Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung; Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen
Leitsatz (NV)
- Eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung setzt voraus, dass sie sich sachlich mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt. Sie muss erkennen lassen, dass der Revisionskläger anhand der finanzgerichtlichen Urteilsbegründung seine bisherige Auffassung und sein eigenes Vorbringen überprüft hat.
- Die Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente sind nur anwendbar, wenn eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit zum Zwecke der Weiterführung durch den Übernehmer übertragen wird.
- Der Übernehmer der Wirtschaftseinheit muss kein potentieller gesetzlicher Erbe sein. Eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist mit steuerrechtlicher Wirkung auch unter Fremden möglich.
- Die Anwendung des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen setzt nicht voraus, dass der Übernehmer des Vermögens einer anderen Generation als der Vermögensübergeber angehört. Die Zugehörigkeit zum Generationennachfolge-Verbund ist nur erforderlich, wenn andere Personen als der Vermögensübergeber Empfänger der Versorgungsleistungen sind.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nr. 2; FGO § 120 Abs. 2
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 1994 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Steuererklärung beantragten sie u.a. die Berücksichtigung von Zahlungen an Frau A als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Frau A hatte zusammen mit ihrem Mann, dem Bruder des Klägers, einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet, der ihre einzige Erwerbsquelle bildete. Nach dem Tod ihres Mannes, dessen Alleinerbin sie war, übertrug sie im Mai 1985 das Eigentum an der Hof- und Gebäudefläche zu Alleineigentum auf den Kläger, die sonstigen landwirtschaftlichen Nutzflächen auf den Kläger und dessen Schwester jeweils zu 1/2. An der Hof- und Gebäudefläche behielt sich Frau A ein lebenslanges Wohn- und Nutzungsrecht vor. Besitz, Lasten und Gefahr gingen mit der Übereignung auf den Kläger über. Der Kläger verpflichtete sich zu einer monatlichen Rentenzahlung in Höhe von … DM an Frau A, auf die jedoch deren eigene Einkünfte angerechnet werden sollten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lehnte es bei der Einkommensteuerveranlagung für 1994 ab, die im Streitjahr aufgrund des Übergabevertrags geleisteten Zahlungen als dauernde Last zu berücksichtigen.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Die Vermögensübergabe auf den Kläger habe außerhalb einer vorweggenommenen Erbfolgeregelung stattgefunden.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts. Sie verweisen u.a. auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Dezember 1997 IX R 11/94 (BFHE 185, 208, BStBl II 1998, 718), nach dem Vermögensübergabeverträge zur Vorwegnahme der Erbfolge mit steuerlicher Wirkung auch unter Fremden möglich seien. Im Streitfall sei die Übergeberin eine Angehörige i.S. von § 15 der Abgabenordnung (AO 1977).
Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Einkommensteuer für 1994 unter Berücksichtigung weiterer Sonderausgaben in Höhe von … DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung setze nach § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) voraus, dass sie sich sachlich mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetze. Diesen Anforderungen genüge die Revisionsbegründung nicht. Sie sei fast identisch mit der Klagebegründung im finanzgerichtlichen Verfahren und enthalte weder neue rechtliche Aspekte noch setze sie sich inhaltlich mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander. Insbesondere werde keine Stellung zu den für die Entscheidung des FG maßgebenden Ausführungen zur Vermögensübergabe im Wege vorweggenommener Erbfolge und zum sog. Generationenvertrag bezogen.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat mit unzutreffender Begründung die Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen zwischen dem Kläger und seiner Schwägerin verneint. Der bisher festgestellte Sachverhalt erlaubt indessen noch keine abschließende Entscheidung darüber, ob der Kläger die Zahlungen als dauernde Last abziehen kann.
1. Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO in der für den Streitfall geltenden Fassung ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des angegriffenen Urteils einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen.
Eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung setzt nach § 120 Abs. 2 FGO voraus, dass sie sich sachlich mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 1982 I R 71/82, BFHE 136, 521, BStBl II 1983, 48, und vom 16. Oktober 1984 IX R 177/83, BFHE 143, 196, BStBl II 1985, 470). Die Revisionsbegründung muss erkennen lassen, dass der Revisionskläger anhand der finanzgerichtlichen Urteilsbegründung seine bisherige Auffassung und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Juli 1987 IV R 36/87, BFH/NV 1989, 169, m.w.N.). Die wörtliche Wiederholung von Teilen der Klagebegründung oder die bloße Bezugnahme auf vor Erlass der angefochtenen Entscheidung eingereichte Schriftsätze reicht hierfür grundsätzlich nicht aus (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Dezember 1987 IV R 118/85, BFH/NV 1989, 639, m.w.N.).
Obwohl die Revisionsbegründung der Kläger weitgehend identisch ist mit der Klageschrift, genügt sie diesen Anforderungen. Zum einen haben die Kläger ―auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH― ihre Rechtsauffassung in erster Instanz eingehend begründet. Vor allem aber haben sie sich in der Revisionsschrift auf die Entscheidung des BFH in BFHE 185, 208, BStBl II 1998, 718 bezogen, nach der eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen mit steuerrechtlicher Wirkung grundsätzlich auch unter Fremden möglich ist und damit in ausreichender Weise das streitige Rechtsproblem und ihre Ansicht hierzu umrissen.
2. Zu Unrecht hat das FG im Streitfall die Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen allein im Hinblick darauf verneint, dass der Kläger nicht gesetzlicher Erbe seiner Schwägerin ist und "keiner anderen Generation angehört".
a) Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes ―StÄndG― 1979). Dauernde Lasten sind in vollem Umfang abziehbar, Leibrenten hingegen nur mit dem Ertragsanteil, der sich aus der Tabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG ergibt. Demgegenüber dürfen die in § 12 EStG genannten Ausgaben weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, "soweit in den §§ 10 Abs. 1 Nrn. 1, 2 bis 8, 10b und 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist". Vom Abzugsverbot erfasst sind u.a. freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht (§ 12 Nr. 2 EStG). Dies gilt auch für die im Einleitungssatz des § 12 EStG nicht erwähnten Renten und dauernden Lasten (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG), soweit diese ―außerhalb der für die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen geltenden Sonderregelung― Unterhaltsleistungen oder Leistungen aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht sind (Senatsurteil vom 27. Februar 1992 X R 139/88, BFHE 167, 381, BStBl II 1992, 612).
Auszunehmen von diesem Grundsatz sind Leistungen, die anlässlich einer Betriebs- oder Vermögensübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorbehalten worden sind, wie etwa Altenteils- und ihnen gleichstehende Versorgungsleistungen (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, und vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78).
b) Obgleich sich die Vermögensübergeberin an der dem Kläger übertragenen Hof- und Gebäudefläche ein lebenslanges Wohn- und Nutzungsrecht vorbehalten hat, kann das Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen im Streitfall grundsätzlich angewendet werden, da sich das vorbehaltene Nutzungsrecht nur auf einen Teil des übertragenen Vermögens bezieht. Insoweit liegt ein typischer Altenteilsvertrag vor, bei dem ―zusammen mit einem Inbegriff von Versorgungsleistungen― ein dingliches Nutzungsrecht an einer vom Übergeber zu nutzenden Wohnung vorbehalten wird (Senatsurteile vom 25. März 1992 X R 196/87, BFHE 167, 408, BStBl II 1992, 1012; vom 14. Juli 1993 X R 54/91, BFHE 172, 324, BStBl II 1994, 19, unter 3. e der Entscheidungsgründe).
c) Eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist mit steuerrechtlicher Wirkung grundsätzlich auch unter Fremden möglich (BFH-Urteil in BFHE 185, 208, BStBl II 1998, 718; vgl. auch Senatsbeschluss vom 10. November 1999 X R 46/97, BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188; Stephan in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 10 EStG Rn. 44 e). Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsauffassung grundsätzlich angeschlossen (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 30. Oktober 1998 IV C 3 -S 2255- 6/98, BStBl I 1998, 1417). An ihr ist festzuhalten.
