Entscheidungsstichwort (Thema)
Schönheitsreparaturen nach Vermietung und vor Selbstnutzung; Zahlungsunfähigkeit des Mieters
Leitsatz (NV)
- Soweit der Steuerpflichtige nach Beendigung seiner Vermietungstätigkeit Aufwendungen für die Renovierung einer Wohnung tätigt, die er alsbald selbst bewohnen will, sind diese Aufwendungen grundsätzlich privat veranlasst und daher keine (nachträglichen) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
- Das gilt auch dann, wenn vertragsgemäß der Mieter die Reparaturen sowie allgemein Schönheitsreparaturen hätte durchführen müssen und der Steuerpflichtige diesen Anspruch wegen Zahlungsunfähigkeit des Mieters nicht durchsetzen kann.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2, § 21 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (EFG 1999, 327) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) vermietete bis Januar 1992 (Streitjahr) ein Einfamilienhaus. Nachdem die Mieter bei ihrem Auszug aus dem Haus die nach dem Mietvertrag geschuldeten Schönheitsreparaturen nicht durchgeführt hatten, renovierte der Kläger das Haus selbst und nutzte es im Anschluss daran zu eigenen Wohnzwecken. Ersatzansprüche gegen die Mieter machte er nicht geltend, da diese zahlungsunfähig waren. Er wendete im Rahmen der Renovierung (neben anderen Renovierungsaufwendungen in Höhe von 18 137,75 DM) für die nach dem Mietvertrag von den Mietern zu erbringenden Schönheitsreparaturen 6 679,22 DM auf, die er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machte.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte diese Aufwendungen unter Berufung auf § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht.
Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt. Es vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 327 veröffentlichten Urteil die Auffassung, die Aufwendungen für die Schönheitsreparaturen seien als Werbungskosten zu berücksichtigen, weil sie an sich die Mieter hätten tragen müssen.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 1, § 24 Nr. 2 sowie § 12 Nr. 1 EStG. Es macht geltend, auch die Aufwendungen für an sich vom Mieter geschuldete Schönheitsreparaturen könnten nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie vor der Selbstnutzung einer Immobilie durchgeführt würden.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zu Unrecht die Aufwendungen für die Schönheitsreparaturen vor der Selbstnutzung des Hauses als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 9 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 2 EStG berücksichtigt.
1. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sind Aufwendungen nicht (fast) ausschließlich durch die Einkünfteerzielung, sondern daneben auch, und zwar nicht unerheblich, durch die private Lebensführung veranlasst (§ 12 Nr. 1 EStG), können sie insgesamt nicht als Werbungskosten abgezogen werden; eine Aufteilung ist grundsätzlich nicht möglich (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 18. Dezember 2001 IX R 24/98, BFH/NV 2002, 904; vom 7. November 1995 IX R 81/93, BFH/NV 1996, 533; vom 29. Juli 1997 IX R 70/95, BFH/NV 1997, 850). Nachdem durch die Nutzung der eigenen Wohnung zu Wohnzwecken der Tatbestand des § 21 EStG nicht mehr verwirklicht wird (§ 52 Abs. 21 Satz 1 EStG), sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die damit im Zusammenhang stehen, seinen Lebensführungskosten zuzurechnen und damit keine Werbungskosten (BFH-Urteil vom 11. Juli 2000 IX R 48/96, BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784). Dies gilt gleichermaßen im Rahmen des § 24 Nr. 2 EStG. Auch diese Vorschrift gilt nur für solche Aufwendungen, die allein oder nahezu ausschließlich durch die bisherige Einkünfteerzielung veranlasst sind (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 850, m.w.N.).
a) Soweit Aufwendungen nach Beendigung der Vermietungstätigkeit für die Renovierung einer Wohnung getätigt werden, die der Steuerpflichtige alsbald selbst bewohnen will, werden sie nach der Rechtsprechung des BFH mit Rücksicht auf die Selbstnutzung getätigt und sind mithin privat veranlasst (vgl. u.a. BFH-Urteile in BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784, und in BFH/NV 1996, 533). Das gilt auch dann, wenn vertragsgemäß der Mieter die Reparaturen sowie allgemein Schönheitsreparaturen hätte durchführen müssen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784, und in BFH/NV 2002, 904).
b) Von diesem Grundsatz hat der BFH lediglich zwei Ausnahmen zugelassen. So werden Aufwendungen für Schönheitsreparaturen vor Selbstnutzung insoweit als Werbungskosten berücksichtigt, als sie vom Mieter getragen wurden und als Einnahmen des Steuerpflichtigen (Vermieters) erfasst worden sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784, unter II. 2. a betr. Einbehalt der Mietkaution). Ebenfalls sind Aufwendungen für Reparaturen als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn sie zur Beseitigung eines Schadens getätigt wurden, der die mit dem gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache verbundene Abnutzung deutlich übersteigt, wie insbesondere bei mutwilligen Schäden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784, unter II. 2. b, und in BFH/NV 2002, 904, unter II. 1. c).
2. Nach diesen (dem FG bei seiner Urteilsfindung teilweise noch nicht bekannten) Grundsätzen hat das FG die Aufwendungen für die Schönheitsreparaturen zu Unrecht mit der Begründung als Werbungskosten zum Abzug zugelassen, dass sie an sich die Mieter hätten tragen müssen. Gerade Aufwendungen für Schönheitsreparaturen werden erfahrungsgemäß mit Rücksicht auf den persönlichen Geschmack und die Qualitätsanforderungen des Steuerpflichtigen hinsichtlich der beabsichtigten Selbstnutzung getätigt (BFH-Urteile in BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784, und in BFH/NV 2002, 904). Der Abzug der Schönheitsreparaturen als nachträgliche Werbungskosten lässt sich im Streitfall deshalb auch nicht auf § 24 Nr. 2 EStG stützen.
Die Überlegungen des FG zur Überwälzung der Pflicht zu Schönheitsreparaturen auf den Mieter als Verzicht auf höhere Mieteinnahmen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784) und die Zahlungsunfähigkeit der Mieter rechtfertigen schon deshalb keine andere Beurteilung, weil hier weder die Mieter Aufwendungen getragen haben noch dem Kläger Einnahmen zugerechnet worden sind, soweit er mögliche Ersatzansprüche gegen seinen früheren Mieter nicht geltend gemacht hat.
3. Die Entscheidung des FG stellt sich auch nicht gemäß § 126 Abs. 4 FGO aus anderen Gründen als richtig dar. Das FG hat als Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, dass die übrigen Reparaturaufwendungen des Klägers keine Aufwendungen zur Beseitigung eines Schadens waren, der die mit dem gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache verbundene Abnutzung deutlich übersteigt. Diese Schlussfolgerung des FG ist auf der Grundlage seiner mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze; sie bindet damit den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO (vgl. dazu u.a. BFH-Urteile vom 9. Januar 2001 IX R 31/98, BFH/NV 2001, 1017, und vom 14. Februar 1995 IX R 95/93, BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462, m.w.N.).
4. Da die Vorentscheidung auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen ist die Klage abzuweisen, da die Aufwendungen des Klägers für Schönheitsreparaturen keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellen.
Fundstellen
Haufe-Index 911445 |
BFH/NV 2003, 610 |
DStRE 2003, 598 |
HFR 2003, 457 |
EStB 2003, 177 |
ZfIR 2003, 611 |