Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung eines Notenbuches mit Tonträger; Übergang von der Verpflichtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage im Revisionsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Tarifierung einer aus einem Notenbuch und einer CD zusammengestellten Ware.
2. Der Übergang vom Verpflichtungsfeststellungsantrag zum Fortsetzungsfeststellungsantrag ist auch noch im Revisionsverfahren zulässig. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger Revisionsbeklagter ist und sich der angefochtene Verwaltungsakt bereits während des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens erledigt hat.
Orientierungssatz
1. Hat sich eine angefochtene verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) durch Wegfall der in ihr angewandten Unterposition der KN erledigt, ist ein berechtigtes Feststellungsinteresse zur Fortsetzung der begehrten Feststellung anzuerkennen, wenn der Betroffene eine neue vZTA zur (tariflich) gleichen Ware beantragen will und eindeutig feststeht, daß eine materielle Änderung der Tariflage nicht eingetreten und daher mit Sicherheit anzunehmen ist, daß die OFD an der von ihr im erledigten Verfahren vertretenen Auffassung bei der Erteilung einer neuen vZTA festhalten wird (vgl. BFH-Urteil vom 28.4.1998 VII R 83/96).
2. Das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren ist allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen des Gemeinsamen Zolltarifs und in den Vorschriften zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind. Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach Nr. 2 bis 5 der Allgemeinen Vorschriften (vgl. EuGH-Rechtsprechung).
3. Das entscheidende Merkmal für den Charakter einer Warenzusammenstellung i.S. der Allgemeinen Vorschrift 3 Buchst. b der KN kann sich z.B. aus der Art und Beschaffenheit des Stoffes oder der Bestandteile, aus dem Umfang, der Menge, dem Gewicht, dem Wert oder der Bedeutung in bezug auf die Verwendung der Ware ergeben. Welches dieser nicht abschließend aufzählbaren Merkmale im Einzelfall zu berücksichtigen ist, hängt von der Art der Ware ab (vgl. Rechtsprechung).
Normenkette
FGO § 100 Abs. 1 S. 4; KN AllgVorschr. 3 Buchst. b; KN Kap 85 Anm 6; KN Pos 4904 UPos 0000; KN Pos 8524 UPos 9010
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Beklagte und Revisionsklägerin (die Oberfinanzdirektion --OFD--) erteilte der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) 1994 zwei verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTAe) für eine mit Noten, kurzen Texten und einigen Abbildungen bedruckte Broschüre, die auf der Innenseite des vorderen Umschlags eine in einer Kunststofftasche eingeschobene Compact-Disc (CD) enthält. Die OFD wies die bedruckte Broschüre, von der Klägerin als Notenbuch bezeichnet, in der einen vZTA der Unterposition 4904 00 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN) 1994 und die CD in der anderen vZTA der Unterposition 8524 90 10 KN 1994 zu (bestätigt durch Einspruchsentscheidung von 1996).
Die Klage, mit der die Einreihung der Ware als Warenzusammenstellung in die Position 4904 KN --gedruckte Noten, auch mit Bildern, auch gebunden-- begehrt wurde, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide klageantragsgemäß und führte in seinem in der Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 1997, 386 veröffentlichten Urteil als tragende Begründung aus, daß das Notenbuch mit CD als Warenzusammenstellung in die Unterposition 4904 00 00 KN einzureihen sei. Charakterbestimmend aufgrund seiner Beschaffenheit sei das Notenbuch, das der Warenzusammenstellung ihren wesentlichen Charakter i.S. von Nr. 3, Buchst. b der Allgemeinen Vorschriften (AV) verleihe.
Die OFD vertritt in ihrer Revision die Auffassung, daß für die Ware eine Einreihung als Warenzusammenstellung nach AV 3b nicht in Betracht komme, da die Anm. 6 zu Kap. 85 KN als vorrangige Regelung zu Unrecht vom FG nicht herangezogen worden sei. Die Anm. 6 zu Kap. 85 KN sei über eine am Wortlaut orientierte und gebotene Auslegung dieser Regelung auch auf die streitbefangenen Waren anwendbar. Die Anmerkung schreibe zwar expressis verbis den Verbleib der Aufzeichnungsträger in der für sie zutreffenden Position nur für den Fall vor, daß sie zusammen mit den Geräten gestellt würden, für die sie bestimmt seien. Aus dieser Formulierung könne nur der Schluß gezogen werden, daß Aufzeichnungsträger nicht nur in dem aufgeführten Fall bei der Gestellung mit einem Abspielgerät, sondern in jedem Fall, selbst wenn sie in einer Warenzusammenstellung mit anderen Waren gestellt würden, getrennt einzureihen seien.
