Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohneigentumsförderung bei Erwerb vom Lebensgefährten; Verträge zwischen Verlobten
Leitsatz (NV)
1. Der Ausschluß der Wohneigentumsförderung bei Anschaffung von Ehegatten (§10 e Abs. 1 Satz 8 EStG) ist auf Erwerbe zwischen nichtehelichen Lebensgefährten oder Verlobte nicht entsprechend anwendbar.
2. Die zu Verträgen unter nahen Angehörigen entwickelten Grundsätze sind bei Verlobten jedenfalls dann anwendbar, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine private Veranlassung sprechen.
3. Keine Anschaffungskosten durch "Übernahme von Verbindlichkeiten" des Veräußerers liegen vor, wenn die Verbindlichkeiten vom Erwerber, einem nahen Angehörigen, nur kumulativ übernommen werden, und weder klare und eindeutige Vereinbarungen über deren Tilgung vorliegen, noch erkennbar ist, mit welchen Mitteln diese getilgt werden könnten.
Normenkette
EStG § 10 e Abs. 1-6, § 26 Abs. 1, §§ 34-35; AO 1977 §15; FGO §118 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens mit Vertrag von Mitte November 1991 von seiner damaligen Ehefrau deren Miteigentumsanteil an dem den Ehegatten je zur Hälfte gehörenden Einfamilienhaus gegen eine Barleistung von 135 000 DM sowie Übernahme der auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte sowie der durch sie gesicherten Verbindlichkeiten. Von den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch in Höhe von ca. 150 000 DM valutierten Verbindlichkeiten entfiel im Innenverhältnis die Hälfte auf die Ehefrau. Für dieses Einfamilienhaus hatten die geschiedenen Ehegatten in den Jahren 1984 bis 1990 erhöhte Absetzungen nach §7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) bzw. die den erhöhten Absetzungen entsprechenden Beträge nach §52 Abs. 21 Satz 4 EStG in Anspruch genommen.
Mit Vertrag von Ende November 1991 veräußerte der Kläger diesen Miteigentumsanteil an die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die er im Dezember 1991 heiratete und die das Haus seit Dezember 1991 zusammen mit dem Kläger bewohnt.
Der Kaufpreis von 150 000 DM war durch eine Barzahlung in Höhe von 75 000 DM zu erbringen sowie durch Übernahme der auf dem Anteil lastenden Grundpfandrechte (Grundschulden zugunsten Bank I, Bank II und Bank III in Höhe von insgesamt 271 700 DM) einschließlich der hierdurch gesicherten Verbindlichkeiten, lt. Kaufvertrag ca. 150 000 DM. Ein Unterschiedsbetrag zwischen dem angenommenen Betrag von 150 000 DM und der tatsächlichen Höhe der übernommenen Verbindlichkeiten am Stichtag war ggf. auszugleichen. Für den Fall, daß ein Gläubiger die Schuldübernahme nicht genehmigen sollte, verpflichtete sich die Klägerin, den Kläger im Innenverhältnis zur Hälfte freizustellen. Nach den Angaben der Kläger im Einspruchsverfahren bestanden im Zeitpunkt des Erwerbs Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 141 700,41 DM; davon entfielen 31 989,60 DM auf ein Darlehen der Bausparkasse X, das nicht durch ein Grundpfandrecht abgesichert war.
Die Klägerin hat auf den Kaufpreis 80 000 DM bar bezahlt; sie trat den folgenden Darlehensverträgen als Gesamtschuldnerin bei:
Bank III Vertrag 01 valutiert
am 11. Dezember 199123 465,13 DM Bank III Vertrag 02 valutiert
am 11. Dezember 199115 263,70 DM Bausparkasse X valutiert
am 1. Januar 199231 989,60 DM Bank II valutiert am
2. November 199260 807,25 DM
131 525,58 DM
Ob die Klägerin auch in die Kreditverträge mit der Bank I eingetreten ist, ist -- so die Feststellung des Finanzgerichts (FG) -- nicht geklärt. Eine den Klägern befreiende Schuldübernahme ist in keinem der Darlehensverträge vereinbart.
