Leitsatz (amtlich)
Läßt der Eigentümer eines bisher vermieteten Einfamilienhauses das Haus instand setzen, um es selbst als Wohnung zu benutzen, so werden die Aufwendungen durch den Nutzungswert nach § 2 EinfHaus-VO nicht abgegolten, wenn die Instandsetzungsarbeiten in einer Zeit ausgeführt wurden, für die die EinfHaus-VO noch nicht angewendet werden kann.
Normenkette
FGO § 68; VwZG § 17 Abs. 2; EStG § 21 Abs. 2, § 9; EinfHaus-VO § 2
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer eines im Jahre 1924 erbauten Hauses, das seit dem Jahre 1935 als Einfamilienhaus bewertet worden ist. Die einzelnen Geschosse des Hauses waren jahrelang vermietet. Die letzte Mietpartei zog am 31. Januar 1962 aus. Bis zum 1. August 1962 stand das Haus leer. In diesen sechs Monaten ließ der Kläger umfangreiche - während der Zeit der Vermietung unterlassene - Instandsetzungs- und Bauarbeiten an dem Haus vornehmen. Seit dem 1. August 1962 bewohnt er das Haus wieder allein.
Der Kläger machte in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1962 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung von 32 842 DM geltend. Diesen Betrag berichtigte er im Laufe des Verfahrens auf 29 283 DM. Das FA behandelte die Aufwendungen als Herstellungsaufwand. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Die Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das FG führte in seiner in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1968 S. 16 veröffentlichten Entscheidung aus: Mit Ausnahme der Aufwendungen für Schönheitsreparaturen (Maler- und Tapezierarbeiten) seien die Aufwendungen dem Grunde nach als Erhaltungsaufwand anzusehen. Die Aufwendungen hätten, wie eine Ortsbesichtigung ergeben habe, das Haus weder in seiner Substanz vermehrt noch in seinem Zustand wesentlich verändert. Sie hätten vielmehr dazu gedient, das Gebäude im ordnungsmäßigen Zustand zu erhalten und Schäden zu beheben. Daß die Reparaturarbeiten aus vielen Jahren zeitlich zusammengefallen seien, könne ihre rechtliche Beurteilung nicht beeinflussen. Von einer Generalüberholung könne keine Rede sein. Die Aufwendungen könnten jedoch trotzdem nicht zum Abzug zugelassen werden, weil sie in einer Zeit entstanden seien, in der das Haus nicht mehr vermietet worden sei. Nach dem Auszug des letzten Mieters sei der Kläger wieder unmittelbarer Besitzer des Hauses geworden. Während der Zeit, in der das Haus für die Benutzung durch den Kläger hergerichtet worden sei, sei die Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (EinfHaus-VO) vom 26. Januar 1937 (RStBl 1937, 161) anzuwenden. Der Kläger könne demnach die Reparaturaufwendungen nicht abziehen. Das ergebe sich aus dem Grundgedanken des Urteils des BFH VI 108/62 U vom 17. Januar 1964 (BFH 79, 13, BStBl III 1964, 238), wenngleich der streitige Sachverhalt genau umgekehrt wie der in dem vom BFH entschiedenen Fall liege. Die Aufwendungen könnten insbesondere deshalb nicht zum Abzug zugelassen werden, weil die zugrunde liegenden Schäden in der Zeit der Vermietung des Hauses entstanden seien. Durch den Abzug der Repraraturaufwendungen würde der Besitzer eines Einfamilienhauses, der nach dem Auszug seiner Mieter das Einfamilienhaus für seine Benutzung herrichten lasse, in nicht vertretbarer Weise gegenüber anderen Steuerpflichtigen bevorzugt, weil er die Nachteile der EinfHaus-VO dadurch vermeiden könne, daß er den eigenen Einzug bis zum Abschluß der Reparaturarbeiten verschiebe.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Außerdem beantragt er festzustellen, daß die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren erforderlich war. Das Haus, so macht er geltend, sei nach seiner Errichtung im Jahre 1924 nur kurze Zeit von ihm selbst bewohnt und in der Folge insbesondere an Beschäftigte seiner Firma vermietet worden. Die EinfHaus-VO könne nach längerer Vermietung des Einfamilienhauses erst von dem Zeitpunkt ab angewendet werden, an dem dem Eigentümer der Einzug zuzumuten sei. Dieser Auffassung sei offenbar auch das FA, da es im Vorverfahren entschieden habe, daß die EinfHaus-VO erst ab 1. August 1962 anzuwenden sei. Das FG habe an dieser Entscheidung des FA nichts geändert. Die Maler- und Tapezierarbeiten gehörten im Streitfall nicht zu den laufenden Schönheitsreparaturen, sondern seien zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit erforderlich gewesen.
In der Zwischenzeit hat das FA den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1962 nach § 222 Abs. 1 in Verbindung mit § 218 Abs. 4 AO berichtigt. Die Berichtung betrifft jedoch nur die nicht im Streit befangenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die sonstigen Einkünfte. Der Kläger hat nach § 68 FGO beantragt, den berichtigten Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Er hält seinen bisherigen Antrag aufrecht.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist begründet.
