Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerberater-(Steuerbevollmächtigten-)Prüfung - Verfahrensmängel
Leitsatz (NV)
1. Die Ablehnung von Mitgliedern des Prüfungsausschusses für die Steuerberater-(Steuerbevollmächtigten-)Prüfung wegen der Besorgnis der Befangenheit muß der Prüfling grundsätzlich vor dem Beginn der Prüfung geltend machen.
2. Das gilt nicht, wenn sich der Ablehnungsgrund erst aus dem Verhalten des Prüfers während der Prüfung ergibt.
3. Ein Verfahrensfehler der mündlichen Prüfung kann nicht darin gesehen werden, daß bei einer im Januar 1980 durchgeführten mündlichen Prüfung zur Umsatzsteuer nur Fragen aus dem bis zum 31. Dezember 1979 geltenden Recht gestellt worden sind.
Normenkette
AO 1977 § 84; StBerG § 164a; DVStBerG § 11
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat die Steuerbevollmächtigtenprüfung 1971 und 1972 nicht bestanden. Seine Teilnahme an der Steuerbevollmächtigtenprüfung 1974 war ebenfalls erfolglos. Durch Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde die Prüfungsentscheidung vom . . . 1975 aufgehoben und der Prüfungsausschuß bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Oberfinanzdirektion - OFD -) verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Aufgrund der Entscheidung des FG war die Ertragsteuerklausur neu zu bewerten und die mündliche Prüfung zu wiederholen. Die Wiederholungsprüfung blieb wiederum erfolglos.
Der Kläger erhob auch gegen die Prüfungsentscheidung vom . . . 1980 Klage, mit der er im wesentlichen Verfahrensfehler des Prüfungsausschusses geltend machte. Das FG hat Beweis erhoben a) über Einzelheiten des Ablaufs der mündlichen Prüfung durch die Vernehmung der Mitglieder des Prüfungsausschusses und der im Termin vom . . . 1980 geprüften Kandidaten und b) über die Einzelheiten und Gründe, die zur Bewertung der mündlichen Prüfungsleistung des Klägers im Prüfungsabschnitt des Prüfers M mit der Note 5 geführt haben, durch die Vernehmung der Mitglieder des Prüfungsausschusses als Zeugen. Es hat die Klage durch das - auszugsweise - in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1984, 89 veröffentlichte Urteil vom 27. Juni 1983 V 29/80 abgewiesen.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen und formellen Rechts.
Im Streitfall sei die Voreingenommenheit der Prüfer bereits dadurch nachgewiesen, daß der Ausschußvorsitzende auch in der vorangegangenen, vom FG beanstandeten Prüfung den Vorsitz geführt und er die OFD im nachfolgenden finanzgerichtlichen Verfahren vertreten habe. Es sei lebensfremd, anzunehmen, daß ein Prüfungsvorsitzender, dem nach heftigem Widerstand ein Fehler nachgewiesen worden sei, das bei der Wiederholungsprüfung vergessen habe. Die OFD hätte deshalb den Kläger für die Wiederholungsprüfung einem Prüfungsausschuß mit einem anderen Vorsitzenden zuteilen müssen. Der Hinweis des FG, daß die anderen Mitglieder des Prüfungsausschusses mit der vorangegangenen Prüfung nicht befaßt gewesen seien, müsse ebenfalls als lebensfremd bezeichnet werden. Denn in aller Regel finde im Falle der Aufhebung einer Prüfungsentscheidung eine Solidarisierung aller Prüfer statt.
