Leitsatz (amtlich)
Ist der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) befreit, so überhebt ihn dies nicht der Notwendigkeit, den Abschluß und den Zeitpunkt des Abschlusses eines In-sich-Geschäfts nach außen hin im Drittinteresse erkennbar zu machen.
Normenkette
BGB § 181; KStG § 6 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist die zutreffende steuerrechtliche Beurteilung einer zwischen der Revisionsklägerin (Stpfl.), einer GmbH, und ihren Gesellschaftern vereinbarten, vom Revisionsbeklagten (FA) für das Streitjahr 1957 - als für die Vergangenheit vereinbart - für unwirksam erachteten Mietzinserhöhung.
Die Gesellschafter der Stpfl. sind Eheleute und am Stammkapital der Stpfl. zu 80 bzw. 20 v. H. beteiligt. Der Ehemann ist zugleich Geschäftsführer der Stpfl. und von der Beschränkung des § 181 BGB befreit. Beide Gesellschafter sind Miteigentümer eines Grundstücks, das sie der Gesellschaft auf Grund mündlicher Vereinbarung gegen Zahlung eines Mietzinses von monatlich 3 000 DM mietweise überlassen hatten. Die Zahlung erfolgte dergestalt, daß 2 000 DM jeden Monat ausgezahlt und die restlichen 12x 1 000 DM am Jahresschluß in einer Summe dem Konto "Forderungen der Gesellschafter" gutgebracht wurden.
Nachdem Anfang 1957 der Stpfl. weitere Räume des zwischenzeitlich ausgebauten zweiten Stockwerks zusätzlich überlassen worden waren, wurde die Miete nach Einholung eines bausachverständigen Gutachtens im Juli 1958 mit Wirkung vom 1. Januar 1957 auf den (seiner Höhe nach zwischen den Beteiligten nicht streitigen) Betrag von monatlich 5 000 DM heraufgesetzt. Die nicht ausbezahlten, nunmehr 12x 3 000 DM wurden zum 31. Dezember 1957 auf Konto "Forderungen der Gesellschafter" gutgebracht. Das FA erkannte die Mieterhöhung für den Veranlagungszeitraum 1957 nicht als gewinnmindernd an und setzte dem Betriebsergebnis der Stpfl. 24 000 DM als verdeckte Gewinnausschüttung außerhalb der Bilanz hinzu.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das FG begründet seine Entscheidung wie folgt:
Entgegen dem Vortrag der Stpfl., daß die Mieterhöhung mit Wirkung vom 1. Januar 1957 ab dem Grunde nach bereits Anfang 1957 vereinbart worden sei, habe diese - schriftlich nicht fixierte - Vereinbarung erstmals im Februar 1959 bei Aufstellung der Bilanz zum 31. Dezember 1957 ihren buchmäßigen Niederschlag gefunden. Es handle sich somit um eine nachträgliche, für ein bereits abgelaufenes Geschäftsjahr getroffene und vollzogene Vereinbarung, die unter das von der Rechtsprechung entwickelte Rückwirkungsverbot falle. Dieses Verbot habe seinen Grund in der Gefahr willkürlicher Gewinnbeeinflussung und setze somit nicht die Feststellung und den Nachweis einer tatsächlich erfolgten Gewinnbeeinflussung voraus (Urteile des BFH I 4-5/55 U vom 31. Juli 1956, BFH 63, 237, BStBl III 1956, 288; I 164/62 U vom 31. Juli 1963, BFH 77, 328, BStBl III 1963, 440). Der BFH habe in diesen Urteilen auch ausgesprochen, daß keine aus der Lebenserfahrung gewonnene Vermutung dafür bestehe, daß die Überlassung im Eigentum der Gesellschafter stehender Wirtschaftsgüter nur gegen Zahlung eines angemessenen, nicht auch eines niedrigeren Miet- oder Pachtzinses erfolge.
Mit ihrer als Revision zu behandelnden Rb. macht die Stpfl. in Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens geltend, daß unter den Vertragschließenden die mit Wirkung vom 1. Januar 1957 vorgenommene Mieterhöhung nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach mit 5 000 DM monatlich festgestanden habe. Die Einholung des Sachverständigengutachtens habe nur die Angemessenheit des Mietzinses bestätigen sollen. In Anbetracht des Bestehens eines - auch vom FA anerkannten - Mietverhältnisses habe die Überlassung der weiteren Räume nicht ohne Gegenleistung erwartet werden können. Die Annahme einer mietzinsfreien Überlassung entspreche auch nicht der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Die Mieterhöhung sei danach sachlich und wirtschaftlich gerechtfertigt und darüber hinaus für ihre Gesellschafter angesichts der ihnen aus dem Wiederaufbau erwachsenden Schuldenlast eine zwingende Notwendigkeit gewesen. An der buchmäßigen Behandlung würde auch ein Anfang 1957 schriftlich festgelegter Mietvertrag nichts geändert haben. Von der nachträglichen Erstellung einer Buchungsunterlage habe man abgesehen. Der Streitfall sei dem mit Urteil I 4-5/55 U (a. a. O.) entschiedenen nicht vergleichbar, weil sich - im Gegensatz zu jenem Falle - im Streitfall auch die Leistung der Gesellschafter (Volumen des Mietobjekts) erhöht habe, dem mit Urteil I 164/62 U (a. a. O.) entschiedenen deshalb nicht, weil die Gefahr einer Gewinnmanipulation hier entfalle, da die Miete seit Überlassung des Mietobjekts ohne Rücksicht auf steuerliche Überlegungen berechnet worden sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Stpfl. hat im Verfahren vor dem FG in tatsächlicher Hinsicht vorgetragen, daß der an ihre Gesellschafter bar ausgezahlte Betrag des vereinbarten Mietzinses mit monatlich 2 000 DM zur Begleichung der Ausgaben für das Grundstück und zur Tilgung von Krediten gedient habe, die von ihnen für den Bau aufgenommen worden seien. Der hierzu nicht benötigte Spitzenbetrag (zunächst 12 000 DM, dann 36 000 DM jährlich) sei in einer Summe am Jahresschluß mit Forderungen der Stpfl. gegenüber ihren Gesellschaftern verrechnet worden. Der Mietzins sei nach Überlassung weiterer Räume Anfang 1957 dem Grunde nach in angemessener Höhe vereinbart gewesen. An der Handhabung seiner Entrichtung, insbesondere an der Verrechnung des 2 000 DM monatlich übersteigenden Teilbetrages mit Schulden der Gesellschafter gegenüber der Stpfl., habe sich nichts ändern sollen.
