Leitsatz (amtlich)
1. Die Steuervergünstigung nach § 1 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Gesetzes über GrESt-Befreiung für Vertriebene ist nicht allein deshalb zu versagen, weil die Erwerberin eine KG ist, deren Gesellschafter Vertriebene im Sinne des BVFG sind.
2. Wird die Revision gegen ein Zwischenurteil als unbegründet zurückgewiesen, so hat der Revisionskläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Normenkette
Nordrhein-westfälisches Gesetz über GrESt-Befreiung für Vertriebene vom 7. Januar 1958 (GVBl 1958, 10) § 1 Abs. 1; Bundesvertriebenengesetz - BVFG - i.d.F. vom 14. August 1957 (BGBl I 1957, 1215) § 1; FGO § 135 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin, die S-KG, bestand im Streitjahr 1960 aus den beiden persönlich haftenden Gesellschaftern, der Witwe S und ihrem Schwiegersohn H, sowie der Kommanditistin H, geborene S.
Alle drei Gesellschafter waren Vertriebene im Sinne des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG -) in der Fassung vom 14. August 1957 (BGBl I 1957, 1215).
Die Klägerin kaufte 1960 ein Grundstück. Auf Grund dieses Erwerbs setzte der Beklagte eine Grunderwerbsteuer fest.
Die Klägerin beantragte Freistellung von der Grunderwerbsteuer auf Grund des Gesetzes über Grunderwerbsteuer-Befreiung für Vertriebene (Landesgesetz - LG -) vom 7. Januar 1958 (BStBl II 1958, 15), da sie das Grundstück als Ersatz für ihren in G verlorenen Grundbesitz habe erwerben müssen. Sie sei materiell und personell die Fortsetzung der S-KG in G. Sie habe vor der Vertreibung in G und L je einen gleichartigen Betrieb besessen. An der S-KG in G seien der inzwischen verstorbene Herr S und seine Tochter, die jetzige Frau H, beteiligt gewesen. Alleinerbin des Herrn S sei seine Witwe geworden. Die S-KG habe in G erheblichen Grundbesitz gehabt, die Schadensfeststellung sei noch nicht endgültig durchgeführt worden. Außerdem habe Herr S privaten Grundbesitz gehabt, der laut Schadensfeststellungsbescheid mit ..."DM" bewertet worden sei. Der S-KG habe ein Unternehmen in L gehört; das Ausgleichsamt habe die Beteiligung mit ... DM festgestellt.
Daneben beantragte die Klägerin Erlaß der Grunderwerbsteuer auf Grund des Erlasses des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 1958, S 4545-23 700/VC-3 (abgedruckt in der Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau 1959 S. 30). Dieser Antrag ist nicht beschieden worden.
Den Einspruch der Klägerin hat der Beklagte als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hat durch Zwischenurteil entschieden, die Klägerin könne die Steuerbefreiung des LG insoweit in Anspruch nehmen, als ihre Gesellschafter Vertriebene sind und, was noch zu prüfen bleibe, die übrigen Voraussetzungen des LG erfüllt seien.
Der Beklagte hat Revision eingelegt. Er meint, das LG begünstige bewußt nur natürliche Personen, nicht dagegen Personengesellschaften, an denen Vertriebene beteiligt seien.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Das Zwischenurteil des FG war gemäß § 284 Abs. 2 AO a. F. nach Zustimmung der Klägerin zulässig.
In der Sache hat das FG zutreffend entschieden. Von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz sind gemäß § 1 Abs. 1 LG ausgenommen steuerpflichtige Erwerbsvorgänge durch einen Vertriebenen oder Heimatvertriebenen im Sinne der §§ 1 und 2 BVFG zur Beschaffung eines Ersatzes für den durch Vertreibungsmaßnahmen (§ 3 des Gesetzes über die Feststellung von Vertreibungsschäden und Kriegssachschäden in der Fassung vom 14. August 1952, BGBl I 1952, 534) verlorenen Grundbesitz. Ein Erwerbsvorgang durch einen Vertriebenen oder Heimatvertriebenen ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil der Erwerber eine Gesamthandsgemeinschaft (KG, OHG, GdbR) ist, deren Gesellschafter Vertriebene oder Heimatvertriebene im Sinne der §§ 1, 2 BVFG sind. Denn unbeschadet dessen, daß die Kommanditgesellschaften, ebenso wie die offenen Handelsgesellschaften und die Gesellschaften bürgerlichen Rechts im Grunderwerbsteuerrecht materiell als selbständige Rechtsträger behandelt werden, bleibt die bürgerlich-rechtliche Vorgegebenheit, daß das Eigentum dieser Gesellschaften nur Eigentum der Gesellschafter, wenn auch mit besonderer gesamthänderischer Bindung ist. Folglich müssen personenbezogene Eigenschaften, die bei allen Gesellschaftern vorliegen, auch der Gesellschaft zugerechnet werden. Da im Streitfall alle Beteiligten Vertriebene sind, kann die gerade auf die personenbezogene Vertriebeneneigenschaft abgestellte Steuerfreiheit für diesen Fall nicht schon daran scheitern, daß Erwerber des Grundstücks nicht eine natürliche Person (die einzelnen natürlichen Personen), sondern eine KG ist.
Über die Frage, ob die Steuerbefreiung ganz oder teilweise zu gewähren ist, wenn nur ein Teil der Gesellschafter die weiteren Voraussetzungen des LG erfüllen, war vorliegend nicht zu entscheiden, da das FG hierüber keine Feststellungen getroffen hat und das Gericht nicht zur Erörterung abstrakter Rechtsfragen, sondern nur zur Entscheidung konkreter Rechtsstreitigkeiten berufen ist.
Das Revisionsverfahren ist auch dann ein selbständiges Verfahren, wenn das angefochtene Zwischenurteil über einen einzelnen Streitpunkt entschieden hatte. Deshalb waren die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 135 Abs. 2 FGO dem Beklagten aufzuerlegen (vgl. auch BGHZ Bd. 20 S. 397). Der I. Senat hat auf Anfrage erklärt, daß er der Abweichung von der Kostenentscheidung in seinem nicht veröffentlichten Urteil I 146/64 vom 1. Februar 1967 zustimmt.
Fundstellen
Haufe-Index 68107 |
BStBl II 1968, 619 |
BFHE 1968, 517 |