Leitsatz (amtlich)
Tritt ein Steuerpflichtiger während des Ausschlußzeitraums der 3. KonjVO in einen vor Beginn des Ausschlußzeitraums abgeschlossenen Kaufvertrag über ein Fertighaus ein, so stehen ihm nach § 1 Abs. 3 der 3. KonjVO die erhöhten Absetzungen des § 7b EStG nicht zu.
Normenkette
3. KonjVO § 1 Abs. 3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) schloß am 2. August 1973 mit der X-KG einen Vertrag über die Lieferung und Aufstellung eines Fertighauses. Der Kaufvertrag enthält über dem Vertragskopf folgenden Vermerk: "Hiermit tritt Y (der Kläger) in den Kaufvertrag Nr. 03/16/10/71 vom 26. Oktober 1971 des Herrn Z ... ein." Die Baugenehmigung beantragte der Kläger am 11. September 1973; das Haus bezog er im Jahr 1974.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte es bei der Einkommensteuerveranlagung 1975 unter Hinweis auf § 1 Abs. 3 der Dritten Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen vom 7. Juni 1973 - 3. KonjVO - (BGBl I 1973, 530, BStBl I 1973, 522) ab, erhöhte Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen, da der Kaufvertrag innerhalb der Ausschlußfrist der Dritten Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen übernommen und auch der Antrag auf Baugenehmigung innerhalb dieser Frist gestellt worden sei.
Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage mit im wesentlichen folgender Begründung ab: Der Eintritt in einen bereits bestehenden Vertrag über die Lieferung eines Fertighauses anstelle des bisherigen Erwerbers sei im Rahmen des § 1 Abs. 3 der 3. KonjVO als Abschluß eines neuen Kaufvertrags bzw. als neue Bestellung anzusehen. Dem Zeitpunkt der Bestellung durch den Rechtsvorgänger komme deshalb keine Bedeutung zu. Seine dagegen eingelegte Revision, die der erkennende Senat mit Beschluß vom 20. September 1978 VIII B 7/78 zugelassen hat, begründet der Kläger im wesentlichen wie folgt: Durch den Eintritt in einen bereits bestehenden Vertrag habe der Kläger sämtliche Rechte und Pflichten aus diesem Vertragsverhältnis übernommen. In diesen Fällen habe die Rechtsprechung anerkannt, daß auch steuerlich nicht der Abschluß eines neuen Vertrags angenommen werden müsse. Auch im Streitfall seien keine zwingenden Gründe ersichtlich, vom bürgerlichen Recht abzuweichen. Zwar enthalte die Ermächtigungsvorschrift des § 51 Abs. 2 EStG keine Definition des Zeitpunkts einer Bestellung, jedoch ergebe sich aus dem Zweck der Ermächtigungsvorschrift, daß die Inanspruchnahme von erhöhten Absetzungen nicht für Maßnahmen ausgeschlossen werden dürfe, die vor dem Tag getroffen werden seien, an dem die Bundesregierung ihren Beschluß über die Verordnung bekanntgegeben habe.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die erhöhte Absetzung nach § 7b EStG in Höhe von 6 473 DM zum Abzug zuzulassen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Bei Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen, für die der Antrag auf Baugenehmigung nach dem 8. Mai 1973 und vor dem 1. Januar 1974 (Ausschlußzeitraum) gestellt worden ist, findet die Vorschrift des § 7b EStG keine Anwendung. Bei Fertighäusern gilt Satz 1 hinsichtlich des Beginns des dort bezeichneten Zeitraums mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Antragstellung auf Baugenehmigung der Abschluß des Kaufvertrags tritt, wenn dieser nachweislich vor der Antragstellung auf Baugenehmigung erfolgte (§ 1 Abs. 3 der 3. KonjVO, in der durch die Verordnung vom 4. Februar 1974, BGBl I 1974, 155, BStBl I 1974, 86, geänderten Fassung).
Nach der verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 3 Satz 2 der 3. KonjVO im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 51 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG, wie sie der Bundesfinanzhof (BFH) in seinen Urteilen vom 7. Juni 1977 VIII R 77/76 und VIII R 121/76 (BFHE 122, 482, BStBl II 1977, 635 und BFHE 122, 486, BStBl II 1977, 637) vorgenommen hat, findet die Vorschrift des § 7b EStG lediglich auf solche Fertighäuser keine Anwendung, die während des Ausschlußzeitraums bestellt worden sind.
Tritt - wie im Streitfall - ein Steuerpflichtiger in einen bereits bestehenden Vertrag über den Kauf eines Fertighauses ein, so liegt die Bestellung i. S. des § 1 Abs. 3 Satz 2 der 3. KonjVO in seiner verbindlichen Erklärung, er übernehme Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag des Rechtsvorgängers. Ähnlich wie bei der Abgabe eines verbindlichen Vertragsangebots nach § 145 BGB (vgl. dazu BFHE 122, 486, BStBl II 1977, 637) hat sich der Eintretende zu diesem Zeitpunkt unwiderruflich festgelegt, ein Fertighaus nach den bereits getroffenen vertraglichen Vereinbarungen erstellen zu lassen.