Bei der Verbindung von Aufzeichnungsträgern und Geräten, für die sie bestimmt seien, handele es sich um eine Warenzusammenstellung, wie sie intensiver nicht denkbar sei, da es sich um zwei füreinander geschaffene Waren handele, die überhaupt nur in Kombination miteinander verwendbar seien. Wenn nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht einmal in diesem Fall einer Warenzusammenstellung eine gemeinsame Einreihung erfolgen dürfe, so gelte dies erst recht im Fall von Zusammenstellungen, bei denen eine geringer zu bewertende Beziehung der Waren (Buch und CD) zueinander vorliege.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die als Revision gegen ein Urteil in Zolltarifsachen zulassungsfrei statthafte Revision (§ 116 Abs. 2 der Finanzgerichts- ordnung --FGO--) ist auch im übrigen zulässig.
a) Zwar ist die für die CD erteilte vZTA gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a des Zollkodex ungültig geworden und hat sich damit erledigt, weil die dort angewandte Unterposition nicht mehr besteht; an ihre Stelle ist die Unterposition 8524 10 00 KN 1996 --Platten(discs) für Laserabnehmersysteme-- getreten. Gleichwohl ist die OFD durch die Vorentscheidung --Aufhebung beider vZTAe und Verpflichtung zur Einreihung in die Unterposition 4904 00 00 KN-- beschwert. Unmaßgeblich ist insoweit, daß das FG nach Inkrafttreten der besagten Änderung der KN bezüglich der CD in der Sache nicht mehr hätte entscheiden dürfen.
b) Die Klägerin durfte hinsichtlich der für die CD erteilten vZTA auch als Revisionsbeklagte zum Fortsetzungsfeststellungsbegehren gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO übergehen (vgl. Senatsurteil vom 25. Februar 1997 VII R 8/96, BFH/NV 1997, 453, m.w.N.). Die Berücksichtigung eines den Klageanspruch erledigenden Ereignisses durch Umstellung des ursprünglichen Klageantrags auf die Fortsetzungsfeststellungsklage oder durch Abgabe einer Erledigungserklärung ist zur Vermeidung der Abweisung der gegenstandslos gewordenen Klage sowohl erforderlich in den Fällen, in denen der Kläger nach dem Unterliegen beim FG als Revisionsführer sein Klagebegehren weiterverfolgt, als auch in den Fällen, in denen er erstinstanzlich obsiegt hat und im Revisionsverfahren das ihn begünstigende Urteil mit dem Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels als Revisionsbeklagter verteidigt. Der Umstellung des Antrags im Revisionsverfahren steht ebenso nicht entgegen, daß sich der Verwaltungsakt bereits während des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens erledigt hat, ohne daß das FG dem bei seiner Entscheidung Rechnung getragen hätte (st. Rspr. vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5. April 1984 IV R 244/83, BStBl II 1984, 790, m.w.N.). Die OFD durfte --so ist ihr Stillschweigen zu verstehen--, diesem umgestellten Antrag entgegentreten.
Das für die begehrte Feststellung erforderliche berechtigte Interesse hat die Klägerin auch dargetan (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO). Es ergibt sich im Streitfall schon ohne weiteres daraus, daß die über die CD erteilte vZTA nach dem Vortrag der Klägerin und nach den Ausführungen des FG nicht isoliert von der vZTA über das Notenbuch betrachtet werden kann, daß beide vielmehr zusammengehören und durch eine einheitliche vZTA für die Warenzusammenstellung "Notenbuch mit CD" ersetzt werden sollen.
Ein solches Interesse wäre im übrigen, bezogen auf die ungültig gewordene vZTA, aber auch dann anzuerkennen, wenn die Klägerin eine neue vZTA zur (tariflich) gleichen Ware beantragen wollte und eindeutig feststeht, daß eine materielle Rechtsänderung der Tariflage nicht eingetreten und daher mit Sicherheit anzunehmen ist, daß die OFD an der von ihr im erledigten Verfahren vertretenen Auffassung bei der Erteilung einer neuen vZTA festhalten würde (vgl. Senatsurteil vom 28. April 1998 VII R 83/96, BFH/NV 1998, ). Diese Voraussetzungen liegen vor. Durch die vorgenommene Änderung in der KN bei der fraglichen Tarifunterposition ist eine materiell-rechtliche Änderung hinsichtlich der zu beurteilenden Einfuhrware nicht eingetreten. Die OFD würde die CD jetzt der neuen Unterposition 8524 10 00 KN zuweisen. Die Klägerin hat außerdem vorgetragen, daß sie derzeit und zukünftig weitere Einfuhren dieser Art tätigt.