Nach der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1991 erzielte die Klägerin Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe des Bruttoarbeitslohns von 3505 DM und erhielt Mutterschaftsgeld (3175 DM).
Für den hälftigen Miteigentumsanteil des Klägers beantragten die Kläger -- wie bisher -- den Abzug von 5000 DM nach §52 Abs. 21 Satz 4 EStG. Für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils durch die Klägerin beanspruchten sie einen Abzugsbetrag nach §10 e Abs. 1 EStG in Höhe von 5000 DM, den Abzug von Vorkosten nach §10 Abs. 6 EStG (647 DM) sowie eine Steuerermäßigung nach §34 f EStG für zwei Kinder.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid vom 5. August 1992 antragsgemäß die Steuervergünstigung für den Anteil des Klägers. Hinsichtlich der für die Klägerin beantragten Steuervergünstigung nach §10 e EStG vertrat das FA die Auffassung, Anschaffungskosten lägen nur in Höhe des vereinbarten und tatsächlich bezahlten Barkaufpreises von 75 000 DM vor, da die Klägerin keine Zins- und Tilgungsleistungen auf die übernommenen Verbindlichkeiten erbracht habe und auch nicht erbringen könne. Das FA ließ deshalb nur einen Abzugsbetrag nach §10 e Abs. 1 EStG in Höhe von 3009 DM, die geltend gemachten Vorkosten sowie die Ermäßigung nach §34 f EStG für zwei Kinder zum Abzug zu.
Der Einkommensteuerbescheid erging -- ebenso wie der geänderte Bescheid vom 10. November 1992 -- nach §164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter Vorbehalt der Nachprüfung und nach §165 Abs. 1 AO 1977 vorläufig. Weder die Nebenbestimmungen noch die Änderung des Bescheides berühren den vorliegenden Rechtsstreit.
Am 29. Juli 1993 erließ das FA einen nach §164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Bescheid, in dem es die für den Erwerb des Miteigentumsanteils geltend gemachten Abzugsbeträge nicht mehr berücksichtigte. Zur Begründung führte es aus, der Kaufvertrag sei nicht anzuerkennen, weil er nicht wie vereinbart durchgeführt worden sei. Der Kläger sei nach wie vor Gesamtschuldner der Verbindlichkeiten; die Klägerin habe tatsächlich keine Zins- oder Tilgungsleistungen erbracht; sie sei dazu angesichts ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt des Erwerbs -- Erziehungsgeld (600 DM), Kindergeld (150 DM) und Kindesunterhalt (778 DM) -- zu deren Erfüllung auch nicht in der Lage gewesen. Die Annahme eines teilentgeltlichen Erwerbs scheide aus, weil ein teilentgeltliches Geschäft dem erklärten Willen der Vertragsbeteiligten widerspreche.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage trugen die Kläger vor, die Klägerin habe ihre Verpflichtung aus dem Kaufvertrag durch Barzahlung und Übernahme der Schulden erfüllt. Sie habe auch Zins- und Tilgungsleistungen erbracht. Neben den vom FA erwähnten Einnahmen sei die Miete in Höhe von 250 DM zu berücksichtigen, die die Klägerin für die -- anteilige -- Überlassung eines Raumes für berufliche Zwecke des Klägers erhalte. Des weiteren habe die Klägerin -- ab 1992 -- in Heimarbeit selbständig Buchführungen für die Steuerberaterpraxis des Klägers erstellt und wöchentlich die Praxisräume gesäubert. Aufgrund des mündlich geschlossenen Arbeitsvertrages würden monatlich 180 DM auf ihr Konto überwiesen; der Rest von 4080 DM (1992) und 4200 DM (1993) sei einbehalten und über das Betriebskonto zur Bedienung der Darlehen verwendet worden. Von welchem Konto die Zahlungen der Klägerin geleistet würden, sei ohne Bedeutung. Die Klägerin habe auch einen Ende 1993 fällig gewordenen Sparvertrag zur Sondertilgung verwendet. Sie habe bei Abschluß des Vertrages die Absicht gehabt, in ihren Beruf als Erzieherin zurückzukehren.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1995, 435 abgedruckt.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung von §10 e EStG.
