Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungskosten sind Werbungskosten bei Ausbildungsdienstverhältnis
Leitsatz (NV)
Kosten für die Berufsausbildung sind dann als Werbungskosten und nicht nur als beschränkt abziehbare Sonderausgaben i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar, wenn die Berufsausbildung in der Weise Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, daß die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber ihn bezahlt, in der Teilnahme an den Berufsausbildungsmaßnahmen besteht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) trat im Jahre 1980 als Soldat auf Zeit für die Dauer von 12 Jahren in die Bundeswehr ein. Er wurde dort zum 1. Radartiefflugmelder, zum 1. Radarflugmelder und zum Radarflugmeldemeister ausgebildet.
Er wurde für den Zeitraum vom August 1990 bis März 1992 unter Fortzahlung seiner Bezüge vom militärischen Dienst befreit, um zum Verkehrsflugzeugführer ausgebildet zu werden.
Der Kläger begann seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer im März 1991 und schloß sie im Juli 1993 erfolgreich ab. Die über den Zuschuß des Dienstherrn hinausgehenden Kosten für diese Ausbildung machte er als Werbungskosten geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erkannte statt dessen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Sonderausgaben in Höhe von 1 200 DM an.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, daß es sich bei den Aufwendungen für die Flugausbildung um Ausbildungskosten und nicht um Kosten der Weiterbildung im ausgeübten Beruf handele. Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer baue nicht auf der Qualifikation als Radarflugmeldemeister auf. Der Kläger habe seine Berufsart geändert.
Der Kläger macht zur Begründung seiner Revision geltend, das FG habe nicht berücksichtigt, daß sich sein Dienstverhältnis in ein Ausbildungsdienstverhältnis umgewandelt habe, weil seine Bezüge für die Teilnahme an der Fachausbildung fortgezahlt worden seien.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer auf ... DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat nicht berücksichtigt, daß beim Kläger ein Ausbildungsdienstverhältnis vorlag.
1. Der Senat geht in Übereinstimmung mit der Vorinstanz davon aus, daß der Erwerb der Kenntnisse und Fähigkeiten, die zur Erlangung der Verkehrsflugzeugführerlizenz erforderlich waren, als berufliche Ausbildung des Klägers und nicht als berufliche Fortbildung zu beurteilen ist. Die Fachausbildung zum Verkehrsflugzeugführer baute nicht auf der erworbenen Qualifikation als Radarflugmeldemeister auf. Gegen diese Auffassung des FG wendet sich die Revision auch nicht.
2. Das FG hat aber nicht berücksichtigt, daß die Kosten für die Berufsausbildung unter dem Gesichtspunkt des Ausbildungsdienstverhältnisses als Werbungskosten (§ 9 EStG) bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 EStG) abgezogen werden können. Nach der Rechtsprechung des Senats können Kosten für die Berufsausbildung dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Berufsausbildung in der Weise Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, daß die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber ihn bezahlt, in der Teilnahme an den Berufsausbildungsmaßnahmen besteht. Diese Voraussetzungen hat der Senat beispielsweise bejaht, wenn Offiziere der Bundeswehr unter Fortzahlung ihrer Bezüge oder eines Ausbildungsgeldes ein Hochschulstudium absolvieren (Urteile vom 12. Dezember 1979 VI R 64/78, BFHE 129, 173, BStBl II 1980, 124; vom 7. November 1980 VI R 50/79, BFHE 132, 49, BStBl II 1981, 216; vom 28. September 1984 VI R 127/80, BFHE 142, 255, BStBl II 1985, 87) oder wenn ein Soldat auf Zeit an eine Bundeswehrfachschule abkommandiert ist, um die mittlere Reife zu erlangen (Urteil vom 28. September 1984 VI R 144/83, BFHE 142, 258, BStBl II 1985, 89).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall liegt ein Ausbildungsdienstverhältnis vor. Denn der Kläger ist von seinem Arbeitgeber unter Fortzahlung seiner Bezüge vom militärischen Dienst mit der Verpflichtung freigestellt worden, daß er an der Fachausbildung zum Verkehrsflugzeugführer teilnimmt.
Die Vorentscheidung ist von anderen Voraussetzungen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat bisher noch keine konkreten Feststellungen zur Höhe der vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten getroffen. Es wird dies im zweiten Rechtsgang nachholen müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 421425 |
BFH/NV 1996, 804 |