Ein Verfahrensfehler des FG liege darin, daß es die Prüfung der Frage, ob eine Befangenheit gegeben sei, ausschließlich aus der Sicht der Prüfer vorgenommen habe. Für die Besorgnis der Befangenheit sei aber auf die Sicht des Klägers abzustellen, der aus den vorstehend angeführten Gründen allen Anlaß gehabt habe, von der Voreingenommenheit einzelner Mitglieder des Prüfungsausschusses auszugehen. Ferner habe das FG bei der Würdigung der Zeugenaussagen des Ausschußvorsitzenden W und der Prüfer B und M nicht berücksichtigt, daß dieser Prozeßbevollmächtigter der OFD im vorliegenden und im vorangegangenen gerichtlichen Verfahren gewesen sei und auch jene aufgrund der von ihnen eingeholten schriftlichen Stellungnahmen mit dem Prozeßstoff vertraut gewesen seien.Hinsichtlich der Frage, ob das Verhalten einzelner Prüfer gegenüber dem Kläger in der mündlichen Prüfung als eine erhebliche Störung des Prüfungsverfahrens anzusehen sei, sei die vom FG vorgenommene Tatsachen- und Beweiswürdigung fehlerhaft und widersprüchlich; sie sei deshalb mit der Revision angreifbar. Auch für die Frage, was als Störung anzusehen sei, sei ausschließlich die Sicht des Gestörten, also des Prüflings, maßgebend. Das FG sei daher bei der Auswertung der Zeugenaussagen nicht sachgerecht verfahren, weil es in erster Linie auf die Aussagen der Prüfer und nur untergeordnet auf die Sicht der Prüflinge abgestellt habe. Die als Zeugen gehörten Prüflinge hätten jedoch eine große Anzahl von Bemerkungen gemacht, die darauf schließen ließen, daß sich der Kläger durch das Verhalten der Prüfer erheblich habe gestört fühlen müssen.
Die Feststellung des FG, der Prüfer M habe ,,vornehmlich" altes Umsatzsteuerrecht geprüft, sei ungenau. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei vielmehr davon auszugehen, daß Gegenstand der Prüfung nur das alte Umsatzsteuerrecht gewesen sei. Dies stelle einen Verfahrensfehler dar, denn die mangelnde Berücksichtigung der Umsatzsteuer nach neuem Recht sei der Nichtberücksichtigung eines Prüfungsgebiets gleichzusetzen. Wenn das FG diese Verfahrensweise damit rechtfertige, daß die Prüfung des alten Rechts dem Interesse der Prüflinge entsprochen habe, so verkenne es, daß die Tätigkeit des Steuerbevollmächtigten, soweit es um die Beratung gehe, stets auf die Zukunft ausgerichtet sei. Das habe auch der Kläger aufgrund der Hinweise seines Vorbereitungsinstituts im Rahmen seiner Prüfungsvorbereitungen berücksichtigt.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und der Prüfungsentscheidung vom . . . 1980 den Prüfungsausschuß für Steuerbevollmächtigte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die OFD beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, die auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) beruht, können Prüfungsentscheidungen gerichtlich nur beschränkt überprüft werden. Der Richter kann nur prüfen, ob die Prüfer bzw. der Prüfungsausschuß allgemeingültige Bewertungsgrundsätze nicht beachtet haben, sich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen sind und ob die für die Prüfung maßgebenden Verfahrensbestimmungen eingehalten worden sind (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. August 1976 VII R 17/74, BFHE 120, 106, BStBl II 1976, 797, und vom 20. Dezember 1983 VII R 123/83, BFHE 140, 125, BStBl II 1984, 280). Das FG hat zu Recht entschieden, daß die vom Kläger angefochtene Prüfungsentscheidung nicht an derartigen inhaltlichen oder formellen Mängeln leidet.
1. Der Kläger beruft sich zunächst darauf, der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sei ihm gegenüber voreingenommen gewesen, weil er bereits in der vorangegangenen, vom FG beanstandeten Prüfung den Vorsitz geführt und er die OFD im nachfolgenden finanzgerichtlichen Verfahren vertreten habe. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Vorinstanz die darin zum Ausdruck kommende Befürchtung des Klägers, die gegen ihn ergangene Prüfungsentscheidung beruhe auf sachfremden Erwägungen, mit zutreffenden Gründen ausgeräumt hat. Denn der Kläger kann mit diesem Vorbringen im vorliegenden gerichtlichen Verfahren nicht mehr gehört werden.