Der Ausschlußtatbestand des §10 e Abs. 1 Satz 8 EStG in der im Streitjahr 1991 geltenden Fassung greife nicht ein, weil die Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des obligatorischen Vertrages nicht verheiratet gewesen seien. Die spätere Heirat berühre die steuerliche Vergünstigung nicht. Diese Regelung verdränge als lex specialis die "Grundsätze für Verträge zwischen Angehörigen". Die für Verträge zwischen Ehegatten geltenden Grundsätze seien bei Verlobten oder Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht anwendbar.
Im übrigen sei der Kaufvertrag -- wie vereinbart -- durchgeführt, denn die Klägerin habe zusätzlich zur Barzahlung von 80 000 DM Schulden in Höhe von 70 000 DM mitübernommen; der Ausgleichsanspruch des Klägers sei nicht wertlos, denn ggf. hätte er in den Miteigentumsanteil vollstrecken können, der nach Abzug der Grundpfandrechte mindestens 135 000 DM wert gewesen sei. Des weiteren sei ausreichend, wenn die Leistungen aus dem gemeinsamen Vermögen der Ehegatten bewirkt würden. Jedenfalls sei die Barleistung zu berücksichtigen; die Kläger dürften nicht schlechter stehen, als wenn sie bereits von vornherein nur einen teilentgeltlichen Erwerb vereinbart hätten. Vorkosten seien auch bei unentgeltlichem Erwerb abziehbar.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Einkommensteuerbescheid 1991 vom 29. Juli 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 1993 dahingehend zu ändern, daß ein Abzugsbetrag nach §10 e Abs. 1 EStG unter Berücksichtigung eines Kaufpreises von 150 000 DM, die Vorkosten nach §10 e Abs. 6 und das Baukindergeld für zwei Kinder nach §34 f EStG gewährt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Das FG konnte den festgestellten Sachverhalt ohne Rechtsverstoß dahin würdigen, daß der Kaufvertrag zwischen den Klägern nicht so vereinbart und durchgeführt wurde, wie dies zwischen Fremden üblich ist. Es hat deshalb zu Recht die Gewährung der begehrten Steuerbegünstigungen abgelehnt.
1. Im Ergebnis zu Recht geht das FG davon aus, daß der Inanspruchnahme der Steuervergünstigung für den Erwerb des hälftigen Anteils §10 e Abs. 1 Satz 8 EStG nicht entgegenstand.
a) Nach §10 e Abs. 1 Satz 8 EStG ist die Steuerbegünstigung ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung oder einen Anteil daran von seinem Ehegatten anschafft und bei den Ehegatten die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung (§26 Abs. 1 EStG) vorliegen. Maßgeblich ist der Anschaffungszeitpunkt. Die spätere Heirat von Veräußerer und Erwerber ist deshalb ebensowenig von Bedeutung wie eine spätere Scheidung oder der spätere Eintritt oder Wegfall der Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung (Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., §10 e Rz. 28; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, §10 e EStG Rz. 190; Boeker in Lademann, Einkommensteuergesetz, §10 e Rz. 36; Stephan in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, §10 e EStG Rz. 20). Ob eine Ehe besteht, ist ausschließlich nach bürgerlichem Recht zu entscheiden.
Im Streitfall waren bei Abschluß des Kaufvertrages und bei Besitzübergang die Kläger noch nicht verheiratet.
