Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen eines häuslichen Arbeitszimmers
Leitsatz (NV)
1. Die Aufbewahrung privater Literatur und Kleidung in einem als häusliches Arbeitszimmer genutzten Raum ist nur dann steuerschädlich, wenn das Vorhandensein dieser Gegenstände auf eine mehr als nur untergeordnete private Mitbenutzung des Raumes schließen läßt.
2. Zum Werbungskosten-Abzug von ,,Fachliteratur".
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind für das Streitjahr 1984 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden. Der Kläger übt den Beruf eines Richters beim . . . gericht aus, während seine Ehefrau - die Klägerin - als Ärztin nichtselbständig tätig ist. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr hatten beide Ehegatten Werbungskosten für je ein häusliches Arbeitszimmer und darüber hinaus hatte der Ehemann noch Aufwendungen für Literatur als Werbungskosten geltend gemacht.
Diese Aufwendungen, auf die im einzelnen noch einzugehen sein wird, hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) jedoch nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen. Auch der insoweit erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.
Die von den Klägern bewohnte Wohnung hatte eine Größe von rd. 115 qm. Nach der von den Klägern vorgelegten Architektenzeichnung handelte es sich dabei um eine Dachgeschoßwohnung.
Das FA ließ die genannten Arbeitszimmer im Rahmen des Besteuerungsverfahrens durch einen Steuerhauptsekretär begutachten. Der Beamte stellte hinsichtlich des Arbeitszimmers des klagenden Ehemannes folgendes fest: Es habe eine Größe von 7,5 qm, was einem Wohnflächenanteil von 6,52 v. H. entspreche, und sei nur vom Flur aus zu erreichen. An Ausstattung habe es gehabt: Einen Schreibtisch, einen Stuhl, eine Schreibtischlampe, vier Standregale (21 Ablagen), ein Wandregal (6 Ablagen), ein zweitüriges Schränkchen, eine elektrische Schreibmaschine, einen großen zweitürigen Schrank, vier Gitarren und ein Banjo als Dekorationsgegenstände sowie einen kleinen Teppich und eine Deckenleuchte. An berufsfremden Gegenständen habe das Arbeitszimmer 10 Standregalablagen mit privaten Büchern und Fotoalben aufgewiesen. Der große zweitürige Schrank habe zu ca. 80 v. H. Kleidung enthalten. Außerdem seien in dem Schreibtisch noch zwei private Aktenordner gewesen. Ferner habe das Zimmer vier Wandregalablagen mit privater Literatur gehabt.
Das Arbeitszimmer der Ehefrau sei ebenfalls nur vom Flur aus zu erreichen gewesen und habe eine Größe von 9 qm gehabt, was einem Wohnanteil von 7,83 v. H. entsprochen habe. Eingerichtet sei es gewesen mit einem Schreibtisch, einem Stuhl, einer Stehlampe, einem Wandregal (4 große Ablagen), einem Sessel, einer Deckenleuchte und einem Beistelltischchen mit Topfpflanze. An berufsfremden Gegenständen habe sich in diesem Zimmer eine Liege befunden, die nach Erklärung der Klägerin von ihr für hypnotisches und autogenes Training benötigt werde.
Das FA hat im Einkommensteuerbescheid 1984 die Anerkennung der Aufwendungen für die beiden genannten Arbeitszimmer als Werbungskosten abgelehnt und auch eine vom Kläger vorgelegte Quittung mit der Bezeichnung ,,Fachliteratur" in Höhe von 9,80 DM nicht steuermindernd berücksichtigt. Dasselbe gilt auch für zwei weitere Werke. Bei dem einen zum Preis von 12 DM habe es sich um ein Buch von Gandhi und bei dem anderen um eine . . .gerichtsordnung zum Preise von 82 DM gehandelt.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wurde vom Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen, und zwar im wesentlichen - auch unter Berücksichtigung der von den Klägern vorgelegten Photographien der Arbeitszimmer - aus den Gründen des FA.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung der §§ 9 Abs. 1, 9 a und 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zudem rügen sie die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Sie beantragen, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils sowie unter teilweiser Aufhebung der Einspruchsentscheidung und Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids, weitere Werbungskosten in Höhe von . . . DM anzuerkennen, hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen, und zwar im wesentlichen aus den Gründen des FG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet, sie führt i. S. des § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung unter Beachtung nachstehender Ausführungen.