Was zunächst den Antrag des Klägers betrifft, den berichtigten Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, so kann es zwar erheblich sein, ob der Antrag innerhalb der Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs gegen den ändernden Verwaltungsakt gestellt werden muß oder ob der Antrag nicht fristgebunden ist (vgl. BFH-Urteile IV R 110/67 vom 28. Mai 1968, BFH 92, 322, BStBl II 1968, 541, und II 113/65 vom 30. Januar 1968, BFH 91, 27, BStBl II 1968, 210). Der Senat braucht diese Frage jedoch nicht zu entscheiden, da im Streitfall der Antrag, auch wenn er fristgebunden wäre, rechtzeitig gestellt worden ist. Der Berichtigungsbescheid des FA trägt das Datum vom 5. September 1968. Bei Zusendung eines Steuerbescheides durch einfachen Brief gilt die Bekanntgabe nach § 17 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt. Der Bescheid gilt demnach als am 8. September 1968 bekanntgegeben. Der Antrag des Klägers nach § 68 FGO ist beim BFH am 8. Oktober 1968 eingegangen. Nach § 188 Abs. 2 in Verbindung mit § 187 Abs. 1 BGB ist der Antrag also noch vor Ablauf der Rechtsbehelfsfrist gestellt worden.
Was die Streitfrage selbst angeht, so können nach Ansicht des FG die Reparaturaufwendungen deswegen nicht abgezogen werden, weil sie in einer Zeit entstanden sind, für die bereits die EinfHaus-VO anzuwenden ist. Der Senat tritt dieser Auffassung nicht bei.
Die Anwendung der EinfHaus-VO ist nach der Rechtsprechung des BFH von der Benutzung des Einfamilienhauses als Wohnung für den Eigentümer abhängig (BFH-Urteil IV 238/53 U vom 29. Oktober 1953, BFH 58, 162, BStBl III 1953, 353). Solange der Eigentümer die Wohnung des eigenen Einfamilienhauses noch nicht benutzt und nicht benutzen kann, ist für die Anwendung der EinfHaus-VO kein Raum (BFH-Urteile IV 622/53 U vom 25. November 1954, BFH 60, 67, BStBl III 1955, 26; VI 251/65 vom 4. März 1966, BFH 86, 78, BStBl III 1966, 350). Der Reichsfinanzhof (RFH) hat sogar bei der Ermittlung des Grundbetrags nach § 2 Abs. 1 EinfHaus-VO die Räume ausgeschieden, die völlig unbenutzt in ausreichender Abtrennung leergestellt waren (RFH-Urteil IV 298/37 vom 10. März 1938, RStBl 1938, 528). Nur das, was als Wohnung tatsächlich benutzt wird, ist nach der Auffassung des RFH bei der Errechnung des Grundbetrags zu berücksichtigen. Die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach der EinfHaus-VO ist danach erst zulässig, wenn der Eigentümer die Wohnung in seinem Einfamilienhaus selbst nutzt.
Der Umstand, daß die Anwendung der EinfHaus-VO von der tatsächlichen Benutzung des Hauses als Wohnung abhängt, schließt jedoch nicht aus, daß Aufwendungen, die in einem ausreichenden klaren Zusammenhang mit den zukünftigen (fiktiven) Mieteinnahmen stehen, bereits als Werbungskosten zu einer Zeit abgezogen werden können, in der noch keine Mieteinnahmen angefallen sind (BFH-Urteil IV 238/53 U, a. a. O.). Auch Aufwendungen zur Erwerbung einer neuen und zur Erhaltung einer vorhandenen Einkunftsquelle sind Werbungskosten. Im Streitfall waren zwar mit dem Auszug des letzten Mieters am 31. Januar 1962 die den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 EStG zuzurechnenden Einnahmen weggefallen. Dies besagt aber nicht, daß nicht Werbungskosten im Hinblick auf die Nutzung nach § 21 Abs. 2 EStG anfallen konnten, wenn auch für die Ermittlung dieser Einkünfte die EinfHaus-VO erst vom 1. August 1962 ab anzuwenden war.