b) Auf nichteheliche Lebensgemeinschaften oder Verlobte ist die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar, denn die Regelung ist insoweit nicht lückenhaft. Die Begünstigung solcher Eigentumserwerbe widersprach nach Auffassung des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 10/3633, S. 15) dem Zweck der vermögenspolitischen Zielsetzung, die Bildung von Wohneigentum zu fördern; sie soll verhindern, daß durch eine Eigentumsübertragung innerhalb einer Ehegemeinschaft angesichts unveränderter Nutzungsverhältnisse dasselbe Objekt nochmals gefördert wird. Diese Ausnahmeregelung, die Erwerbe zwischen Ehegatten im übrigen nur dann unberücksichtigt läßt, wenn zusätzlich die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung (§26 Abs. 1 EStG) vorliegen, ist -- ebenso wie die begünstigenden Regelungen für Ehegatten (§10 e Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Sätze 2 und 3 EStG) -- auf Erwerbe zwischen anderen Angehörigen (vgl. §15 AO 1977) oder Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft weder zugunsten (vgl. hierzu z. B. BFH-Urteil vo 10. Juli 1996 X R 72/93, BFHE 181, 40, BStBl II 1998, 111; BFH-Beschluß vom 1. April 1997 X B 223/96, BFH/NV 1997, 652, bestätigt durch Nichtannahmebeschluß des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG -- vom 18. Juli 1997 2 BvR 995/97, sowie BFH-Beschluß vom 14. Januar 1997 X B 154/96, BFH/NV 1997, 290) noch zuungunsten anwendbar (vgl. Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., §10 e EStG Rz. 188; Boeker in Lademann, a. a. O., §10 e Rz. 36).
2. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach §10 e Abs. 1 EStG liegen nicht vor, weil Inhalt und tatsächliche Durchführung des Kaufvertrages dem zwischen Fremden Üblichen nicht entsprechen.
a) Entgegen der Auffassung der Kläger schließt die Regelung in §10 e Abs. 1 Satz 8 EStG über den Ausschluß der Begünstigung bei Erwerbern zwischen Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung vorliegen, die Berücksichtigung der für Rechtsgeschäfte zwischen nahen Angehörigen entwickelten Grundsätze nicht aus. §10 e Abs. 1 Satz 8 EStG betrifft nur den Ausschluß der Begünstigung eines Sachverhalts, der an sich die tatbestandlichen Voraussetzungen des §10 e Abs. 1 EStG erfüllt. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Begünstigung deshalb nicht vorliegen, weil Inhalt und/oder Durchführung einer Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen einem Fremdvergleich nicht standhalten und deshalb steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden dürfen.
b) Nach ständiger Rechtsprechung sind Verträge unter nahen Angehörigen der Besteuerung nur zugrunde zu legen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart sind und darüber hinaus (sog. Fremdvergleich) sowohl die Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (z. B. BFH- Urteile vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196; vom 20. Oktober 1997 IX R 38/97, BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106, jeweils m. w. N.) und wenn ihr Abschluß schließlich nicht einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§42 AO 1977) darstellt (z. B. BFH-Urteil vom 14. Januar 1992 IX R 33/89, BFHE 167, 55, BStBl II 1992, 549). Begründet wird diese -- vom BVerfG gebilligte (vgl. z. B. Beschlüsse vom 20. November 1984 1 BvR 1406/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 283; vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, m. w. N.) -- Rechtsprechung mit der Notwendigkeit, den steuerlich relevanten Bereich vom privaten Bereich (§12 EStG) zu trennen (vgl. z. B. BFH-Urteile in BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106; vom 18. Dezember 1990 VIII R 138/85, BFHE 163, 431, BStBl II 1991, 581, jeweils m. w. N.). Maßgebend für die Beurteilung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Dabei kann einzelnen dieser Beweisanzeichen je nach Lage des Falles unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dementsprechend schließt nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus (BVerfG-Beschlüsse in BStBl II 1996, 34, und vom 9. Januar 1996 2 BvR 796/91, Der Steuer-Eildienst 1996, 178). Allerdings sind an den Nachweis, daß es sich um ein ernsthaftes Vertragsverhältnis handelt, um so strengere Maßstäbe anzulegen, je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung deuten (z. B. BFH-Urteile in BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196, und in BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106). Die Würdigung aller Umstände des Einzelfalles obliegt grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteil vom 26. Juni 1996 X R 155/94, BFH/NV 1997, 182, m. w. N.).