Der Große Senat des BFH hat die Besonderheit eines Übergabevertrages darin gesehen, dass er der folgenden Generation unter Vorwegnahme des Erbfalls das Nachrücken in eine die Existenz wenigstens teilweise begründende Wirtschaftseinheit ermöglicht und gleichzeitig die Versorgung des Übergebers aus dem übernommenen Vermögen zumindest zu einem Teil sichert (Beschluss in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, unter C. II. 1. a). Eine solche Übergabe findet in aller Regel zwar unter Angehörigen statt, ist aber unter Fremden nicht ausgeschlossen. Ebenso wie der Steuerpflichtige nach dem Grundsatz der Testierfreiheit (§ 2302 des Bürgerlichen Gesetzbuches ―BGB―; Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―) einen Fremden als Erben einsetzen kann, kann er sein Vermögen in vorweggenommener Erbfolge an einen Fremden gegen die Zusage lebenslanger Versorgung übergeben. Es gibt keinen überzeugenden Grund, steuerrechtlich hiervon abzuweichen und die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen auf Vereinbarungen unter Angehörigen zu beschränken. Dies gilt umso mehr, als nach der Rechtsprechung des BFH für die Zuordnung zum Rechtsinstitut der Vermögensübergabe allein entscheidend ist, ob im Einzelfall bei wertender Beurteilung die Vereinbarung in ihren charakteristischen Zügen dem Modell des zivilrechtlichen Typus des Versorgungsvertrages entspricht (Senatsurteil vom 16. März 1999 X R 87/95, BFH/NV 2000, 12). Versorgungsleistungen aus einer Vermögensübergabe rechnet die Rechtsprechung generell den wiederkehrenden Bezügen und Sonderausgaben zu, ohne dass im Einzelfall geprüft werden muss, ob die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Altenteilsvertrages (Leibgedinges) erfüllt sind (Beschluss in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, unter C. II. 1. b und c der Gründe). Im Streitfall kommt hinzu, dass die kinderlose Vermögensübergeberin nicht eine völlig fremde "Dritte", sondern die Schwägerin des Klägers ist. Sie hat u.a. auch das von ihrem Mann, dem Bruder des Klägers, ererbte Vermögen an diesen und seine Schwester übertragen.
d) Unerheblich ist ―entgegen der Auffassung des FG― auch, ob der Kläger einer anderen Generation als die Vermögensübergeberin angehört. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats können Empfänger der Versorgungsleistungen neben dem Übergeber selbst nur Personen sein, die zum Generationennachfolge-Verbund gehören (Senatsurteil in BFHE 167, 381, BStBl II 1992, 612). Im Streitfall hat das FG hingegen gefordert, der Empfänger des Vermögensmüsse demGenerationennachfolge-Verbund angehören.
Diese Einschränkung ist sachlich nicht geboten. Der typisierenden Zielsetzung, die mit einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen verfolgt wird, entspricht es auch, wenn beispielsweise der kinderlose Unternehmer seinem u.U. gleichaltrigen Geschäftsführer den Betrieb nicht veräußert, sondern ―steuerrechtlich unentgeltlich― überlässt und sich aus dem übergebenen Vermögen angemessen versorgen lässt (vgl. Stephan, a.a.O.). Ob der Unternehmer "einer anderen Generation" angehört als der Geschäftsführer, hängt nicht zuletzt von seiner zu respektierenden Entscheidung ab, zu welchem Zeitpunkt er sich aus dem Erwerbsleben zurückziehen will.
Im Streitfall war Anlass für den Abschluss des Übergabevertrages, dass die Schwägerin nach dem Tod ihres Mannes nicht mehr gewillt oder in der Lage war, ihren land- und forstwirtschaftlichen Besitz allein zu bewirtschaften, während der Kläger ―möglicherweise (unter 3. a)― den Betrieb fortführen wollte. Diese Interessenlage entspricht derjenigen bei der typischen, zum Zweck der Generationennachfolge praktizierten Vermögensübergabe.
3. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist und sich seine Entscheidung auch nicht im Ergebnis als zutreffend darstellt (§ 126 Abs. 4 FGO), war sein Urteil aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache geht an das FG zurück.