1. Entscheidungsreif ist der Rechtsstreit über die Aufwendungen der Klägerin für ihr Arbeitszimmer als Werbungskosten dem Grunde nach.
Das FG geht zutreffend davon aus, daß die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann als Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 EStG anzuerkennen sind, wenn feststeht, daß das Zimmer so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke benutzt wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Januar 1966 VI 92/64, BFHE 85, 18, BStBl III 1966, 219). Es hat auch nicht in Zweifel gezogen, daß die Kläger über genügend anderen Wohnraum verfügen und demzufolge den Platz für die beiden Arbeitszimmer zur Verfügung hatten. Zu Unrecht geht das FG jedoch davon aus, daß das Vorhandensein einer Liege im Arbeitszimmer der Klägerin nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG dem Werbungskostenabzug entgegenstehe. Der Senat hat erst kürzlich durch Urteil vom 18. März 1988 VI R 27 /85 (BFH / NV 1988, 773) entschieden, daß eine im Arbeitszimmer vorhandene Liege nicht dessen Zweckbestimmung ändert, sofern sie dazu benutzt wird, um sich im Liegen auf die Arbeit zu konzentrieren, Akten zu lesen, Urteile zu diktieren und sich zwischen diesen Arbeiten auszuruhen. Die genannte Entscheidung betrifft zwar einen Richter, für die Klägerin als Fachärztin für . . . kann jedoch nichts anderes gelten.
Da das FG - von seinem Standpunkt aus zu Recht - die Höhe der Aufwendungen nicht festgestellt hat, wird es das nunmehr nachholen und bei der Steuerbemessung berücksichtigen müssen.
2. Auch die Versagung des Werbungskostenabzugs hinsichtlich des Arbeitszimmers des Ehemannes ist durch die bisherigen Feststellungen des FG nicht gerechtfertigt, insbesondere kann der Vorinstanz nicht darin beigepflichtet werden, daß die von einem Finanzbeamten bei der Besichtigung der Räumlichkeiten vorgefundene private Literatur und Kleidung dem Arbeitszimmercharakter entgegenstehe.
Das finanzgerichtliche Urteil bedarf deshalb auch insoweit der Aufhebung. Bei seiner erneuten Beurteilung wird das FG zu berücksichtigen haben, daß nicht jedes ,,private" Buch schon der steuerlichen Anerkennung des Arbeitszimmers entgegenstehen muß. Ebenso muß es nicht steuerschädlich sein, wenn wenig benutzte Kleidung, wie hier die . . .kleidung, in einem Schrank aufbewahrt wird. Die Beantwortung der Frage, ob Gegenstände des privaten Gebrauchs der steuerlichen Anerkennung eines Arbeitszimmers entgegenstehen, erfordert eine Gewichtung der Intensität einerseits der beruflichen Nutzung des Zimmers und andererseits des von den Gegenständen ausgehenden Eindrucks auch privater Nutzung dieses Zimmers (vgl. auch BFH-Urteil vom 18. März 1988 VI R 49/85, BFH / NV 1988, 556). Erst wenn das Vorhandensein privater Gegenstände gegenüber der beruflichen Nutzung auf eine mehr als nur untergeordnete private Mitbenutzung des Zimmers schließen läßt, wird das Arbeitszimmer steuerlich nicht anerkannt werden können.
3. Rechtsfehlerfrei ist die Vorentscheidung auch nicht im Hinblick auf die als Werbungskosten anerkannte Fachliteratur. Das gilt zum einen für das Werk im Preise von 9,80 DM, für das der Kläger nur eine Quittung ohne Namen mit Bezeichnung ,,Fachliteratur" vorgelegt hat. Wie der Kläger nunmehr vorträgt, handelt es sich um ,,Ein Handbuch für . . .". Aufgrund der Quittung hätte es genügt, wenn das FG bei der betreffenden Buchhandlung angefragt hätte, ob für diesen Preis ein derartiges Handbuch zu bekommen gewesen wäre. Würde diese Frage bejaht worden sein, so hätte es nahgelegen, den Kläger als Beteiligten über den Erwerbsvorgang zu vernehmen.
Auch bei dem Werk von Gandhi . . . läßt sich bei einem Richter, der unter Umständen auch mit . . .prozessen befaßt sein kann, eine berufliche Veranlassung herstellen.
4. Ebenso ist diese Veranlassung nicht zweifelhaft bei einem Kommentar zur . . . gerichtsordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 63008 |
BFH/NV 1990, 763 |