Nach § 164a des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) richtet sich die Durchführung des Verwaltungsverfahrens in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des StBergG geregelt werden, nach der Abgabenordnung (AO 1977). Die Regelungen über die Steuerbevollmächtigtenprüfung befinden sich, soweit sie im Gesetz enthalten sind, im Zweiten und Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils des StBerG (vgl. § 156 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 2). Als Verwaltungsverfahren in berufsrechtlichen Angelegenheiten finden also auf die Prüfung gemäß § 164a StBergG die Vorschriften der AO 1977 - und damit auch deren Regelungen über die Besorgnis der Befangenheit (§§ 83, 84) - sinngemäß Anwendung (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 1. Februar 1983 VII R 133/82, BFHE 137, 536, BStBl II 1983, 344). Der erkennende Senat hat in diesem Urteil für die Steuerberaterprüfung entschieden, daß der Bewerber Mitglieder des Prüfungsausschusses, bei denen die Besorgnis der Befangenheit besteht, gemäß § 164a StBerG, § 84 AO 1977 ablehnen kann und daß dabei auch die Sätze 2 und 3 des § 84 AO 1977 anzuwenden sind. Danach sind vor dem Prüfungsverfahren bekannte Ablehnungsgründe vor der Prüfung (mündlichen Verhandlung) schriftlich oder zur Niederschrift zu erklären (Satz 2), und die Erklärung ist unzulässig, wenn sich der Bewerber in die Prüfung eingelassen hat, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen (Satz 3). Das gilt auch für die Steuerbevollmächtigtenprüfung.
Dem Kläger war die Zusammensetzung des für ihn zuständigen Prüfungsausschusses vor dem Beginn der mündlichen Prüfung bekannt. Er wußte zu diesem Zeitpunkt, daß der Prüfer W, der den Vorsitz in der vorangegangenen Prüfung geführt und die OFD im finanzgerichtlichen Prozeß um die Prüfungsanfechtung vertreten hatte, wiederum zum Ausschußvorsitzenden bestellt war. Wenn der Kläger aufgrund der vorangegangenen Mitwirkung dieses Prüfers an seinem Prüfungs- und Klageverfahren die Besorgnis der Befangenheit des Prüfungsausschußvorsitzenden geltend machen wollte, so war er nach den vorstehenden Ausführungen gehalten, dies vor Beginn der mündlichen Wiederholungsprüfung in der in § 84 Satz 2 AO 1977 vorgeschriebenen Form zu tun. Der Kläger hat aber unstrittig vor der mündlichen Prüfung keine schriftliche Ablehnungserklärung abgegeben. Nachdem er sich in die mündliche Prüfung eingelassen hat, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, ist er gemäß § 84 Satz 3 AO 1977 gehindert, sich nach Abschluß der Prüfung und nach Bekanntgabe des negativen Prüfungsergebnisses auf diesen Ablehnungsgrund zu berufen.
Dasselbe gilt auch für die Ablehnung der anderen Mitglieder des Prüfungsausschusses, soweit der Kläger bei ihnen die Besorgnis der Befangenheit darauf herleitet, daß diese sich mit dem Ausschußvorsitzenden solidarisieren könnten. Die Gründe, die eine derartige Besorgnis rechtfertigen könnten (Aufhebung der vorangegangenen Prüfungsentscheidung, an der der Ausschußvorsitzende beteiligt war), waren dem Kläger ebenfalls vor dem Beginn der Wiederholungsprüfung bekannt, so daß er nach Kenntniserlangung von der erneuten Bestellung des Ausschußvorsitzenden den Prüfungsausschuß, ohne sich auf die mündliche Prüfung einzulassen, insgesamt hätte ablehnen müssen.