c) Im Streitfall waren die Kläger nach den -- nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen -- Feststellungen (vgl. §118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) des FG verlobt und danach Angehörige, deren besondere persönliche Bindung nach §15 AO 1977 auch steuerrechtlich berücksichtigt wird. Im Urteil vom 17. Januar 1985 IV R 149/84 (BFH/NV 1986, 148; bestätigt im -- allerdings eine nichteheliche Lebensgemeinschaft betreffenden -- Urteil vom 14. April 1988 IV R 225/85, BFHE 153, 224, BStBl II 1988, 670) hat der IV. Senat zu einem über zwei Jahre vor der Heirat begonnenen Arbeitsverhältnis entschieden, bei Verlobten könne nicht -- wie bei Ehegatten -- generell vom Fehlen gegenläufiger Interessen ausgegangen werden; das Verlöbnis begründe -- anders als die Ehe -- von Rechts wegen weder eine Lebens- oder Wirtschaftsgemeinschaft noch eine Rechtsgrundlage für Dienstleistungen. Es müßten vielmehr besondere Anhaltspunkte für eine private Veranlassung vorliegen. Der Senat kann offenlassen, ob er dieser Auffassung uneingeschränkt folgen könnte; denn im Streitfall lagen jedenfalls besondere Anhaltspunkte für ein Fehlen gegenläufiger Interessen schon deshalb vor, weil der Kläger den Miteigentumsanteil zu einem Preis verkauft hat, der offensichtlich weit unter dem Preis lag, den er wenige Tage zuvor selbst für den Erwerb desselben Miteigentumsanteils bezahlt hatte. Hinzu kommt, daß es sich um den Miteigentumsanteil an dem von ihm selbst bewohnten Haus handelte und der Erwerb offensichtlich im Zusammenhang mit der innerhalb eines Monats folgenden Eheschließung stand.
3. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des FG, daß der Kaufvertrag hinsichtlich der Schuldübernahme einem Fremdvergleich nicht standhält.
a) Übernommene Verbindlichkeiten des Veräußerers sind steuerrechtlich grundsätzlich Anschaffungskosten; denn die Begleichung der Verbindlichkeiten führt zu Aufwendungen des Erwerbers, die dieser auf sich nimmt, um die Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut zu erlangen (BFH-Beschluß vom 5. Juli 1990 GrS 4--6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, m. w. N.; Senatsurteil vom 24. März 1993 X R 25/91, BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704).
Anschaffungskosten setzen jedoch Aufwendungen voraus, die tatsächlich eine Veränderung der Rechtslage bewirkt haben, und nicht der privaten Lebensführung (Unterhaltsleistung oder freiwillige Zuwendung) zuzuordnen sind. Sinn und Zweck des steuerrechtlichen Begriffs der Anschaffungskosten gebieten es daher, weniger auf die formalen Erklärungen als auf den mit ihnen bewirkten wirtschaftlichen Sachverhalt abzustellen (z. B. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1993 X R 86/89, BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451). Dies gilt insbesondere dann, wenn die formalen Erklärungen ein Bündel von Willenserklärungen sind, die auf ganz oder teilweise einander widersprechende -- gegenläufige -- Rechsfolgen abzielen und sich insoweit in ihrer Wirkung aufheben (vgl. Senatsurteile in BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451; vom 16. März 1988 X R 27/86, BFHE 153, 46, BStBl II 1988, 629 -- zu §42 AO 1977 --). Unberücksichtigt bleiben rechtliche Gestaltungen, die -- gemessen am Maßstab der Wertungen des Gesetzgebers, die den jeweils maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften zugrunde liegen -- allein der Erreichung einer Steuervergünstigung dienen, ohne durch andere wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe gerechtfertigt zu sein (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 19. Mai 1993 I R 124/91, BFHE 172, 37, BStBl II 1993, 889, m. w. N.). Deshalb liegen beispielsweise keine Anschaffungskosten vor, wenn
-- der Veräußerer aus privaten Gründen auf die Entrichtung des Entgelts verzichtet hat (BFH-Urteile in BFHE 174, 45, BStBl II 1994, 451; vom 20. Dezember 1990 XI R 4/86, BFH/NV 1991, 384; vom 30. Januar 1991 XI R 6/84, BFH/NV 1991, 453),
-- eine Geldzahlung wieder an den Berechtigten zurückfließt (BFH-Urteil vom 26. Juni 1991 XI R 5/85, BFH/NV 1992, 24),
-- der Veräußerer dem Erwerber den zur Begleichung der Anschaffungskosten erforderlichen Betrag schenkt, ohne daß hierfür außersteuerliche Gründe erkennbar sind (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1991 XI R 1/86, BFHE 166, 136, BStBl II 1992, 239),
-- der Veräußerer den Kaufpreis, dessen Tilgung auf unabsehbare Zeit aufgeschoben ist, ohne Sicherheit stundet (BFHE 166, 136, 140, BStBl II 1992, 239).
