Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zahlt ein Genosse beim Eintritt in eine Kreditgenossenschaft zur Abgeltung des mit dem Eintritt verbundenen Aufwands ein einmaliges Eintrittsgeld in Höhe von 5 DM, so kann dieses in vollem Umfang als Mitgliederbeitrag nach § 8 Abs. 1 KStG steuerfrei sein. Ist dies der Fall, so ist der mit dem Eintritt in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Aufwand in Höhe des Eintrittsgeldes gemäß § 13 Satz 1 KStG nicht abzugsfähig.
Normenkette
KStG §§ 8, 13
Tatbestand
Die Bfin. ist eine Kreditgenossenschaft. Sie bezweckt die Förderung der Wirtschaft ihrer Genossen durch Ansammlung und Nutzbarmachung von Geldmitteln, insbesondere von Spareinlagen und durch Gewährung von Darlehen und Krediten an die Genossen. Dieser Zweck soll durch den Betrieb einer Spar- und Darlehnskasse erreicht werden, ferner durch die Vermittlung von Versicherungen und Darlehen für die Genossen und durch Beteiligung an ähnlichen Unternehmungen (ß 2 der Satzung). Die Höhe des Geschäftsanteils jedes Genossen beträgt mindestens 50 DM (ß 35 Abs. 1 der Satzung). § 5 der Satzung bestimmt:
"Jeder Genosse hat ein Eintrittsgeld in Höhe von 5 DM zu zahlen. Das Eintrittsgeld wird der gesetzlichen Rücklage zugeführt".
Im Streitjahr 1959 sind der Bfin. aus den satzungsgemäß erhobenen Eintrittsgeldern Beträge in Höhe von 2600 DM zugeflossen, die die Bfin. als steuerfreie Mitgliedsbeiträge (ß 8 Abs. 1 KStG) behandelt wissen will. Demgegenüber betrachtete sie das Finanzamt bei der Körperschaftsteuer-Veranlagung 1959 als steuerpflichtige pauschalierte Gegenleistung für die Förderung der Mitglieder durch die Bfin. (KStR 1958 Abschn. 33 Abs. 2).
Dagegen wendet sich das Rechtsmittel der Bfin., mit dem sie u. a. geltend macht, die Eintrittsgelder könnten nicht als Gegenleistung für die wirtschaftliche Leistung der Bfin. angesehen werden, weil sie die laufenden Kreditgewährungen wertmäßig auch nicht annähernd abgelten würden. Das Eintrittsgeld solle vielmehr lediglich die Kosten des Eintritts in die Genossenschaft decken. Diese bestünden in den Aufwendungen für die Bearbeitung der Beitrittserklärung, die Beratung der Zulassung in der Vorstandssitzung, die Einreichung der Beitrittserklärung beim Registergericht, die Eintragung in die Mitgliederliste der Genossenschaft, die Anlegung von Konten, Kartei- und Adreßplatte, den Schriftwechsel mit dem Mitglied und die übersendung der Satzung und Geschäftsbedingungen.
Einspruch und Berufung der Bfin. hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht führte u. a. aus: Diene eine Vereinigung vorwiegend den wirtschaftlichen Interessen und der wirtschaftlichen Förderung ihrer Mitglieder, so seien die Beiträge in der Regel als pauschalierte Gegenleistung der Mitglieder für die Leistung der Vereinigung anzusehen. Dies treffe auch auf die von der Bfin. vereinnahmten Eintrittsgelder zu, die nicht ohne die Erwartung einer entsprechenden Leistung der Genossenschaft entrichtet würden.
Mit der Rb. brachte die Bfin. ergänzend folgendes vor: Die Eintrittsgelder seien nicht das Entgelt für die Kreditgewährung, sondern würden auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage für den Erwerb der Mitgliedschaft und aus ideellen Gründen bezahlt. Zwischen ihrer gesellschaftsrechtlichen und ihrer wirtschaftlichen Sphäre müsse scharf unterschieden werden. Die Mitglieder hätten eine Doppelstellung. Sie seien Mitglieder und Kunden in einer Person. Das Eintrittsgeld würde ausschließlich für den Erwerb der Mitgliedschaft bezahlt, während die Kredite durch Zahlung von Zinsen erkauft werden müßten. Das geringfügige Eintrittsgeld stehe zu den später gewährten wirtschaftlichen Leistungen in keinem Verhältnis, da sich aus dem Beitritt vielleicht ein jahrzehntelanges Kreditverhältnis ergeben könne. Wenn man die Eintrittsgelder nicht als Mitgliedsbeiträge anerkenne, so müsse man sie mindestens entsprechend dem Mehrerlös bei der Ausgabe neuer Aktien (Aufgeld, Agio) bei der AG behandeln. So sehe der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zum Genossenschaftsgesetz vom 23. Februar 1962 in § 113 ausdrücklich vor, daß die Eintrittsgelder - wie sie selbst es nach ihrer Satzung handhabe - in die gesetzliche Rücklage einzustellen seien. In den Erläuterungen des Entwurfs werde zur Begründung angeführt, dies entspreche der Behandlung des Aufgelds bei der AG. Diese sei Teil der gesellschaftsrechtlichen Einlage und gehöre als solche nicht zum steuerlichen Einkommen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Der Senat vermag der Auffassung der Vorinstanz zwar im Ergebnis, nicht aber in der Begründung beizutreten. Wenn die Vorinstanz der Auffassung ist, daß die Eintrittsgelder Teil des Entgeltes für die Leistungen sind, die die Genossenschaft den Genossen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Förderung erbringen wird, so kann ihr darin nicht beigepflichtet werden. Wären die Eintrittsgelder so zu beurteilen, so könnten sie allerdings nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs I 104/52 U vom 5. Juni 1953 (BStBl 1953 III S. 212, Slg. Bd. 57 S. 553) nicht als Mitgliederbeiträge im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG angesehen werden. Etwas anderes muß jedoch gelten, wenn die Genossen die Eintrittsgelder lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder nach der Satzung entrichten müssen (ß 20 Abs. 1 KStDV). Ob das eine oder das andere der Fall ist, liegt zwar zum Teil auf dem Gebiet der tatsächlichen Würdigung. Dabei ist jedoch in rechtlicher Hinsicht zu beachten, daß auch bei einer Genossenschaft, die der unmittelbaren Förderung der wirtschaftlichen Mitgliederinteressen dient, Zahlungen der Genossen nicht ohne weiteres als Leistungsentgelt angesehen werden können. So hat der Senat im Urteil I 104/52 U a. a. O. eine Aufteilung der Beiträge in steuerpflichtige und steuerfreie Einkünfte vorgenommen (siehe auch KStR Abschn. 33 Abs. 2). Auch eine auf wirtschaftliche Förderung ihrer Mitglieder ausgerichtete Genossenschaft hat eine rein mitgliedschaftliche Sphäre, die von dem eigentlichen Leistungsaustausch zwischen ihr und den Genossen zu trennen ist. Die Tatsache allein, daß die Genossen das Eintrittsgeld in der Erwartung einer bestimmten Leistung der Genossenschaft entrichten, reicht somit noch nicht aus, um das Eintrittsgeld als Teil einer späteren Gegenleistung anzusehen.