2. Die Regelung des § 84 Satz 3 AO 1977 trifft aber nach ihrem Wortlaut nicht zu, wenn sich der Anlaß für die Besorgnis der Befangenheit eines Prüfers oder ein anderer Verfahrensmangel erst im Laufe der mündlichen Prüfung ergibt. Soweit ein Ablehnungsgrund erst aus dem Verhalten eines Prüfers im Prüfungsverfahren entsteht, ist dem Prüfling ein Entschluß bereits während der Prüfung darüber, ob er den Prüfer wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen will, nicht zumutbar (BFHE 137, 536, BStBl II 1983, 344). Der Kläger ist also mit seinem Vorbringen im gerichtlichen Verfahren, das Verhalten einzelner Prüfer, insbesondere des Prüfers B ihm gegenüber in der mündlichen Prüfung zeige deren Voreingenommenheit und sei als erhebliche Störung des Prüfungsverfahrens anzusehen, nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Besorgnis der Befangenheit besteht dann, wenn sich aus objektiv feststellbaren Tatsachen die subjektiv vernünftigerweise mögliche Besorgnis ergibt, ein Prüfer werde bei der Prüfung nicht unparteiisch, unvoreingenommen und sachgemäß tätig werden (vgl. § 83 AO 1977; Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 83 AO 1977 Anm. 3 und die dort zitierte Rechtsprechung). Dabei können auch die bereits vor dem Beginn der mündlichen Prüfung bestehenden Gründe für die Besorgnis der Befangenheit von Bedeutung sein (BFHE 137, 536, BStBl II 1983, 344, 347). Eine Störung, die als Mangel des Prüfungsverfahrens ebenfalls noch nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses gerügt werden kann, liegt dann vor, wenn sie so erheblich war, daß einem durchschnittlichen Prüfungskandidaten die für die Prüfung erforderliche geistige Konzentration nicht mehr möglich war (Urteile des erkennenden Senats vom 15. März 1977 VII R 15/76, BFHE 122, 214, BStBl II 1977, 446, und vom 21. März 1978 VII R 7/76, BFHE 125, 222, BStBl II 1978, 534).
Das FG hat die vorstehend ausgeführten Rechtsgrundsätze nicht verkannt. Es ist nach einer umfangreichen Beweisaufnahme über das Verhalten der Prüfer während der mündlichen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, daß objektive Tatsachen die Besorgnis des Klägers, einzelne Prüfer seien ihm gegenüber voreingenommen gewesen, nicht rechtfertigten und daß sich aus dem Ablauf der mündlichen Prüfung keine so erhebliche Störung des Klägers ergeben habe, daß sie einen durchschnittlichen Prüfling in der erforderlichen Konzentration auf die Prüfung hätte beeinträchtigen können. Dabei hat das FG nicht verkannt, daß für die Besorgnis der Befangenheit auf die Vorstellung des Klägers abzustellen war. Es hat aber zu Recht als maßgeblich angesehen, ob objektive Tatsachen diese Besorgnis rechtfertigten. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat es seine Tatsachenwürdigung nicht in erster Linie auf Zeugenaussagen der Prüfer abgestellt. Das FG hat vielmehr auf Seite 9 seines Urteils dargelegt, aus welchen Gründen es auch unter Würdigung der Aussagen der als Zeugen vernommenen Prüflinge und deren zum Teil kritischen Äußerungen über die Prüfungsweise des Prüfers B zu der von ihm getroffenen Tatsachenfeststellung gelangt ist. An diese vom FG vorgenommene Gesamtwürdigung im tatsächlichen Bereich ist der Senat, da sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Rechtsfehler oder Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflußt ist, gebunden, und zwar auch dann, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (so ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFHE 125, 222, BStBl II 1978, 534).
