Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenheimzulage für den Erwerb einer Wohnung aus der Konkursmasse des Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Erwirbt ein Ehegatte die zur Konkursmasse des anderen Ehegatten gehörende Familienwohnung vom Konkursverwalter, liegt keine (nicht begünstigte) Anschaffung "vom" Ehegatten i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG vor. Unter den weiteren Voraussetzungen des EigZulG hat der erwerbende Ehegatte daher Anspruch auf eine Eigenheimzulage.
Normenkette
EigZulG § 2 Abs. 1 S. 3; EStG § 26 Abs. 1; KO §§ 6-7
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Über das Vermögen des Ehemannes der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war das Konkursverfahren eröffnet worden. Mit notariellem Kaufvertrag vom 8. Juli 1996 veräußerte der Konkursverwalter das im Alleineigentum des Ehemannes stehende Hausgrundstück, das teilweise vermietet war und teilweise von den Eheleuten bewohnt wurde, an die Klägerin (Kaufpreis 450 000 DM). Die den Erwerb finanzierende Kreissparkasse bestätigte den Eheleuten im späteren finanzgerichtlichen Verfahren, das Wohnhaus habe im Rahmen des Konkurses zur Verwertung angestanden; es habe durchaus zu einer Zwangsversteigerung bzw. zu einem Verkauf an Dritte außerhalb des Verfahrens kommen können. Drittinteressenten seien seinerzeit vorhanden gewesen. Die Klägerin habe das Wohnhaus erworben, um es nicht zur Zwangsversteigerung bzw. zum Kauf an Dritte kommen zu lassen.
Die Klägerin beantragte eine Eigenheimzulage ab 1996 in Höhe von 4 000 DM (Fördergrundbetrag 2 500 DM, Kinderzulage 1 500 DM) aus den anteiligen, auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden Anschaffungskosten, welche die Höchstbemessungsgrundlage von 100 000 DM überstiegen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lehnte den Antrag ab, weil die Anschaffung einer Wohnung vom Ehegatten nach § 2 Abs. 1 Satz 3 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) nicht begünstigt sei. Soweit eine Eigenheimzulage gewährt werde, wenn der Ehegatte das Eigentum durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erwerbe, beruhe dies darauf, dass das Eigentum nicht vom Eigentümer-Ehegatten, sondern durch Hoheitsakt übertragen werde. Dieser Grundsatz sei auf den Erwerb einer dem Ehemann gehörenden Wohnung vom Konkursverwalter nicht entsprechend anwendbar. Der Einspruch der Klägerin war erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2002, 521 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 2 Abs. 1 EigZulG. Erwerbe ein Ehegatte eine dem anderen Ehegatten gehörende Wohnung im Wege der Zwangsversteigerung, entspreche der Erwerb nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zu § 7b und § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) der vermögenspolitischen Zielsetzung dieser Vorschriften, weil dadurch der Familie das Eigenheim erhalten bleibe. Dieser Rechtsgedanke sei auch auf das EigZulG anzuwenden. Der Umstand, dass sie ―die Klägerin― das Objekt nicht durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung, sondern freihändig vom Konkursverwalter erworben habe, sei ohne Bedeutung. Denn dadurch habe lediglich vermieden werden sollen, dass das Gebäude in einem durchzuführenden Zwangsversteigerungsverfahren einem Fremden zugeschlagen werde.
Die Klägerin beantragt, das finanzgerichtliche Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Eigenheimzulage ab 1996 einschließlich Kinderzulage auf 4 000 DM (entspricht 2 045,17 €) jährlich festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur antragsgemäßen Festsetzung der Eigenheimzulage (§§ 126 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. 100 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 21. März 2002 III R 30/99, BFHE 198, 184, BStBl II 2002, 547, m.w.N.).
Zu Unrecht hat das FG keine Eigenheimzulage für den Erwerb des Einfamilienhauses aus der Konkursmasse des Ehemannes gewährt.