Im Streitfall hat die Bfin. bereits im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht, das Eintrittsgeld bezwecke lediglich, die mit dem Eintritt der Genossen entstehenden Aufwendungen zu decken. Sie hat diesen Aufwand im einzelnen erläutert. Bei der niedrigen Höhe der Eintrittsgelder und dem nach der Lebenserfahrung abschätzbaren Eintrittsaufwand muß davon ausgegangen werden, daß die Eintrittsgelder lediglich dazu dienen, die mit dem Erwerb der Mitgliedschaftsrechte verbundenen Aufwendungen zu decken. Das Eintrittsgeld wird somit in der mitgliedschaftlichen Sphäre geleistet und ist gemäß § 8 Abs. 1 KStG steuerfrei.
Ist das Einkommen nur zu einem Teil steuerpflichtig, so können Ausgaben jedoch nur insoweit abgezogen werden, als sie mit steuerpflichtigen Einkünften in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (ß 13 Satz 1 KStG). Bleiben Beiträge der Mitglieder einer Personenvereinigung bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz, so dürfen auch die Ausgaben nicht berücksichtigt werden, die mit den Beiträgen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (Urteile des Reichsfinanzhofs I A 442/30 vom 10. Mai 1932, RStBl 1932 S. 632; I A 208/33 vom 10. Oktober 1933, RStBl 1934 S. 58). Wenn die Bfin. vorträgt, das Eintrittsgeld in Höhe von 5 DM sei nichts anderes als der Ausgleich für die Kosten, die beim Eintritt der Mitglieder entstünden, so bedeutet dies, daß dem Eintrittsgeld in derselben Höhe Ausgaben gegenüberstehen, die mit diesem in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Eintrittsgeld und Eintrittsaufwand sind nach ihrer Entstehung und Zweckverbindung verknüpft. Ist das Eintrittsgeld nach § 8 KStG steuerfrei, so ist gemäß § 13 KStG der Eintrittsaufwand insoweit nicht abzugsfähig, als er aus dem vereinnahmten steuerfreien Betrag gedeckt werden kann.
Die Akten lassen erkennen, daß die Bfin. ihrem Handelsbilanzgewinn keinen Betrag für nicht abzugsfähige Ausgaben nach § 13 KStG hinzugerechnet hat. Bei Berücksichtigung der nichtabzugsfähigen Ausgaben im Zusammenhang mit dem Eintritt ihrer Genossen muß daher die Steuerfreiheit der Eintrittsgelder ohne Auswirkung bleiben.
An diesem Ergebnis vermag auch der Einwand der Bfin. nichts zu ändern, das Eintrittsgeld müsse wie das Aufgeld (Agio) der Kapitalgesellschaft behandelt werden. Eine Gleichstellung des Eintrittsgeldes mit dem Aufgeld ist schon deshalb nicht möglich, weil es sich bei dem Aufgeld um einen Tatbestand handelt, der auf die Kapitalgesellschaft zugeschnitten ist. Das Aufgeld ist der Mehrerlös, der bei der Ausgabe von neuen Gesellschaftsanteilen, insbesondere von jungen Aktien, gegenüber dem Nennbetrag der Gesellschaft zufließt. In diesem speziellen Sinne kommt dem Ausgabeaufgeld im Rahmen des § 11 Ziff. 1 KStG eine bestimmte körperschaftsteuerrechtliche Bedeutung zu. Aber selbst wenn man das Eintrittsgeld entsprechend dem Aufgeld behandeln und davon ausgehen würde, daß es nicht unter den Einkommensbegriff des § 6 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 EStG fällt, so müßte der allgemeine, aus dem System des Einkommensteuerrechts herzuleitende Grundsatz zur Anwendung kommen, daß Aufwendungen dann nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, wenn sie mit Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die nicht unter den Einkommensbegriff des § 6 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 EStG fallen.
Die Rb. war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 411149 |
BStBl III 1964, 277 |
BFHE 1964, 125 |
BFHE 79, 125 |
BB 1964, 504 |
DB 1964, 905 |
DStR 1964, 267 |