Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
über die Nichtanerkennung eines Treuhandverhältnisses zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft bei der Gesellschaftsteuer.
Normenkette
KVStG Ziff. 2
Tatbestand
Die Aktiengesellschaft ..... (AG) ................... unterhielt mehrere Zweigbetriebe .............. Anfang 1949 wurde die GmbH (Beschwerdeführerin - Bfin. -) mit einem Stammkapital von 20.000 DM gegründet. Das Kapital wurde voll eingezahlt. ............................ Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb des Zweigwerks X der AG. Mitte 1949 wurde ein "Betriebsüberlassungsvertrag" zwischen der AG (Muttergesellschaft), die nunmehr im Besitz sämtlicher Anteile der Bfin. war, und der Bfin. (Tochtergesellschaft) abgeschlossen, nach dem die AG der Bfin. das ihr gehörige Werk X zur treuhänderischen Verwaltung übergibt. Der Vertrag ist für mehrere Jahre fest vereinbart und läuft jeweils 3 Jahre weiter, wenn er nicht vorher mit einer Frist von mindestens 12 Monaten gekündigt wird. Ende 1949 wurde schließlich noch ein Gewinnausschließungsvertrag zwischen der Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft getätigt. Dieser geht bereits davon aus, daß die Bfin. eine Organgesellschaft der AG ist, die organisatorisch, finanziell und wirtschaftlich nach Art einer bloßen Abteilung in die AG eingegliedert ist.
Streitig ist die Gesellschaftsteuer von Leistungen auf Grund des Betriebsüberlassungsvertrages.
Die Vorinstanz hat sie bejaht, sie bezieht sich auf die Zweckwillenstheorie des Reichsfinanzhofs (vgl. die grundlegende Entscheidung II A 666/31 vom 26. Oktober 1932, Slg. Bd. 32 S. 145). Hiernach gehe der Wille der Muttergesellschaft dahin, der Tochtergesellschaft die für ihren Zweck erforderlichen Mittel zu überlassen, und zwar grundsätzlich zu Eigentum. Nach dem Gesellschaftsvertrage sei der Zweck der Gründung der Bfin. der Betrieb des Werkes X. Es handle sich demnach nicht nur um eine Verwaltungsgesellschaft. Die überlassung sei auf Grund einer gesellschaftlichen Verpflichtung erfolgt, es lägen demnach Leistungen nach § 2 Ziff. 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) vor, mindestens aber freiwillige Leistungen nach § 2 Ziff. 3 a. a. O. Zur Steuer heranzuziehen sei der Substanzwert des Umlaufvermögens und der Wert der unentgeltlichen überlassung (Nutzung) des Anlagevermögens (Werk X), die für unbestimmte Zeit gelte. Der Wert der Nutzung entspreche bei Annahme eines Nutzungswerts von 8 % nach § 15 des Reichsbewertungsgesetzes (RBewG) alter Fassung (8 x 12 1/2) dem Substanzwert des Anlagevermögens.
Entscheidungsgründe
Die Bfin. wendet sich in der Rechtsbeschwerde (Rb.) hiergegen. Die Rb. hat keinen Erfolg.
Vorerst möge erörtert werden, welche Merkmale die Leistungen auf Grund des Vertrages von Mitte 1949 zeigen. Die Vorinstanz geht davon aus, daß es sich um die Führung des Betriebes X in eigenem Namen und für eigene Rechnung handle. Die Bfin. macht geltend, sie sei nur Verwalterin, bzw. sie führe den Betrieb nur als Betriebsgesellschaft .......... Der Vertrag von Mitte 1949 spricht schließlich von einer Betriebsüberlassung im Zuge der Treuhänderschaft. Die Formen der Verwaltung, Betriebsführung oder Betriebsüberlassung sind verschiedenartig starke Verknüpfungen von Unternehmungen. Im Betriebsführungs- bzw. Verwaltungsvertrag pflegt eine Gesellschaft die Rechte im Namen der Eigentümerin und für deren Rechnung auszuüben. Im Betriebsüberlassungsvertrag dagegen pflegt die Gesellschaft, den Betrieb formell im eigenen Namen, tatsächlich aber für Rechnung einer anderen Gesellschaft und nach deren Weisung zu führen. Im Streitfalle liegen die Merkmale eines überlassungsvertrages vor. Dieses ergibt neben der überschrift der Vereinbarung von Mitte 1949, deren Ziff. II und auch die weitere Ausgestaltung des Vertrages; die Bfin. "übernimmt" hiernach das Umlaufvermögen und tritt in die Verträge ... ein. Eine grundbuchrechtliche übertragung der Grundstücke ist nicht erfolgt; das Anlagevermögen ist vielmehr nur zur Nutzung stillschweigend überlassen. Das Gesamtbild zeigt, daß die gesamte Organisation, die Wirtschafts- und Kapitalkraft der AG (Muttergesellschaft) der Bfin. (Tochtergesellschaft) rechtlich bzw. tatsächlich überlassen sind.
