der Verdacht einer versuchten Steuerhinterziehung bestehe. Aus den Akten ergibt sich, dass der im Kontoauszug enthaltene Textzusatz "und Übernachtung" in der Kopie abgedeckt worden war und der Kläger im Veranlagungsverfahren zunächst zusätzlich Übernachtungskosten in Höhe von 2 600 DM geltend gemacht hatte. Auch diese Umstände werden in die Würdigung des FG in keiner Weise einbezogen.
b) Der Senat kann im Streitfall dahinstehen lassen, ob es angesichts der objektiven Feststellungslast überhaupt ausreichen kann, die tatsächliche und dem Unterrichtsplan entsprechende Durchführung und den beruflichen Anlass einer insbesondere in das Ausland unternommenen Sprachreise allein durch von Steuerpflichtigen selbst gefertigte Erklärungen und Übersichten zu belegen. Denn jedenfalls dann, wenn --wie im Streitfall-- nicht nur objektive Beweismittel fehlen, sondern sich auch aus konkretem und substantiiertem Vortrag ergibt, dass begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit des klägerischen Vorbringens bestehen, entspricht eine das klägerische Vorbringen schlicht wiedergebende Würdigung nicht der Anforderung, alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls einzubeziehen und zu beurteilen.
c) Anlässlich seiner erneuten Entscheidung wird das FG bei der Prüfung und Beurteilung der Frage, ob der Kläger tatsächlich und im behaupteten Umfang an dem benannten Sprachkurs teilgenommen hatte, alle diese Umstände in seine Gesamtwürdigung einzubeziehen haben. Dabei wird auch zu beachten sein, dass aus § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO erhöhte Mitwirkungspflichten des Klägers hinsichtlich der gegebenenfalls weiter erforderlichen Aufklärung dieses Sachverhaltes infolge des Auslandsbezugs folgen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. Januar 2007 VIII B 180/05, BFH/NV 2007, 751; vom 15. Dezember 2005 IX B 131/05, BFH/NV 2006, 904).
Fundstellen
Haufe-Index 1726828 |
BFH/NV 2007, 1132 |
DStRE 2007, 818 |