2. Die Revision ist nicht begründet und demzufolge entsprechend dem im Feststellungsbegehren der Klägerin liegenden Revisionsantrag zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO), allerdings mit der aus den vorstehenden Gründen (Nr. 1) folgenden Maßgabe, daß die vom FG ausgesprochene Aufhebung der vZTA hinsichtlich der CD durch die Feststellung ersetzt wird, daß diese angefochtene vZTA in der Fassung der Einspruchsentscheidung rechtswidrig war. Im übrigen hat das FG rechtsfehlerfrei erkannt, daß die angefochtene vZTA hinsichtlich des Notenbuches rechtswidrig war und daß dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin --Einreihung von Notenbuch und CD als Warenzusammenstellung-- stattzugeben war, weil insoweit die Klägerin durch die Verwaltungsentscheidungen in ihren Rechten verletzt worden ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 und 4, § 101 Satz 1 FGO).
Die OFD hat zu Unrecht das Notenbuch und die darin eingelegte CD nach ihrer eigenen Beschaffenheit als zwei verschiedene Waren in die Position 4904 KN 1994 (Notenbuch) bzw. 8524 KN 1994 (CD) eingereiht. Bei der Ware handelt es sich um eine Kombination von Bestandteilen, die als Warenzusammenstellung im Sinne der AV 3b anzusehen ist. Da sich das Notenbuch als charakterbestimmender Bestandteil darstellt, ist die gesamte Ware in die Position 4904 KN 1994 bzw. 1996 einzureihen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) wie auch des erkennenden Senats (vgl. etwa EuGH-Urteil vom 20. Juni 1996 Rs. C-121/95 --Vobis--, EuGHE 1996, I-3047, Rz. 13; Senatsurteil vom 15. November 1994 VII R 36/94, BFH/NV 1995, 846) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. AV 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den AV 2 bis 5, vorliegend nach der AV 3.
Zutreffend geht das FG davon aus, daß die vorrangige AV 3a Satz 1 hier zu keinem Ergebnis führt. Die Ware ist aus zwei verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzt, wobei jede der in Betracht kommenden Positionen sich auf einen dieser Bestandteile bezieht und eine genauere Warenbezeichnung einer Position nicht festgestellt werden kann.
Bei der Ware handelt es sich um eine für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellung i.S. der AV 3a Satz 2, die mangels Einreihung gemäß AV 3a Satz 1 nach der AV 3b nach dem Bestandteil einzureihen ist, der ihr den wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Bestandteil ermittelt werden kann. Die streitigen Waren sind für den Einzelverkauf aufgemacht, da sie sich ohne vorheriges Umpacken zur direkten Abgabe an die Verbraucher eignen (vgl. auch Erläuterungen zum Harmonisierten System --HS-- zu AV 3b Rz. 28.0). Zwar besteht zu den einzelnen Bestandteilen keine untrennbare Verbindung. Nach den Erläuterungen zum HS spielt dies keine Rolle, solange die Bestandteile zueinander passen, sich gegenseitig ergänzen und ihre Zusammensetzung ein Ganzes bildet, dessen Bestandteile üblicherweise nicht getrennt zum Kauf angeboten werden (vgl. Erläuterungen zum HS zur AV 3b Rz. 20.0).
Diese Voraussetzungen erfüllt die streitige Ware. Zwar kommt es üblicherweise vor, daß Notenbücher und CD's getrennt zum Kauf angeboten werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um solche CD's, die --wie das FG für den Senat im Streitfall bindend festgestellt hat (§ 118 Abs. 2 FGO)--, speziell im Ausland für das Notenbuch angefertigt wurden und zur Veranschaulichung nur Spielbeispiele von den im Notenbuch abgedruckten Stücken enthalten. Auf diese Weise ergänzen sich die beiden aufeinander abgestimmten Bestandteile in besonderer Weise.