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG ist eine Wohnung, die der Anspruchsberechtigte von seinem Ehegatten anschafft, nicht begünstigt, wenn ―wie im Streitfall― bei den Ehegatten im Zeitpunkt der Anschaffung die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG (unbeschränkte Steuerpflicht, kein dauerndes Getrenntleben) vorliegen.
a) Unter Anschaffung im Sinne der Vorschriften zur Förderung des Wohneigentums ist der entgeltliche Erwerb des bürgerlich-rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums zu verstehen (BFH-Urteil vom 23. September 1992 X R 159/90, BFHE 169, 328, BStBl II 1993, 152, zu § 10e EStG).
b) Der Anspruchsberechtigte schafft die Wohnung vom Ehegatten an, wenn der Ehegatte kraft seiner Position als Eigentümer das Eigentum an der Wohnung auf den Anspruchsberechtigten überträgt. Ist über das Vermögen des Ehemannes das Konkursverfahren eröffnet worden und erwirbt der Anspruchsberechtigte das zur Konkursmasse des Ehemannes gehörende Einfamilienhaus vom Konkursverwalter, liegt kein Erwerb vom Ehegatten i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG vor.
Denn mit Eröffnung des Konkursverfahrens hat der Ehemann die Befugnis verloren, sein zur Konkursmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen (§ 6 Abs. 1 der Konkursordnung ―KO―; vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 4. Juni 1996 IX ZR 261/95, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht ―WM― 1996, 1411). Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wird durch den Konkursverwalter ausgeübt (§ 6 Abs. 2 KO). Der Ehemann der Klägerin durfte das konkursbefangene Grundstück daher nicht mehr veräußern. Er blieb zwar Rechtsträger (Eigentümer) des Grundstücks, aber mangels Verfügungsbefugnis war er gehindert, das Eigentum auf einen anderen zu übertragen. Eine Verfügung über das Grundstück wäre den Gläubigern gegenüber unwirksam gewesen (§ 7 KO). Zum Verkauf war allein der Konkursverwalter berechtigt. Er ist daher im notariellen Grundstückskaufvertrag auch als Verkäufer aufgeführt. An die Rechtshandlungen des Konkursverwalters ist der Gemeinschuldner als Vermögensträger in gleicher Weise gebunden, wie wenn er sie selbst vorgenommen hätte (Hess, Kommentar zur Konkursordnung, 5. Aufl., § 6 Rz. 9). Nach h.M. handelt der Konkursverwalter in Ausübung des ihm übertragenen Amtes kraft eigenen Rechts, im eigenen Namen und mit unmittelbarer Wirkung für und gegen den Gemeinschuldner als Träger der den Gläubigern als Haftungsobjekt zugewiesenen Konkursmasse (BGH-Urteil in WM 1996, 1411; Hess, a.a.O., § 6 Rz. 14 ff., m.w.N.).
Formal ging das zivilrechtliche Eigentum an dem übertragenen Grundstück zwar unmittelbar vom Ehemann auf die Klägerin über. Dieser formale Gesichtspunkt ist aber für die Gewährung der Eigenheimzulage unerheblich. Entscheidend ist, dass mit der Eröffnung des Konkursverfahrens nicht mehr der Ehemann, sondern nur noch der Konkursverwalter verfügen durfte, so dass der Erwerb des konkursbefangenen Grundstücks praktisch dem Erwerb von einem Dritten gleichkam.
Diese einschränkende Auslegung des Merkmals Anschaffung "vom Ehegatten" entspricht den mit dem EigZulG verfolgten Zielen, die Vermögensbildung ―auch im Hinblick auf die private Altersvorsorge― durch den Erwerb eigengenutzten Wohneigentums insbesondere für sog. Schwellenhaushalte und Familien mit Kindern zu fördern (BTDrucks 13/2235, S. 14).