Das FG hat aufgrund des eigenen Sachvortrages der Kläger nicht die Überzeugung gewonnen, daß die Schuldübernahme klar und eindeutig vereinbart und tatsächlich durchgeführt worden ist. Es hat seine Tatsachenwürdigung darauf gestützt, daß die Klägerin nicht die im Vertrag vereinbarten grundpfandrechtlich gesicherten, sondern z. T. andere Verbindlichkeiten übernommen hat, nur Gesamtschuldnerin der Verbindlichkeiten geworden ist, klare und eindeutige Vereinbarungen über die Modalitäten der Tilgung fehlen und des weiteren nicht erkennbar sei, wie die Klägerin Zins- und Tilgungsleistungen auf die mitübernommenen Verbindlichkeiten hätte leisten können. Aus den ihr zur Verfügung stehenden Unterhalts- und Sozialleistungen für ihre beiden Kinder und dem Erziehungsgeld seien ihr nennenswerte Leistungen nicht möglich. Insoweit zu Recht hat das FG hierbei Unterhaltsleistungen des Klägers an die Klägerin außer Betracht gelassen, weil diese wirtschaftlich im Ergebnis eine Kaufpreisminderung bewirken. Nichts anderes gälte, wenn der Kläger seiner Frau die zur Tilgung der gesamtschuldnerisch übernommenen Verbindlichkeiten erforderlichen Mittel schenken würde; Anschaffungskosten liegen nicht vor, soweit der Veräußerer dem Erwerber die zur Tilgung des Kaufpreises erforderlichen Mittel schenkt und beachtliche Gründe -- außer dem Ziel der Steuerminderung (im Streitfall: die uneingeschränkte Steuervergünstigung für den Miteigentumsanteil und nach der Heirat zusätzlich die Möglichkeit, ggf. die Steuervergünstigung für eine weitere Wohnung erhalten zu können) -- nicht erkennbar sind (BFH in BFHE 166, 136, BStBl II 1992, 239).
Die im Betrieb des Klägers stehengelassenen Lohnansprüche der Klägerin hat das FG ebenfalls zu Recht nicht berücksichtigt. Diese wären nur dann beachtlich, wenn das Arbeitsverhältnis ernstlich vereinbart, tatsächlich erfüllt und angemessen entgolten worden wäre. Daran fehlt es. Abgesehen davon, daß der von der Klägerin zu beanspruchende Arbeitslohn nicht beziffert wurde und deshalb schon klare und eindeutige Vereinbarungen über den Inhalt der beiderseitigen Rechte und Pflichten des behaupteten Arbeitsvertrages nicht vorlagen, ist zumindest ein Teil des Arbeitslohnes nicht an die Klägerin ausbezahlt worden, sondern auf einem Betriebskonto "stehengelassen" worden. Konnte die Klägerin nicht über das Gehalt verfügen, ist auch nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluß vom 15. August 1996 2 BvR 3027/95, Der Betrieb 1996, 2470) kein Arbeitslohn geflossen (vgl. Senatsurteil vom 5. Februar 1997 X R 145/94, BFH/NV 1997, 347). Weil weder die beabsichtigte Vollzeitbeschäftigung als Erzieherin noch die ab 1994 in Aussicht stehende Halbtagsbeschäftigung der Klägerin konkretisiert worden ist, käme allenfalls die vom Kläger für die anteilige Überlassung des Arbeitszimmers vereinbarte Miete von 250 DM für Zins- und Tilgungsleistungen auf anteilige Darlehensschulden in Höhe von rd. 70 000 DM in Betracht, die, selbst wenn sonstige Aufwendungen für den Miteigentumsanteil nicht anfielen, kaum ausreicht, Zinsverpflichtungen für die übernommenen Darlehensschulden zu decken.