Das FG geht darum zu Recht davon aus, daß im Streitfall die Bestellung des Fertighauses während des Ausschlußzeitraums erfolgt ist. Denn der Kläger hat die maßgebende Erklärung am 2. August 1973, dem Tag des Abschlusses des Vertrages mit der X-KG, abgegeben.
2. Diese personenbezogene Auslegung des Begriffs "Bestellung", die davon ausgeht, daß die Bestellung desjenigen maßgebend ist, der die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG in Anspruch nehmen will, entspricht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.
Die Ermächtigung in § 51 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG und die darauf beruhende Dritte Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen zielten darauf ab, bauwillige Steuerpflichtige zu bewegen, vorübergehend die Durchführung ihrer Baupläne hinauszuschieben, um so eine Dämpfung der überhitzten Nachfrage auf dem Bausektor zu erreichen. Wer während des Ausschlußzeitraums den Antrag auf Baugenehmigung stellte, sollte von der Möglichkeit der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 7b EStG ausgeschlossen sein. Aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes hat der Gesetzgeber aber die Fälle ausgenommen, in denen sich ein Steuerpflichtiger bereits durch eine Bestellung gebunden hatte. Dies kommt besonders deutlich in der Begründung des Bundesrates zu der nachträglichen Einfügung einer Sonderregelung für Fertighäuser in § 1 Abs. 3 Satz 2 der 3. KonjVO zum Ausdruck, wonach nicht auf den Zeitpunkt des Bauantrages abgestellt werden könne, weil "der Steuerpflichtige sich hinsichtlich seines Hauses in obligo befinde, ohne die eingeplante Vergünstigung des § 7b EStG in Anspruch nehmen zu können" (Bundesrats-Drucksache 368/73; vgl. auch BFHE 122, 482, BStBl II 1977, 635). Schutzwürdig i. S. der Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 Satz 2 der 3. KonjVO sollten demnach nur die Steuerpflichtigen sein, die sich zu einem Zeitpunkt, als sie noch mit der Inanspruchnahme von erhöhten Absetzungen rechnen durften, zur Abnahme eines Fertighauses verpflichtet hatten. Der Kläger, der vor der Einführung der Dritten Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen noch keinerlei Verpflichtungen eingegangen war, gehört nicht zu diesem Personenkreis.
Diese Auslegung der Bestellung eines Fertighauses trägt auch der sachlichen Übereinstimmung des § 1 Abs. 3 Satz 2 der 3. KonjVO mit den übrigen Bestimmungen des § 1 der 3. KonjVO Rechnung. So gilt nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der 3. KonjVO der vorübergehende Ausschluß der Absetzung für Abnutzung nach fallenden Jahresbeträgen nicht für die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die "vom Steuerpflichtigen" nachweislich vor dem Ausschlußzeitraum bestellt worden sind oder mit deren Herstellung "der Steuerpflichtige" vor diesem Zeitraum begonnen hat. Der Gesetzgeber hat damit zum Ausdruck gebracht, daß er für die Entscheidung, ob eine Investition innerhalb oder außerhalb des Ausschlußzeitraums vorgenommen worden ist, an Handlungen des Steuerpflichtigen selbst und nicht an Handlungen eines Dritten anknüpft, die im allgemeinen außerhalb seiner Einflußsphäre liegen (vgl. BFH-Urteil vom 28. September 1979 III R 95/77, BFHE 129, 104, BStBl II 1980, 56, zur Auslegung des Begriffs "Beginn der Bauarbeiten" in § 4b Abs. 2 Satz 6 des Investitionszulagengesetzes 1975).
Entsprechendes muß auch für die private Investition eines Steuerpflichtigen gelten, der ein Fertighaus zu bauen beabsichtigt.
3. Der gegenteiligen Meinung im Schrifttum (vgl. Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 7b EStG Anm. 53, mit weiteren Nachweisen), die auch nach dem Eintritt eines Dritten in einen Kaufvertrag über ein Fertighaus den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages bzw. den Zeitpunkt der Bestellung durch den ursprünglichen Käufer für maßgeblich hält, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Denn diese Auffassung, die entscheidend darauf abstellt, daß die Rechtsverbindlichkeit des ursprünglichen verbindlichen Vertragsangebots unberührt bleibt, geht von einem objektbezogenen Begriff der Bestellung i. S. des § 1 Abs. 3 Satz 2 der 3. KonjVO aus.
Fundstellen
Haufe-Index 73664 |
BStBl II 1980, 759 |
BFHE 1981, 307 |