Zwar sind nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 13/2235, S. 15) nach § 2 Abs. 1 Satz 3 alle Fälle von der Förderung ausgenommen, in denen sich der Eigentumswechsel innerhalb einer Ehegemeinschaft vollzieht. Nach dem Förderzweck können damit aber nur solche Eigentumswechsel gemeint sein, die zu keiner (weiteren/erneuten) Vermögensbildung in der Familie führen. Der Erwerb einer bereits im Eigentum eines Ehegatten stehenden, eigengenutzten Wohnung durch den anderen Ehegatten erfüllt den Förderzweck des EigZulG nicht, da damit eine bereits vorhandene Familienwohnung lediglich von einem Ehegatten auf den anderen und ohne Minderung des Familienbudgets durch Zahlung eines Kaufpreises an Dritte übertragen wird. Für dieselbe Wohnung würde zweimal die Förderung gewährt, obwohl nur ein Objekt für die Familie angeschafft worden ist.
Ist dagegen ―wie im vorliegenden Fall― eine Wohnung durch Konkurs des Ehemannes dem Familienbesitz wirtschaftlich als Objekt der Vermögensbildung entzogen, führt die Anschaffung durch die Ehefrau aus der Konkursmasse zu einer neuen Vermögensbildung in Form von Wohneigentum für die Familie. Das entspricht dem Zweck der Eigenheimzulage.
Das Konkursverfahren hat zum Ziel, durch Verwertung des konkursbefangenen Vermögens alle Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen. Ohne die Anschaffung des Grundstücks aus der Konkursmasse durch die Ehefrau wäre das Grundstück voraussichtlich an Fremde veräußert worden. Die Ehefrau hat das Grundstück für die Familie ein zweites Mal erworben, der Kaufpreis ist ein zweites Mal ―zugunsten der Gläubiger in die Konkursmasse― gezahlt worden. Der Erwerb des Grundstücks, damit die Familienwohnung erhalten bleibt, entspricht dem Erwerb einer Ersatzwohnung und damit der Zielsetzung des EigZulG (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 169, 328, BStBl II 1993, 152, zum Erwerb eines Grundstücks vom Ehegatten durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung).
Dementsprechend enthielt der Gesetzentwurf zu § 10e Abs. 1 Satz 8 EStG (BTDrucks 10/3633, S. 15) zum Ausschluss der Steuerbegünstigung für Erwerbe unter Ehegatten die Erläuterung, eine Begünstigung "bloßer Eigentumswechsel innerhalb einer Ehegemeinschaft" widerspräche der vermögenspolitischen Zielsetzung der Förderung. Diese Zielsetzung liegt dem EigZulG unverändert zugrunde (Senatsurteil vom 5. Juni 2003 III R 51/00, BFH/NV 2003, 1399).
2. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Etwa ein Drittel des für 450 000 DM erworbenen Grundstücks nutzt die Klägerin ―nach ihren vom FA nicht in Frage gestellten Angaben― mit der Familie zu eigenen Wohnzwecken. Die auf den eigengenutzten Teil entfallenden Anschaffungskosten überschreiten daher offensichtlich die Höchstbemessungsgrundlage von 100 000 DM, so dass die Klägerin Anspruch auf den Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EigZulG in Höhe von 2 500 DM hat. Außerdem steht ihr für den Sohn eine Kinderzulage in Höhe von 1 500 DM zu. Die Eigenheimzulage für den Förderzeitraum 1996 bis 2003 war daher auf jährlich 2 045,17 € (entspricht 4 000 DM) festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 1129516 |
BFH/NV 2004, 689 |
BStBl II 2004, 489 |
BFHE 2004, 212 |
BFHE 205, 212 |
BB 2004, 874 |
DB 2004, 966 |
DStRE 2004, 573 |
DStZ 2004, 321 |
HFR 2004, 609 |
FR 2004, 851 |
SteuerBriefe 2004, 631 |
GStB 2004, 23 |
KFR 2004, 269 |
NWB 2004, 1233 |
NWB 2005, 4354 |
DWW 2004, 234 |
FamRZ 2004, 1375 |
MittBayNot 2004, 382 |
StuB 2004, 614 |
ZfIR 2004, 444 |
KÖSDI 2004, 14172 |
BTR 2004, 139 |
InsbürO 2004, 275 |
RdW 2004, 582 |
StBW 2004, 7 |
ZErb 2004, 237 |
BBV 2004, 7 |
JWO-MietR 2004, 131 |
SJ 2004, 6 |
StB 2004, 164 |
b&b 2004, 248 |
stak 2004, 0 |