Welcher Bestandteil dieser Warenzusammenstellung charakterbestimmend ist, läßt sich unter Beachtung der Erläuterungen zum HS zur AV 3b Rz. 19.0 ermitteln. Danach kann sich das entscheidende Merkmal z.B. aus der Art und Beschaffenheit des Stoffes oder der Bestandteile, aus dem Umfang, der Menge, dem Gewicht, dem Wert oder der Bedeutung in bezug auf die Verwendung der Ware ergeben (vgl. EuGH in EuGHE 1996, I-3047). Welches dieser nicht abschließend aufzählbaren Merkmale im Einzelfall zu berücksichtigen ist, hängt von der Art der Ware ab (vgl. Senatsurteil vom 2. Juni 1992 VII K 2/91, BFH/NV 1992, 853).
Keine besondere Bedeutung ist vorliegend der Art und Beschaffenheit, sowie dem Umfang, der Menge und dem Gewicht der beiden Bestandteile beizumessen. Das Notenbuch ist bereits angesichts des deutlich höheren Wertes sowie wegen der Bedeutung seiner von dem anderen Bestandteil losgelösten Verwendung als charakterbestimmender Bestandteil anzusehen.
Darüber hinaus ist das Notenbuch auch ohne weiteres ohne die beigefügte CD verwendbar. Eine isolierte Nutzung der CD unter Wiedergabe der Spielbeispiele eines einzelnen Künstlers erscheint dem Senat von geringerer Bedeutung zu sein; die CD hat danach nur sekundäre Bedeutung. Die aufgezeigten Charakterunterschiede rechtfertigen es, das Notenbuch als charakterbestimmenden Bestandteil anzusehen und die Ware der Position 4904 KN zuzuweisen.
b) Die Einreihung nach der AV 3b wird im Streitfall nicht durch eine spezielle Tarifierungsvorschrift ausgeschlossen. Die Anm. 6 zu Kap. 85 KN greift nicht ein, da die CD nicht mit einem Gerät, sondern in einem Buch gestellt worden ist. Die Auffassung der OFD, daß die Anm. 6 zu Kap. 85 KN eine Warenzusammenstellung nach AV 3b immer dann ausschließt, wenn ein Aufzeichnungsträger einen Bestandteil dieser Kombination bildet, geht fehl.
Nach der Anm. 6 zu Kap. 85 KN 1994 sind Aufzeichnungsträger der Positionen 8523 oder 8524 KN auch dann diesen Positionen zuzuweisen, wenn sie mit den Geräten, für die sie bestimmt sind, gestellt werden.
Der Senat vermag nicht zu erkennen, weshalb die OFD den eindeutigen Wortlaut der Anmerkung dahingehend verstehen möchte, daß Aufzeichnungsträger stets, gleichgültig mit welcher Ware sie zusammengestellt sind, der Position 8523 oder 8524 KN zuzuweisen seien. Für die Einreihung und die Anwendung der Anm. 6 ist es zwar --entgegen der Auffassung der Klägerin-- ohne Belang, daß eine gemeinsame Zusammenstellung von Tonträgern und Abspielgeräten nicht mit einem didaktisch aufgearbeiteten Printmedium, das eine CD enthält, zu vergleichen ist. Denn auf die möglicherweise bestehende inhaltliche Wechselwirkung zwischen den beiden Waren stellt auch die OFD bei der Auslegung der Anm. 6 zu Kap. 85 KN nicht ab. Die Anmerkung läßt auch nicht erkennen, daß der Gesetzgeber mit der aufgeführten Kombination (CD und Gerät) die stärkste denkbare Zusammenstellung von Aufzeichnungsträgern und anderen Waren anführen wollte. Es kommt daher nicht darauf an, ob bei der Warenzusammenstellung Buch und CD --wie die Klägerin behauptet-- eine inhaltlich intensivere Wechselbeziehung besteht oder nicht.
Von tragender Bedeutung ist allein, daß die Anm. 6 bei der vorliegenden Warenzusammenstellung bereits vom Wortlaut her nicht in Betracht kommt, selbst wenn man die französische bzw. englische Fassung der Anm. 6 heranzieht. Der Senat hält die beiden von der OFD herangezogenen Sprachfassungen für wenig behilflich, da sie im wesentlichen mit der deutschen Übersetzung übereinstimmen. Weder mit der englischen (".....whether or not they are presented....." = .....ob oder ob nicht..) noch mit der französischen Sprachfassung (meme s§ils sont presentes ..... =..... selbst wenn sie) läßt sich das von der Verwaltung gewonnene Ergebnis bei der Auslegung der Anm. 6 begründen.