Die von der Stpfl. vorgetragene Vereinbarung ist nach außen nicht erkennbar gemacht worden. Auch wenn der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft zum Abschluß eigener Geschäfte mit der Kapitalgesellschaft (über den Rahmen bloßer Erfüllungsgeschäfte hinaus) ermächtigt ist, überhebt ihn das nicht der Notwendigkeit, den Abschluß solcher In-sich-Geschäfte im Drittinteresse deutlich zu machen. Unterläßt er dies, so begibt er sich damit der Möglichkeit, den Abschluß eines solchen In-sich-Geschäfts und den Zeitpunkt seines Abschlusses Dritten gegenüber nachweisen zu können. Dem Nachweis kommt um so größere Bedeutung zu, je mehr sich das Interesse der Gesellschaft und das ihres Geschäftsführers überschneiden.
Soweit die Stpfl. nunmehr im Revisionsverfahren vorträgt, daß auch die Höhe des für 1957 als Betriebsausgaben behandelten Mietzinses bereits Anfang 1957 auf monatlich 5 000 DM bemessen und nach Vorliegen des Gutachtens, das 6 500 DM für angemessen erklärt habe, beibehalten worden sei, liegt hierin einmal ein Widerspruch zu ihrem Vortrag in der Tatsacheninstanz, zum anderen ein neues, im Revisionsverfahren nicht mehr zu berücksichtigendes tatsächliches Vorbringen.
2. Das FG hat auf Grund des ihm unterbreiteten Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß eine klare, eindeutige, anfangs 1957 getroffene und durch Verbuchung oder auf andere Weise als zu diesem Zeitpunkt getroffen nachweisbare Vereinbarung über die Heraufsetzung des Mietzinses auf monatlich 5 000 DM nicht vorlag. Es hat deshalb die erst nach Ablauf des Jahres 1957 im Rahmen der Abschlußbuchungen im Februar 1959 erfolgte Verrechnung von 24 000 DM als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt.
Die Stpfl. greift diese Feststellung und ihre Folgen mit der Begründung an, daß ihre Gesellschafter angesichts ihrer Bauschulden auf die Mieterhöhung angewiesen gewesen seien, so daß die Mieterhöhung - wenn man sie schon nicht als die selbstverständliche Folge der Überlassung weiterer Mieträume im Rahmen eines bestehenden Mietvertrages gelten lassen wolle - zumindest aus wirtschaftlichen Erwägungen als anfangs 1957 vereinbart angenommen werden müsse. Dem ist entgegenzuhalten, daß ihre Ausführungen auch in diesem Punkt widersprüchlich sind und keinesfalls zwingend - anstelle anderer objektiver Beweisanzeichen - den von ihr gezogenen Schluß rechtfertigen. Denn wie die Stpfl. selbst vor dem FG vorgetragen hat, sollte der Spitzenbetrag nicht zur Abtragung von Bauschulden, sondern zur Abdeckung von Verbindlichkeiten der Gesellschafter der Stpfl. gegenüber dienen, zu welchem Zwecke er ausweislich der Erläuterungen zur Bilanz zum 31. Dezember 1957 auch tatsächlich verwendet worden ist. Auch wenn man dabei berücksichtigt, daß die Forderung der Stpfl. gegen ihre Gesellschafter aus einer darlehnsweisen Bereitstellung benötigter Baumittel herrührt (was die Stpfl. erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht klar zum Ausdruck gebracht hat), ist es mangels jeglichen Nachweises der behaupteten Vereinbarung nicht auszuschließen, daß in Höhe des 2 000 DM monatlich übersteigenden Betrages Gewinne der Stpfl. ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage zu vorzeitiger Tilgung dieses Darlehens verwendet worden sind. Daß die wirtschaftliche Vernunft für eine Mieterhöhung spricht, beweist noch nicht, daß die Stpfl. und ihre Gesellschafter in der Person des geschäftsführenden Gesellschafters einen entsprechenden Vertrag geschlossen haben. Es ist insbesondere nicht auszuschließen, daß zunächst die weitere Entwicklung des Unternehmens der Stpfl. abgewartet werden sollte, ehe die Mehrbelastung endgültig festgelegt wurde.
Da die vom FG getroffenen Feststellungen danach möglich sind und durchschlagende Gründe für die Unrichtigkeit oder Unmöglichkeit seiner Feststellungen nicht vorgebracht werden konnten, ist der Senat an diese Feststellungen gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Fehlt es aber in Ansehung schuldrechtlicher Verträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern an klaren und zu Beginn des betroffenen Veranlagungszeitraums gegebenen Vereinbarungen, so können später getroffene Vereinbarungen nicht die Rechtsgrundlage abgeben für die Verbuchung von Betriebsausgaben, die einen vor dem Zeitpunkt dieser späteren Vereinbarung liegenden Zeitabschnitt betreffen.
Fundstellen
Haufe-Index 412767 |
BStBl II 1968, 49 |
BFHE 1968, 212 |