Dieses wird im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die übrigen von der Rechtsprechung geforderten Tatbestandsvoraussetzungen einer steuerrechtlich anzuerkennenden Vermögensübergabe gegen als Sonderausgaben abziehbare Versorgungsleistungen vorliegen. Zu den folgenden, hiernach entscheidungserheblichen rechtlichen Gesichtspunkten hat das FG ―von seinem Standpunkt aus zu Recht― keine Feststellungen getroffen.
a) Eine Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente setzt voraus, dass eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit zum Zwecke der Weiterführung durch den Übernehmer übertragen wird (ständige Senatsrechtsprechung, Urteile vom 14. Februar 1996 X R 106/91, BFHE 180, 87, BStBl II 1996, 687; vom 24. Juli 1996 X R 167/95, BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315; vom 17. Juni 1998 X R 104/94, BFHE 186, 280).
b) Handelt es sich bei der Übertragung des Grundstücks um ein Veräußerungsgeschäft oder zumindest einen veräußerungsähnlichen Vorgang, sind die Aufwendungen grundsätzlich Anschaffungskosten, die, sofern ein sachlicher Zusammenhang mit einer Einkunftsart besteht, über die Absetzung für Abnutzung (AfA) sowie mit dem in den laufenden Zahlungen enthaltenen Zinsanteil (ausführlich hierzu BFH-Urteile vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47; vom 14. Dezember 1994 X R 1-2/90, BFHE 177, 36, BStBl II 1996, 680) als Werbungskosten berücksichtigt werden können (BFH-Urteil vom 27. August 1997 X R 54/94, BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813). Die für die Unterscheidung zwischen Veräußerungs- und Versorgungsrente maßgeblichen Grundsätze hat der erkennende Senat im Urteil vom 29. Januar 1992 X R 193/87 (BFHE 167, 95, BStBl II 1992, 465) zusammengefasst. Hiernach ist Voraussetzung für eine betriebliche Veräußerungs-/Erwerbsrente, dass die Beteiligten subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgegangen sind. Trotz objektiver Ungleichgewichtigkeit von Leistung und Gegenleistung kann eine betriebliche Veräußerungs-/Erwerbsrente vorliegen, wenn die Vertragsparteien subjektiv von der Gleichwertigkeit ausgegangen sind und die Annahme der Ausgewogenheit der beiderseitigen Leistungen bei Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Umstände im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vertretbar erscheint. Dabei dürfen die Anforderungen an den Nachweis eines kaufmännischen Aushandelns des Entgelts nicht überspannt werden (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1993 X R 67/92, BFHE 173, 152, BStBl II 1996, 669).
Das FG wird den diesbezüglichen Willen der Vertragschließenden ermitteln. Die für ein Gegenleistungsgeschäft untypische Vertragsklausel über die Anrechnung der eigenen Einkünfte der Berechtigten ist ebenso ein Indiz für eine private Versorgungsrente wie der Umstand, dass der Hälfteanteil an den landwirtschaftlichen Nutzflächen der Schwester des Klägers unentgeltlich übertragen wurde. Demgegenüber spricht es für ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft, wenn die beiderseitigen Leistungen gleichwertig sind (vgl. Senatsurteil in BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813, unter II. 5. a der Gründe); bei der Bewertung der von der Übergeberin erbrachten Leistung wird zu beachten sein, dass dem Kläger vor der Grundstücksübertragung ein Wohnungsrecht am übertragenen Grundbesitz zugestanden hatte.
c) Je nach Sach- und Rechtslage wird entscheidungserheblich sein, ob der Kläger die Zahlungen an die Schwägerin aus den ihm zuzurechnenden Erträgen des übergebenen Vermögens erbringen kann. Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 10. November 1999 X R 46/97 (BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188) dem Großen Senat des BFH die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge vereinbarte abänderbare Vorsorgeleistungen auch dann als dauernde Last (Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG) abziehbar sind, wenn sie nicht aus den laufenden Nettoerträgen des übergebenen Vermögens gezahlt werden können ("Typus 2" i.S. von Tz. 17 bis 19, 38 bis 40 des BMF-Schreibens vom 23. Dezember 1996, BStBl I 1996, 1508). Ggf. wird das FG im zweiten Rechtsgang die Entscheidung des Großen Senats des BFH abwarten.
Fundstellen
Haufe-Index 613835 |
BFH/NV 2001, 1388 |