Das FG glaubt, aus der Entscheidung des erkennenden Senats VI 108/62 U (a. a. O.) Gründe für die Ansicht herleiten zu können, daß die EinfHaus-VO auch schon für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 1962 anzuwenden sei. In dieser Entscheidung hat der Senat ausgeführt, daß § 2 EinfHaus-VO den Abzug von Reparaturaufwendungen als Werbungskosten nicht ausschließt, wenn die Reparaturen zu einer Zeit vorgenommen werden, für die die EinfHaus-VO nicht mehr anzuwenden ist, und zwar gleichviel, zu welcher Zeit die Schäden entstanden sind. Die EinfHaus-VO sei eine Sonderregelung, die nicht erweitert werden dürfe. Es komme für die steuerliche Berücksichtigung der Instandhaltungsaufwendungen weder auf den Zeitpunkt der Entstehung der reparierten Schäden noch auf den der Bezahlung der Reparaturkosten an. Entscheidend sei der Zeitraum, in dem die den Aufwendungen zugrunde liegenden Arbeiten ausgeführt worden seien. Der Senat hält an dieser Rechtsansicht auch für den Fall fest, daß die EinfHaus-VO noch nicht anzuwenden ist. Der RFH hat allerdings in der Entscheidung IV 234/41 vom 29. Januar 1942 (RStBl 1942, 458) ausgesprochen, daß Aufwendungen für Bauarbeiten, die der Eigentümer eines bisher vermieteten Einfamilienhauses durchführt, um das Haus nunmehr selbst zu bewohnen, als Werbungskosten nicht abgezogen werden dürfen. Der RFH neigt hier zu der Ansicht, daß den Aufwendungen für die Bauarbeiten wegen ihrer Höhe und der zeitlichen Nähe zum Erwerb des Hauses eher die Eigenschaft von Anschaffungs- oder Herstellungskosten als von Erhaltungsaufwand zukomme. Er erörtert jedoch nicht die Frage, ob etwaige Erhaltungsaufwendungen auch dann nicht abgezogen werden dürfen, wenn sie bereits vor der Benutzung des Einfamilienhauses durch den Eigentümer angefallen waren. Die Feststellung des RFH, daß es mit der EinfHaus-VO nicht vereinbar sei, "solche Kosten, die ein Pflichtiger für ein Einfamilienhaus aufwendet, um es als eigene Wohnung zu benutzen, als Werbungskosten anzuerkennen", läßt den Schluß zu, daß er damit nur bei Anwendung der EinfHaus-VO den Abzug von Bauaufwendungen als Werbungskosten ausschließen wollte. Aufwendungen für Instandhaltungsarbeiten, die zu einer Zeit ausgeführt werden, für die die EinfHaus-VO nicht mehr oder noch nicht angewendet werden kann, fallen nicht unter die Abgeltung des § 2 EinfHaus-VO.
Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif. Das FG hat zwar zutreffend ausgeführt, daß Erhaltungsaufwendungen ihre Rechtsnatur als Werbungskosten nicht dadurch verlieren, daß sie nicht in dem Jahre erbracht werden, in dem der bauliche Zustand des Hauses sie erfordert hätte. Der Vermieter ist in der Entscheidung, wann und in welcher Höhe Werbungskosten aufzuwenden sind, ebenso frei wie der Gewerbetreibende in bezug auf Betriebsausgaben. Der zeitliche Zusammenfall von Reparaturen aus mehreren Jahren ist auf den Begriff der Werbungskosten ohne Einfluß. Das FG hat jedoch die Aufwendungen des Klägers mit Ausnahme der Schönheitsreparaturen dem Grunde nach als Erhaltungsaufwand angesehen und sich dabei im wesentlichen auf den Eindruck gestützt, den der Berichterstatter vier Jahre nach der Ausführung der Bauarbeiten durch eine Besichtigung des Hauses erhielt. Aufgrund der Rechtsansicht, die das FG vertrat, hatte es keinen Anlaß, zu den substantiierten Darlegungen des FA in der Einspruchsentscheidung besonders Stellung zu nehmen. Das FG konnte die Auffassung des FA, es habe sich bei den Aufwendungen um Herstellungsaufwand gehandelt, dahingestellt bleiben lassen. Nunmehr wird es jedoch zu prüfen haben, ob die Aufwendungen in ihrer Gesamtheit als Erhaltungsaufwand anzusehen sind. Auch wenn entgegen der Auffassung des FA eine Generalüberholung des Gebäudes nach 33 Jahren ohne Instandsetzungen noch nicht erforderlich geworden sein sollte, bleibt doch festzustellen, welche Vereinbarungen wegen der Ausführung der Schönheitsreparaturen (Maler- und Tapezierarbeit) in den Mietverträgen getroffen worden sind. Sind keine Vereinbarungen getroffen, so fallen die Schönheitsreparaturen nach § 536 BGB dem Vermieter zur Last. Muß der Vermieter die Schönheitsreparaturen vornehmen, so sind die Aufwendungen nach § 9 Sätze 1 und 2 EStG Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Hinweis auf BFH-Urteil VI R 119/66 vom 18. Dezember 1967, BFH 91, 251, BStBl II 1968, 309).
Über den Antrag des Klägers, die Zuziehung eines Bevollmächtigten über das Vorverfahren für notwendig zu erklären, kann der Senat nicht befinden. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Das Gericht des ersten Rechtszuges hat als Kostenfestsetzungsgericht hierüber von Amts wegen zu entscheiden, wenn der Kläger die Erstattung von Gebühren und Auslagen des im Vorverfahren zugezogenen Bevollmächtigten verlangt (BFH-Beschluß Gr. S. 5-7/66 vom 18. Juli 1967, BFH 90, 150, BStBl II 1968, 56).
Fundstellen
Haufe-Index 68480 |
BStBl II 1969, 312 |
BFHE 1969, 100 |