Leitsatz (amtlich)
Überträgt eine GmbH & Co. KG eine Teilfläche eines von ihr zunächst gemäß § 1 Nr. 1 GrEStWG steuerbefreit erworbenen Grundstücks noch vor Errichtung eines Gebäudes mit steuerbegünstigten Wohnungen auf einen ausscheidenden Gesellschafter der KG, so liegt darin die Aufgabe des steuerbegünstigten Zweckes auch dann, wenn die Teilfläche dem Anteil dieses Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen entspricht und wenn der Gesellschafter auf der Teilfläche ein Gebäude mit steuerbegünstigten Wohnungen errichtet.
Normenkette
Nordrhein-westfälisches Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau i.d.F. vom 19. Juni 1958 - GrEStWG - (GVBl S. 282) § 1 Nr. 1, § 3 Abs. 3 S. 1; GrEStG § 6
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, hatte durch einen im Mai/Juni 1959 genehmigten Kaufvertrag vom April 1959 nicht bebaute Grundstücke erworben und Grunderwerbssteuerbefreiung beantragt mit der Versicherung, sie werde die Grundstücke binnen fünf Jahren zum steuerbegünstigten Wohnungsbau verwenden. Vor Beginn der Bauarbeiten übertrug die Klägerin im April 1960 eine Teilfläche davon auf zwei aus der KG ausscheidende Gesellschafter. Die Teilfläche entsprach den Anteilen dieser Gesellschafter am Vermögen der Klägerin.
Auf den Einspruch gegen den Steuerbescheid setzte das FA die zunächst angeforderte Grunderwerbsteuer wegen Minderung der Gegenleistung in der Einspruchsentscheidung herab, hielt aber in dem Hauptstreitpunkt daran fest, daß die Klägerin den steuerbegünstigten Zweck insoweit aufgegeben habe, als sie die o. a. Teilfläche vor Errichtung steuerbegünstigter Wohnungen weiterveräußert habe.
Auch die Berufung wies das FG Düsseldorf, Kammern in Köln, durch das auszugsweise in der Deutschen Steuer-Zeitung, Ausgabe B 1964 S. 263 wiedergegebene Urteil VI 26/61 GrErw vom 26. Mai 1964 als unbegründet zurück.
Mit der Rb. begehrt die Klägerin erneut Freistellung von der angeforderten Grunderwerbsteuer, da die den Anteilen der Beteiligten entsprechende Aufteilung des Vermögens einer Gesamthänderschaft keine Veräußerung darstelle, wie sich aus § 6 GrEStG ergebe, und da die Gesellschafter auf den von ihnen erworbenen Grundstücksteilen steuerbegünstigte Wohnungen errichtet hätten.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Rb. - jetzt Revision - ist nicht begründet. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats gibt ein Erwerber den zunächst gemäß § 1 Nr. 1 des nordrhein-westfälischen Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau in der Fassung vom 19. Juni 1958 - GrEStWG - (Gesetz- und Verordnungsblatt S. 282 - GVBl 282 -) steuerbegünstigten Zweck im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 GrEStWG auch dann auf, wenn er das erworbene Grundstück vor Ablauf der in § 3 Abs. 1 und 2 GrEStWG bestimmten Zeiträume weiterveräußert, ohne darauf ein Gebäude mit steuerbegünstigten Wohnungen errichtet zu haben (vgl. außer den vom FG angeführten Urteilen des BFH II 204/54 U vom 1. Dezember 1954, BFH 60, 122, BStBl III 1955, 47; II 226/54 U vom 24. August 1955, BFH 61, 218, BStBl III 1955, 282, und II 66/57 U vom 2. September 1959, BFH 69, 518, BStBl III 1959, 453, noch das - wenn auch zum Berliner GrEStWG 1953/1956 ergangene - Urteil II 286/59 U vom 22. August 1962, BFH 76, 30, BStBl III 1963, 12, und das - wenn auch zum rheinland-pfälzischen GrEStWG 1955 ergangene - Urteil II 57/62 U vom 31. März 1965, BFH 82, 328, BStBl III 1965, 365). Dies muß, wie das FG zutreffend entschieden hat, auch für die Übertragung von Grundstücken zwischen einer KG - also auch einer GmbH & Co. KG - und ihren Gesellschaftern gelten. Schon handelsrechtlich stellt das Gesellschaftsvermögen eine vom Privatvermögen des einzelnen Gesellschafters getrennte Sondervermögensmasse mit selbständigem rechtlichen Schicksal dar. Der Übergang eines Vermögensgegenstandes aus dem Gesellschaftsvermögen in das Privatvermögen des einzelnen Gesellschafters beinhaltet einen vollständigen Rechtsübergang; die Übertragung von Grundstücken aus dem