Leitsatz (amtlich)
1. Die Voraussetzungen, unter denen einem Steuerberater die Berechtigung verliehen werden kann, die Bezeichnung "Landwirtschaftliche Buchstelle" zu führen, sind in § 44 StBerG und § 43 Abs. 2 und 3 DVStB abschließend geregelt. Danach können fehlende Nachweise der erforderlichen Sachkunde nicht durch eine ergänzende mündliche Prüfung des Antragstellers ersetzt werden.
2. Haben die für die Landwirtschaft zuständige oberste Landesbehörde und die Steuerberaterkammer den Antragsteller im Rahmen des Anhörungsverfahrens einer ergänzenden mündlichen Prüfung unterzogen, so dürfen die Ergebnisse einer solchen Befragung bei der Entscheidung über die Sachkunde des Antragstellers nicht berücksichtigt werden.
Normenkette
StBerG § 44 Abs. 1, § 158 Nr. 4; DVStB § 43 Abs. 2-3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der als Steuerberater bestellte Kläger und Revisionskläger (Kläger) beantragte beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzministerium), ihm gemäß § 44 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) die Berechtigung zu verleihen, als Zusatz zur Berufsbezeichnung die Bezeichnung "Landwirtschaftliche Buchstelle" zu führen. Das Finanzministerium lud den Kläger zu einem Anhörungsgespräch, in dessen Verlauf der Kläger von einem Vertreter des Landwirtschaftsministeriums und einem Vertreter der Steuerberaterkammer in Anwesenheit eines Vertreters des Finanzministeriums über die in § 43 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) genannten Gebiete angehört wurde. In ihren Stellungnahmen erklärten die Vertreter der Steuerberaterkammer und des Landwirtschaftsministeriums, dem Antrag des Klägers könne nicht entsprochen werden. Das Finanzministerium lehnte daraufhin den Antrag ab. Es war der Auffassung, der Kläger habe die gesetzlich geforderte besondere Sachkunde nicht nachgewiesen.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Der Kläger legte gegen das Urteil des FG Revision ein.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Das angefochtene Urteil beruht auf unrichtiger Auslegung des § 44 Abs. 1 StBerG i. V. m. § 43 Abs. 2 und 3 DVStB.
a) Die Verleihung der Berechtigung, die Bezeichnung "Landwirtschaftliche Buchstelle" als Zusatz zur Berufsbezeichnung eines Steuerberaters zu führen, ist nach § 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG davon abhängig, daß der Steuerberater eine besondere Sachkunde auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Sinne des BewG nachweist. Für diesen Nachweis enthält § 43 DVStB nähere Bestimmungen, die in § 158 Nr. 4 StBerG eine ausreichende Rechtsgrundlage i. S. des Art. 80 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) finden. Der Nachweis ist nach § 43 Abs. 2 Satz 1 DVStB durch Darlegung genauer Angaben über den beruflichen Werdegang und über die bisherige berufliche Tätigkeit des Klägers sowie durch Vorlage von Zeugnissen und Bescheinigungen zu erbringen. Von dieser Rechtslage ist das FG ausgegangen.
Das FG hat auch zutreffend berücksichtigt, daß das Finanzministerium nach § 44 Abs. 1 Satz 2 StBerG im Benehmen mit dem Landwirtschaftsministerium als der für die Landwirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde und der Steuerberaterkammer als der für die berufliche Niederlassung des Klägers zuständigen Berufskammer über den Antrag des Klägers zu entscheiden hatte. Nach § 43 Abs. 3 DVStB war das Benehmen i. S. des § 44 Abs. 1 Satz 2 StBerG durch das Finanzministerium dadurch herzustellen, daß dieses dem Landwirtschaftsministerium und der Steuerberaterkammer den Antrag des Klägers und dessen Nachweise zur Stellungnahme zuleitete. Das Landwirtschaftsministerium und die Steuerberaterkammer konnten den Kläger mündlich anhören und ihre Stellungnahmen auf die Anhörung stützen (§ 43 Abs. 3 Satz 2 DVStB).
b) Das FG hat indes angenommen, das Landwirtschaftsministerium und die Steuerberaterkammer seien befugt gewesen, den Kläger im Rahmen der Anhörung in der Art einer mündlichen Prüfung zur Feststellung seiner Kenntnisse auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebieten zu befragen, und die Ergebnisse der Befragung hätten im Wege der Stellungnahmen der genannten Institutionen zur Grundlage der Entscheidung über den Nachweis der geforderten Sachkunde gemacht werden dürfen. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Wie der Nachweis der besonderen Sachkunde i. S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG zu führen ist, regelt allein die Vorschrift des § 43 Abs. 2 DVStB. Dafür spricht schon die Formulierung in ihrem Satz 1, nach der die besondere Sachkunde i. S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG in der hier bestimmten Form nachzuweisen "ist". Ihr ist zu entnehmen, daß die Beachtung der in § 43 Abs. 2 Satz 1 DVStB enthaltenen Bestimmung über den Nachweis zwingend vorgeschrieben ist und daß andere Nachweismöglichkeiten ausgeschlossen sind. Die Verfahrensvorschrift des § 43 Abs. 3 DVStB (vgl. § 158 Nr. 4 StBerG) kann somit nicht als Ergänzungsregelung über den Nachweis der Sachkunde angesehen werden.
