Leitsatz (amtlich)
Darlehen eines Kommanditisten an eine Kommanditgesellschaft unterliegen der Gesellschaftsteuer, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft eine Kapitalgesellschaft gehört und die Darlehnsgewährung eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzt.
Normenkette
KapVStG 1934 §§ 3, 6 Abs. 1 Ziff. 4, Abs. 2
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine GmbH, ist alleinige persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) einer KG gleichen Namens. Bei dem Eintritt der Bfin. in die KG wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 26. November 1948 bestimmt, daß der Geschäftsführer der GmbH, der bis dahin persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) der KG war, als solcher aus der KG austrat und zugleich Kommanditist der KG wurde. Seine Kapitaleinlage bei der KG, die sich nach dem Stande vom 30. September 1948 auf 52 409,36 DM belief, wurde in Höhe von 18 000 DM in eine Kommanditeinlage umgewandelt. Soweit seine Kapitaleinlage die Kommanditeinlage überstieg, also im Betrage von 34 409,36 DM, wurde die Kapitaleinlage in ein Darlehen umgewandelt. Durch den Vertrag wurde die Kündigung dieses Darlehens für die Dauer des Bestehens der Kommanditgesellschaft (im folgenden GmbH & Co. genannt) ausgeschlossen.
Streitig ist die Gesellschaftsteuerpflicht dieses Darlehens.
Sie wurde von den Vorinstanzen bejaht.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) kann keinen Erfolg haben.
Nach § 6 Abs. 1 Ziff. 4 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) 1934 gelten als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften Anteile der Kommanditisten an einer Kommanditgesellschaft (hier der GmbH & Co.), wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern der KG eine Kapitalgesellschaft (hier die Bfin.) gehört.
Nach Abs. 2 des § 6 a. a. O. gelten die Kommanditisten als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft.
Der innere Grund für die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Ziff. 4, Abs. 2 ist darin zu erblicken, daß im praktischen Ergebnis das Kapital der persönlich haftenden Kapitalgesellschaft (Bfin.) durch die Anteile der Kommanditisten vergrößert wird. Das geschieht aber in gleicher Weise, wenn die Kapitalbeteiligung anstatt durch die Übernahme von Kommanditeinlagen durch die Gewährung von Darlehen seitens eines Kommanditisten erfolgt. Der frühere Reichsfinanzhof hat daher im Urteil II A 126/27 vom 29. März 1927 (Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1927 S. 127, Steuer und Wirtschaft -- StuW -- 1927 Nr. 448) im Rechtssatz 2 ausgesprochen, daß "unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen Anteile der Kommanditisten als Anteile an der Kapitalgesellschaft anzusehen sind, auch der Ersatztatbestand des § 6c KapVStG 1922 (Hingabe von Darlehen seitens der Kommanditisten an die KG) der gleichen Beurteilung unterfallen" muß.
Es besteht keine Veranlassung, für das Kapitalverkehrsteuergesetz 1934 von dieser Rechtsprechung abzuweichen, um so weniger, als die vom Reichsfinanzhof zur Begründung herangezogenen Bestimmungen der Absätze 2 und 3 des § 5 KapVStG 1922 inhaltlich den Vorschriften des Abs. 1 Ziff. 4 und des Abs. 2 des § 6 KapVStG 1934 entsprechen.
Nach der Entstehungsgeschichte des Kapitalverkehrsteuergesetzes 1922 (vgl. dazu Urteil des Reichsfinanzhofs II A 654/26 vom 3. Mai 1927, Slg. Bd. 21 S. 150 ff. = StuW 1927 Nr. 449) sollte die Vorschrift des § 5 Abs. 2 KapVStG a. F. in erster Linie Steuerumgehungen verhindern, ohne daß ihre Anwendung auf Steuerumgehungsfälle im Sinne des damaligen § 5 der Reichsabgabenordnung (AO) -- jetzigen § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) -- beschränkt wurde. Es würden aber die Vorschriften der Absätze 2 und 3 des damaligen § 5 KapVStG 1922 und die Bestimmungen des jetzigen § 6 Abs. 1 Ziff. 4, Abs. 2 KapVStG 1934 praktisch wirkungslos sein, wenn die Beteiligten in der Lage wären, durch Gewährung von Darlehen an Stelle der Leistung oder Erhöhung von Kommanditeinlagen die Gesellschaftsteuerpflicht zu vermeiden. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber des Kapitalverkehrsteuergesetzes 1934, wenn er -- in Kenntnis der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs über die Gesellschaftsteuerpflicht von Darlehen der Kommanditisten an eine GmbH & Co. -- im § 6 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Ziff. 4 im Wege der Fiktion die Kommanditisten zu Gesellschaftern der beteiligten Kapitalgesellschaft erklärte, dadurch gleichzeitig zum Ausdruck brachte, daß auch hinsichtlich des Ersatztatbestandes der Darlehnsgewährung durch Kommanditisten für die Gesellschaftsteuerpflicht die entsprechende Fiktion gelten sollte, daß die Darlehen der an der GmbH & Co. beteiligten Kapitalgesellschaft gewährt werden.
Zu berücksichtigen ist auch, daß durch die Fiktion des Abs. 2 des § 6 die Kommanditisten einer GmbH & Co. völlig den Gesellschaftern der GmbH im Sinne des § 6 Abs. 1 Ziff. 1 gleichgestellt werden. Der Einwand der Bfin., das Darlehen des Kommanditisten sei nicht der GmbH (Kapitalgesellschaft), sondern der KG gegeben, ist unter diesen Umständen nicht geeignet, der Heranziehung des Darlehens zur Gesellschaftsteuer die Grundlage zu entziehen.
Übrigens wird die Gesellschaftsteuerpflicht von Darlehen der Kommanditisten an eine GmbH & Co. (AG & Co.) von der durchaus überwiegenden Meinung in der Steuerrechtsliteratur bejaht (vgl. u. a. Hartmann-Kluckhohn, "Kapitalverkehrsteuer" D, V, B, IV; Boruttau, "Grundriß der Kapitalverkehrsteuer", S. 38 Abschn. 23 letzter Absatz; Glöggler, "Gesellschaftsteuer", Anm. III, 4 zu § 6 S. 68).
Ohne Rechtsirrtum hat das Finanzgericht auch festgestellt, daß die Darlehnsgewährung im Streitfall eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung im Sinne des § 3 Abs. 1 KapVStG ersetzt. Schon die Abrede, daß das Darlehen für die Dauer des Bestehens der KG (GmbH & Co.) unkündbar ist, rechtfertigt die Schlußfolgerung der Vorinstanz, daß die teilweise Umwandlung der bisherigen Komplementäreinlage in ein Darlehen eine echte Kapitalbeteiligung darstellt. Diese Feststellung wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, daß nach der Darlegung der Bfin. in der Rb. und den abschriftlich auszugsweise mitgeteilten Zwischenbilanzen die Gesellschaft nach dem Stande vom 30. September bzw. 31. Dezember 1948 über einen Überschuß der Aktiven über die Passiven verfügte, der rein ziffernmäßig, jedenfalls nach dem Stande vom 31. Dezember 1948, die Zurückzahlung des Darlehens ermöglicht hätte. Denn damit stand keineswegs fest, daß die überdies durch den Vertrag ausdrücklich ausgeschlossene Kündigung des Darlehens nicht zu einer Beeinträchtigung der Geschäftsführung der Gesellschaft führen würde.
Fundstellen
Haufe-Index 407679 |
BStBl III 1953, 201 |
BFHE 1954, 523 |