Die im Bereich des Tatsächlichen liegende Schlußfolgerung des FG, es beständen aufgrund der festgestellten Tatsachen Zweifel, ob dem Schuldbeitritt mangels eigener Mittel für Tilgungsleistungen Aufwendungen der Klägerin entsprechen, war möglich. Sie verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze und ist mithin nach §118 Abs. 2 FGO für das Revisionsgericht bindend (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Senatsurteil vom 5. August 1988 X R 55/81, BFHE 154, 477, BStBl II 1989, 120).
b) Ist der Vertrag nur teilweise, hinsichtlich der Barzahlung, wie unter Fremden durchgeführt worden, bleibt auch die Teilleistung außer Betracht (BFH-Urteil vom 18. Januar 1990 IV R 50/88, BFH/NV 1990, 693). Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht aus dem BFH-Urteil vom 18. September 1991 XI R 18/89 (BFH/NV 1992, 36). Zwar werden von der Rechtsprechung steuerrechtlich auch teilentgeltliche Rechtsgeschäfte zwischen Angehörigen anerkannt (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 10. Juli 1986 IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811; in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847; in BFH/NV 1992, 36; in BFHE 166, 136, BStBl II 1992, 239). Diese Rechtsprechung betrifft -- wie auch die von den Klägern zitierte Entscheidung in BFH/NV 1992, 36 -- jedoch nur Rechtsgeschäfte, die von vornherein teilentgeltlich sind. Daraus ist nicht zu folgern, daß ein unter Angehörigen geschlossener voll entgeltlicher Vertrag selbst dann berücksichtigt werden muß, wenn er nur teilweise durchgeführt worden ist (Urteil in BFH/NV 1990, 693).
Nach den nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellungen des FG sind die Kläger subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgegangen. Das FG ist insoweit der Erklärung der Kläger im Klageverfahren gefolgt, die es auch unter Berücksichtigung des vorausgegangenen Erwerbs des Miteigentumsanteils durch den Kläger selbst zu einem erheblich höheren Preis deshalb für nachvollziehbar hielt, weil der Kläger den Miteigentumsanteil von seiner früheren Ehefrau im Rahmen der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsverfahren erworben hat, der Preis durch den besonderen Interessengegensatz der Vertragsbeteiligten einerseits und das Interesse des Klägers am Behalten des von ihm bewohnten Hauses andererseits beeinflußt, vor allem aber auch mit der Abgeltung von Zugewinnausgleichsansprüchen verknüpft war (§9 des Vertrages vom November 1991). Diese tatsächliche Würdigung ist möglich und deshalb bindend i. S. des §118 Abs. 2 FGO (z. B. BFH in BFHE 154, 477, BStBl II 1989, 120).
4. Der Abzug von Vorkosten nach §10 e Abs. 6 EStG setzt voraus, daß die Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anschaffung stehen (ausführlich BFH-Urteil in BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704, m. w. N.). Kann der Kaufvertrag steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden, fehlt es an einer Anschaffung i. S. des §10 e Abs. 6 EStG mit der Folge, daß auch Vorbezugskosten nicht berücksichtigt werden dürfen.
5. Da die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung nach §10 e Abs. 1 bis 5 EStG nicht vorliegen, stand der Klägerin auch die Vergünstigung nach §34 f Abs. 2 EStG nicht zu.
Fundstellen
Haufe-Index 302961 |
BFH/NV 1999, 24 |
DStRE 1998, 950 |
HFR 1999, 98 |