Der Kläger hat keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen gegen die Beweiswürdigung erhoben. Es kann dahinstehen, ob - wie der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 3. Januar 1984 geltend macht - die Vernehmung der Prüfer als Zeugen deshalb einen Verfahrensfehler darstellt, weil diese mit dem Streitstoff bereits vertraut waren. Auch wenn das der Fall wäre, könnte dies die Bindung des Revisionsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen des FG gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht aufheben, weil diese Rüge nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist, die mit dem 5. Oktober 1983 endete, erhoben worden ist (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 118 Anm. 15). Im übrigen hat bereits das FG die Einwendungen des Klägers gegen die Vernehmung dieser Zeugen im Rahmen seiner Beweiswürdigung ausdrücklich berücksichtigt. Es hat aber keinen Anlaß gesehen, an deren Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit ihrer Aussagen zu zweifeln.
Die Bindungswirkung des Urteils der Vorinstanz entfällt auch nicht wegen Verstoßes der Tatsachenwürdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Derartige auch ohne Rüge nachprüfbare materielle Rechtsfehler (vgl. Gräber, a.a.O., § 118 Anm. 13) sind nicht ersichtlich. Dasselbe gilt hinsichtlich des Revisionsvorbringens, die vom FG gezogenen Schlüsse tatsächlicher Art seien in sich widersprüchlich. Diese Behauptung wird vom Kläger nicht näher begründet.
Der Kläger greift vielmehr die Beweiswürdigung des FG an, indem er aus einzelnen Aussagen, insbesondere der als Zeugen gehörten Prüflinge, andere tatsächliche Schlußfolgerungen als das FG zieht. Der Senat kann aber die ohne Verfahrens- und Rechtsfehler zustande gekommene Würdigung des FG nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen, da sie nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme möglich war. Das FG hat die Zeugenaussagen zum Verhalten der Prüfer, insbesondere des Prüfers B, gegenüber dem Kläger in ihrer Gesamtheit gewürdigt. Dabei konnte es trotz der auch von ihm nicht unbeachtet gelassenen kritischen Äußerungen über die Prüfungsweise B zu dem Ergebnis gelangen, daß die Besorgnis der Befangenheit hinsichtlich des Prüfers B nicht bestand und der Kläger durch das Verhalten der Prüfer nicht so erheblich gestört worden ist, daß ein Mangel des Prüfungsverfahrens anzunehmen wäre. Die demgegenüber von der Revision angeführten Einzelaussagen schließen die Beweiswürdigung des FG weder denkgesetzlich noch nach bestehenden Erfahrungssätzen aus. Sie werden vom Kläger aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben. Bei einzelnen für die Voreingenommenheit der Prüfer angeführten Aussagezitaten (z.B. ,,Mißfallenskundgebungen der Prüfer" - Zeuge D -, ,,zynische Reaktion der Prüfer" - Zeuge H -) ergibt sich aus den vom FG in Bezug genommenen Vernehmungsprotokollen, daß diese Aussagen im weiteren Verlauf der Vernehmung erheblich abgeschwächt worden sind und die Gesamtaussage des betreffenden Zeugen mit der Beweiswürdigung des FG nicht in Widerspruch steht.
3. Einen Verfahrensfehler der mündlichen Prüfung sieht der Kläger aber weiterhin darin, daß der Prüfer M, wie sich aus der Beweisaufnahme ergebe, nur das bis zum 31. Dezember 1979 geltende Umsatzsteuerrecht geprüft habe. Es kann dahinstehen, ob Gegenstand der Prüfung, wie der Kläger vorträgt, nur das alte oder, wie das FG im Urteil festgestellt hat, ,,vornehmlich" altes Umsatzsteuerrecht war und ob der BFH insoweit nach § 118 Abs. 2 FGO an die Feststellungen im angefochtenen Urteil gebunden ist. Denn auch wenn sich die Prüfung ausschließlich auf das bis zum 31. Dezember 1979 geltende Umsatzsteuerrecht erstreckt hat, liegt ein die Aufhebung der Prüfungsentscheidung rechtfertigender Verfahrensfehler nicht vor.