Die Anm. 6 geht zunächst davon aus, daß Aufzeichnungsträger als solche der Position 8523 oder 8524 KN zuzuweisen sind. Die weitere Formulierung, daß dies auch (sogar, selbst wenn) dann gilt, wenn die Aufzeichnungsträger mit dem Gerät, für das sie bestimmt sind, gestellt werden, läßt keine über diesen Wortlaut hinausgehende Auslegung zu. Nach der Anm. 6 erfolgt nur in diesem einen speziellen Fall, der Gestellung mit einem Abspielgerät, eine Zuweisung --und zwar des Aufzeichnungsträgers-- zu den Positionen 8523 oder 8524 KN. Nur insoweit wird festgestellt, daß es bei der Einreihung des Aufzeichnungsträgers in der Position 8523 oder 8524 KN verbleibt. Eine weitergehende Schlußfolgerung im Sinne der Auffassung der OFD kann den einschlägigen Sprachfassungen der Anm. 6 sowie den Erläuterungen zum HS (Rz. 14.0 zu Position 8524 KN), nicht entnommen werden. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil sich kein Anhaltspunkt für einen möglichen beispielhaften Charakter der Regelung, wie man ihn etwa mit den Worten z.B. oder u.a. hätte deutlich machen können, feststellen läßt.
Würde man die Anmerkung im Sinne der OFD verstehen, wäre das Kriterium --gemeinsame Gestellung mit einem Gerät-- bei der Einfuhr eines Aufzeichnungsträgers vollständig aufgegeben. Die Auslegung der OFD legt der Anm. 6 einen Wortlaut zugrunde, der ersichtlich nicht besteht. Der OFD könnte man nur dann zustimmen, wenn diese Anmerkung die Aussage treffen würde, daß Aufzeichnungsträger stets nach ihrer eigenen tariflichen Beschaffenheit in die Position 8523 oder 8524 KN einzureihen sind, unabhängig von den Umständen ihrer Einfuhr und insbesondere davon, mit welcher Ware sie gemeinsam gestellt werden. Wäre der Tarifgesetzgeber von einer derart erweiterten Anwendung ausgegangen, so hätte er dies nach der Überzeugung des Senats deutlicher zum Ausdruck gebracht. Die Auslegung der Anm. 6, wie sie die OFD im Rahmen der Erteilung der vZTAe vorgenommen hat, stellt sich daher als eine unzulässige teleologische Extension dar (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 1989 VII K 10/88, BFH/NV 1990, 467, wonach bei der Auslegung der Positionen der KN eine Analogie nicht zulässig ist; sowie Senatsurteil vom 6. November 1990 VII R 38/87, BFHE 162, 524).
Daß die Verwaltung ausweislich der dem Senat vorliegenden Akten bereits seit 1994 erfolglos versucht, die Kommission zu einer Einreihungsverordnung mit der von ihr vertretenen Auffassung zu bewegen, belegt, daß entweder --wie die Klägerin meint-- die zuständigen Ausschüsse für die Verwaltung des HS trotz der im wesentlichen gleichlautenden Formulierungen in den HS-Erläuterungen (Rz. 14.0 zu Position 8524 KN) eine Warenzusammenstellung bei der Kombination einer CD mit einer anderen Ware nach der AV 3b nicht grundsätzlich ausschließen oder aber der zuständige EG-Ausschuß für den Zollkodex letztlich nicht die Verwaltungsauffassung teilt.
Bei der zolltariflichen Rechtsanwendung stellen sich keine Fragen der Auslegung des maßgebenden Gemeinschaftsrechts. Der erkennende Senat hält wegen des eindeutigen Wortlauts der Anm. 6 zu Kap. 85 KN die Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs im vorliegenden Fall für offenkundig. Die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH kommt mithin nicht in Betracht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430).
Fundstellen
Haufe-Index 67361 |
BFH/NV 1999, 142 |
BStBl II 1998, 739 |
BFHE 186, 188 |
BFHE 1999, 188 |
BB 1998, 2150 |
BB 1998, 2150 (Leitsatz) |
DStRE 1998, 822 |
DStRE 1998, 822-824 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1999, 41 |
StE 1998, 650 |
UR 1999, 123 |