Das ergibt sich auch aus der Regelung in § 43 Abs. 3 Satz 1 DVStB. Danach hat die verleihende Behörde der Landwirtschaftsbehörde und der Berufskammer, mit denen sie sich ins Benehmen zu setzen hat, neben dem Antrag die vom Antragsteller vorgelegten Nachweise zur Stellungnahme zuzuleiten. Diese Stellungnahmen kommen als "Nachweise" im Sinne dieser Vorschrift selbst nicht in Betracht, weil die vorliegenden Nachweise gerade Gegenstand der Stellungnahmen sein sollen. Die Regelung in § 43 Abs. 3 Satz 1 DVStB geht erkennbar davon aus, daß die Nachweise über die Sachkunde den Stellungnahmen vorgegeben sind, und zwingt auch deshalb zu der Schlußfolgerung, daß die Stellungnahmen nicht als Nachweis der Sachkunde angesehen werden können.
Daraus folgt weiter, daß auch die "Anhörung" i. S. des § 43 Abs. 3 Satz 2 DVStB oder deren Ergebnis nicht als Nachweis der Sachkunde dienen darf. Denn die Anhörung ist nach dieser Vorschrift nur als Stütze der Stellungnahme vorgesehen.
Dieses Ergebnis entspricht auch dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelungen in den Absätzen 2 und 3 des § 43 DVStB. Dem Absatz 2 ist zu entnehmen, daß es dem Antragsteller obliegen soll, den Nachweis über seine Sachkunde zu führen, und zwar dadurch, daß er gegenüber der verleihenden Behörde Angaben macht, aus denen hervorgeht, daß er die nach § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB erforderlichen Kenntnisse besitzt, und daß er entsprechende Zeugnisse und Bescheinigungen vorlegt. Das entspricht auch der Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG, nach der die Verleihung der Berechtigung zum Führen der Bezeichnung "Landwirtschaftliche Buchstelle" vom Nachweis der erforderlichen Sachkunde durch den Antragsteller abhängig ist. Auch diese Regelung läßt erkennen, daß der Antragsteller selbst durch entsprechende Darlegungen und mit den erforderlichen Unterlagen eine Entscheidung darüber ermöglichen soll, ob er die besondere Sachkunde besitzt.
c) Die Befragung des Antragstellers in der Art einer mündlichen Prüfung zur Ermittlung seiner Sachkunde im Rahmen der Anhörung nach § 43 Abs. 3 Satz 2 DVStB geht über das Ziel der Vorschrift hinaus und ist auch mit dem durch § 43 Abs. 2 DVStB verfolgten Zweck nicht vereinbar. Die Berücksichtigung der Ergebnisse von Befragungen der Art einer mündlichen Prüfung als Grundlage der Stellungnahmen und darüber hinaus bei der Entscheidung über den Nachweis der Sachkunde könnte nämlich zur Folge haben, daß die Befragungsergebnisse für die Entscheidung über die Sachkunde maßgebend würden. Das wäre mit der aufgezeigten gesetzlichen Nachweispflicht des Antragstellers für das Vorhandensein seiner besonderen Sachkunde vor allem dann nicht vereinbar, wenn das Vorbringen des Antragstellers einschließlich der von ihm vorgelegten Unterlagen einerseits und die Befragungsergebnisse andererseits zu einer unterschiedlichen Beurteilung des Nachweises der Sachkunde Anlaß geben würden, indem etwa nach dem Vorbringen des Antragstellers der Nachweis als erbracht anzusehen wäre, die Befragungsergebnisse aber gegen die Sachkunde sprächen.
Die Zulässigkeit einer Befragung der vorgenannten Art kann nicht damit gerechtfertigt werden, daß die Anhörung ohne die Möglichkeit einer solchen Befragung praktisch bedeutungslos würde. Eine Anhörung kann auch sinnvoll sein, um Unklarheiten zu beseitigen, die sich aus den Angaben des Antragstellers über seinen beruflichen Werdegang und seine bisherige berufliche Tätigkeit sowie aus den von ihm vorgelegten Zeugnissen und Bescheinigungen ergeben, ohne daß dabei die Kenntnisse des Antragstellers auf den für die Sachkunde maßgebenden Gebieten ermittelt werden.
2. Im Streitfall ist das FG im wesentlichen auf Grund der Stellungnahmen des Landwirtschaftsministeriums und der Steuerberaterkammer zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger die erforderliche Sachkunde nicht besitze. Entscheidend war, wie sich aus den Ausführungen des FG ergibt, das Ergebnis der Anhörung, die eine Art mündlicher Prüfung darstellte. Da aber, wie zu 1. bemerkt, das FG über die Klage auf der Grundlage der eigenen Darlegungen des Klägers und der von diesem geführten Nachweise und nicht auf Grund einer - im Gesetz nicht vorgesehenen - ergänzenden mündlichen Prüfung hätte entscheiden müssen, beruht das angefochtene Urteil auf einem Rechtsfehler. Es kann nicht unter dem Gesichtspunkt bestätigt werden, daß es sich etwa aus anderen Gründen als richtig darstelle (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Denn da ein wesentliches Element der tatsächlichen Würdigung des FG entfällt, bedarf es einer erneuten Prüfung des Antrags des Klägers unter Beachtung der zu 1. dargelegten rechtlichen Gesichtspunkte durch die Tatsacheninstanz. Die Vorentscheidung muß deshalb aufgehoben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 74859 |
BStBl II 1984, 119 |
BFHE 1984, 483 |