Nach § 11 Abs. 2 DVStBerG erstreckt sich die Steuerbevollmächtigtenprüfung auf vier näher bezeichnete Prüfungsgebiete, u.a. auf das Prüfungsgebiet ,,Abgabenrecht, insbesondere Reichsabgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Recht der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Grundsteuer, Lastenausgleichsabgaben, Grunderwerbsteuer und der sonstigen Verkehrsteuern, Bewertungsgesetz, Zollgesetz, Zolltarif, Verbrauchsteuergesetze, Recht der Finanzmonopole" (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 DVStBerG). Wie der erkennende Senat mehrfach entschieden hat, sind nach § 10 Abs. 3 Satz 2, § 11 DVStBerG in der mündlichen Prüfung an den Bewerber Fragen aus sämtlichen Prüfungsgebieten zu stellen. Es steht aber im Ermessen des Prüfers bzw. des Prüfungsausschusses, die im Einzelfall zu stellenden Fragen auszuwählen und ihre Anzahl zu bestimmen. Dabei genügt u. U. die Stellung einer Frage aus einem Prüfungsgebiet, es sei denn, daß sie ersichtlich nur gestellt worden ist, um der Form Genüge zu tun (BFH-Urteile vom 22. Juni 1976 VII R 110/75, BFHE 119, 364, BStBl II 1976, 735, sowie in BFHE 122, 214, BStBl II 1977, 447; BFHE 137, 536, BStBl II 1983, 344). Die Umsatzsteuer ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 DVStBerG nur eines der (Rechts-)Gebiete, die dem Prüfungsgebiet Abgabenrecht unterfallen. Während aus diesem Prüfungsgebiet zumindest eine Frage gestellt werden muß, ist der Prüfungsausschuß hinsichtlich der darunter fallenden (Rechts-)Gebiete in keiner Weise gebunden. Wie der erkennende Senat zu § 12 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften vom 12. November 1979 (DVStB) entschieden hat, genügt es, wenn in der mündlichen Steuerberaterprüfung Fragen aus einem der Gebiete eines Prüfungsgebiets gestellt werden (Urteil vom 17. Juli 1984 VII R 38/84, BFHE 141, 203, BStBl II 1984, 676). Für die im Streitfall auf die Wiederholungsprüfung noch anwendbare Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 1 DVStBerG (vgl. § 51 Abs. 2 DVStB) gilt dies entsprechend. Daraus folgt, daß auf Fragen zur Umsatzsteuer überhaupt hätte verzichtet werden können, soweit sonstige Fragen zum Prüfungsgebiet Abgabenrecht gestellt worden sind.
Wegen des weiten Ermessensspielraums, den die Rechtsverordnung dem Prüfungsausschuß hinsichtlich der Prüfungsfragen einräumt, liegt aber auch eine Verletzung der Verfahrensbestimmungen nicht vor, wenn bei der am . . . 1980 durchgeführten mündlichen Prüfung zur Umsatzsteuer nur Fragen zu dem bis zum 31. Dezember 1979 geltenden Recht gestellt worden sind. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, konnte der Prüfungsausschuß zu Recht davon ausgehen, daß diese Verfahrensweise dem Interesse der Prüflinge entsprechen würde. Wegen der für die praktische Berufstätigkeit der Steuerbevollmächtigten für eine Übergangszeit noch fortbestehenden Bedeutung des bis zum 31. Dezember 1979 geltenden Umsatzsteuerrechts (Erstellung von Steuererklärungen bis einschließlich 1979) war die Prüfung dieses Rechtsgebiets jedenfalls zum Prüfungszeitpunkt nicht sachwidrig. Im übrigen sind durch das Umsatzsteuergesetz 1980 die Grundzüge und das System des bis dahin geltenden Umsatzsteuerrechts nur unwesentlich verändert worden, so daß die bisherige und die neue Rechtslage nicht als unterschiedliche, eigenständige Rechtsgebiete i. S. des § 11 Abs. 1 Nr. 1 DVStBerG angesehen werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 414049 |
BFH/NV 1986, 57 |
BFHE 1986, 323 |