Gegenstand des Unternehmens der Bfin. (Zweck ihrer Gründung) ist der Betrieb des Werkes X. Dieser ist ihr nach vorstehenden Ausführungen rechtlich bzw. tatsächlich überlassen. Daß er ihr nur treuhänderisch überlassen ist, ist für die Gesellschaftsteuer ohne Bedeutung. Wie der Reichsfinanzhof in seiner erwähnten Entscheidung vom 26. Oktober 1932 hinsichtlich der Gesellschaftsteuer ausgesprochen hat, sind die Mittel, die die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft zur Erfüllung der eigenen Zwecke der Tochtergesellschaft zuweist, wie eigene Mittel der Tochtergesellschaft zu behandeln. Auf Grund des in der Tochtergesellschaft organisierten Zweckwillens ist der Muttergesellschaft der Wille zu unterstellen, der Tochtergesellschaft alles, was zur Verwirklichung eines bestimmten Zweckes erforderlich ist, zur Verfügung zu stellen, so daß im Umfang und Rahmen der eigenen Zweckbestimmung eine Tätigkeit der Tochtergesellschaft als Treuhänderin nicht in Frage kommt. Alle zur Erfüllung derartiger Zwecke von der Muttergesellschaft überwiesenen Mittel usw. an die Tochtergesellschaft, die dieser die Erfüllung ihrer Zwecke ermöglichen sollen, unterliegen hiernach grundsätzlich der Gesellschaftsteuer. Die Bfin. wendet sich hiergegen. Sie verweist auf § 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG), die änderungen im Gesellschaftsteuerrecht durch das Kapitalverkehrsteuergesetz in der Fassung vom 16. Oktober 1934 und insbesondere auf die Abwandlungen, die die erwähnte Entscheidung vom 26. Oktober 1932 durch die spätere Rechtsprechung erfahren hat. Die Auffassung, führt sie aus, daß auch eine Tätigkeit der Tochtergesellschaft als Beauftragte, Agentin oder Kommissionärin zu verneinen sei, sei bereits aufgehoben (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 477/33 vom 12. April 1935, Amtl. Slg. Bd. 37 S. 302). Das gleiche müsse gelten, soweit es sich um ein Treuhandverhältnis handle. Dieser Auffassung kann der Senat nicht folgen. Der Bfin. ist zuzugeben, daß die Rechtsprechung im einzelnen Abwandlungen gegenüber der ursprünglichen Auffassung zeigt. Gegenüber der Darlegung der Bfin. hält der Senat an folgenden Grundsätzen fest:
Die Tatsache, daß mit der Errichtung einer Gesellschaft eine Rechtspersönlichkeit mit eigenem Zweck und Willen entstanden ist, darf für die gesellschaftsteuerliche Betrachtung nicht außer Acht gelassen werden. Dies schließt aber die gesellschaftsteuerrechtliche Anerkennung solcher Rechtsbeziehungen nicht aus, die nach ihrer Natur und nach ihrer Ausstattung im einzelnen auch zwischen Personen bestehen können, die nicht gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind, ohne von dem im Wirtschaftsleben üblichen abzuweichen. Für die Gesellschaftsteuer wäre daher z. B. eine Vereinbarung anzuerkennen, auf Grund deren eine Gesellschaft außerhalb ihres Gesellschaftszwecks Aufträge eines Gesellschafters ausführt, wenn eine solche Gestaltung auch zwischen "Fremden" ohne Abweichung vom wirtschaftlich üblichen möglich ist. Für den Streitfall zeigt die Anwendung dieser Grundsätze folgendes Bild: In Abweichung von dem satzungsmäßigen Gegenstand des Unternehmens ist der Tochtergesellschaft durch die Vereinbarung mit der Muttergesellschaft jedes Eigenleben und jeder Eigenzweck genommen worden. Ihre Tätigkeit erschöpft sich im Handeln für Rechnung der Muttergesellschaft. Sie hat keine Möglichkeit, Gewinne zu erzielen. Ein solches Abkommen wäre zwischen "Fremden" nicht denkbar. Daß es getroffen wurde, ist ausschließlich durch das Verhältnis zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft zu erklären. Was die Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft leistet, leistet sie nur in ihrer Eigenschaft als alleinige Gesellschafterin. Sie muß es sich deshalb gefallen lassen, daß ihre Leistungen als auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt und deshalb als gesellschaftsteuerpflichtig angesehen werden, auch wenn die überlassung auf der Grundlage eines Treuhandverhältnisses erfolgt. Hiergegen spricht auch nicht § 1 StAnpG in dem jetzt noch geltenden Umfang und nicht das Kapitalverkehrsteuergesetz in der Fassung 1934, wie die Bfin. annimmt. Hiernach ist also im Streitfall für die Anwendbarkeit des § 11 Ziff. 2 StAnpG kein Raum. Daß auch im Grunderwerbsteuerrecht (vgl. Grunderwerbsteuergesetz vom 29. März 1940, Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 585) die Zurechnungsvorschrift des § 11 Ziff. 2 StAnpG keine Anwendung findet, mag abschließend noch erwähnt werden.
Hiernach sind die Voraussetzungen für die Heranziehung zur Gesellschaftsteuer nach § 2 Ziff. 2 KapVStG grundsätzlich gegeben.
Die Vorinstanz nimmt als Grundlage für die Besteuerung neben der Nutzung des Anlagevermögens den Substanzwert des Umlaufvermögens. Das Vertragsverhältnis ist, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, von unbestimmter Dauer, da der Zeitpunkt der Beendigung ungewiß ist. Da hiernach an sich die Verpflichtung zur Rückgabe besteht, werden die Wirtschaftsgüter nicht abschließend, sondern nur zeitweise überlassen. Aber gleichwohl rechtfertigt dieses im Streitfall nicht, einen geringeren Wert als den Substanzwert auch für das Umlaufvermögen der Steuerberechnung zugrunde zu legen. Es wird auf unbestimmte Zeit unentgeltlich überlassen. Für das Umlaufvermögen ergibt sich demnach gleichfalls bei der Zugrundelegung des 12 1/2fachen jährlichen Nutzungswertes von 8 % der Substanzwert des Umlaufvermögens. Im übrigen bestehen gegen die Berechnung der Steuer keine Bedenken.
Fundstellen
Haufe-Index 407652 |
BStBl III 1953, 173 |
BFHE 1954, 445 |
BFHE 57, 445 |