Gesamthandseigentum auf einen Gesellschafter (oder auf alle Gesellschafter zu Bruchteilen) erfordert Auflassung und Grundbuchumschreibung (Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 3. Aufl. § 16 zu IV 1 S. 166; Schlegelberger-Geßler, 3. Aufl. § 105 HGB, Tz. 35, 40; Weipert in Kommentar von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern zum HGB - HGB-RGRK -, 2. Aufl. § 105 Anm. 42). Grunderwerbsteuerrechtlich ist die KG ein selbständiger Rechtsträger, so daß Grundstücksübertragungen zwischen einer KG und ihren Gesellschaftern - unbeschadet deren Stellung als Gesamthandseigentümern - als grunderwerbsteuerbare Erwerbsvorgänge (Rechtsvorgänge: vgl. § 1 Abs. 1 Einleitungssatz GrEStG unter das auch für das GrEStWG geltende GrEStG (§ 1 Einleitungssatz GrEStWG) fallen (vgl. Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 8. Aufl. § 1 Tz. 7 bis 10 mit Nachweisen der Rechtsprechung). Aus dem von der Klägerin angeführten § 6 GrStG können die von ihr gezogenen Rechtsfolgerungen nicht abgeleitet werden. Im Gegenteil ergibt sich daraus, daß bei grundsätzlicher Grunderwerbsteuerbarkeit unter den dort genannten Voraussetzungen lediglich die Grunderwerbsteuer für Erwerbsvorgänge zwischen einer Gesamthand und ihren Gesamthändern ganz oder zum Teil zur Vermeidung von Härten unerhoben bleibt (vgl. Boruttau-Klein, a. a. O., § 5 Tz. 3, 4, 6; § 6 Tz. 1, 2, 7). Im Streitfall handelt es sich aber nicht um die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung der Grundstücksübertragungen zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern im Jahre 1960, sondern um die Beurteilung ihres Erwerbs im Jahre 1959. Eine Ausweitung der Vergünstigungsvorschrift des § 6 GrEStG in dem von der Klägerin gewünschten Sinne ist den Gerichten nicht möglich, wäre auch mit Sinn und Zweck der verschiedenen Vergünstigungsvorschriften des § 6 GrEStG einerseits und des GrEStWG andererseits nicht vereinbar. Es ist ein Unterschied, ob ein Gebäude mit steuerbegünstigten Wohnungen von der Klägerin selbst auf einem ihr gehörigen - in der Gesamthänderschaft gebundenen (vgl. § 161, § 105 Abs. 2 HGB, § 718 Abs. 1, § 719 Abs. 1 BGB) - Grundstück oder von einem ihrer ausscheidenden Gesellschafter allein auf einem ihm allein gehörigen Grundstück errichtet wird. Der Umstand, daß bei dieser rechtlichen Gestaltung und Behandlung die Klägerin ihre Steuervergünstigung verliert, dem Gesellschafter aber für seinen Erwerb Steuervergünstigung (zufällig) aus zwei Vorschriften - § 6 GrEStG und § 1 GrEStWG - zugleich zusteht, ändert nichts an der vorstehenden rechtlichen Betrachtung und kann auch nicht - wie die Klägerin meint - als paradox bezeichnet werden. Eine "Übertragung" (Vorverlagerung) einer der dem Gesellschafter für seinen Erwerbsvorgang zustehenden Vergünstigungsvorschriften auf den steuerpflichtig gewordenen Erwerbsvorgang der Klägerin ist rechtlich nicht möglich, da bei der Grunderwerbsteuer als einer Steuer auf den einzelnen Rechtsvorgang jeder Erwerbsvorgang für sich beurteilt werden muß. Eine andere Auffassung würde im übrigen dem Grundsatz widersprechen, daß die Steuerbefreiung in Fällen der streitigen Art (von hier nicht vorliegenden Sonderfällen abgesehen: vgl. insoweit BFH-Entscheidung II 139/63 vom 20. Juni 1967, BFH 89, 485, BStBl III 1967, 677) nur einmal gewährt werden kann, und zwar nur dem Errichter des Gebäudes selbst (vgl. die Nachweise der Rechtsprechung des Senats in dem o. a. Urteil II 139/63 vom 20. Juni 1967). Dabei ist es insoweit für die (Nach-)Steuerpflicht des Ersterwerbers unerheblich, ob die Weiterveräußerung selbst - zugunsten des Nacherwerbers - aus Gründen des sozialen Wohnungsbaues oder aus anderen Gründen grunderwerbsteuerbegünstigt ist (vgl. insoweit außer dem Urteil II 204/54 U vom 1. Dezember 1954, a. a. O., - wenn auch zu anderen Landesgesetzen - die Urteile II 151/59 U vom 26. Juli 1961, BFH 73, 571, BStBl III 1961, 473, und auch II 12/62 vom 31. März 1965, HFR 1965, 341).
Fundstellen
Haufe-Index 67972 |
BStBl II 1968, 386 |
BFHE 1968, 491 |